#BTW2021: Was passiert eigentlich nach der Wahl?

Ein wenig gewürdigtes Wahlplakat im September 2021. Foto: Robin Patzwaldt

Noch erscheint völlig offen, wie die kommende Bundestagswahl am 26. September 2021 am Ende ausgeht. Jüngsten Umfragen zur Folge hat die Union den Rückstand auf die SPD wieder ein Stück weit verkürzen können. Das sorgt für ungeahnte Spannung in den letzten Tagen des Wahlkampfs.

Und doch steht im Prinzip schon fest, was uns allen danach ‚droht‘. Es wird in den kommenden Tagen und Wochen ein Machtpoker einsetzen, bei dem vermutlich nicht lange der aktuell noch gesuchte vermeintliche Wahlsieger, also Armin Laschet (CDU/CSU), oder aber Olaf Scholz (SPD), im Mittepunkt stehen wird, sondern die Frage nach der zukünftigen Koalition rasch ins Zentrum des Interesses rücken wird.

Nachdem beide ‚großen‘ Parteien in den Meinungsumfragen aktuell zwischen 22 und rund 25 Prozent Zustimmung eingestuft werden, braucht ein zukünftiger Bundeskanzler, wer immer es am Ende werden wird, allem Anschein nach zwei Koalitionspartner. Das macht es kompliziert, aber auch ungewöhnlich spannend.Eine Fortsetzung der bestehenden großen Koalition von SPD und den Unionsparteien erscheint nahezu ausgeschlossen. Laschet oder Scholz werden also, wollen sie der zukünftige Bundeskanzler sein, auf die Grünen als Partner angewiesen sein. Die jüngsten TV-Auftritte haben ja auch schon ein mehr oder weniger ausgeprägts Werben um deren Gunst gezeigt.

Dass Annalena Baerbock, vom ganz großen Druck des Wahlkampfes offensichtlich schon ein Stück weit befreit, sich zuletzt bei ihren Auftritten deutlich entspannter und lockerer gab, mag auch damit zu tun haben, dass sie bereits ahnt, dass sie ihre Partei zwar nicht zur Kanzlerschaft, wohl aber mit ziemlicher Sicherheit erfolgreich in die zukünftige Bundesregierung geführt haben dürfte. Politische Ziele der Grünen, wie etwa ein stärkerer Klimaschutz, dürften damit in Zukunft natürlich aus Sicht ihrer Partei entsprechend besser umgesetzt werden können.

Das führt uns dann zum vielleicht eigentlichen Knackpunkt dieser Wahl: Wird zukünftig die FDP oder aber doch DIE LINKE mit am Kabinettstisch sitzen? Weitere Optionen erscheinen fast ausgeschlossen, nachdem alle anderen im Vorfeld eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen haben.

Damit ergibt sich sowohl für die Liberalen als auch für die Linken eine kniffelige Situation, die sie einerseits zu einem begehrten politischen Partner macht, andererseits aber eben auch ein zu starkes Zeigen des eigenen Profils gefährlich macht.

Nicht umsonst haben prominente Stimmen bei der Linken in den vergangenen Tagen ja schon mehrfach angedeutet, dass ein von der Partei eigentlich gewünschter Austritt aus der NATO keine Bedingung für eine zukünftige Koalition sei.

Und auch FDP-Chef Christian Lindner hat aktuell das Problem, dass er im Wahlkampf zwar selbstbewusst auftreten, das Rad mit zu deutlichen Forderungen und Festlegungen dabei aber auch nicht überdrehen darf, da sich ansonsten rasch eine interne Vorfestlegung auf Rot-Grün-Rot vollziehen könnte und die Liberalen weitere vier Jahre in der Opposition bleiben müssten. Kein Wunder also, dass Lindner eher in Richtung der Union schielt, da er als deren Partner fast automatisch der Dritte im Bunde wäre, da die LINKE in dieser Konstellation von Anfang an außen vor wäre.

Das Verhalten der Protagonisten in den kommenden Tagen noch weiter intensiv zu beobachten, dürfte somit eine ungewöhnlich spannende Sache werden. Die Frage ob nun Laschet oder Scholz der ‚Wahlsieger‘ werden wird, könnte von den sich abzeichnenden Koalitionsverhandlungen danach in Sachen Spannung noch deutlich in den Schatten gestellt werden. Insbesondere dann, wenn die SPD die Nase am Sonntag knapp vorne haben sollte und sich ihre zukünftigen Partner unter den Bewerbern aussuchen könnte.

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Robert Müser
Robert Müser
2 Jahre zuvor

? Was passiert eigentlich nach der Wahl ?

Ist doch ganz einfach:

Wenn man die tw. hysterischen Artikeln in verschiedenen Medien gelesen hat, steht nach dem 26.09.2021 der Untergang dieses Landes durch die Bildung einer neuen Bundesregierung bevor.
Dabei ist es eigentlich vollkommen egal, welche Farblehre zum Zuge kommt.

Leute macht euch locker!
Bisher hat es noch nie eine Bundesregierung gegeben, die genau ihr Wahlprogramm umsetzen konnte. Dies wird auch diesmal der Fall wieder sein, im Zweifelsfall machen alle so weiter wie vorher, wenn es der eigenen Machterhaltung dient.

Manfred Michel
Manfred Michel
2 Jahre zuvor

Wenn sie unbedingt ihre schöne, neue, bunte und klimagerechte Welt haben wollen, dann möge es so sein.

Manfred Michel
Manfred Michel
2 Jahre zuvor

Manchmal kommt es mir so vor, als ob ich in einer dekadenten Gesellschaft lebe, die lustvoll ihre Selbstzerstörung ( Dekonstruktion) zelebriert. China ist dabei den Westen in der KI abzuhängen, weil bei uns Gender- Klos wichtiger sind. Das Pendel schlägt immer von einem Extrem in' s andere. Früher wurde die kulturelle Seite der Menschen marginalisiert, heute ist es die biologische. Früher gab es Volksschädlinge heute gibt es Klimaschädlinge. Es ist nur die andere Seite derselben Medaille. Sigma Gabriel hat es mal auf den Punkt gebracht. Es ist eigentlich kein Konflikt zwischen rechter und linker Politik, sondern einer zwischen Moderne und Postmoderne die mit ihren Schlachtruf, anything goes, ziemlich weit gekommen ist. Es gibt zwar an der Moderne einiges zu kritisieren, aber deswegen muss man nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten. Und nun hat sich eine konterrevelutionäre Gegenbewegung formiert. Das ist das Resultat dialektischer Gesetzmäßigkeiten. Die Postmoderne sichert den Menschen zwar ein Grundeinkommen zu. Dafür muss man dann aber mit seiner Freiheit und Würde bezahlen. Und wenn man glaubt auch Natur-, ökonomische und dialektische Gesetze dekonstruieren zu können, ist das ein größenwahnsinniges Unterfangen was viele in's Verderben stürzen wird. Nur die Realität funktioniert.

sneaking_beauty
sneaking_beauty
2 Jahre zuvor

@#5 Manfred Michel:
Sehr wirrer Kommentar, da hauen Sie einiges Sachen gehörig durcheinander und wissen offenbar selbst nicht, wovon Sie schreiben.

"Postmodern" heißt erstmal nur, dass nichts genuin Neues mehr kommt, sondern dass man sich aus alten Ideen was zusammenbastelt und dass das Zeitalter der Ideologien vorbei ist. Als postmoderne Zeit könnte man die Achtzigern und Neunziger bezeichnen, spätestens mit 9/11 war diese Epoche zu Ende. Seitdem sind die "großen Erzählungen" (a.k.a. Ideologien) wieder im großen Stil zurück – ich selber würde noch weiter gehen und sagen, dass die Postmoderne zu dem Zeitpunkt vorbei war, als 1991 die ersten Schüsse in Slowenien fielen und hierzulande Asylbewerberheime brannten.

Bezüglich China wird viel zu viel Panik gemacht, das dortige Wachstum ist nicht mehr so stark wie in den Noughties, die Universitäten sind längst nicht die globalen "brain magnets" wie die führenden US-Unis (auch nicht in der KI-Forschung) und die Demographie wird das Land bald vor massive Probleme stellen. Da sehe ich Japan und Indien als die zukunftsträchtigeren Ökonomien.

Das Grundeinkommen ist auch keine postmaterialistische, sondern eine materialistische Forderung.

Die menschliche Realität ist das, was wir daraus machen. Das bedeutet aber auch, dass sich unser Planet zur Wehr setzt, wenn es ernst wird.

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[…] oder beginnt die freundliche Fassade noch stärker als zuletzt schon Risse zu bekommen? So viele offene Fragen, so wenig Aussicht auf eine für Laschet günstige […]

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[…] mehr im Mittelpunkt. Dabei hätte Merkel es durchaus verdient in diesen Tagen, so kurz vor dem Ende ihrer 16-jährigen Amtszeit, noch etwas näher beleuchtet und auch für ihre Zeit im Kanzleramt gewürdigt zu […]

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[…] es auch als ein Zeichen des eigenen Selbstbewusstseins, als Laschet eine Rückkehr nach NRW nach der Bundestagswahl für sich persönlich frühzeitig generös ausschloss. Er hatte diesbezüglich scheinbar eh nichts […]

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