Auswirkungen der Corona-Pandemie – Was braucht man schon wirklich?

Wer braucht schon eine Wurst mit Emoji-Aufdruck? Foto: Robin Patzwaldt

Nebenan bei der WAZ beschäftigt man sich heute unter anderem mit einer kürzlich veröffentlichten Studie der Postbank, wonach die Pandemie das Kaufverhalten, insbesondere jüngerer Menschen, nachhaltig beeinflusst habe. „Onlinehandel verleitet in der Pandemie dazu, Sachen zu kaufen, die nicht benötigt werden. Das geben zwei von drei Jüngeren zu“, behaupten die Kollegen.

Mich selber hat das heute zum Nachdenken angeregt. Ich selber habe natürlich auch eine Veränderung in meinem Kaufverhalten beobachtet. So war ich zum Beispiel in diesem Kalenderjahr noch gar nicht in den Innenstädten von Dortmund oder Recklinghausen. Etwas, das so in früheren Jahren sicherlich gar nicht denkbar gewesen wäre.

Auch wenn ich in den vergangenen Jahren längst nicht mehr so häufig zum ‚Shoppen‘ vor Ort war, viel mehr im Internet gekauft habe als früher, wäre ich ohne Corona und den dazugehörigen Lockdown etc. doch sicherlich das eine oder andere Mal zum Einkaufen in einigen der mir vertrauten Revierstädte gewesen. Im Jahre 2021 ist das komplett entfallen. Zumindest bisher. Habe ich dadurch in nennenswerten Umfang andere Dinge gekauft als sonst? Nein!

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich zumindest nahezu das gleiche gekauft hätte, hätte es die leidige Pandemie nicht gegeben. Klar, mein Geld floss naturgemäß zuletzt nicht bzw. deutlich weniger in Reisen, Gastronomie oder Kulturveranstaltungen, aber die Einkäufe im Bereich Kleidung, Haushalt, Lebensmittel oder Unterhaltung usw. haben sich, dessen bin ich mir sehr sicher, nicht wesentlich verändert. Weder in Bezug auf die Produkte/Angebote, noch auf die Umfänge.

Das bringt mich dann aber zu einem, wie ich finde, deutlich spannenderen Punkt: Habe ich zuletzt vermehrt Dinge gekauft, die ich eigentlich nicht gebraucht hätte?

Klar, das tue ich grundsätzlich sogar sehr oft. Aber wem geht das nicht so? Eigentlich sind viele unserer Einkäufe, wenn wir einmal ganz ehrlich sind, unnötig. Wer braucht schon einen ganzen Kleiderschrank voller Textilien, dutzende völlig nutzlose Deko-Artikel, 70 Quadratmeter voll mit Möbeln o.ä.? Wer muss schon unbedingt CDs, Bücher oder sonstige Unterhaltungselektronik besitzen? Niemand! Das alles ist purer Luxus!

Wer einmal, wie ich, in seiner Jugend per Interrail unterwegs war, der weiß längst, dass man im Grunde im Alltag mit sehr wenigen Sachen auskommen kann. Man führt auch kein unglücklicheres Leben, wenn man keine große Wohnung voller Besitztümer sein Eigen nennt.

Trotzdem ist es vielen Menschen eben ein Bedürfnis sich mit schönen Dingen zu umgeben, ihre Garderobe möglichst vielfältig und modern zu präsentieren, eine große Büchersammlung vorzuhalten, oder ähnliches.

Wer einmal ein paar Minuten darüber nachdenkt, der wird sicherlich sofort bestätigen können, dass wir nur sehr wenige unserer Besitztümer und damit unserer Einkäufe wirklich ‚brauchen‘. Aber wer will schon allgemeingültig festlegen, was jetzt wirklich für den einzelnen nötig ist, und was nicht?

Tut es nicht manchmal auch einfach nur der Seele gut, sich etwas Schönes zu gönnen?

Vor diesem Hintergrund bereitet mir die in der WAZ besprochene Studie dann auch Kopfzerbrechen. Zwei von drei Jugendlichen haben dort scheinbar angegeben, zuletzt mehr unnötige Dinge gekauft zu haben als vor der Pandemie.

Ich bin fest davon überzeugt, dass im Grunde genommen jeder Mensch ständig mehr kauft als er tatsächlich benötigt. Aber macht das eben nicht auch einen relativ großen Teil unseres modernen Lebens in einem ‚reichen Land‘ des 21. Jahrhunderts, wie Deutschland es zum Glück noch immer ist, aus?

Und dass auch gerade Jugendliche, die in der Pandemie auf ungewohnt vieles in ihrem Leben verzichten mussten, sich in solche schwierigen Zeiten vielleicht noch etwas mehr ‚gönnen‘ als sonst, das erscheint mir gleich aus etlichen Gründen durchaus verständlich. Schließlich gilt Einkaufen ja auch als so eine Art ‚Ersatzbefriedigung‘. Und Gründe für Ersatz gab es zuletzt ja reichlich.

 

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Thomas
Thomas
3 Jahre zuvor

Eigentlich hat sich doch nichts geändert. Vor Corona hat man mehr Geld für Urlaubsreisen, Restaurantbesuche, Cafes, Discos usw. ausgegeben. Das ist seit über einem Jahr weggefallen. Dafür gibt man jetzt mehr Geld für andere Sachen aus.

Lehmbruck
Lehmbruck
3 Jahre zuvor

Ja, das ging mir auch so. Corona hat viele Monate Verzicht auf Freunde, nette Kollegen und Ausflüge bedeutet, also auf Grundbedürfnisse. Also bin ich in dieser Zeit zur Leseratte, zum Hobby-Barista und Elektronikfreak geworden, weil solche Anschaffungen und die Beschäftigung damit tatsächlich ein gewisses Glücksgefühl auslösen. Der Gang zur Packstation ist zu einem lieb gewonnenen Pausenritual im Home Office geworden. Natürlich brauche ich streng genommen nicht alles davon. Aber man muss sich diese Zeit ja etwas verschönern und erträglich machen, in der man auf so vieles Immaterielle verzichten muss, was sonst das Leben schön macht. Das kompensiert man dann materiell, indem man
kleine sensorische oder geistige Highlights als Belohnung fürs Durchhalten in den sonst so monotonen Tagesablauf einbaut. Immerhin habe ich es geschafft, nicht mehr Alkohol als gewöhnlich zu trinken, womit ja wohl den Verkaufszahlen zufolge viele ein Problem hatten.

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