Lars Ricken zum Geschäftsführer Sport des BVB zu machen ist ein Risiko!

Lars Ricken in Dortmund. Archiv-Foto: BVB

Borussia Dortmund überraschte am Montag mit einer wichtigen Personalentscheidung, die ausnahmsweise einmal nicht den Kader der Profimannschaft betraf: Der BVB hat ab dem 1. Mai 2024 eine neue Führungsstruktur. Ex-Profi Lars Ricken wird überraschend neuer Geschäftsführer Sport, der frühere Dortmunder Scout Sven Mislintat wird in Zukunft als Technischer Direktor bei den Schwarzgelben aktiv sein und Sebastian Kehl bleibt Sportdirektor. Was im ersten Moment sympathisch daherkommt, kann einen bei näherer Betrachtung aber auch ein Stück weit skeptisch machen.

Nachdem der bisherige Klub-Boss Aki Watzke vor einigen Monaten öffentlich seinen Rückzug für das Jahr 2025 angekündigt hatte, war klar, dass sich die Strukturen an der Vereinsspitze in Kürze verändern würden. Viele Beobachter rechneten nach dem Abschied von Watzke mit einer Beförderung von Sebastian Kehl. Er selber wohl auch.

Jetzt kam es überraschend aber doch ganz anders. Ricken, der als Direktor des Dortmunder Nachwuchsleistungszentrums bisher eher im Schatten einer breiten Öffentlichkeit stand, macht einen großen Karrieresprung und wird  ab Mai schrittweise Watzkes Rolle übernehmen.

Der scheinbar aussichtsreiche Kehl wurde bei der Neustrukturierung übergangen, was nach seiner ersten Zwischenbilanz als Nachfolger von Vereinslegende Michael Zorc in Sachen Kaderplanung auch nicht wirklich überraschte. Stattdessen aber Ricken zu wählen, das ist schon mutig vom BVB.

Keine Frage, jeder Dortmund-Fan mag Lars Ricken, der einst im Champions League Finale 1997 mit seinen berühmten ‚Lupfer‘ gegen Juventus Turin Weltruhm erlangte. Auch meine erste Reaktion auf die Nachricht von Montag war deshalb positiv. Je länger ich dann aber über die Entscheidung nachdachte, je mulmiger wurde mir dabei.

Ricken, dessen Profikarriere in Dortmund im Rückblick längst nicht do glorreich verlief, wie es die erste Phase seiner Laufbahn hatte erwarten lassen (einige Experten sahen in Ricken damals noch den zukünftigen Kapitän der DFB-Auswahl bei der mit viel Euphorie erwarteten Heim-WM 2006 in Deutschland), mag als Leiter des BVB-Nachwuchses eine gute Arbeit leisten, aber befähigt ihn das zur Führung eines Vereins, der um die Deutsche Meisterschaft spielen und im internationalen Geschäft eine führende Rolle spielen will? Zweifel erscheinen angebracht.

Der inzwischen 47-Jährige fristete bisher ein Dasein im Schatten, fiel kaum einmal öffentlich auf. Nun muss das natürlich kein entscheidender Nachteil sein, wundern tut einen die Auswahl auch deshalb aber schon. Natürlich fängt jede Persönlichkeit in vergleichbaren Jobs irgendwann einmal an, muss sich erst einmal beweisen und zeigen, dass sie den gestiegenen Anforderungen im Alltag gerecht werden kann.

Aber ob der BVB, der aktuell in einer sehr schwierigen Phase ist, sich ein solches Experiment leisten kann? In der Liga droht der Anschluss an die Spitze auf Rang fünf für die Borussen gerade verlorenzugehen. Im Kader gibt es etliche Baustellen und auch der Wechsel in der Führungsriege selber bildet ein nicht zu verleugnendes Risiko, droht hier doch die seit Jahren etablierte Struktur durch den Rückzug Watzkes spätestens im nächsten Jahr ein Stück weit ins Wanken zu geraten.

Ein Lars Ricken an der Spitze des Vereins, mit einem durch die Nichtberücksichtigung für dessen zukünftigen Job womöglich ein Stück weit ‚eingeschnapptem‘ Sebastian Kehl im Nacken, das ist auf Dauer womöglich komplizierter, als es auf den ersten Blick erscheinen mag.

Dazu noch ein wieder/neu im Verein zu integrierender Sven Mislintat, der den BVB einst auf der Suche nach dem ganz großen Glück verließ, nun nach zuletzt weniger erfolgreichen Zeiten beim VfB Stuttgart und bei Ajax Amsterdam auch wieder zurück in das Gefüge bei den Schwarzgelben kommt? Auch das dürfte kein Selbstläufer werden.

Und das Alles vor der Nase bzw. im Umfeld eines so unerfahrenen Sportgeschäftsführers Ricken. So sympathisch es ist, dass die Borussia ihre Führungskräfte inzwischen fast durchgehend mit Vereinsikonen und bei den Fans besonders angesehenen Personen besetzt, so riskant ist es in dieser Phase aber auch. Eine gestandene Persönlichkeit von außen zu engagieren wäre vielleicht auch mit einem gewissen Risiko behaftet gewesen. Einen auf dieser Ebene bisher aber noch völlig unerfahrenen zum neuen Chef des BVB zu machen, erscheint allerdings noch deutlich riskanter…

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