
Auf Exportabel findet ihr guten Text darüber, warum Duisburg eine abgelegte Veranstaltung wie Loveparade nicht nötig hatte. Doch Veranstaltungen wie die Loveparade stehen im Zentrum der Kommunikationsstrategie des Ruhrgebiets. Die Region hat sich von Megaevents abhängig gemacht.
Es war in den 80er Jahren, als das Ruhrgebiet Kommunikationsgeschichte schrieb: Mit der Kampagne „Ein starkes Stück Deutschland“ setzte das Ruhrgebiet als erste Region auf Regionalwerbung. Die Kampagne zeigte das „neue Ruhrgebiet“ und sorgte für viel Aufmerksamkeit. Zu jedem der Anzeigenmotive konnten per Postkarte Informationen angefpordert werden – Tausende machten jedesmal davon gebrauch.
Mitte der 90er beendete damalige Kommunalverband Ruhrgebiet das „Starke Stück Deutschland“. Die Städte wollten keine teuren Anzeigenkampagnen mehr finanzieren. Es kam noch 1999 zur Kampagne „Der Pott kocht“, aber die war nur der kommunikative Schlusspunkt der internationalen Bauausstellung.
Im neuen Jahrzehnt setzte das Ruhrgebiet in der Kommunikation auf zwei Wege: Die Präsenz auf Messen wie der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin oder auf den Immobilienmessen Expo Real in München und MIPIM in Cannes sollte Immobilieninvestoren und Touristikunternehmen vom Standort Ruhrgebiet überzeugen.
Die breite nationale und internationale Öffentlichkeit sollte hingegen mit Events auf das Ruhrgebiet aufmerksam werden. Ob Klavierfestival Ruhr, Kulturhauptstadt, Loveparade oder die gescheiterte Olympia-Bewerbung: Möglichst große Events sollten als Kommunikationsvehikel die Botschaft des strukturgewandelten Ruhrgebiets transportieren.
Auf den ersten Blich ein schlüssiges Konzept: Die Kontakte, die man auf diesem Weg erzielt hat, hätte sich das Ruhrgebiet über klassisches Werbung nie leisten können. Die Bilder des Stilllebens auf der A40 gingen um die Welt – unbezahlbar.
Der Nachteil dieser Strategie: Es mussten immer neue, möglichst große Events her. In der Region gewachsene Veranstaltungen wie Bochum-Total oder Juicy Beats wurden nie gefeatured. Sie waren schlicht zu klein, sorgten nicht für das nötige mindestens bundesweite mediale Interesse. Lieber kaufte man die Marke Loveparade ein. Klar, die Veranstaltung war eigentlich schon tot als sie 2007 ins Revier kam. Aber es war damals kein andere Megavent auf dem Markt, das man ins Ruhrgebiet holen konnte. Und langfristig auf die eigenen Stärken zu setzen passte nicht ins Konzept.
Der Zwang zum Megaevent war einer der Gründe warum bei der Sicherheit alle Augen zu gedrückt wurden. Die Loveparade durfte nicht scheitern – wer auf große Events als Haupt-Kommunikationsmittel setzt kann das Scheitern eines solchen Events nicht auffangen. Das Ruhrgebiet definierte sich über Massenveranstaltungen und wurde von den großen Zahlen abhängig wie ein Junkie vom Heroin: Es mussten immer Millionen Besucher sein.
Diese Kommunikationsstrategie ist der Grund, warum das Ruhrgebiet, warum Duisburg die Loveparade brauchte. Warum die Sicherheit im Hintergrund stand und Warnungen ignoriert wurden. Diese Kommunikationsstrategie ist am vergangenen Samstag endgültig gescheitert. 20 Menschen liessen für sie ihr Leben.







