
Es hätte ein triumphaler Abgang werden können. Ein verdienter Funktionär, der Borussia Dortmund über viele Jahre hinweg maßgeblich geprägt hat, tritt mit Applaus von der großen Bühne.
Spätestens nach der Amtszeit von Trainer Thomas Tuchel im Sommer 2017 wäre das für Watzke noch möglich, ja sogar garantiert gewesen. Hans-Joachim Watzke aber hat diesen Moment lange verpasst. Statt rechtzeitig loszulassen, läuft der langjährige Geschäftsführer und heutige Aufsichtsratschef nun möglicherweise in eine Kampfkandidatur um das Präsidentenamt des BVB – gegen einen Kontrahenten aus den eigenen Reihen, Thomas Lunow. Es ist ein riskantes Spiel mit dem eigenen Vermächtnis, das Watzke bei näherer Betrachtung eigentlich jetzt schon verloren hat.
Aki Watzke ist ohne Frage eine der Schlüsselfiguren der BVB-Geschichte. Er hat den Verein 2005 in einer finanziell und sportlich desaströsen Lage übernommen, konsolidiert und an die europäische Spitze zurückgeführt. Unter seiner Führung wurden Meisterschaften gefeiert, das Image geschärft, der Klub als seriöser Herausforderer der Bayern etabliert.
Doch spätestens nach dem Bombenanschlag auf den BVB-Mannschaftsbus im April 2017 verlor Watzke nach und nach sein Gespür für das große Ganze. Erst überwarf er sich mit Trainer Tuchel, entband diesen nach dem DFB-Pokalsieg wenige Wochen später von seinen Aufgaben.
Es folgten Jahre der Stagnation, vielleicht sogar des sportlichen Rückschritts, die mit Platz fünf und vier in der Fußball-Bundesliga zuletzt ein unschönes Tief erreichten. Watzke schien vom Glück verlassen. Trainerentscheidungen saßen nicht, für die immer extremere Kommerzialisierung des Vereins wurde er immer lauter vom eigenen Anhang kritisiert (Stichwort u.a. Rheinmetall).
Nun droht ihm der eigentlich als Zwischenlösung auf dem Präsidentensessel vorgesehene Lunow das Amt streitig zu machen und zugleich Watzkes Denkmal endgültig zu stürzen, bevor es errichtet wude. Egal ob Watzke bei der Wahl im Herbst antritt oder nicht, ob er sie gewinnen würde oder nicht. Sein Image in Dortmund ist längst mehr als nur angegriffen. Es wird nie mehr den Glanz von vor rund zehn Jahren haben.
Bei Sportlern diskutiert man ja immer, ob sie den richtigen Zeitpunkt für ihr Karriereende erwischt haben, oder nicht. Beim Funktionär Aki Watzke lässt sich hingegen jetzt schon sagen, dass er ihn verpasst hat. Niemand sollte so lange bleiben, bis öffentlich lang und breit darüber diskutiert wird, ob er noch nützlich oder doch eher schon schädlich für das Gesamtprojekt ist.