Arye Sharuz Shalicar möchte optimistisch bleiben

Arye Sharuz Shalicar im Thüringer Landtag Foto: Privat


Arye Sharuz Shalicar war am 7. Oktober 2025 in Erfurt. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft, der Parlamentarische Freundeskreis Israel und der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung, Michael Panse, hatten ihn zu einer Buchlesung eingeladen. Er stellte sein neues Buch „Überlebenskampf – Kriegstagebuch aus Nahost“ vor, das der Kollege vorgestern hier im Blog rezensiert hatte.

Die Lesung fand im Landtag von Thüringen statt, einem geschützten Ort, an dem auch Juden gefahrlos ihre Bücher vorstellen können. Es gab zwar im Vorfeld Protestbriefe und Demonstrationsaufrufe, und vor dem Landtag hatte sich eine kleine Gruppe Demonstranten versammelt, doch Arye Shalicar konnte am Jahrestag des schlimmsten Massakers an Juden seit der Shoah aus seinem neuen Buch vorlesen. Wogegen demonstrierten diese ca. 30 Leute da vor dem Landtag, die ich von Völkermord und UN-Zahlen sprechen hörte? Gegen eine Buchlesung? Einen Israeli, der in einem Buch über seine persönlichen Erfahrungen aus den zwei Jahren Krieg in Israel berichtet? Ja, auch in Israel ist Krieg – und nicht nur im Gazastreifen. Arye Shalicar soll also keine Bühne bekommen, weil er Jude ist und seine Heimat verteidigt? Zum Glück ist aber, wie Michael Panse meinte, unser Landtag ein geschützter Ort für Juden, und die Veranstaltung fand in ausgesprochen angenehmer und dem Datum angemessener Atmosphäre statt.

Die Vorredner gingen auf die furchtbaren antisemitischen Vorfälle der letzten Zeit ein: den Übergriff auf einen Juden in Erfurt, die Verhaftung der Hamas-Terroristen in Berlin und den schrecklichen Anschlag in Manchester. Auch ihre Bestürzung darüber, dass 80 % der Menschen in Deutschland das Vorgehen Israels im Gazastreifen verurteilten, brachten sie zum Ausdruck. Durch eine völlig verzerrte mediale Berichterstattung würden die Ursache für den Krieg, der Anlass – das grausame Massaker vom 7. Oktober 2023 – leider von vielen Menschen in Deutschland vergessen. Auch wenn nach dem Massaker des 7. Oktober und zwei Jahren Krieg auf beiden Seiten das Vertrauen erschüttert wurde, konnte den Israelis der Wunsch nach Frieden nicht genommen werden. In Trumps Plan sehen die Vorredner einen Hoffnungsschimmer, auch wenn die Hamas nur teilweise zugestimmt hat. Interessant fand ich zu erfahren, dass der Freundeskreis Israel des Thüringer Landtags tatsächlich Mitglieder aus allen Fraktionen (CDU, BSW, SPD, AfD, Die Linke) hat.

Michael Panse, der Beauftragte des Landes für jüdisches Leben in Thüringen und die Bekämpfung des Antisemitismus sowie Initiator der Veranstaltung, berichtete von seinen persönlichen Erfahrungen am 7.10.2023, als er eine geplante Israelreise absagen musste, und begrüßte seinen Freund Arye Shalicar. Als Arye Shalicar zu sprechen begann, kam ich mir vor wie bei einer Livesendung seines Podcasts, den ich sehr empfehlen kann.

Er möchte optimistisch bleiben und, wie er immer so schön sagt, das halbvolle Glas und nicht das halbleere Glas sehen. Er sprach über seine Kindheit und das Verschweigen des Jüdischseins durch seine Eltern zu seinem Schutz – und darüber, wie er plötzlich als Jude zum Außenseiter wurde. Der 7. Oktober hat für die Israelis die Holocaustwunde aufgerissen und sei ein Gamechanger gewesen, seitdem befinde sich sein Land im Kriegszustand. „Es ist ein tiefes Trauma.“ Das Land Israel ist seit zwei Jahren im Krieg, und auch jeder Israeli ist im Krieg – aber das Leid der Israelis wird in den Medien kaum thematisiert.

Das erste Kapitel des Buches, das er vorlas, erzählt davon, wie seine Tochter sich Sorgen um die Eltern machte, die unterwegs waren, als gerade der Bombenalarm losging – zu einem Zeitpunkt, an dem die Hamas mal wieder ein Geiselabkommen abgesagt hatte und die Zerstörung der iranischen Atomanlagen kurz bevorstand. Wie auch die anderen Kapitel des Buches verbindet es familiäre und weltpolitische Aspekte.

Dann sprach Arye darüber, wie sehr ihn die Frage eines Journalisten berührte: „Wird es Israel in 100 Jahren noch geben?“ Israel habe den 7. Oktober nicht kommen sehen. In einer Zeit größter Hoffnung auf Frieden brach das Schlimmste über die Israelis herein seit der Shoah. Aber Arye meinte, es hätte noch schlimmer kommen können, denn zum Glück kamen die Terroristen, die am 7. Oktober in Israel eingefallen sind, nur aus Gaza – und nicht zusätzlich aus dem Libanon oder dem Westjordanland.

Als ausgesprochener Optimist hofft er, dass der Druck auf die Hamas von den vielen Ländern, die Trumps Plan unterstützen, endlich dazu führt, dass die Geiseln freikommen, das Leid sowohl der Palästinenser als auch der Israelis beendet wird und ein Frieden kommt. Allerdings sieht er zwei Hauptprobleme: Zum einen ist da der Iran mit der Herrschaft der Mullahs, zum anderen die Indoktrination der Palästinenser und deren mehrheitlicher Wunsch nach dem Untergang Israels. Sie wollen keine Zweistaatenlösung, sondern die Juden vernichten. Leider gibt es nur vereinzelt moderate Palästinenser – im Nahen Osten und weltweit. Der Gazastreifen hätte eine ganz andere Entwicklung nehmen können, so Shalicar. Er hätte eine blühende Enklave sein können, aber die Palästinenser haben sich stattdessen für Terrortunnel entschieden.

Nur wenn das Geld, das in den Gazastreifen fließt, gezielt eingesetzt wird und arabische Länder dort Verantwortung übernehmen, gäbe es Hoffnung auf Frieden. Mit den Mullahs im Iran, den Huthis, der Hamas, der Fatah oder anderen Terrororganisationen ist Frieden schlicht nicht möglich. Die arabischen Nachbarländer müssen mit „Boots on the Ground“ eine Art Alliierten-Mission in Gaza stellen, schilderte Arye Shalicar seine Vorstellung, um den Weg zu dauerhaftem Frieden zu ermöglichen.

Zum Abschluss durften noch einige Fragen gestellt werden. Dabei ging es um die Kinder in Gaza, die bewusst für das Narrativ missbraucht werden, dass Israel ein Kindermörder sei. Die Kinder werden in frühester Kindheit zu Judenhass erzogen und indoktriniert. Die Hamas-Kämpfer scharen sie bewusst um sich, um von der IDF nicht angegriffen zu werden. Dieser Missbrauch als menschliche Schutzschilder soll Emotionen erzeugen, die die Weltöffentlichkeit gegen Israel aufbringen. Leider ist dies nur allzu gut gelungen. Dass die IDF Zivilisten mit SMS, Anrufen und Flugblättern vor Beschuss warnt und ihre eigenen Soldaten dafür in Gefahr bringt, wird hingegen vergessen. Auch nach der Stimmung in Israel wird gefragt. Arye spricht über die Spaltung der Israelis und den ungewissen Ausgang der Wahlen 2026 – und über die gut integrierten arabischen Israelis, die Seite an Seite mit den Juden leben.

Heute Nacht verkündete US-Präsident Donald Trump, dass es Frieden in Israel und Gaza geben wird. Alle Geiseln sollen in den nächsten Tagen freigelassen werden. Der Waffenstillstand wird kommen.

Zwei Jahre nach dem schrecklichen Massaker der Hamas ist Optimismus mehr als angebracht. Schauen wir also auf das halbvolle Glas – mit der Hoffnung, dass Frieden in Israel möglich ist.

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