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Der Weg des Schwertes: Kendo in Duisburg

Japanische Fechtkunst in Duisburg: Kendo! Foto: Peter Ansmann
Japanische Fechtkunst in Duisburg: Kendo! Foto: Peter Ansmann

Mittwoch, der 22.01.2020. Duisburg ist echt, es ist 20:30 Uhr, an diesem Abend genauso tot wie an jedem anderen Tag der Woche. In der Sporthalle der Gneisenauschule geht es dafür um so lebendiger zu. Gestalten in indigoblauen Uniformen begrüßen sich mit einer kurzen Verbeugung und bewegen sich dann aufeinander zu. Gekleidet in dunklen Hakamas und Gis und geschützt durch einem Kopfschutz (Men), der das Gesicht nur erahnen lässt. Zusammen mit der Schutzausrüstung für Hände und Rumpf, erinnern diese Personen sehr stark an das Erscheinungsbild der sinistren (Aus Rebellensicht!) Erste-Ordnung-Führungsebene bei Star Wars.

Mit einem lauten Schrei rennt ein dunkler Krieger auf seinen Kontrahenten zu. Der Kämpfer schlägt mit seinem Shinai, einem Bambusschwert, zum Kopf seines Gegners, schreit „Men“ und bewegt sich mit merkwürdig anmutenden, schnellen, Schritten am eben erledigten Feind vorbei.

Willkommen beim Training der Kendo-Gruppe des Polizeisportvereins Duisburg!

Die Budo-Abteilung des PSV Duisburg e.V. bietet mannigfaltige Aktivitäten für die Freunde japanischer Kampfkünste: Neben Ju-Jutsu und Aikido, waffenlose Selbstverteidigungsarten, bietet der Verein auch eine Kendo-Gruppe: Dort wird, nach traditioneller Art der Samurai, der Umgang mit dem Schwert perfektioniert.

Uwe, Dede und Mika: Kendokas aus Duisburg; Foto: Peter Ansmann
Uwe, Dede und Mika: Kendokas aus Duisburg; Foto: Peter Ansmann

Was Kendo von den gerade genannten Kampfkunstformen unterscheidet: Bei Kendo gibt es keine Verteidigungstaktiken und kein großes Vorspiel – klar: Wenn der Feind mit einem gezückten Schwert vor einem steht, sind die Fronten klar und die Zeit der Diplomatie ist definitiv beendet. Zur Selbstverteidigung ist Kendo eher schwer zu gebrauchen, da man ja nicht immer ein Katana („Samuraischwert“) mit sich führt – nicht einmal, wenn man in Duisburg unterwegs ist. Der sportliche Charakter steht im Vordergrund.

Patrick, Uwe, Dede: Sehr viele Jahre an Kendo-Erfahrung; Foto: Peter Ansmann
Patrick, Uwe, Dede: Sehr viele Jahre an Kendo-Erfahrung; Foto: Peter Ansmann

Zu Kendo: Die Samurai setzten nicht nur auf waffenlose Kampftechniken, wie z.B. Karate oder Jiu-Jitsu, sondern auch auf explizitere Methoden zur finalen Befriedung renitenter Kontrahenten.

Kendo (Ken, japanisch für Schwert, Do, japanisch für Weg) ist die moderne Form des traditionellen japanischen Schwertkampfes, wie ihn einst die Samurai, der Kriegerstand im vorindustriellen Japan, lebten. Während die Samurai noch mit scharfen Schwertern (Katanas) übten, wird das moderne Kendo – im wahrsten Sinne des Wortes – „entschärft“ geübt: Mit einem Bambusschwert (Shinai) und mit einer Schutzausrüstung (Bogu) die den Kopf, den Torso, den Unterleib und die Hände schützt. Nach dem zweiten Weltkrieg, viele Kampfkünste wurden in Japan verboten, wurde Kendo in seinem Ursprungsland in seiner ursprünglichen Form erst wieder ab 1952 praktiziert: Und gehört dort zu den populärsten Sportarten. Nach Europa kam Kendo in den 60er Jahren. Die – zugegebenermaßen – Nischensportart wird jedoch immer beliebter.

Stefan: Betreibt seit 11 Jahren Kendo! Foto: Peter Ansmann
Stefan: Betreibt seit 11 Jahren Kendo! Foto: Peter Ansmann

Beim deutschen Kendobund sind ca. 3000 Kendokas registriert: Die Größe der Duisburger Gruppe, hat auch mit dem Einfluss der Nachbarstadt Düsseldorf zu tun: Dort ist die größte japanische Community in Deutschland beheimatet – und gleich drei Kendo-Vereine. Das Angebot an Trainingsgelegenheiten ist auch im restlichen Ruhrpott mehr als nur ausreichend: Ob in Dortmund, Essen, Recklinghausen, Bocholt, Wuppertal oder Remscheid – im Ruhrgebiet hat jede größere Stadt einen Kendoverein

Dede in voller Montur: Men (Kopfschutz), Kote (Handschutz), Do (Rumfschutz) und das Tare (Schutz für die Hüfte) vermindert das Verletzungsrisiko. Foto: Peter Ansmann
Dede Jeursen in voller Montur: Men (Kopfschutz), Kote (Handschutz), Do (Rumfschutz) und das Tare (Schutz für die Hüfte) vermindert das Verletzungsrisiko. Foto: Peter Ansmann

Die Kendogruppe in Duisburg

In Duisburg bietet die Budo-Abteilung des PSV-Duisburg einen Kendokurs an: Circa 15 Kendokas trainieren hier regelmäßig. Altersmäßig ist die Gruppe bunt gemischt. Anfänger trainieren zusammen mit Meistern. Die Stimmung in der bunten Runde ist nur als „sehr gut“ zu bezeichnen:

Dede Jeursen, der seit Jahrzehnten Kendo betreibt, kann man – im positivsten Sinne – als „orthodoxen“ Kendoka bezeichnen.

Anlegen der Rüstung; Foto: Peter Ansmann
Anlegen der Rüstung; Foto: Peter Ansmann

Eine wichtige Rolle in einer Gruppe, die aus Personen mit extrem unterschiedenen Erfahrungsständen in dieser Kampfkunst besteht: Ein unkorrekt gebundener Hakama, eine falsch gemachte Schleife beim Gi, fehlerhafte Schläge mit dem Schwert oder ein schlampiges Grüßen vor und nach dem Kampf: Dede achtet darauf, dass die traditionellen Werte des Kendo in Ehren gehalten werden – durch sanfte Ermahnung und sofortiges „Zeigen, wie es korrekt geht“.

Neben einer Aufwärmtraining und den Übungen mit dem Schwert, wird auch „Tradition“ vermittelt: Japanische Grüße, Zählen auf japanisch und das rituelle Grüßen vor und nach dem Training. Fester Bestandteil jeder Unterrichtseinheit. Einen Großteil der Übungen nimmt das Lernen des korrekten „Laufens“ in Anspruch. Der linke Fuß steht etwas hinten, die Ferse ist oben: Man ist immer in Sprungposition. Diese Fußarbeit – Ashi Sabaki – ist, zugegebenermaßen, am Anfang gewöhnungsbedürftig. Nebenbei gibt es für Neulinge immer wieder Informationen: Die indigoblauen Uniformen, die in Japan gebräuchlich sind: Angeblich weil die Samurai ihre Baumwolljacken, die auch beim Kendo getragen werden, diese mit Indigo gefärbt haben: Da von diesem Stoff eine blutstillende Wirkung ausgeht.

Ob es sich dabei um eine Legende handelt oder ob an dem Gerücht etwas dran ist – Kendoka Patrick Multhaup möchte es aktuell nicht selber herausfinden.

Die japanische Friedensbewegung ist in drei Aktionen zusammenzufassen: Kleiner Schritt zum Gegner und Ausholen mit dem Schwert, großer Sprung nach Vorne mit gleichzeitigen Schlag zum Kopf und einer korrekten und lautstarken Ansage des Zielpunktes ("Men"), weiterlaufen zum nächsten Feind. Mit einem echten Katana hätte Elfi ihren Gegner effizient eliminiert und den Frieden gewahrt; Foto: Peter Ansmann
Die japanische Friedensbewegung ist in drei Aktionen zusammenzufassen: Kleiner Schritt zum Gegner und Ausholen mit dem Schwert, großer Sprung nach Vorne mit gleichzeitigen Schlag zum Kopf und einer korrekten und lautstarken Ansage des Zielpunktes („Men“), weiterlaufen zum nächsten Feind. Mit einem echten Katana hätte Elfi ihren Gegner effizient eliminiert und den Frieden gewahrt; Foto: Peter Ansmann

Besonderen Wert gelegt wird beim Unterricht in Duisburg auf „japanische Effizienz“: Keine Bewegung zuviel machen. Wenn das Schwert im Schädel des Gegners steckt, kann man sich dem nächsten Gegner zuwenden oder eine Zigarette rauchen. Also auf dem Schlachtfeld, nicht im Dojo. Durchschlagen des Schwertes durch den Kopf bis zu den Knien? Overkill ist sinnlos und damit verpönt. Und wird im Unterricht getadelt. Richtige Verteidigungstaktiken gibt es im Kendo eigentlich nicht: Getreu dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ wird versucht, möglichst schnell – und erfolgreich – eine Attacke mit einem Gegenangriff zu kontern. Der Entschlossenere gewinnt!

Ebenfalls wichtig: Der Kiai (Kampfschrei) im richtigen Moment. Wer es ruhig und geräuschlos mag, ist bei Kendo definitiv falsch aufgehoben. Es geht einigermaßen laut zu beim Training.

Kendo in den Unterhaltungsmedien

Erhöhtes Interesse an Kendo bemerkt man immer, sobald Blockbuster aus Hollywood, die Schwertkampf thematisieren, im Schwange sind: Der Racheepos Kill Bill mit Uma Thurman (Hier im Video: O-Ren Ishii gegen Beatrix Kiddo „Die Braut“.) z.B.

The last Samurai mit Tom Cruise, neue Star-Wars-Episoden: Diese Blockbuster steigern zeitweise das Interesse an dieser, im Vergleich zu z.B. Marathon oder Fußball, eher exotischen Sportart.

„Nachdem die neue Staffel von Star Wars erschien und Marc Hamill, der Darsteller von Luke Skywalker, auf einer Convention Fragen zu Die letzten Jedi beantwortete, erwähnte er seine Übungen mit dem Kendo-Shinai um beim Kampf mit dem Lichtschwert zu überzeugen. Sowas bringt natürlich Neugierige in die Gruppe.“, weiß Patrick Multhaup aus seiner Erfahrung als Kendolehrer zu berichten.

Kendo: Die Ruhrbarone haben ein paar Fragen!

Patrick Multhaup: Kendolehrer in Duisburg; Foto: Peter Ansmann
Patrick Multhaup: Kendolehrer in Duisburg; Foto: Peter Ansmann

Patrick Multhaup ist seit dem Jahr 2004 von Kendo begeistert. Mit 29 Jahren fand er damals, durch Freunde, zur japanischen Schwertkunst. Heuer ist Patrick der „Sensai“ – Lehrmeister – für Kendo beim PSV Duisburg. Die Ruhrbarone haben da noch ein paar Fragen.

Ruhrbarone: Patrick, worum geht es bei Kendo? 

Patrick: Kendo ist, grob gesagt, japanischer Schwertkampf. Basierend auf den alten Schwertkampftechniken der Samurai. Ist heute modernisiert und wettkampftauglich gemacht, durch abgesprochene Trefferzonen. Es geht in erster Linie darum, sich im Zweikampf einem Gegner zu stellen und diesen halt zu überwinden durch sauber ausgeführte Treffer. Nicht irgendwie zu treffen, sondern halt präzise und sauber.

Ruhrbarone: Welche Trefferzonen gibt es?

Patrick: Es gibt vier verschiedene Trefferzonen. Men: Den Kopf. Die Handgelenke. Do: Die Seite und die Rippen und Ski: Der Stich in die Kehle.

Ruhrbarone: Macht Ihr auch bei Wettkämpfen mit?

Patrick: Wir machen auch relativ regelmäßig bei Wettkämpfen mit, die halt hier lokal stattfinden. Wir führen auch selber, mit Wuppertal und Bottrop zusammen, einmal im Jahr ein Städteturnier aus. Wir drei Vereine laden dann Gästevereine ein.

Ruhrbarone: Was braucht man an Ausstattung um mitmachen zu können?

Patrick: Am Anfang, als Neueinsteiger, brauchst Du nichts. Normale Sportklamotten. Das reicht. Schuhe braucht man nicht, wir trainieren barfuß. Ansonsten: Das Schwert wird am Anfang von uns gestellt. Also einfach vorbeikommen und mitmachen. Und wenn man dann nach einem Monat merkt: „OK. Das ist was für mich. Da bleibe ich dabei.“, dann kann man sich halt ein Starterset kaufen: Traditionelle Kleidung und ein Schwert.

Ruhrbarone: Wann und wo trainiert die Kendo-Gruppe in Duisburg?

Patrick: Wir trainieren am Mittwoch und Donnerstag von 20:30 bis 22.00 Uhr. Mittwochs in Neudorf und donnerstags in Wanheimerort.

Weitere Infos zu Kendo:

Kendo in Duisburg

DKenB – Deutscher Kendobund e.V.

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[…] nächsten Frage bringt. Was die Kampfkunst-Community ja ausmacht: Es ist recht übersichtlich. Bei Kendo, kein wirklicher Breitensport, kennt man sich fast bundesweit untereinander. Wie macht sich dieser […]

Frank Harder
Frank Harder
2 Jahre zuvor

Guten Abend liebes Kendo Team,
ich bin von dieser Sportart bereits länger fasziniert aber weiß nicht ob ich mit 51 jahren noch diesen Sport konditionell standhalten kann . Gerne würde ich euch mal in Aktion erleben bzw mitmachen, soweit es die neue Corona doktrin zulässt . Weiß ja nicht wie sich diese freiheitsentziehende Maßnahmen auf euer Training auswirkt. Sollten noch Traininseinheiten angeboten werden und ich in meinem Alter noch ein wenig tauglich bin ,würfde ich mich über eine Antwort sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank

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