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Zerstören die Ultras jetzt den Fußball?

Pyrotechnik: Schön anzuschauen aus der Entfernung, aber im Stadion verboten! Foto: Daniel Jentsch

Das Rad im Profifußball dreht sich in diesen Tagen rasend schnell weiter. Gerade noch Fußball-Wochenende in der Bundesliga, steht in der Mitte dieser Woche schon wieder DFB-Pokal auf dem Programm. Offiziell zumindest.

Nach den jüngsten Stör-Aktionen der Ultras ist nämlich zu befürchten, dass wir nach den Begegnungen des 1. FC Saarbrücken gegen Fortuna Düsseldorf, Schalke 04 gegen Bayern München, Bayer Leverkusen gegen Union Berlin und Eintracht Frankfurt gegen Werder Bremen am Ende doch wieder schwerpunktmäßig über andere Dinge diskutieren müssen: Den Egoismus der Ultras. Bringen wir es auf den Punkt: Machen die Ultras jetzt den Fußball kaputt?

Viertelfinale im DFB-Pokal, das ist eigentlich die Bühne für große sportliche Helden, für Überraschungen auf dem grünen Rasen. Und die angesetzten vier Partien bieten dafür ja auch reichlich Potenzial. Insbesondere die Begegnung der Schalker gegen die Bayern verspricht so einiges.

Überlagert werden diese reizvollen Themen jedoch noch immer von den Aktionen der Ultras, die ihren Privatkrieg‘ gegen den DFB über das Stellvertreterziel Dietmar Hopp am vergangenen Wochenende auf eine neue Ebene gehievt haben.

Völlig unabhängig von Inhalten und der berühmten Schuldfrage, sollte aber klar sein, dass solche Ego-Shooter-Nummern die Situation nicht zu verbessern helfen. Weder für den DFB, noch für Hopp, noch für die Ultras.

Die Gräben vertiefen sich dadurch weiter. Es wird immer schwerer den Dialog zu führen, der nötig wäre um in Zukunft wieder ohne Sorge vor Spielunterbrechungen oder gar Spielabbrüchen so ein Viertelfinale im DFB-Pokal genießen zu können.

Derzeit ist wenig Kompromissbereitschaft bei allen beteiligten Seiten zu erkennen. Der DFB sieht sich klar im Recht. Hopp schaltet auf stur, hat in Statements gegenüber dem TV-Anbieter ‚Sky‘ das Ende seiner Diskussionsbereitschaft erkennen lassen.

Und die Ultras? Tja, so ganz klar ist das Alles bei denen nicht. Und genau das macht es so schwierig. Was wollen die Ultras eigentlich? Da werden in diesen Tagen so viele Themen miteinander vermischt. So viele, dass Hopp aktuell als Ersatz-‚Zielscheibe‘ des Protests herhalten muss, obwohl er selber als Person dazu kaum verantwortlich sein kann.

Pyrotechnik, Kollektivstrafen, Kommerzialisierung. Die Problemfelder, die die Ultras sehen, sind vielfältig. Was hat Hopp damit zu tun? Er hält sich offenkundig an die Spielregeln, auch wenn sein Ansinnen den Ultras nicht gefallen mag.

Und was könnte kurzfristig im Sinne der Ultras geregelt werden, so dass diese damit zufrieden wären. Das Rad der Kommerzialisierung wird sich kaum mehr zurückdrehen lassen. Was soll der DFB statt der Kollektivstrafen machen, wenn ihm andere Mittel nach jahrelangen Debatten nicht mehr möglich erscheinen? Irgendwann muss gegen penetrante Störer ja mal durchgegriffen werden. Und die Debatte rund um die Pyrotechnik? Auch da ist nicht klar, wie eine Lösung aussehen könnte, mit der wirklich alle Beteiligten glücklich sind.

Dass man die Kritikpunkte der Ultras im Detail diskutieren kann, ist logisch. Einiges davon mag auch viel Unterstützung außerhalb der Szene finden. Und doch macht es das aktuelle Vorgehen der selbsternannten ‚wahren Fans‘ des Fußballs in diesem Zusammenhang in diesen Tagen so schwer an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Was sollte da auch verhandelt werden? Konkrete Punkte, die wirklich durch Debatten zu lösen wären, sind kaum noch zu erkennen.

Der DFB hat angekündigt, dass er sich von den Ultras zukünftig nicht mehr ‚auf der Nase herumtanzen‘ lassen wird. Lösungsansätze außer ‚Härte‘ im Umgang mit Störern des Spielbetriebs hat auch er zuletzt nicht mehr wirklich erkennen lassen.

Es steht daher zu befürchten, dass wir in den nächsten Tagen den ersten Spielabbruch durch die Ultra-Proteste erleben werden.

Und dann? Ja dann wird es erst Recht unmöglich einen gemeinsamen Nenner zu finden. Vieles deutet aktuell darauf hin, dass die Ultras den Fußball in diesen Tagen kaputt machen. Also genau das, was sie immer den ‚Anderen‘ vorgeworfen hatten.

Es ist wie im Profisport am Ende wie im echten Leben, wie auch in der Politik: Eine Verhärtung der Fronten in einer Auseinandersetzung ist immer kontraproduktiv. Ganz egal wer ‚angefangen‘ hat oder gar ‚schuld‘ an der Situation ist.

Am Ende verlieren dann alle. Daran sollten die Ultras denken, wenn Millionen von Fans am Dienstag und Mittwoch DFB-Pokal sehen wollen und keinen Spielabbruch. Deeskalation ist jetzt angesagt. Sonst wird es schon bald sehr ungemütlich rund um die Klubs, die sie angeblich so sehr lieben!

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Peter
Peter
4 Jahre zuvor
Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
4 Jahre zuvor

@Peter: Auch und gerade die sog. Fananwälte wissen, dass Bewährungsstrafen gegen Vereine wie die gegen den BvB nicht das gezeichnete Papier wert sein können, wenn solche Strafen im Falle der Wiederholung – was in der Realität 2020 übrigens ebenfalls im Gegensatz zur Fananwälte-Meinung steht, die Bewährung würde seitens der Ultras eingehalten – nicht greifen.

Insofern steht diese Stellungnahme in der Tradition vorangegangener, ähnlicher Statements, die allesamt nur Fingerpointing betreiben und weiter auf Eskalation zielen. Und das ist der Unterschied zwischen einem vernunftgesteuerten Streben nach Problemlösung und der hirnlosen Strategie des "Weiter so! Woll'n doch mal sehen, wer der Stärkere ist!" der Ultra-Szenen – gerade auch der immer noch Nazi-unterwanderten Szene in Dortmund.

Hoppensohn
4 Jahre zuvor

Ein wenig Recherche innerhalb der Ultra-Szene hätte dem Artikel gut getan …

Schon allein der Absatz "Und die Ultras? Tja, so ganz klar ist das Alles bei denen nicht. Und genau das macht es so schwierig. Was wollen die Ultras eigentlich? Da werden in diesen Tagen so viele Themen miteinander vermischt. So viele, dass Hopp aktuell als Ersatz-‚Zielscheibe‘ des Protests herhalten muss, obwohl er selber als Person dazu kaum verantwortlich sein kann." ist an schlechter Qualität kaum noch zu überbieten, denn was "die" wollen, haben nicht nur Red Fanatic und Schickeria München in den letzten Tagen zu Genüge geäußert, auch auf Seiten der BVB-Ultras ist das Ganze klar.

Auch ist Hopp keine "Ersatz-Zielscheibe", sondern einer der größten Gefahren für den Fußball. Dass all das so sehr ausgeblendet wird, ist schon albern.

Florian Maier
Florian Maier
4 Jahre zuvor

"der hatte aber viel Geld … aber genützt hat es ihm nichts!"

die neue Flensburger-Werbung mit Dietmar Hopp und den Ultras – gut gemacht Ultras!

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
4 Jahre zuvor

"einer der größten Gefahren für den Fußball" – bildet sich da grade eine "Fußball-AfD"?
Die größte Gefahr für den Fußball – *so wie wir ihn kennen* – sind hormongestörte Brüllaffen in den Stadien, die Zielscheiben aufhängen und Menschen den Tod wünschen.

Gerd_L
Gerd_L
4 Jahre zuvor

Schon witzig. Ganz Deutschland diskutiert über Hopp und Hoffenheim. Während in München einige Chemnitzer Fans über Lautsprecher rechtsradikale Lieder abgespielt, den Hitlergruß gezeigt und Polizeibeamte beleidigt haben, wie die "TZ" berichtet….. Aber das ist ja nicht Hoop

Ich finde es schon ziemlich bezeichnend, dass immer von "den Ultras" gesprochen wird ….. Wer soll das sein? Die Besoffenen die Bengalos zünden und sich gegenseitig aufs Maul hauen? Oder die, die Geld für wohltätige Zwecke sammeln und schon damit beschäftigt waren, sich in der Kurve gegen irgendwelche Fachos zu wehren während de DFB sich da einen absoluten Scheiß drum gekümmert hat ….. Oder sind das sogar die gleichen Personen, die eben nicht nur fromme Lämchen sind aber trotzdem so was wie ein gesellschaftliches Gewissen haben … Ganz schön kompliziert.

Aber am erstaunlichste ist die Berichterstattung, die ist vor allem eins: ganz schön billig und ganz schön traurig …

Gerd_L
Gerd_L
4 Jahre zuvor

Witzig: Alle reden über Hoffenheim und am Sonntag zogen rechte Chemnitzter durch München, spilen rechtsradikale Lieder und gehen auf Polizei und Gegner los…aber Hey das sind ja nur Nazis….das kennt man hier in Deutschland noch nicht so lange….
Ich finde es schon ziemlich bezeichnend, dass immer von "den Ultras" gesprochen wird ….. Wer soll das sein? Die Besoffenen die Bengalos zünden und sich gegenseitig aufs Maul hauen? Oder die, die Geld für wohltätige Zwecke sammeln und schon damit beschäftigt waren, sich in der Kurve gegen irgendwelche Fachos zu wehren während de DFB sich da einen absoluten Scheiß drum gekümmert hat ….. Oder sind das sogar die gleichen Personen, die eben nicht nur fromme Lämchen sind aber trotzdem so was wie ein gesellschaftliches Gewissen haben … Ganz schön kompliziert.

Aber am erstaunlichste ist die Berichterstattung, die ist vor allem eins: ganz schön billig und ganz schön traurig …

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
4 Jahre zuvor

@Gerd_L: Wenn Nazi-"Fans" im öffentlichen Raum – also außerhalb der Stadien – Gewalttaten begehen oder Nazi-Lieder abspielen, ist in Deutschland die Polizei dafür zuständig und nicht der DFB oder die Vereine:
https://www.liga3-online.de/neun-festnahmen-cfc-fans-randalieren-in-muenchen/

Harry
Harry
4 Jahre zuvor

Leider werden es "die Ultras" nicht schaffen, "den Fußball" zu zerstören. Mir wäre es allerdings ganz recht, wenn dieses Angebot für Identitätsbesoffene endlich seinen Stellenwert verlöre bzw. ganz verschwände.
Wie seltsam so manche Fußball-Fans sind, sieht man schon daran, dass sich Anhänger von durch-und-durch-kommerzialisierten Fußball-Unternehmen wie z.B. Borussia Dortmund, Schalke 04 … ("Traditionsvereine") darüber aufregen, dass ein Verein wie die TSG Hoffenheim von einem Vereinsmitglied finanziell gefördert wird und dadurch zu einer Konkurrenz geworden ist. Glauben diese "Traditionsbewahrer" denn wirklich, dass in "ihren" Vereinen das Vereinsleben blüht und die besten Fußballer aus der Region herangezogen werden? Selbst ein Dorfclub wie die SG Wattenscheid 09 war kaputt, als der Hauptsponsor nicht mehr zur Verfügung stand. Bis dahin hatte ich keine Kritik an der Kommerzialisierung des Fußballs in Wattenscheid vernommen.
Jedenfalls: Wenn die Ultras tatsächlich das Zeug hätten, "den Fußball" zu zerstören, wünschte ich ihnen viel Erfolg.

Thommy
Thommy
4 Jahre zuvor

Ich denke, der Spuk hätte Recht schnell ein Ende, wenn die Vereine die Ihnen auferlegten finanziellen Strafen im Zuge des Regresses den Verursachers in Rechnung stellen und ihrerseits das Strafrecht z.B. Hausfriedensbruch- bemühen würden.

Dass ausgerechnet die "Fans" des BörsenVereins Borussia von der Süd die große Lippe riskieren, idt schon grotesk. Nicht nur, dass der BVB von hinten bis vorne bis in den Jugendbereich durchkommerzialisiert ist. Nein, der Verein und seine Fans haben jahrzehntelang zugesehen, wie die Süd zur Rekrutierungsstelke für FAP und rechtsradikaler Borussenfront und spöter für den NWDO wurde.

Also, BVB-Ultras – Klappe halten.

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[…] bleiben? Dann gibt es heute Nachmittag wohl tatsächlich schon die ersten Spielabbrüche. Und das kann nicht im Sinne der Millionen echter Fußballfreunde in diesem Lande […]

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