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DFB- und Hopp-Kritik, Pyro- und Montagsspiel-Debatte: Viele Ultras nehmen sich zu wichtig!

Ultras in Aktion. Foto: Daniel Jentsch

Man kann am DFB und auch an Dietmar Hopp viel kritisieren. Die Art, wie sich der Profi-Fußball in vielen Bereichen auch dank der Mithilfe des Verbandes und des prominenten Mäzens seit Jahren entwickelt, die gefällt vielen Fußballtraditionalisten nicht. Auch ich tue mich in vielen Bereichen schwer diese Entwicklungen so gutzuheißen, geschweige denn sie zu unterstützen.

Womit ich mich inzwischen jedoch mindestens genau schwer tue, so wie die große Mehrheit der Fußballfans in diesem Lande wohl auch, das ist das Verhalten vieler sogenannter ‚Ultras‘, die sich als die wahren ‚Bewahrer der Fußballtradition‘ sehen, sich sogar als die besseren bzw. ‚einzig wahren‘ Fans verstehen. Hier nehmen sich offenkundig einige Zeitgenossen inzwischen viel zu wichtig.

Es war leider nicht das erste Mal, dass einige hundert Fans in einem Stadion die große Mehrheit der Anwesenden in ‚Sippenhaft‘ nahm, durch ihr eigenes Verhalten das Erlebnis in einem Stadion zu Ungunsten der Anderen beeinflussten, als Ultras in den Stadien von Hoffenheim, Dortmund und Köln, gestern dafür sorgten, dass der Ablauf des jeweiligen Spiels massiv gestört wurde.

Die Begegnung in Hoffenheim stand sogar kurz vor dem Abbruch, nachdem ‚Fans‘ dort beleidigende Transparente gegen den Gönner der TSG Hoffenheim hochgehalten hatten. Und das in Zeiten, in denen sich große Teile der Gesellschaft sich um mehr Toleranz und Mitmenschlichkeit in unserer Gesellschaft bemühen. Ein absolutes Unding, wie egoistisch und kurzsichtig hier von Teilen der aktiven Fanszene vorgegangen wird.

Klar, das kürzlich vom DFB gebrochene Versprechen in Zukunft keine Kollektivstrafen gegen Fans mehr aussprechen zu wollen, wurde gebrochen, als der Verband ankündigte Borussia Dortmund in den nächsten beiden Spielzeiten keine Gästefans mehr in Sinsheim zu gestatten. Darüber kann man sich schon aufregen.

Eine derart selbstgefällige und beleidigende Aktion, wie sie am 24. Spieltag in der Fußball-Bundesliga zu sehen war und alle Schlagzeilen dominierte, die hätte es dabei aber nun wirklich nicht gebraucht. Das war der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung in diesem Lande und auch der Situation der Ultra-Szene alles andere als zuträglich.

Durch solch offen zur Schau gestellten Hass und die zugleich offenbarte Verblendung schaden diese ‚Fans‘ nicht nur ihrem eigenen Ansehen, sorgen für eine Spaltung der Fanszenen und machen sich leicht angreif- und ausgrenzbar für die, deren Wohlwollen sie eigentlich brauchen, wenn sie ihre Ziele am Ende erreichen wollen.

Wie soll sich das Stadionerlebnis für die Ultras denn in Zukunft verbessern, wenn ich mir als pikierter Fan alle anderen im Stadion und in den Vereinen durch solche Aktionen zum Feind mache? Der FC Bayern hat ja schon harte Konsequenzen angekündigt. Ob das nun umgesetzt werden kann, oder auch nicht, die Ausgangslage für eine einvernehmliche Lösung aller durch die Ultras geführten Debatten wird so unnötiger Weise komplett zerstört.

An eine Verbesserung der Situation in den Stadien oder gar eine Art Einsicht bei den sich unmöglich verhaltenen Ultras glaube ich nicht. Diese Teile der Fanszene präsentieren sich schon seit Jahren völlig losgelöst von jedweder Realität. Fakt ist, die Bedeutung der Ultras sinkt für die Vereine, für den Fußball. Auch wenn diese das natürlich nicht gerne hören und spüren.

Das Geld, das die organisierte und reisefreudige Fanszene in die Kassen der Klubs schwemmt, ist von Jahr zu Jahr weniger entscheidend für die Liga. Ihr Anteil am Haushalt der Vereine sinkt. Der Fernsehzuschauer hingegen winkt in Zeiten steigender Umsätze auf dem TV-Markt immer wichtiger. Der Umsatz mit Familien und finanzstarken Haupttribünenbesuchern macht inzwischen längst einen Großteil des Umsatzes aus. Das zu erkennen mag für die Ultras schmerzhaft sein.

Vielfach dienen die Ultras den Vereinen aktuell nur noch als günstige Stimmungsmacher für den Rest der Zuschauer im Stadion und daheim. Darüber kann man sich aufzuregen, sich nach Kräften dagegen wehren. Da bin ich sogar bis zu einem gewissen Grad bei ihnen.

Was nicht geht, das sind Beleidigungen und Schmähungen, wie wir sie gestern erleben mussten. Das vertieft nur die Gräben und ist am Ende für niemanden hilfreich.

Aber auf eine Einsicht würde ich da, wie erwähnt, nicht wetten. Ähnlich sinnbefreit und kontraproduktiv war zuletzt ja schon der Protest gegen Montagsspiele (die für die 1. Liga längst abgeschafft werden) oder auch der Kampf für eine Legalisierung der Pyrotechnik.

Immer sahen die Ultras dabei ihre Wahrheit als die einzig seligmachende an. Dass die Ultras der Frankfurter Eintracht durch ihren Stimmungsboykott am vergangenen Montag beim Spiel gegen Union Berlin ihrem Team dadurch aber letztendlich einen großen Bärendienst erwiesen, ihr Team in der gespenstischen Atmosphäre im Waldstadion die 1:2-Heimniederlage gegen den Aufsteiger nicht verhindern konnte, das alleine zeigt schon, dass es den Ultras hier um vieles gehen mag, aber wohl nicht um das Wohl des Vereins, den sie angeblich so sehr lieben…

Alles ein Irrsinn!

 

 

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ke
ke
4 Jahre zuvor

Sportsmanship wird in einigen Sportarten noch hochgehalten.
Im Fußball geht es ums Geld. Das beginnt auch schon in den kleinsten Ligen, wenn man halbwegs kicken kann.
Für mich ist es absolut nicht nachvollziehbar, welche Maßstäbe die Szene sieht. RB geht nicht, Aktie gehen, Hopp sowieso nicht?
Wer puren Fußball mag, soll mit seinem Dorf, Vorort kicken und möglichst keine externen Spieler anlocken. Viel Spaß!
Insbesondere ist es dabei fraglich, wie so ein Top-Niveau erreicht werden kann.
RB hat im Vergleich zum heimischen Anlegermodell ein sehr geringes Budget. Damit wird viel erreicht. Das muss man auch anerkennen.

Mir gefällt auch dieses Choreo Gedöns nicht. Was für eine Ressourcen-Verschwendung. Hier wird außerdem für mäßige Kunst das Publikum einer Sportveranstaltung gehijackt.

Die dümmste Aktion ist doch die fehlende Unterstützung auswärts, weil man den Gegner nicht mag. Stattdessen will man sich selber im heimischen Stadion feiern.

Ich kann diese Gedankengänge einfach nicht nachvollziehen.

Stefan
4 Jahre zuvor

Also ohne die Ultras gab es in Frankfurt "gespenstische Atmosphäre"? Also braucht man sie doch.

Thomas Weigle
Thomas Weigle
4 Jahre zuvor

@ke Ich fürchte auf Verständnis werden die RB noch lange warten müssen. Ich habe von Anfang an diese Proteste nicht verstanden, denn RB hat in Leipzig ,eine der ältesten Fußballstädte, die immerhin den ersten deutschen Meister in ihren Mauern hatte, dem Fußball wieder zu erstklassiger Spielstärke verholfen.

Besonders absurd war das Verhalten der SGE-Ultras am letzten Montag. Obwohl die Montagsspiele abgeschafft werden, gefiel sich ein Teil der Ultras als schweigende und/oder abwesende Zuschauer. Dafür und auch für den sich artikulierenden Hass gegen Hopp fehlt mir jedes Verständnis. Hinzu kommt, dass Hopp mit Hoffenheim die Rhein-Neckarregion wieder fußballerisch in die oberen Regionen geführt hat, nachdem dort der VFR und Waldhof Mannheim für länger im fußballerischen Niemandsland verschwunden waren bzw noch sind, jedenfalls der VFR, der Meister von 49(3:2 Gegen den BVB).

St. Kr
St. Kr
4 Jahre zuvor

Wenn man bedenkt das Hopp in seiner Jugend im Verein gespielt hat u. In der Gegend lebt finde ich es nicht so schlimm das er den Verein unterstützt. Bei Leipzig ist es anders, da hat Red Bull eine Lizenz von einem Verein gekauft und buttert sein Geld da rein.

Thomas Weigle
Thomas Weigle
4 Jahre zuvor

#5 Aber erst nachdem durch die Übernahme der DDR der dortige höherklassige Vereinsußball ziemlich am Boden lag, tw noch durch westliche Hasardeure verstärkt,wie in Dresden. Und wir können natürlich noch mal darüber diskutieren, wieso ausgerechnet in Dortmund mit am lautesten gegen RBL protestiert wird, der Börsengang des BVB aber meist verschämt von den Protestlern beschwiegen wird.

Clemens Knatz
Clemens Knatz
4 Jahre zuvor

Also vielen Aspekten stimme ich eindeutig zu.
Aber die Ultras eines Vereines als immer irrelevanter zu bezeichnen halte ich für schlicht falsch. Es ist zu eindimensional gedacht, Ultras nur als eine Einnahmequelle zu definieren, die dem Verein nicht allzu sehr schaden wird, sollte sie wegfallen. Die Ultras eines Vereins sind gleichzustellen mit dem Teil der Fanszene, die aktiven Support leisten.
Dieser ist für nahezu alle Vereine (Hoffenheim nicht, da gibt's gar keine Ultras) elementar. Ohne Ultras ist es im Frankfurter Stadion still, und, Beispiel SGE, wären die Erfolge der letzten Jahre niemals möglich gewesen. Durch Choreos und Fangesänge wird ein Spiel um einiges interessanter und die Atmosphäre im Stadion hitziger.
Würde diese gesamte Sparte wegfallen, durch Sturheit von DFB und Vereinen, hätten viele Teams ein großes Problem.
Das muss zwingen berücksichtigt werden. Ultras sind für Fußballvereine wichtiger als sie es selbst manchmal sagen.

Thomas Weigle
Thomas Weigle
4 Jahre zuvor

Knatz Ich finde gerade als SGE-Fan eine lebhafte Fanszene durchaus inspirierend. Nur habe ich auch dort schon erlebt, dass Sandro Wagner 90 Minuten lang als "Hurensohn" beschimpft wurde. Das muss nicht sein und dass es auch ohne Ultras geht, zeigt England. Dort hat nach Brüssel und zwei weiteren schlimmen Katastrophen im Lande selbst, ein massives Umdenken und Umstellen im Ligafußball stattgefunden. Hat es dem englischen Fußball geschadet? Finanziell auf keinem Fall.

philter
philter
4 Jahre zuvor

boah: und ihr alle gebt diesen ultras genau diese wichtigkeit! "ein paar chaoten" (wie sie oft genannt werden) können ein spiel beenden. toll!
in diesem artikel https://www.zeit.de/sport/2020-03/hoffenheim-fc-bayern-dietmar-hopp-beleidigungen/komplettansicht werden die ultras mit kleinen kindern verglichen, denen man verboten hat ein bestimmtes schimpfwort zu sagen und die es dann nach dem verbot inflationär benutzen. ich finde das passt…
wie wäre es, wenn man hopp einmal den streisand-effekt erklären könnte!? wenn beim dfb endlich mal profis arbeiten würden (und nicht irgendwelche universal-dilettanten mit geltungssucht)!? und wenn journalist_innen (auch selbsternannte und sport-) endlich mal ihrer berufung nachkommen würden und differenziert berichteten!? (es wäre schön z. b. auch was über die bigotterie des dfb zu erfahren)
der artikel ist auch nicht verkehrt, auch wenn (meines wissens nach) gar nicht von einem berufsjournalisten, sondern von einem befangenen: https://www.schwatzgelb.de/artikel/2020/unsa-senf/die-gewollte-eskalation-cui-bono

meine meinung: mutter-beleidigenist böse!! (das sag ich als lehrer täglich!) aber das ist fußball, stellt euch mal nicht so an…
morddrohungen sind was anderes! das sollte gerichtlich bestraft werden! (aber das übersteigt die kompetenzen des dfb)

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
4 Jahre zuvor

@Robin #4: "…wenn sie für gute Stimmung sorgen"
Was bitte ist an 90-minütigen monotonen Marschtrommeln und zotig-dumpfem Galeeren-Gebrülle "schön"?? Selbst der jährliche Schützenumzug in Brilon-Wald ist da um Klassen dynamischer und bunter…

@philter #10: Was den schwatzgelb-Artikel angeht, darf man als geneigter Betrachter der dortigen "Fan-Seele" schon vermuten, dass damit nur eine Tradition gepflegt und gehegt wird, ohne die sich die Ultra-Szene wahrscheinlich mit einem leisen "Pffrrrr…" innerhalb von Sekunden auflösen würde: dem hemmungslosen Fingerpointing und Whataboutism, das die gesamte Diskussion von Anfang an beherrschte. Wenn es irgendwann mal nur bei einer einzigen der Seiten in diesem Streit zu der Erkenntnis gereicht, dass man "einfach mal die Fresse halten" und – vielleicht, weil grad schönes Wetter ist – nachgeben sollte, gibt es schon längst keinen Fußball mehr…

Und PS: Beleidigen ist auch im Fußballstadion ein Straftatbestand des StGB. Das ist übrigens seit 1871 schon so.

Thomas Weigle
Thomas Weigle
4 Jahre zuvor

Es häufen sich im Netz die Hinweise auch etablierter Medien, dass DFB und DFL doppelmoralig agieren. Bei eindeutig rassistischen Beleidigungen wie zuletzt in Münster, Würzburg und Schalke, gab es keine Unterbrechungen und Ballgeschiebe wie in Hoffenheim. Da haben zumindest tw. die Fans korrekt reagiert. Das ist richtig und macht mich doch recht nachdenklich. Mal sehen, was bei der nächsten rassistischen Beleidigung in den oberen Ligen passiert. Wird spannend, die Latte liegt hoch oder auch niedrig, je nachdem….

Ute Klein
Ute Klein
4 Jahre zuvor

Seit den Neunzigern wollen diese angeblichen “Fans”, die sich “Ultras” nennen die Macht im Stadion an sich reißen!
Wir organisieren innerhalb unseres kleine Clubs immer wieder Veranstaltungen gegen diese Jungs!
Es ist an der Zeit eine fankulturelle Wende ein zu schlagen!
Heute können Familien nicht mehr ins Stadion und müssen sich auch außerhalb des Stadions fürchten!
Bitte thematisiere das auch in deinem Podcast, den wir hier auch gerne hören!
Was soll ich sagen?
Ich bin entseucht von DFB, DFL und der Politik!
Kriminelle Intensivstraftäter gehören nicht in Stadien!
Und den ehrenwerte Herrn Hopp zu beleidigen ist echt unterste Schubblade!

Klaus
Klaus
4 Jahre zuvor

Glaube mich zu erinnern, dass, als RB Leipzig vor einiger Zeit auf Schalke spielte und die "Fans" sehr massiv ihren Unwillen zum RB-Modell äußerten, kaum ein Deutscher geschweige denn ein Gelsenkirchener in der eigenen Mannschaft stand. Also worauf gründen diese Leute ihre vermeintliche moralische Überlegenheit?

Bert Gessler
Bert Gessler
4 Jahre zuvor

Ah ja, aber wenn es gegen Ausländer, Gleichgeschlechtige, Menschen mit Beeinträchigungenn etc. geht ist das für DFB/DFL OK.
Aber bei einen Millionär und Sponsor brennt die Hecke!
Geht's noch?

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[…] den jüngsten Stör-Aktionen der Ultras steht nämlich zu befürchten, dass wir nach den Begegnungen des 1. FC Saarbrücken gegen Fortuna […]

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[…] dürften nämlich ausgerechnet diejenigen werden, die sich noch bis März aufgeschwungen hatten den Fußball ‚zu retten‘, ihn nun nach ihren Vorstellungen zumindest ein Stück weit zu reformieren: Die […]

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