Ich will nicht automatisch den FC Bayern gegen Real Madrid unterstützen müssen, nur weil ich Deutscher bin, lieber Thomas Müller!

Thomas Müller hat große Ziele. Quelle: Wikipedia, Foto: Michael Kranewitter, Lizenz: CC-by-sa 3.0/at
Thomas Müller hat große Ziele. Quelle: Wikipedia, Foto: Michael Kranewitter, Lizenz: CC-by-sa 3.0/at

Besonders bemerkenswert am vergangenen Bundesligawochenende war, zumindest aus meiner Sicht, eine vermeintliche Randbemerkung von Nationalspieler Thomas Müller, welche er nach dem 5:2 ’seiner‘ Bayern gegen den SV Werder Bremen, etwas patzig in die Mikrofone sprach.

Müller forderte nämlich, angesichts von beginnender Medienschelte nach ungewohnt schwachen Leistungen des FC Bayern München zuletzt, und nach Pfiffen der eigenen Fans zur Halbzeitpause beim Spiel gegen die Norddeutschen am Samstag, dass man mit harscher Kritik an seinem Team doch bitte zumindest noch bis nach dem wichtigen, um nicht zu sagen entscheidenden, Rückspiel seiner Bayern in der Champions League gegen Real Madrid am Dienstag warten möge. Der Nationalkicker forderte in diesem Zusammenhang dann sogar die Unterstützung ‚aller‘ für den frischgebackenen Deutschen Fußballmeister ein. Und zwar aller Medien, aller Fußballfans im Lande.

Und zwar mit der doch recht simplen Begründung, und jetzt wird es aus meiner Sicht besonders spannend, weil ‚wir ja schließlich alle Deutsche‘ seien. Da musste ich dann ja schon etwas schlucken, denn dieser Automatismus liegt mir nun wahrlich nicht im Blut! Und das auch völlig unabhängig von diesem konkreten Fall!

Dabei ist die ‚Forderung` als Deutscher automatisch auch die deutschen Teams im Fußball unterstützen bzw. ihnen die Daumen drücken zu sollen so neu nicht.

Schon seit Jahren vermitteln einem diverse Journalisten und Medien quasi vor jedem Europapokalspiel den Eindruck, dass es ganz normal wäre bzw. ist das jeweils aus dem eigenen Heimatland stammende Team zu unterstützen.

Bei mir gab es diesen Automatismus so jedoch noch nie. Wenn ich mir in den letzten Jahrzehnten internationale Spiele von Bundesligisten angeschaut habe, dann habe ich immer von Einzelfall zu Einzelfall entschieden welchem Team ich in einem konkreten Spiel, an diesem konkreten Abend, meine Sympathien entgegenbrachte, bzw. eben die Daumen drückte. Das hing und hängt immer von ganz unterschiedlichen Faktoren ab, aber wirklich niemals von der simplen Tatsache dass ein Team, ein Verein, aus Deutschland kam.

Als langjähriger Fan einer Vereinsmannschaft konnte ich dabei auch niemals meine angestammten Sympathien aus dem Ligaalltag komplett hinter mir lassen, wenn aus dem Ligaalltag vertraute Teams dann einmal international zum Einsatz kamen. Und, ehrlich gesagt, wollte ich das auch gar nicht. Um es konkret zu formulieren: Teams die ich in der Liga nicht mag, denen wünsche ich doch nicht plötzlich einen Europapokalsieg.

Leute und Vereine die mir aus dem Bundesligageschehen unsympathisch sind, die kann ich doch nicht plötzlich unterstützen, nur weil sie gegen eine ausländische Mannschaft antreten. Im Gegenteil!

Das mag, nebenbei bemerkt, auch der Mechanismus sein, der es für mich so schwer macht mich wirklich für die Deutsche Nationalmannschaft zu begeistern. Wenn ich am Bundesligawochenende dringend auf eine Niederlage eines gewissen Teams, von gewissen Leuten, hoffe, dann drücke ich denen doch nicht plötzlich die Daumen, nur weil sie nun den DFB-Adler auf dem Trikot haben.

Für mich spielt es dabei auch überhaupt keine Rolle ob ein Spieler Ausländer ist, oder nicht. Viele meiner Lieblingsspieler sind ‚Ausländer‘.  Ich entscheide daher beim Fußball stets nach Sympathie, und sicher nicht nach Nationalität, wen ich mag und wen vielleicht nicht so sehr.

Und auch wenn ich weiß, dass das längst nicht jeder Fußballfan so handhabt wie ich, habe ich im Laufe meines bisherigen Fanlebens doch festgestellt, dass ich mit dieser Grundhaltung wahrlich nicht alleine bin.

Und so kommt es dann, dass ich, so sympathisch mir ein Thomas Müller als Person vielleicht auch ist, am Dienstag beim Rückspiel in der Königsklasse gegen Real Madrid, ganz bestimmt nicht dem FC Bayern München automatisch die Daumen für ein Weiterkommen drücken werde, nur weil das Team eben aus Deutschland kommt.

Sorry, lieber Thomas Müller, aber diese Erwartung kann und darf man an mich so nicht stellen! Und ich befürchte für den FC Bayern München ja auch, dass das bei vielen anderen Leuten im Lande so eben auch nicht zieht… Und das ist, ehrlich gesagt,  auch ganz gut so! 😉

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Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

Wenn ich die vier verbliebenen Titelanwärter anschaue, ist mir B.M. noch immer am liebsten. Außerdem ist B.M. ja kein deutscher Verein, sondern ein freistaatlich bayerischer. Dennoch wird ein Bayernsieg weder meine Deckenlampe beschädigen
noch meinen Vierbeiner erschrecken.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

-1-
Thomas Weigle

Zustimmung im Sinne des letzten Satzes Ihres Beitrages,.
Also:
Trotz all der Wichtigkeit, trotz der Bedeutung dieses Spieles für alle Fußballfans weltweit:
“ Das Spiel, sein Ergebnis wird kein Erdbeben auslösen, so daß folglich auch bei mir wie bei Ihnen weder die Deckenlampe noch………“.

A b e r :

Ich bin morgen Fan von Real Madrid!!

Dagegen kann Vieles eingewandt werden aus vielen guten Gründen.

Nur Eines bitte nicht:
„Morgen sind wir alle Deutsche,also……..“
wie es Nationspieler Müller eingefordert hat.

Robin, ich teile also „ohne Wenn und Aber“ Deine Meinung.

discipulussenecae
discipulussenecae
10 Jahre zuvor

Wieder einmal so eine akademische Diskussion, wer Deutscher ist, was ein deutscher Verein ist und wen ein Deutscher am Fernseher (!) unterstützen sollte.

Das erinnert mich an die frühen Achtziger, als mann in grünen WGs (wenn überhaupt!) zwar Fußball schauen durfte, aber selbstverstänlich immer für die Mannschaft zu halten hatte, die gerade gegen Deutschland spielte. Eine Ausnahme bildeten die (wenigen) anwesenden Frauen, die stets gern damit koketierten, entweder das Team in den schöneren Trikots oder wahlweise die knackigere Elf aus Südeuropa oder Afrika zu unterstützen.

Ich drücke bei der WM in Brasilien der deutschen Mannschaft die Daumen – ob das überhaupt fußballerischen Sinn macht, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt: Danke Herr Löw! Und da die meisten deutschen Nationalspieler in der Bundesliga hinter dem Ball herrennen oder zumindest in dieser ausgebildet worden sind, halte ich morgen, trotz persönlicher Abneigung gegen den Verein als solchen, zum Bundesliga-Verein Bayern München.

Oder in abgewandelter Form der Meinung eines schlichten und nicht akademisch vorbelasteten einstigen deutschen Würdenträgers: In der CL kenne ich keine Vereine mehr, sondern nur noch die Bundesliga!

Franz Przechowski
10 Jahre zuvor

Liebe Sportskameraden,
mit der mühsam erworbenen Altersmilde, verfolge ich interessiert diesen Diskurs. Undifferenziertes „Deutsch sein müssen“ beim Kick, gleich in welcher Klasse, löst eher einen anhaltenden Abwehrreflex bei mir aus. Den wird der FCB morgen Abend allerdings besser brauchen können, als ich. Das sei nur am Rande erwähnt. Also, nur des Reisepasses wegen wünsche ich morgen dem FCB nicht den Sieg. Ich werde meine Frau fragen, wer die schöneren Beine hat und mich danach festlegen.
Im letzten CL-Finale war die Frage der Parteinahme für mich schlicht unmöglich, wenn nicht sogar den Verstand bedrohend und bereitete mir deshalb größtes Unbehagen. Weder dem FCB gönnte ich nicht das Schwarze unter den Fingernägeln und dem BvB erst recht nicht. Als Sympatisant des S04 hoffte ich über 90 Minuten auf einen Spielabbruch durch randalierende Idioten und die daraus folgende Disqualifikation beider Teams mit Sperren für die nächsten 5 Jahre. Leider hat das nicht so geklappt, wie ich es mir wünschte. Aber – ich kann es ja morgen noch einmal versuchen. Vielleicht gelingt es dieses Mal. Dann muß sich der S04 nur noch trotz Coach Keller qualifizieren und -schwupp- stehen wir im Finale.
Glückauf

Tom
Tom
10 Jahre zuvor

Der Autor ist einfach ein peinlicher Wichtigtuer, der eigentlich gar kein Fussball-Fan ist, jetzt aber trotzdem die Chance nutzen musste, sich mit aufgesetzter „political correctness“ aufzuspielen.
Lächerlich ! 99 % aller Fans in Deutschland denken genau wie Thomas Müller.
Das Gleiche gilt genauso für Fans aus anderen Ländern.
Man unterstützt eben gerne das Team aus dem eigenen Land – genauso wie man „seine“ Nationalmannschaft oder das Team aus „seiner“ Stadt unterstützt.
Genau das kann der Autor natürlich nicht nachvollziehen, da er von Fussball und seiner Fan-Kultur keine Ahnung hat. Fussballvereine stehen für ihre Fans für Identifikation mit der eigenen Herkunft. Es geht um eine kulturelle oder politische Verbindung, eine Beziehung die man als Fan mit einem Verein aufbaut.
Welche Beziehung hat der Autor zu Real Madrid ? Es ist einfach wahrscheinlicher, dass man als Deutscher eine Beziehung zu deutschen Vereinen aufbaut, egal ob positiv oder negativ. Auch wenn man die Bayern nicht mag, unterstützt man sie deshalb eher als Real Madrid, weil der Bezug zu spanischen Teams einfach geringer ist.
Fast alle Schalker drücken z. B. dem BVB in der CL die Daumen.
Dieser bornierte Artikel zeigt einfach, dass dem Autor diese Zusammenhänge offenbar nicht vertraut sind.
Also bitte demnächst einfach einen großen Bogen um das Thema Fussball machen, oder sich vll. vorher mal informieren, recherchieren und versuchen den Fussball und seine Kultur zu verstehen.
Genauso gibt es für Fussball-Fans nichts Schlimmeres als Kommentatoren die bei Länderspielen neutral sind. Noch mal, diese Form der political correctness gehört nicht zum Fussball. Weiterhin ist z. B. auch kein Fussball-Fan traurig weil seine Mannschaft zwar gewonnen hat, der Gegner es aber mehr verdient gehabt hätte.

Das also Herrn Patzwaldt, der von Thomas Müller geforderte „Automatismus“ fremd ist, bedeutet noch lange nicht, dass die Welt diesen Artikel benötigt bzw. sich darüber ärgern möchte, sondern einzig und allein das der Autor nichts mit 99 % der Fussball-Fans gemeinsam hat und deswegen auch nicht für sie sprechen bzw. schreiben sollte.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

@#5 | Tom: Der arroganteste Stürmer aller Ligen weltweit hat morgen mindestens 5 neue Fans – mich und meine 4 Sky-Mitgucker – , die die Weißen mit aller gebotenen Härte ins Finale brüllen werden, bis mein Zechenhäusken kollabiert.

*Das* nenne ich dann eine echte Feind-Beziehung, um einen albernen Verein aus dem Süden der Republik, der noch nicht mal in seiner Heimatstadt über genügend Fans zum Feiern verfügt und der von überführten Kriminellen geleitet wird, der Lächerlichkeit preiszugeben.

Tom
Tom
10 Jahre zuvor

@ Klaus

Sehr schön ! Genau diese leidenschaftliche Antipathie deinerseits ggü. den Bayern macht doch den Fussball aus. Wenn jemand zu political correctness beim Fussball aufruft, hat er er einfach keine Ahnung vom Spiel !

Chaos
Chaos
10 Jahre zuvor

„Es gibt keinen gesunden Patriotismus“ (Zitat Die Känguru Chroniken, Marc Uwe Kling)

Martin
Martin
10 Jahre zuvor

Meine Sympathie gilt, mit nur sehr wenigen Ausnahmen (Bayer Leverkusen u.a.), dem Verein, der seine Heimspiele mir geografisch am nächsten austrägt. Ob da irgendeine Grenze dazwischen ist oder nicht ist mir sowas von ist egal. Daher sympathisiere ich bei Bayern gegen holländische Vereine grundsätzlich mit den Käserollern. Bei Bayern gegen Chelsea müsste ich eigentlich nochmal auf die Karte gucken, aber bedenkt man Abramowitsch, so ist die Sache auch klar. Und gegen die Madrilenen sowieso.

Klaus
Klaus
10 Jahre zuvor

@Tom:
Danke, dass Du uns die Welt erklärst. Du bist der Held! Also der Horst!
@Franz: Denkweise und Tendenz stimmen, nur dass die BLAUEN gerne in russische Gefangenschaft geraten mögen 😉

Mein Lieblingsargument ist sonst die vielfach zitierte, für Deutschland wichtige, 5-Jahreswertung.

Aber gerade das ist quatsch. Je weniger CL Plätze wir haben, je weniger Geld erhalten die Liga Konkurrenten, wenn ich davon ausgehe, dass meine Mannschaft es ohnehin schafft.
Gerade deshalb muss ich gegen alle deutsche Mannschaften (&Bayern) sein …

Jottaka
Jottaka
10 Jahre zuvor

Also eins ist klar: dem FCBäh! gönne ich „dat schwarte untam Nagel nicht“!

Und das weder in der Deutschen BL, noch in der CL noch im Pokal oder sonstwo. Ich kann die nicht leiden. Aber – soviel sportliche Fairness muss sein: Gratuliere zur (leider beeindruckenden) Meisterschaft. Und falls es dazu käme auch zum CL-Titel und/oder zum Pokalsieg. Aber Däumkes drücken oder hoffen? Nöööööö!

Im Ernst, gab es was schöneres für Nicht-FCBäh-Fans als 1999 oder Finale-im-Oarsch!? ;-P

Zum Glück aber hat der Müller mich ja auch gar nicht gemeint: bin gar kein Deutscher …

Martin Böttger
Martin Böttger
10 Jahre zuvor

Chelsea wird die CL gewinnen. Und Herr Mourinho macht mit dieser unansehnlichen Art von Fußball die Geldmaschine kaputt. Das wäre die beste Lösung für den Fußball als Publikumssport.

Gerd
Gerd
10 Jahre zuvor
Klaus
Klaus
10 Jahre zuvor

@Gerd:
rassistischer, verachtender Artikel.
Nicht im Stürmer, sondern bei Spiegel online erschienen. Traurig…

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

0:))))
YESSSS!!!!

(mindestens 2/3 der ach-so-teutschen Nationalbejubler sind jetzt RealMadrid-Fans, wetten lieber Tom?;-)

Gerd
Gerd
10 Jahre zuvor

Hoffentlich geht es beim ersten deutschen WM-Spiel gegen Portugal genauso weiter:

comment image

🙂

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