
Gestern fand im Luftschiffhangar Mülheim die Wirtschaftskonferenz Ruhr statt. Im Zentrum stand das Thema Bürokratieabbau.
Im Luftschiffhangar in Mülheim trafen gestern Garrelt Duin (SPD), der Chef des Regionalverbands Ruhr, Oberhausens Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU), WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock, Guido Kerkhoff, Vorsitzender des Initiativkreises Ruhr, der Chef-Wirtschaftsförderer des Ruhrgebiets, Jörg Kemna, und der Grünen-Bundesvorsitzende Felix Banaszak zusammen. Das große Thema des Treffens war der Bürokratieabbau. Es herrschte Einigkeit darüber, dass es ein Problem mit der Bürokratie gebe und man etwas dagegen machen müsse.
Aber bitte nicht zu viel: Nach einem Bericht der WAZ sagte Duin, dass Bürokratie so etwas wie Unkraut sei, und das bekämpfe die Kettensäge. Der Chef-Wirtschaftsförderer des Ruhrgebiets, Jörg Kemna, beruhigte die Anwesenden: Sie müssten keine Angst haben, niemand werde mit der Kettensäge die Bühne stürmen. Und Grünen-Chef Banaszak wusste: „Die große Kettensäge wird es nicht bringen.“
Javier Milei, der Präsident Argentiniens der mit der Kettensäge sein Land erfolgreich reformierte, hat offenbar auch im Hangar in Mülheim für Angst und Schrecken gesorgt. Denn die Wahrheit ist: Nur die Kettensäge wird helfen.
Die verschiedensten Lobbygruppen – von mit Staatsgeld gefütterten NGOs über Branchenverbände, deren Mitglieder von immer neuen Regulierungen profitieren, bis zu den Heerscharen an Beamten im Bund, den Ländern und der EU – haben in den vergangenen Jahrzehnten eine Bürokratie- und Regelungsdichte geschaffen, die die Freiheit von Bürgern und Unternehmen so stark eingeschränkt hat, dass sie längst zu einer Gefahr für die Demokratie geworden ist.
„Die Anteile der demokratischen Einflussnahme müssen gegenüber denen der juristischen Prüfung und damit der rechtsstaatlichen Begrenzung des Bürgerwillens deutlich gestärkt werden, um zu verhindern, dass die Demokratie weiter an Zustimmung und Unterstützung verliert. Eine Entwicklung, bei der Entscheidungen mehr und mehr juridifiziert werden, woran auch die Regelvorgaben aus Brüssel ihren Anteil haben, muss gebremst werden, damit das populistische Aufbegehren gegen den demokratischen Rechtsstaat nicht weiter um sich greift und die Verbindung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als Ganzes infrage stellt“, schreibt Herfried Münkler in seinem neuen Buch Macht im Umbruch: Deutschlands Rolle in Europa und die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.
Mit ein paar kleinen Reformen nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ wird da nicht geholfen sein. Ob AI-Act, Datenschutz-Grundverordnung, das Verbandsklagerecht, die Zahl der Bauvorschriften, die in den vergangenen Jahren von 5.000 auf 20.000 explodiert ist, das immer detailliertere Umweltrecht, der Wahn des Vorsorgeprinzips – gegen all das wird man nur mit der Kettensäge ankommen.
Wenn das Ruhrgebiet eine „Modellregion für den Bürokratieabbau“ werden soll, wie Duin es ein wenig vollmundig formulierte, sollte es sich schnell eine Kettensäge im Baumarkt besorgen. Ausprobieren könnte man sie bei den vielen, teuren und uneffektiven Nahverkehrsunternehmen der Region, aus denen man ein einziges machen könnte. Dort haben kleine Reformen nichts gebracht. Da muss die Säge sägen.
Die Kettensäge ist das Symbol von faschistischen Demokratiefeinden wie Milei, Musk und Trump, die den Staat ausschließlich als Beute von oder als Machtmittel für Oligarchen sehen und alles am Staat, was für die Gesellschaft nützlich ist, abreißen wollen.
Nur mit einem solchen Mindset kann man prinzipiell gegen Bürokratie sein. Denn Bürokratie heißt erst einmal nur, dass nicht irgendein persönlicher Machthaber nach Gutdünken, Loyalität der Gefolgsleute oder dem dicksten Bestechungsgeld entscheidet (wieder: s. Trump), sondern auf legitime Art gebildete Institutionen (demokratisch gebildete Exekutive) nach legitim festgesetzten Regeln (demokratisch verabredeten Gesetzen), deren Entscheidungen durch Gerichte überprüfbar sind. Ohne Bürokratie ist ein demokratischer Rechtsstaat nicht denkbar.
Wer auf diese Art prinzipiell gegen Bürokratie hetzt, kann politisch mittelfristig nur erfolgreich sein, wenn er das faschistische Vollprogramm liefert (in Deutschland: die AfD). Wer in einer merkwürdigen, inkohärenten Mischung einerseits solche staatsfeindliche Rhetorik verfolgt, aber andererseits meint, das mit rechtsstaatlicher Politik vereinbaren zu können (in Deutschland: die „mehr Musk und Milei wagen“-Lindner-FDP), verschwindet zu Recht in der Bedeutungslosigkeit, weil die Wähler die Inkohärenz erkennen und entweder das volle Programm wählen oder aber zu Recht abgestoßen sind. Ich hätte nicht gedacht, dass sich nach den sichtbar schädlichen und antidemokratischen Zerstörungsaktionen Musks am Staatsapparat der USA im Zeichen der Kettensäge noch jemand links der AfD positiv auf solche Rhetorik beziehen würde.
Natürlich kann es sein, dass es in bestimmten Bereichen zu viel Bürokratie gibt, d.h. zu viele, zu genaue, zu komplizierte Regeln, die mehr Kosten verursachen oder unerfreuliche Nebenwirkungen haben als in Relation zum (einmal) angestrebten Zweck (noch) sinnvoll ist. Deswegen kann man natürlich über jede bürokratische Regelung diskutieren und sie u.U. auch wieder abschaffen. Aber eben gerade nicht mit der Kettensäge, sondern sachlich und auf das konrete Thema bezogen.
Die Heuchelei der Bürokratiefeinde wird, das nur nebenbei, exzellent daran deutlich, dass sich niemand von ihnen auf einen der am allerstärksten bürokratisch geregelten Bereiche überhaupt bezieht: Das Ausländerrecht. Bürokratieabbau würde hier bedeuten: Weg mit der bürokratischen Visavergabe, der bürokratischen Grenzkontrolle, der bürokratischen Erteilung von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen. Wer kommt, kommt, ganz unbürokratisch, und die Arbeitsstellen bekommt eben der, der sich im freien Wettbewerb (den doch Bürokratiefeinde doch so toll finden) durchsetzt.
Ich würde das auch nicht sinnvoll finden, aber das Beispiel zeigt: Die allgemeine Rhetorik gegen Bürokratie ist eigentlich nur gegen bestimmte Teile der Bürokratie gemeint – nämlich gegen die Teile, die für die Reichen und/oder Mächtigen lästig sein können.
Noch einmal: Begründete, spezifische Kritik an ganz konkreten bürokratischen Regelungen ist selbstverständlich legitim. Aber das ist eben das Präzisionswerkzeug, nicht die Kettensäge.
paule t.: Mileii st solidarisch mit Israel und der Ukraine, vom Westen überzeugt und er will keinen starken Staat. Das passt nicht zu einem Faschisten.
Ihre Entgegnung geht wirklich völlig an meinem Kommentar vorbei. Primär geht es in meinem Kommentar um die notwendige Rolle von Bürokratie in einem demokratischen Rechtsstaat, derentwegen eine derartige Brachialrhetorik gegen Bürokratie an sich hoch problematisch ist. Darauf gehen Sie einfach nicht ein.
Um Außenpolitik ging es in meinem Kommentar gar nicht. Aber auch die taugt wenig, um Milei gegen die Kennzeichnung als Faschist in Schutz zu nehmen: Welche Relevanz sollte es dafür haben, dass sich Milei für die Ukraine und Israel ausspricht? Beides sind zwar ganz unzweifelhaft demokratische Staaten – das schützt sie aber nicht davor, dass sich u.U. auch Faschisten für sie aussprechen. Einige AfD-Politiker stellen sich z.B. – nicht glaubwürdig und verlässlich, aber verbal eben doch – auch auf die Seite Israels, so wie sich einige Neonazis für die Ukraine aussprechen. Das taugt also nicht als Argument.
Bleibt nur ihre Behauptung, dass Milei keinen „starken Staat“ wolle. Das scheint mir aber nur auf das staatliche Handeln zu zielen, bei dem der Staat eine aktive Rolle für den Zusammenhalt der Gesellschaft spielt, also etwa in der Sozial-, Wirtschafts-, Bildungspolitik usw. Auf diesen Feldern die Aktivität des Staates zurückzufahren, ist und war aber Programm bei vielen Rechtsextremisten.
Ganz anders sieht es m.W. bei der Innen- und Sicherheitspolitik aus: Da hat er mW die Verbrechen der Militärdiktatur relativiert, ist kritisch gegenüber Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wenn es gegen seine Politik geht, will Militär im Inneren einsetzen können, versuchte Rechte des Parlaments zu ignorieren – vertritt also durchaus einen starken Staat, wenn es um die Interessen der Exekutive und der wirtschaftlich Starken geht.
Beide Aspekte passen exakt zu meiner Kritik an prinzipieller (!) Bürokratiefeindschaft: Diese würde zu einer autoritären Herrschaft bei Abbau von Rechtsstaat und Demokratie führen.
@ Autor. Für die Ukraine und Israel zu sein, ist schön und gut. Mit einer Kettensäge rumzulaufen… und ja, Bürokratie kann ganz schön Scheiße sein. Und dennoch-Bürokratie im demokratischen Rechtsstaat ist nicht alles, aber ohne Bürokratie im demokratischen Rechtsstaat wäre alles nix.Nicht zuletzt herrschen dort, wo Bürokratie wenig bis nix zu sagen, zu entscheiden hat, meist verbrecherische Anarchie, wie man es u.a. in Teilen Mittel- und Südamerikas beobachten kann.Ich glaube nicht, dass dies dem@ Autor gefallen würde.
Es kann doch niemand glauben, dass wir hier einen die Rechtsstaatlichkeit gefährdenden Mangel an Bürokratie haben.
Das Gegenteil ist doch eher der Fall. Z.B. das unsägliche Verbandsklagerecht. Eigene Betroffenheit ist nicht notwendig; gefestigte Ideologie und der Wille zur Verhinderung reicht. Und schon werden Projekte, die die gewählten Vertreter des Volkes angestoßen haben von einer lärmenden Minderheit torpediert. Das ist anti-demokratisch.
Den in den letzten Dekaden entstandenen Wildwuchs zurück zu schneiden ist daher das Gebot der Stunde. Hierin eine Gefährdung der Demikratie bzw. Rechtsstaatlichkeit herbei reden zu wollen ist hanebüchen. Oder war die Bundesrepublik bis 1990 ein antidemokratischer Unrechtsstaat, nur weil die „Segnungen“ des heutigen Irrsinns noch nicht da waren?
@ Emscher-Lippizzaner,
Zitat:
„Es kann doch niemand glauben, dass wir hier einen die Rechtsstaatlichkeit gefährdenden Mangel an Bürokratie haben.“
Natürlich nicht. Das hat auch niemand behauptet. Aber wenn sich hiesige Politiker:innen entsprechend solcher Brachial-Rhetorik à la Kettensäge so einem prinzipiellen Kampf gegen Bürokratie an sich widmen würden, wie es in den USA Trump/Musk tun/getan haben, dann wäre es eine Gefahr für den Rechtsstaat.
Wenn jemand bestimmte bürokratische Regelungen für falsch hält: Bitte, nur zu, die kann man immer auf den Prüfstand stellen. Aber dann bitte mit konkreten Begründungen, nicht mit einer allgemeinen, poupulistischen Anti-Bürokratie-Rhetorik gegen Bürokratie an sich. Bürokratie an sich ist im Rechtsstaat einfach notwendig, um die Regeln, die legal und legitim beschlossen wurden, auch umzusetzen.
Womit wir bei diesem Punkt wären:
Zitat:
„[…] das unsägliche Verbandsklagerecht. Eigene Betroffenheit ist nicht notwendig; gefestigte Ideologie und der Wille zur Verhinderung reicht. Und schon werden Projekte, die die gewählten Vertreter des Volkes angestoßen haben von einer lärmenden Minderheit torpediert.“
Nein, diese polemisch formulierten Voraussetzungen reichen nicht. Eine ganz entscheidende weitere Voraussetzung ist: Man muss im Recht sein.
Durch das Verbandsklagerecht gibt es da, wo keine direkt betroffenen natürlichen oder juristischen Personen vorhanden sind, wie es etwa im Umweltrecht notwendigerweise oft der Fall ist („die Umwelt“, ein gefährdeter Fluss, eine gefährdete Tierart o.Ä. sind in Deutschland nun mal keine klageberechtigte Personen), aber dennoch gesetzlich geschützte Rechtsgüter möglicherweise gefährdet sind, die Möglichkeit, dass im entsprechenden Sachgebiet tätige, dafür anerkannte Organisationen gerichtlich prüfen lassen können, ob die demokratisch beschlossenen Gesetze eingehalten werden. Aber auch nur das – wenn alle Gesetze eingehalten wurden, nützt auch das Verbandsklagerecht nichts.
Das Vebandsklagerecht verhindert also lediglich Gesetzesbrüche, die sonst nach dem Prinzip „Wo kein Kläger, da kein Richter“ einfach durchgegangen wären, und hilft so, geltendes Recht auch durchzusetzen. Das als „undemokratisch“ zu beurteilen, finde ich schon sehr speziell.
Noch eine allgemeine Überlegung zur Bürokratie:
Jede einzelne bürokratische Regelung wurde einmal beschlossen, weil es bestimmten Interessen entsprach, und die demokratisch gebildeten Institutionen befunden haben, dass diese auch im allgemeinen Interess wären:
Diese bürokratischen Regelungen sind (oder waren zumindest) also immer für irgendjemanden gut.
Aber es gibt eben immer auch entgegenstehende Interessen (sonst bräuchte man die Regeln gar nicht, sondern alle würden automatisch entsprechend handeln). Die genannten Beispiele z.B. sind natürlich in erster Linie lästig für Unternehmer/Arbeitgeber, weil sie Zeitaufwand und Geldausgaben bedeuten. (Letztlich waren sie vielleicht aber auch im Interesse der vernünftigen Unternehmer, die es selbst für richtig hielten auf solche Dinge zu achten – aber dadurch Kostennachteile gegenüber anderen, rücksichtsloseren Unternehmern hatten.)
Die demokratischen Institutionen mussten also immer diese Interessen abwägen.
Und natürlich kann man alle Regelungen auch wieder auf den Prüfstand stellen. Vielleicht sind einige Regelungen durch technische oder gesellschaftliche Entwicklungen überholt, vielleicht möchte man auch die betroffenen Interessen anders gewichten als früher. Das ist völlig legitim. Aber auch dann handelt es sich eben um Interessen bestimmter Gruppen, die im konkreten Fall im demokratischen Prozess abgewogen werden müssen.
Wer aber so tut, als wäre Bürokratie per se schlecht und es wäre automatisch im Interesse der Allgemeinheit, Bürokratie abzuschaffen, verschleiert die Interessenlagen zugunsten derjenigen, die durch diese Verschleierung die stärkere Durchsetzungskraft haben. (Erinnerung an eine obige Aussage: In Wahrheit geht es ja gar nicht um „Bürokratie an sich“, denn die Bürokratie, der etwa Migranten oder Arme unterworfen werden, wird ja „merkwürdigerweise“ nie in diesem Zusammenhang erwähnt.) Das ist Ideologie im klassischen Sinne.
@paule t: Ja, Bürokratie ist per se schlecht und ja, ich bin prinzipiell gegen Bürokratie.
Denn Bürokratie bedeutet eben genau nicht die Kodifizierung von sinnvollen Regeln, die sich die Bürger eines Landes über einen idealen demokratischen Prozess selbst geben.
Bürokratie ist vielmehr, wenn machtbesoffene Beamte, nutzlose Behörden und sonstige Staatsprofiteure sich den Staat zu eigen machen und für ihre eigenen Zwecke missbrauchen – und sei es nur, um sich selbst eine Daseinsberechtigung zu geben.
Bürokratie ist, wenn einstmals mündige Bürger zu unterwürfigen Zettelausfüllern für den Obrigkeitsstaat degradiert werden.
Und Bürokratie ist auch, wenn sich ein übergriffiger Staat in jeden noch so kleinen Lebensbereich einmischt, der ihn schlicht nichts angeht.
Das alles hat mit Demokratie nun wirklich überhaupt nichts mehr zu tun. Wenn hier schon von Faschismus die Rede ist, dann passt dieses Prädikat wohl eher zur Bürokratie als zu deren Gegnern. Es kommt auch nicht von ungefähr, dass in faschistischen Systemen die Bürokratie immer zur vollen Blüte gelangt.
@ Bjoern KW:
Wenn man hier über „Bürokratie“ spricht, dann ist damit natürlich die in „Büros“ organisierte und in diesen Entscheidungen treffende („-kratie“) staatliche Verwaltung gemeint. In unserem demokratischen Staat also die von der demokratisch gewählten Exekutive eingerichtete, auf der Grundlage der demokratisch verabschiedeten Gesetzen handelnde und durch Gerichte kontrollierbare Verwaltung. Darüber reden wir hier, und dabei sollten wir im Sinne einer vernünftigen Diskussion bleiben.
Sie erfinden gerade ihre eigene Sprache, in der „Bürokratie“ 1. etwas ganz anderes bedeutet als im normalem Sprachgebrauch und 2. per se mit schlechten Eigenschaften behaftet ist, und daraus ziehen SIe den Schluss, dass sie schlecht sei.
Nun, mit Privatsprache und Zirkellogik können Sie natürlich Beliebiges behaupten, aber Sie verabschieden sich damit auch aus einer vernünftigen Diskussion.
@paule t. Die gängigen Definitionen von Bürokratie meinen mitnichten eine vermeintlich harmlose in Büros organisierte, in diesen Entscheidungen treffende und durch demokratische Prozesse kontrollierte Verwaltung, sondern eine absolutistische Beamtenwirtschaft, die gegen die Bedürfnisse der Menschen agiert und in der Regeln und Gesetze durch nicht gewählte Staatsorgane bestimmt werden.
Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Bureaucracy und https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrokratie#Definition_nach_Meyers_Konversationslexikon_von_1894
Also genau das, was ich beschrieben habe.
@BjoernKW, Zitat:
„Also genau das, was ich beschrieben habe.“
Naja. Dafür nehmen Sie die Beschreibung aus Meyers Konversationslexikon von 1894, die im Verlauf des Wikipedia-Artikels zitiert wird, lassen aber fast alles andere weg, unter anderem die Definition am Anfang des Artikels aus dem Wikipedia-Konversationslexikon von 2025:
„Bürokratie (deutsch „Herrschaft der Verwaltung“) ist eine staatliche oder nicht-staatliche Verwaltung, die durch klare Hierarchien, Entscheidungen nach Gesetz und Vorschriften und geplantem Verwaltungshandeln innerhalb festgelegter Kompetenzen gekennzeichnet ist.“
Diese ganz neutrale Definition entspricht wohl eher meinem Wortgebrauch, und auch der englische Artikel stützt keineswegs eindeutig ihren, sondern ist am Anfang genauso neutral. Später beschreibt er zwar Probleme der Bürokratie, aber keineswegs so allgemein verdammend wie Sie. Diesen Befund mit „genau das, was ich beschrieben habe“ zu kennzeichnen, ist schon einigermaßen dreist.
Aber gut, ich will zugestehen, dass es zwei Verwendungsweisen gibt: einerseits die neutrale Bezeichnung für eine bestimmte Form von Verwaltung, für die etwa Max Weber steht und die ich benutze, andererseits der Schmähbegriff für eine in irgendeiner Weise schlechte (z.B. ineffiziente, inhumane, überzogene u.dgl.) Verwaltung, wie es Meyers Konversationslexikon von 1894 erklärt und wie Sie es benutzen.
Das Problem mit dem Schmähbegriff ist nur: Wenn man mit dieser Bedeutung eine Aussage träfe wie die, „dass es ein Problem mit der Bürokratie gebe und man etwas dagegen machen müsse“, wäre das übersetzt eine völlig bedeutungslose, tautologische Nullaussage der Art „schlechte Verwaltung ist schlecht“. Das wäre sinnloses Blabla, und das möchte ich dem Autor des Artikels nicht unterstellen.
Und um dem dann wieder Bedeutung einzuhauchen, müsste man dann entweder konkret erklären, welche Behörden, welche Art von Verwaltungshandeln, welche Vorschriften usw. man denn in dieser Weise schmähen und abschaffen will (und warum). Kurz: Man müsste genau das machen, was ich oben schon längst als legitime Möglichkeit benannt habe, nämlich bestimmte Regulierungen konkret und begründet auf den Prüfstand stellen. Das wäre aber eben, wie schon gesagt, nicht mehr die Kettensäge, sondern das Präzisionswerkzeug.
Oder man müsste explizit sagen, dass man die komplette staatliche Verwaltung insgesamt so beurteilt und abschaffen will. Dann wäre man wieder bei der demokratiefeindlichen Kettensägenpolitik à la Musk, die an die Stelle geordneter Verwaltung eines demokratisch legitimierten Staatsapparates eine autokratische Günstlingswirtschaft à la Trump setzen würde.
Der von ihnen bevorzugte Schmähbegriff wäre also bloß ein anderer Wortgebrauch, würde aber an meiner inhaltlichen Kritik an einer allgemeinen und unkonkreten Bürokratiefeindlichkeit rein gar nichts ändern.