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Förder-Aus: Uni Witten-Herdecke will gegen das Land klagen

Wieder einmal steht die Uni Witten-Herdecke vor dem Aus. Das Land gibt im kommenden Jahr kein Geld mehr. Die Hochschule will sich auf dem Rechtsweg retten.

Foto: uni-wh.de

Probleme und Finanzierungsschwierigkeiten begleiten die Universität Witten-Herdecke (UWH) seit Jahren. Mal steht der Medizinstudiengang wegen mangelnder Forschungsleistung vor dem Aus, mal springen dringend benötigte Sponsoren ab. Die einst als Alternative zu den staatlichen Hochschulen gegründete erste Privatuni Deutschlands stolpert von einer Krise in die Nächste. Da hilft es auch wenig, dass die Uni schon wieder  ein ausgewählter Ort im Land der Ideen ist.

Nun will das Land den Geldhahn zudrehen: "Die Private Universität Witten/Herdecke gGmbH erfüllt die rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Landeszuwendungen nicht. Der Hochschulleitung ist heute in einem Gespräch im Innovations­ministerium in Düsseldorf mitgeteilt worden, dass eine Auszahlung der für das Jahr 2008 im Haushalt des Landes bereit stehenden Zuwendung in Höhe von 4,5 Millionen Euro daher nicht möglich ist. Die Hochschule konnte die zuwendungsrechtlich geforderte ordnungsgemäße Ge­schäftsführung nicht nachweisen und weder für 2009 noch für die nächsten beiden Jahre einen verlässlichen, testierten Wirtschaftsplan vorlegen", heißt es in einer Mitteilung  des Landes. Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart: „Ich bedauere sehr, dass dies der Hochschule trotz wiederholter Aufforderung nicht gelungen ist. Dadurch wird sich die angespannte finanzielle Situation der Hochschule weiter verschlechtern. Dies ist uns bewusst, dies befreit das Land aber nicht von der Notwendigkeit, verantwortungsvoll und rechtmäßig mit den Steuergeldern umzugehen.“ Zudem will das Land rund drei Millionen Euro aus 2007 zurückfordern. Die Einnahmen der Hochschule seien um diesen Betrag höher als bei der Zuwendungsgewährung bekannt gewesen.

Für die immer klamme Hochschule, deren Studiengebühren (die ursprünglich gar nicht vorgesehen waren)  zwischen 10.000 und 45.000 Euro für ein Studium liegen, könnte der Wegfall der Landesmillionen das Ende bedeuten. Von einem Aus wären 600 MItarbeiter und 1200 Studenten betroffen, die an der UWH Medizin, Wirtschaftswissenschaften, Zahnmedizin und Kultureflexion studieren. Die sollen, so erklärte es die CDU-Fraktion am Nachmittag, zumindest ihr Studium ordnungsgemäß abschließen können.

Am Abend reagierte die Unileitung mit einer Erklärung: Sie weist die Vorwürfe des Landes zurück und will die Frage der Förderung juristisch klären lassen. So sei die  Liquidität für die ersten Monate des Jahres 2009 ist durch eine  Bürgschaft sichergestelltund auch der Vorwurf, es gäbe keine  ordnungsgemäße Geschäftsführung nicht haltbar: "Durch die ausbleibende Förderung ist das Weiterbestehen der Universität in Frage gestellt."

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kulervo
kulervo
15 Jahre zuvor

wenn es Fördermittel für die Jugendarbeit geben soll, müssen wir wer weiß was alles ausfüllen und nachweisen; einerseits versteh ich gut, dass die Geldgeber wissen wollen, wohin ihre Mittel gehen und ob es sich lohnt und dass man dafür allen gemeinsame Maßstäbe braucht; das Dilemma ist, dass man damit auch die Kreativität bremst und verhindert, dass Neues gewagt werden kann. Wenn wir Gelder für Freizeiten brauchten, mussten bestimmte Formulierungen in den Anträgen stehen. Was hatten wir in der Freizeit wirklich gemacht? Wenn das mal einer getestet hätte, wäre es nicht mehr kompatibel mit den Anforderungen gewesen, aber wir hielten und halten es für sinnvoll und werden auch weiter so vorgehen.

Ob die in Herdecke Mist bauen oder nicht, kann ich nicht beurteilen. will ich auch nicht. Aber ich wüsste schon gern über die Beweggründe, Zuschüsse des Landes zu riskieren. Immerhin befasst sich mal jemand damit. Wir wir Jugendarbeit machen, begleitet niemand ernsthaft. Wenn wir mal damit an die Öffentlichkeit gingen, wären die Zuschüsse weg.

Jens Kobler
15 Jahre zuvor

Möge mich morgen schnell wieder jemand herunterschießen von meinem hohen Ross, aber nach einer kurzlebigen Hoffnung, Kulturreflexion könnte womöglich fast ernsthafte Cultural Studies sein, sehe ich da doch eher eine an Schöngeist orientierte Ausrichtung. Beim restlichen Angebot habe ich nun nicht reingeschaut bevor ich mich völlig verhebe.
Nehmen wir die kleine Stichprobe aber ernst (und vergleichen mit der Designschool auf Zollverein), so zeigt sich halt, dass der deutsche Geldadel gerne an einer Art gefühltem Elitestatus kommender Generationen arbeitet, aber nicht zwingend auf gesellschaftlich sinnvolle Bildung für kluge Köpfe ohne größere Existenzsorgen hin.
Ich rede da immer gerne von „Fallhöhe“, wenn man aus so einer Institution raus in z.B. die geschätzte Marktwirtschaft soll (oder auch Menschen unterrichten). Die einen Institutionen schleifen direkt auf Management und lassen Humboldt et al weg, die anderen machen auf Ballett für Geist und Seele ohne Alltagstest. Und dann lässt man am besten noch die beiden Gruppen in irgendwelchen Chefetagen (und Gremien) aufeinander los. Die richtige Mischung hinzukriegen, das scheint ja nach wie vor nur den klassischen, international geschätzten Universitäten zu gelingen.
Aber ich muss auch sagen: Für das bisschen Studiengebühren kann man in W-H vielleicht auch nicht mehr verlangen. Da werden viele klügere Köpfe aus den Gesamthochschulen herauskommen. Ob die dann auch in die richtigen wichtigen Positionen kommen…? Oder wollen? *hüstel* Verzeihung!

Dr. P. W. Gaidzik
Dr. P. W. Gaidzik
15 Jahre zuvor

Das Verhalten der Landesregierung steht ist widersprüchlich und inhaltlich absurd. Während noch in der Vorwoche das neue Zahnmedizinisch-biowissenschaftliche Forschungszentrum an der UW/H in den höchsten Tönen von den Vertretern der Landesregierung gelobt worden waren, sollen nun angeblich die Grundlagen der zugesagten Förderung fehlen. Einerseits wird die finanzielle Perspektive bezweifelt, andererseits aber für die Vorjahre Millionen zurückgefordert, weil die Universität bessere Zahlen erwirtschaften konnte als zunächst angenommen. Die Universität besitzen im Gegensatz zu den staatlichen Hochschulen des Landes keine maroden, seit Jahren sanierungsbedürftige Gebäude, sie besitzt – auch dies erscheint im Hochschulbereich alles andere als selbstverständlich – motiviertes wissenschaftlichen wie nicht-wissenschaftliches Personal, das es trotz der seit Jahren schwierigen Situation schafft, in den diversen Hochschulrankings konstant vordere Plätze zu belegen, einschließlich der bundesweiten Auswertung der Examensergebnisse z.B. bei den Medizinern. Und last but not least: Die Universität hat Studierende, die schon vor Jahren sich bereit zeigten, einen finanziellen Beitrag für ihre Ausbildung zu leisten und mit dem „Umgekehrten Generationenvertrag“ eigenständig ein sozialverträgliches Modell entwickelten, mit dem die Studierenden selbst diese Beiträge verwalten, ohne Gewinnerzielungsabsicht und damit bei weitem günstiger als alle im Zuge der Studiengebührendiskussion aufgelegten Förderprogramme. Von solchem Engagement bei gleichzeitigen Spitzenergebnissen in den Examina können die meisten staatlichen Hochschulen nur träumen! Sollte eventuell diese allzu deutliche Überlegenheit auf vielen Feldern die jetzige Kehrtwende der Landeesregierung erklären? War sie vielleicht auch der Grund für die seit einiger Zeit geführte Diskussion um vermeintliche Mängel, insbesondere in der Medizinerausbildung? Es ist schon etwas grotesk: Da kritisiert der Wissenschaftsrat Mängel in der naturwissenschaftlichen Ausbildung der Studierenden, lässt aber unerwähnt, dass das mittlwerweile landesweit kopierte „Problemorientierte Lernen“ (POL) in Witten entwickelt worden ist. Was ist für eine angehende Ärztin/Arzt wichtiger: Den 10. Natriumkanal der Zelle für eine Erstpublikation im Lancet zu entdecken oder aber im Rahmen des Studiums z.B. Kommunikationskompetenz im Umgang mit den Patienten zu erwerben?

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