Eine Legende ist gestorben

Siegfried Maruhn ist tot. Er ist mit 87 Jahren gestorben, heute am Freitag. Siegfried Maruhn war Chefredakteur der WAZ. Er war eine Legende. Er hat die WAZ zur größten Zeitung des Reviers gemacht.

Ich habe Siegfried Maruhn nicht selbst erlebt. Ich habe nur von ihm gehört, ich habe gehört wie gute Kollegen von ihm schwärmten, von seiner Gradlinigkeit und seiner Zuverlässigkeit.

Der Lebensweg von Siegfried Maruhn ist anfangs durch Krieg und Diktatur geprägt. Er stammte aus Ostpreussen, ging in Frankfurt am Main zur Schule, wurde Wehrmachtssoldat und erlebte Tod und Verderben in Afrika. Er kam 1946 aus der Gefangenschaft zurück und wurde kurz darauf Redakteur einer englischsprachigen Zeitung für die amerikanische Zivilverwaltung. Die Idee der Demokratie hatte er verinnerlicht. Er wurde Chef vom Dienst bei der Frankfurter Ausgabe der Neuen Zeitung. Ab 1952 kam er dann zur WAZ – zuerst nach Bochum, dann nach Essen. Ab 1958 war er Stellvertretender Chefredakteur und von 1970 bis 1988 schließlich Chefredakteur der WAZ.

Siegfried Maruhn prägte diese Zeitung und damit diese Region mit einem am Wohl der Menschen ausgeprägten Verständnis von Pressefreiheit. Er verabscheute Radikale und Extreme. Siegfried Maruhn suchte Ausgleich, Wahrheit und Wahrhaftigkeit. So machte er die WAZ groß und erfolgreich. Und so festigte er Demokratie und Freiheit im Ruhrgebiet.

Siegfried Maruhn hinterlässt vier Söhne, sieben Enkel und seine Frau, mit der er 53 Jahre verheiratet war.

Unser Beileid gilt ihnen.

Auch wir bei den Ruhrbaronen werden sein Andenken bewahren.

Kommunismus à la Gesine Lötzsch als 2000-Euro-Frage bei „Wer wird Millionär?“

Neulich hatte ich bei Spiegel Online so einen IQ-Test mitgemacht. Zunächst waren einige Zahlenreihen logisch zu verlängern, dann waren Textaufgaben zu lösen, und schließlich – und das machen wir hier jetzt auch einmal – ging es darum, Begriffe adäquat zuzuordnen. Zum Beispiel: Hand verhält sich zu Arm wie Fuß zu … – na? Okay, ohne vorgegebene Antwortmöglichkeiten ist das zu schwer. Also machen wir es wie bei „Wer wird Millionär?“: Multiple Choice. Also Hand zu Arm wie Fuß zu: a) Bein, b) Knöchel, c) Rumpf, oder d) Nase?
Da diese Aufgabe tatsächlich aus dem angegebenen Spiegel-Test ist, verrate ich auch nicht die richtige Lösung. Wir wollen Sie schließlich nicht intelligenter machen, als Sie wirklich sind. Aber wir können ja noch ein wenig üben. Ich hätte da noch eine Aufgabe – allerdings nicht aus dem IQ-Test auf Spiegel Online. Aufgepasst: Gesine Lötzsch verhält sich zu Kommunismus wie eine Kuh zu: a) Milch, b) Rindfleisch, c) Wiese, oder d) Sonntag?

Schon klar: die Frage ist von einem anderen Kaliber als die mit Hand und Fuß. Sie können, weil Sie kein Risiko eingehen wollten, selbstverständlich noch Ihre Joker ziehen. Aber welchen könnten wir denn da nehmen. Ehrlich gesagt: das Publikum würde ich nicht fragen. Vermutlich dürften inzwischen einige die Frau Lötzsch kennen. Vielleicht sogar wissen, dass die irgendwie für den Kommunismus ist oder so. Aber das dürfte es dann wohl auch schon gewesen sein. Und überhaupt: „Kommunismus“ – echt, da würde ich die Leute nicht zu befragen. Das müssen Sie natürlich selbst wissen; ich will Ihnen da weiß Gott nicht reinreden.
Das ist ganz allein Ihre Entscheidung. Ihre freie Entscheidung. Hier ist ja kein Kommunismus. Also, wie sieht es aus? Gesine Lötzsch zu Kommunismus wie Kuh zu …? Milch, Rindfleisch, Wiese oder Sonntag? Sie haben auch noch den Fifty-Fifty-Joker. Nur: würde der Ihnen wirklich etwas bringen. Ich meine: wenn Sie nun überhaupt keine Ahnung haben, … – Halt! Ich will nicht zuviel verraten. Haben Sie nicht einen Freund, der sich mit sowas auskennt? Der müsste sich dann aber – ich sag´s ja nur – wirklich richtig damit auskennen!
Ach, der Vater des Freundes Ihrer Tochter. Und, was macht der so? – Mmhh, Lehrer für Politik und Gemeinschaftskunde. Meinetwegen, versuchen Sie´s! Besser wäre es, der hätte Ahnung von Philosophie oder so. Wegen des Kommunismus´, meine ich. Ach ja, die Gesine Lötzsch – da haben Sie natürlich auch wieder Recht. Sie können natürlich auch hingehen und sagen: „Danke! Das war´s. Ich stecke mir die 2000 Euro ein und gehe nach Hause.“

Ich meine: 2000 Euro – das ist ja auch Geld. Was würden Sie eigentlich machen, wenn Sie jetzt 2000 Euro mitnehmen könnten? – Aha, dasselbe wie immer. Das ist natürlich langweilig, klar. Andererseits: wenn Sie das jetzt versemmeln und Ihnen gar nichts übrig bleibt? Sie haben Recht: no risk, no fun. Sonst wäre es ja wie im Kommunismus. Huch, hoffentlich habe ich jetzt nicht schon wieder zuviel verraten.
Ob ich die richtige Antwort kenne? – Ja, das ist aber reiner Zufall. Ich habe nämlich gestern Abend bei den Kollegen im ZDF reingeschaut, und da war die Gesine Lötzsch bei der Illner. Sonst müsste ich – ehrlich gesagt – auch überlegen. So ist es natürlich einfach. So einfach wie diese Aufgabe mit Hand und Fuß. Das ist aber – wie gesagt – reiner Zufall.
Nun murmeln Sie sich da mal nichts in den Bart, lassen Sie uns doch bitte teilhaben an Ihren Gedanken! Ja, selbstverständlich sind die Gedanken frei; aber die Show muss weitergehen. Das müssen Sie doch auch einmal einsehen. Okay: wenn Milch richtig wäre, dann gibt die Kuh Milch, folglich müsste Frau Lötzsch den Kommunismus geben. Richtig. Nein, nicht unbedingt die Antwort. Ich meine nur Ihren Gedankengang. Ich sage nichts.
So ähnlich verhielte es sich auch beim Rindfleisch. Nur …, Sie sind ja lustig, hören Sie! Die Revolution frisst Ihre Kinder. Ja, das sagt man so. Die Kuh steht auf der Wiese, dann müsste Frau Lötzsch auf Kommunismus stehen. Oder eben auf Sonntag. Witzig. Nur: damit sind wir auch noch kein Stück weitergekommen.

Ja, es gibt viele Wege zum Kommunismus und den richtigen können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen. Und da klar ist, dass  es ein sehr langer und steiniger sein wird, machen wir jetzt erst einmal Werbung, schließlich muss der Sender auch ein bisschen Geld verdienen.
Wenn Sie zuhause wissen, wie sich Gesine Lötzsch zum Kommunismus verhielte, wenn sie eine Kuh wäre, dann rufen Sie uns an! Die Nummer finden Sie auf dem Bildschirm eingeblendet. Und mit ein wenig Glück können Sie 5000 Euro Ihr eigen nennen.
Damit sind Sie zwar noch nicht Millionär; es sind aber immerhin mehr als diese läppischen 2000 Euro, an denen sich unser Studiokandidat gerade abstrampelt. Sie können natürlich auch jederzeit, wenn Sie wollen, Millionär werden. Jetzt erscheint die Nummer, die Sie wählen müssen, wenn Sie Kandidat werden wollen bei „Wer wird Millionär?“
Und machen Sie sich keine Gedanken: das ist nichts Unanständiges, Millionär zu sein. Ich bin ja auch einer. Im Kommunismus gab es auch immer Millionäre. Was soll´s also?! – Bis gleich. Ja, dann mal ran ans Internet: Gesine Lötzsch verhält sich zu Kommunismus wie eine Kuh zu: a) Milch, b) Rindfleisch, c) Wiese, oder d) Sonntag?

Kreativwirtschaft auf’m Platz

Heute um 20.30 Uhr beginnt die Rückrunde der Fußball-Bundesliga, die ARD zeigt das womöglich wegweisende Auswärtsspiel von Borussia Dortmund in Leverkusen. So weit, so nüchtern festgestellt.

Die Fieberkurve steigt jedoch. Als Dortmunder und BVB-Anhänger kann einem zugleich mulmig werden, sofern man nicht völlig benebelt ist. Trotz des famosen Zehn-Punkte-Vorsprungs hat Trainer Jürgen Klopp verdammt recht, wenn er das M-Wort nicht benutzen will. Ein paar Verletzungen, eine kleine krisenhafte Serie – und schon… Aaaaargh!

Derart euphorische Vorschusslorbeeren wie für den jetzigen Tabellenführer hat es für einen Verein außerhalb Bayerns wohl noch nie gegeben. Der erste Wettanbieter hat bereits jetzt Gewinne an jene ausgezahlt, die auf den BVB als Meister gesetzt haben. Verrückt. Daher schneller Themenschwenk.

Man kennt das: Im Umfeld von WM- oder EM-Turnieren werden stets weit ins (Multi)-Kulturelle und Gesellschaftliche ausgreifende Hypothesen gestemmt, warum die Kicker dieser Nation obenauf sind, andere aber darnieder liegen.

Welchen Maßstab aber will man im Vergleich der deutschen Städte anlegen? Hat sich die viel beschworene Dortmunder Kreativwirtschaft schon rundum ausgewirkt? Hat gar das Gewese der Kulturhauptstadt rings ums Dortmunder „U“ auch der Fußballmannschaft Flügel verliehen? Unsinn. Entscheidend is‘ auf’m Platz. Die mitreißende Leidenschaft kommt aus dem Spiel und mitten aus dem Team heraus, sie wäre eher gruppenpsychologisch zu verstehen. Ob sie etwas anderes repräsentiert, darf bezweifelt werden. Behaupte ich jetzt mal.
In der Süddeutschen Zeitung von heute steht ein ausführliches Interview, das (der Dortmunder) Freddie Röckenhaus mit dem BVB-Vorstandschef Hans-Joachim Watzke geführt hat, welcher (mit Seitenblick auf die Grünen) die „wertkonservative“ Haltung seiner gut dotierten Angestellten lobt. Die schwarzgelben Profis, so Watzke, dächten beim Spiel nicht so sehr an Arbeit und Geld, sondern an die „Chance zur Selbstverwirklichung“. Same old story: Elf Freunde sollt ihr sein. Man fühlt sich fast wieder wie bei Sepp Herberger selig. Ach, ist das heimelig!
Apropos Süddeutsche, FAZ & Co. Falls dem BVB das Meisterstück gelingen sollte, werden in den überregionalen Zeitungen wieder jene etwas gönnerhaften Artikel erscheinen, in denen steht, wie bitter nötig eine gebeutelte Stadt wie Dortmund eine solchen Schub doch habe. Es wäre schön, wenn ich mich irrte.

P. S.: Frage niemand nach dem Bild, ich verrate es sowieso. Die Pinguine in den Trikots von Brasilien und England gab’s zur WM 2002.

Eon widerspricht Anti-Datteln Gutachten

Das Eon-Kraftwerk in Datteln ist unrettbar. Das war das Ergebnis eines im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe erstellten Gutachtens zum umstrittenen Kraftwerk Datteln IV. Eon sieht das anders.

Der Streit um das Kraftwerk Datteln IV geht weiter. Die Deutsche Umwelthilfe das Kraftwerksprojekt als „unrettbar“ bezeichnet. Und sieht auch in dem vom RVR geplanten Weg eines Zielabweichungsverfahrens keine Möglichkeit, das Kraftwerk noch in Betrieb gehen zu lassen. Ein Problem: Das Kraftwerk soll mit Importkohle betrieben werden.

Eon sieht das anders.

Unternehmenssprecherin Franziska Krasnici:

Das Ergebnis des von der Deutschen Umwelthilfe in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens zur Unzulässigkeit eines Zielabweichungsverfahrens im Hinblick auf unser Kohlekraftwerksprojekt Datteln 4 teilen wir nicht.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit seinem Urteil vom 3. September 2009 nicht grundsätzlich die Planung und den Bau eines Steinkohlekraftwerks in Datteln untersagt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass das Oberverwaltungsgericht Münster vielmehr ausdrücklich auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens auf Basis des momentan gültigen Landesentwicklungsplans aus dem Jahr 1995 hingewiesen hat. Das bedeutet: Datteln 4 ist auch auf Grundlage des gültigen Landesentwicklungsplans genehmigungsfähig. Hinzu kommt, dass Datteln 4 von der Anlagentechnik her so ausgelegt ist, dass sowohl heimische Steinkohle als auch Importkohle verfeuert werden kann. Eine einseitige Vorfestlegung auf die Verfeuerung von Importkohle besteht insofern nicht.

Die Frage der Importkohle halte ich auch für arg übertrieben. Ab 2018 wird es nichts anderes als Importkohle mehr geben. Es mag gute Gründe gegen Datteln IV geben – die Importkohle gehört nicht dazu.

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Obdachlosenmagazin Bodo braucht einen Computer

Heute Nacht wurde in die Redaktionsräume der Obdachlosenzeitung Bodo eingebrochen. Gestohlen wurde der einzig funktionierende Computer. Nun suchen die Bodo-Macher nach einem Ersatzgerät. Ein gespendeter Computer wäre ideal.

Das waren keine Gentleman-Einbrecher: Wer in die Redaktion eines Obdachlosenmagazins einbricht und den einzig funktionierenden Computer klaut ist – lassen wir das. Die Chancen, in den Himmel zu kommen, steigert man mit solchen Aktionen jedenfalls nicht.

Nun sucht die Bodo-Redaktion einen neuen Computer. Als Spende. Liebe Leserinnen und Leser – bei einem von Euch steht so ein Computer rum. Und Ihr braucht ihn  nicht. Gebt ihn doch einfach den Bodo-Leuten.

Kontakt:

Bodo

0231 / 98 22 98 18

Geierabend 2011

Gestern Abend. Dortmund. Geierabend Premiere. Und wie war es? Grandios!

Gleich sind wieder alle sauer auf mich. Weil ich nicht schön über Kultur schreiben kann. Aber Perik wollte nichts über den Geierabend auf den Ruhrbaronen schreiben, also bleibt es an mir hängen.

Erst einmal: Es gibt zwei Dinge die ich nicht mag. Kleinkunst und Karneval. Eine schlechte Ausgangslage für den Besuch einer alternativen Karnevalsveranstaltung. Und was hatte ich? Spass. Richtig viel Spass. Es gab sehr böse Nummern, vor allem von Martin Kaysh, der die Rolle des Steigers spielt und durch den Abend führte. Das meiste war richtig gutes Kabarett. Sehr wenig Klamauk. Schöner Wortwitz. Und nicht übertrieben viel Lokalcholorit. Für mich war es eine perfekte Mischung. Grandios auch die lebensnahe Darstellung von zwei BvB-Fans. Da wusste man sofort wieder, warum man Anhänger von Schalke 04 ist. Aber auch über die konnte ich herzlich lachen. Und, wie war das als Geierabendkritik? Nicht gut, ich weiß. Aber ihr könnt es in den Kommentaren besser machen. Und wenn einer der werten Kolleginnen oder Kollegen einen Text schickt, werf ich meinen sofort raus.

Der Ruhrpilot

NRW: Gericht setzt Rot-Grün unter Druck…RP Online

NRW II: Grüne wollen mehr direkte Demokratie…RP Online

NRW III: Immer mehr arme Mütter…Ruhr Nachrichten

Ruhrgebiet: Hochwasser kommt…Ruhr Nachrichten

Dortmund: Stadt will neues Rathaus…Der Westen

Duisburg: Szene zwischen Trauer und Trotz nach drohendem Aus fürs Djäzz…Der Westen

Essen: Gabriel fordert eine Extra-Steuer für die Bildung…Der Westen

Energie: Gelsenwasser-Chef gegen Gasförderung in NRW…Ruhr Nachrichten

Auto: Der einzig „linke“ Porsche…Frontmotor

Medien: DerWesten schaltet seine Community zum 28.01.2011 ab…Pottblog

Online: Inside CSU…Netzpolitik

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Wann schaltet die WAZ den Westen ab?

Vor Kurzem ging Westropolis offline. Jetzt schaltet die WAZ-Gruppe die Community auf ihrem Online-Portal Der Westen ab. Stellt sich die Frage, wann die Stecker ganz gezogen wird.

Als Der Westen an den Start ging, war die Community eines seiner Herzstücke. Hier sollte die Brücke zwischen Redaktion und Lesern geschlagen werden. Hier konnte man mitmachen, gab es such ein paar Blogs Die Community unterschied den Westen von einer ganz gewöhnlichen Internetseite.  Damit ist bald Schluss:

Abschaltung der Community – 13.01.2011

Sehr geehrte Nutzer, das neue Jahr beginnt bei DerWesten.de mit Umstrukturierungen. Unsere Community wird es in bisheriger Form nicht mehr geben. Ab dem 28.01.2011 werden Ihre Inhalte nicht mehr verfügbar sein. Wir bitten Sie daher, Beiträge, Fotos und Links, die Ihnen wichtig sind, zu sichern. Unser Forum und unser Kommentarbereich stehen Ihnen auch weiterhin zur Verfügung. Eine erneute Registrierung ist dafür nicht erforderlich. Wir danken allen Community-Mitgliedern herzlich für ihr Engagement und freuen uns, wenn wir weiter in Kontakt bleiben – – zum Beispiel bei Twitter (http://www.twitter.com/DerWesten) oder bei Facebook (http://www.facebook.com/DerWesten). Für Fragen stehen wir unterfe******@*******en.de zur Verfügung. Vielen Dank, Ihr Community-Management

Damit ist der Westen kaum mehr als eine ganz normale Internetseite einer Zeitung. Aber dummerweise gibt es keine Zeitung, die „Der Westen“ heißt. Mögliche Synergieeffekte zwischen dem Print-Objekte (WAZ, NZR, WR) bleiben also überschaubar.

Konsequent wäre es, jetzt auch bald „Der Westen“ abzuschalten und die Site durch klassische Angebote wie waz.de oder nrz.de zu ersetzen.

Das historische Foto

Am 24. Juli 2010, dem Tag der Loveparade, erhält Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland eine Minute nach halb fünf eine SMS auf sein Smartphone. Der erste Bürger der Stadt hält sein Handy in der Hand, sein Blick ist kritisch auf das Display gerichtet. Die SMS macht offenbar eine schnelle Entscheidung notwendig. Eine Geschichte zum historischen Foto aus dem 2. Print-Ding der Ruhrbarone. (Das ganze Print Ding mit langen, sauteuren Stories kann hier bestellt werden. klack)

von Thomas Meiser

Auf dem Foto steht neben Oberbürgermeister Sauerland der Spaßmacher Oliver Pocher, er will in diesem Augenblick ein funky Kurzinterview mit dem Politiker machen. Auf der anderen Seite von Pocher steht Kulturhauptstadt-Popdirektor Dieter Gorny – auch der soll reden. Die Nummer soll über BILD Online laufen. Hier wird ein Videostream des Medienpartners BILD abgespielt. Die drei stehen oben auf einer Brücke über dem Party-Gelände auf dem alten Güterbahnhof gegenüber der Hauptbühne. Ein Pulk von Knipsern will genau hier und jetzt das Bild vom Tage machen: Strahlende Sonne, Love and Peace. Im Vordergrund die Promis, im Mittelgrund die ravende Masse, im Hintergrund die Loveparade-Bühne, schön bunt illuminiert. DJane Monika Kruse spielt ihr Set.

Eine oder zwei Minuten zuvor hatte Sauerlands persönlicher Referent Josip Sosic seinem Chef etwas ins Ohr geflüstert. Danach hatte sich der Adlatus sofort wieder aus dem Focus gedrängt. Ist etwas passiert?

Dieter Gorny sagte später, Sauerland sei per SMS aufgefordert worden, irgendwo anzurufen. Irgendwas sei passiert. Mehr wisse er auch nicht.

Ähnlich äußert sich Sauerland selber. Es sei eine unbestimmte SMS gewesen, die er da bekommen habe. Man habe ihn gebeten, sich zu melden. Da es sehr laut gewesen sei, habe er den Rückruf um ein paar Minuten nach hinten verschoben.

Bernd Dix, ein Kollege, der beim WDR schafft, stand schräg hinter Sauerland. Gerade nicht im Bild. Er konnte die SMS lesen, sagt er. Die wenigen Worte seien ihm im Gedächtnis geblieben: „Sofort im Krisenstab anrufen“, habe dort gestanden.

Sauerland muss sich entscheiden.

Ein belangloses Interview mit dem Online-Boulevard durchziehen, und tun, was eine Meute Knipser von ihm erwartet?

Oder jetzt sofort auf die drängende SMS auf seinem Smartphone reagieren?

Beraten kann sich Sauerland zu diesem Zeitpunkt mit Niemanden. Seine Mitarbeiter sind zu weit weg. Selbst auf Armlänge kann man kaum jemand ohne technische Hilfsmittel verstehen. Es groovt, es kracht, es ist außer Kontrolle. Und Sauerland muss sich entscheiden. Er ist Oberbürgermeister. Er ist im Amt. Er ist der Chef. Am Pressecounter liegen den Mädels vom Dienst so eine Art Steckbriefe vor, die Fotos mit Namen darunter fordern Spezialbetreuung für Prominente. Darunter das Bild von Sauerland.

In der Ankündigung zum Pocher-Interview auf der Pressebrücke vor der Bühne stand: „17.30 Uhr. Statements zum Tag und offizielle Verkündung der Besucherzahlen.“

Auf dem Foto kurz vor dem angekündigten Statement kann man fast erkennen, wie es in Sauerland arbeitet. Wie seine Entscheidung reift.

Krisenstab oder Kamera? Jetzt sofort losgehen und zurückrufen, oder eine gute Viertelstunde vertändeln, mit der Bekanntgabe von gefälschten Besucherzahlen? Es ist ein Symbol für den Umgang mit Verantwortung, wie der Duisburger Oberbürgermeister sie versteht.

Sauerland gibt Pocher ein Signal. Er hat sich entschieden.

Dann redet der Oberbürgermeister in das Mikrofon.

Für den Livestream von BILD-Online von der Brücke über der Katastrophe herab. Was er sagt, ist längst vergessen.

Ein paar Stunden später wird Sauerland den Opfern der Loveparade vorwerfen, sie wären aus Leichtsinnigkeit in den Tod gestürzt, weil sie über Absperrungen hinweg geklettert seien.

Kulturhauptstadt-Popdirektor Dieter Gorny wird sich kurz nach dem Pocher-Interview aus allem raushalten, was mit der Loveparade zu tun hat. Zwar wird er später noch einmal im Backstage-Bereich einer desaströsen Sauerland-Pressekonferenz hocken, als dort überlegt wird, ob Gorny als Vertreter der Kulturhauptstadt gemeinsam mit Sauerland auf das Podium soll, um für die Katastrophe gerade zu stehen. Aber Gorny wird nicht gehen. In den kommenden Wochen wird er fragen, was die Kulturhauptstadt schon mit der Loveparade zu tun gehabt habe?

Sein auf dem Bild dokumentierter Auftritt ist Gornys letzter Gig als Repräsentant der Loveparade im Ruhrgebiet.

Der Popdirektor macht heute in Kreativwirtschaft.

Nach dem Pocher-Interview damals verließen Sauerland und Gorny die Presse-Brücke nach rechts.

Im Promizelt ging die Party der VIPs übrigens stundenlang weiter, als wäre nichts gewesen. Das Pilsbier wurde für lau aus Plastikbechern gesoffen.

Die Handys schwiegen ansonsten. Das Netz war zusammengebrochen.

Pocher ist danach nie wieder in Sachen Loveparade aufgefallen.