60 Jahre Contergan: Danke Grünenthal!


Ohne die Pionierarbeit des kleinen Pharmaunternehmens hätte es die Aktion Sorgenkind vielleicht nie gegeben. Ohne den aufopferungsvollen Forschungsdrang dieser Stolberger Firma wären niemals so ulkige Lebewesen entstanden. Und wir hätten 2017, zum 60jährigen Jubiläum dieses Wundermittels, nix zu Feiern. Von unserem Gastautor Martin Fromme.

Schade ist sicherlich, daß Contergangeschädigte ein Fläschchen Sekt zum Jubelfest aufmachen würden, wenn sie es denn heute noch allein könnten. Aber anstatt sich dabei helfen zu lassen, wird gejammert, man hätte Schmerzen. Hallo??? Da helfen Tabletten. Grünenthal vertreibt doch welche. Warum nicht? Ist Markentreue denn heutzutage altmodisch? Der sympathische Familienbetrieb wirbt doch extra mit dem Spruch „Schmerz ist unsere Kernkompetenz“. Die wissen doch, wovon die sprechen!

Aber immer nur Vorwürfe…Grünenthal hätte doch schon wesentlich eher, also vor 1961, das Medikament vom Markt nehmen können. Hätte, hätte, Fahrradkette.
Aber hätten ein paar Contergangeschädigte in der Öffentlichkeit Wirkung gezeigt? Nein. Je mehr, je besser. Hatte sich sicherlich auch Grünenthal gesagt. Damit sich was ändert, damit Deutschland endlich mal aufwacht. Obwohl Contergan ja eigentlich zum Einschlafen gedacht war. Aber lassen wir das.

Vielleicht hat Grünenthal auch vorher an den werdenden Müttern Tests durchgeführt und da hat sich dann rausgestellt, daß sich beim späteren Kind unter Umständen Krebs an Armen, Beinen und Ohren entwickeln könnte. Und dann wurde halt die Tablette verschrieben. Als Prophylaxe. Angelina Jolie hat sich auch ihre Brüste abnehmen lassen aus Angst vor Krebs. Vorsicht ist besser als Nachsicht.

Viele Wohltäter sprechen ja auch nicht über ihre guten Taten. Nehmen wir doch erstmal nichts Böses an. Wahrscheinlich hat deswegen Grünenthal mit den Contergangeschädigten auch 50 Jahre nicht gesprochen. Wahrscheinlich weil die Familie Wirtz rot wird, wenn man sie so öffentlich loben würde.

Laßt uns Dankesplakate mit dem Mund malen und im Rahmen unserer Möglichkeiten in die Höhe halten. Laßt uns unsere besten Prothesen…die mit den Swarowski-Steinchen…anlegen. Laßt uns nach Stolberg fahren. Laßt uns das 60jährige Jubelfest mit dem Konzern feiern, der das Alles erst möglich gemacht hat.

Mehr zu dem Thema: 

Das „harmlose“ Schlafmittel und der große Skandal

Schlechte Verstecke – „bodo“ im Oktober

In der Oktoberausgabe spricht das Straßenmagazin mit Matthias Schamp über’s Scheitern und mit Komiker Oliver Polak „über alles“. „bodo“ reist ins Ruhrgebiet der 80er und auf einen ungewöhnlichen Bauernhof in Dortmund-Derne. Außerdem: ein fast vergessener Mord, Geldtransfer auf dem Balkan uvm. „bodo“ ist ab heute zu kaufen, nur auf der Straße, für 2,50 Euro, die Hälfte bleibt bei den Verkäufern.

Matthias Schamp
Mit seinen Schlechten Verstecken, Frittierter Kunst oder den Hegel-Hooligans ist Matthias Schamp auf den ersten Blick einfach komisch. „Aber Humor“, sagt der Bochumer Künstler, „ist nur die erste Zwiebelschicht, die den Leuten einen Zugang zu meiner Arbeit ermöglicht.“

Auf dem Mitmachbauernhof

Der Lernbauernhof Schulte-Tigges in Dortmund-Derne ist kein ganz gewöhnlicher Bauernhof. Wenn hier mehr als ein Dutzend HelferInnen Rote Bete, Tomaten oder Radieschen ernten, nehmen sie einen Anteil für sich mit nach Hause. Solidarische Landwirtschaft funktioniert ganz ohne Markt.

Oliver Polak

gilt als Enfant terrible und beschrieb seine Identität als deutscher Jude in seinem Bühnenprogramm „Jud Süß-Sauer“. Für sein neues Programm posiert er nackt mit Deutschlandfahne. Ein Gespräch „über alles“.

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Ausgerechnet Tuchel für Ancelotti? – Nur noch Marionettentheater in der Fußball-Bundesliga?

Thomas Tuchel vor dem BVB-Mannschaftsbus. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Meistertrainer Carlo Ancelotti wurde gestern beim FC Bayern München entlassen. Nach der überraschend klaren 0:3-Pleite des Rekordmeisters am Mittwoch in der UEFA Champions League in Paris war das sprichwörtliche Tischtuch zwischen dem Italienern und den Vereinsbossen in München dann offenbar endgültig zerschnitten.

Erste Risse hatten sich hier ja bereits seit Monaten angedeutet. Trotzdem kommt eine solche frühe Trennung im September natürlich überraschend. Mitleid muss man mit dem Trainer nicht haben, das ist klar. Er fällt nicht nur wirtschaftlich weich, er muss auch sportlich niemandem mehr etwas beweisen, kann auf eine lange und erfolgreiche Karriere im Fußball zurückblicken.

Nun sucht man bei den Bayern also gerade einen Nachfolger für den Cheftrainer. Und spätestens hier wird das Thema dann auch für uns Ruhrbarone interessant. Denn der offensichtliche Top-Kandidat auf die Nachfolge von Carlo Ancelotti ist (auf dem derzeit nur mit mäßig vielen Kandidaten gefüllten Trainermarkt) offenbar der ehemalige Dortmunder Erfolgstrainer der letzten beiden Spielzeiten, Thomas Tuchel. Und nun wird es tatsächlich bizarr.

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Die Blauen wollen mit Petry und Pretzell nichts zu tun haben

Logo „Die Blauen“

„Zuerst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu“ wusste schon der bayerische  Jürgen Wegmann. Ähnliches könnten sich auch Frauke Petry und Marcus Pretzell denken. Die beiden scheidenden AfDler haben sich die  Domain  „Die Blauen“ sichern lassen und halten offen, ob sie unter diesem Namen eine Partei gründen wollen. Keine gute Idee, denn „Die Blauen“ gibt es und das schon seit 2008, wie sie auf Facebook schreiben:

Die Blauen gründeten sich im Sommer 2008 als eine alternative politische Interessenvertretung und sind überwiegend im Saarland vertreten. Vereinzelt finden sich aber auch Anhänger im Rest der Republik, der Schweiz und den USA.

Und mit Petry und Pretzell wollen sie nichts zu tun haben:

Wir möchten an dieser Stelle jedoch betonen, dass wir weiterhin für ein weltoffenes Land stehen und mit Rassisten nichts zu tun haben. Wir distanzieren uns von jeglichem Hass, der durch diverse Parteien, die sich zwar mit uns die Farbe aber nicht die politische Couleur teilen, verbreitet wird. Wir stehen für ein friedliches Miteinander und Nächstenliebe. Nicht zu vergessen, dass wir uns schon seit Jahren gegen Cellulite und für das Vollsein einsetzen.

Ebenso viel Pech mit einem neuen Namen hatte übrigens der von Petry gemeinsam mit Gauland aus der AfD vertrieben AfD-Gründer Bernd Lucke. Er nannte seine neuen Partei ALFA. Dumm, dass es bereist einen Verein mit dem selben Namen gab, der sich gegen Analphabetismus engagierte und seinen Namen nicht hergeben mochte. Lucke wich auf den Namen Liberal-Konservative Reformer aus, den man in dem Augenblick vergisst, in dem man ihn gelesen hat.

Mehr zu dem Thema:

Die PARTEI blockiert die „Blauen“ auf Facebook

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Geeintes Land – geteilte Stadt. Bilder einer Belagerung

Symbolbild. Foto: RvC

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn in den vergangenen Jahren in den Nachrichten über die Begehung des Tages der Deutschen Einheit berichtet wurde, habe ich meistens nur so halb-aufmerksam zugehört. Ich räume ein, dass ich auch nicht voll bei der Sache bin, wenn der Landwirtschaftsminister die Grüne Woche eröffnet (tut das der Landwirtschaftsminister? Sie sehen: ich bin nicht gut informiert). Meine Phantasie war immer, dass da eine Reihe von Herren in Anzügen und Damen in Kostümen zusammenkommen, sagen wir in der Paulskirche oder einem Bürgerhaus, und Reden halten und dass dann noch ein Kinderchor singt oder vielleicht auch ein Streichquartett auftritt.

Jetzt ist der Tag der Deutschen Einheit dieses Jahr aber in Mainz. Ich wohne und arbeite in Mainz. Daher bemerke ich etwas von den Vorbereitungen.

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Der Ruhrpilot

Salafistenveranstaltung in Herne


NRW:
 Innenminister prüft Salafisten-Verbote…RP Online
NRW: „Wir wollen eine moderne Heimatpartei sein“…RP Online
NRW: Kugelsichere Helme für Polizisten in Planung…General Anzeiger
NRW: Pfarrer hätte schwules Paar gerne gesegnet…Bild
NRW: Dortmund und Düsseldorf zählen zu den entspanntesten Städten…WAZ
Debatte: Jamaika kann nur unter den besten Bedingungen gelingen…Welt
Debatte: Oppermann hält große Koalition bei Merkel-Rücktritt für möglich…FAZ
Debatte: Schröder bekommt Rosneft-Gehalt – und noch einiges vom Steuerzahler…Welt
Debatte:  „Parteien haben sich mit Arroganz der Debatte entzogen“…FAZ
Debatte: Niemand übernimmt Verantwortung…Cicero
Debatte: Sich unregierbar machen…Jungle World
Bochum: Mehrheit gegen Zweckentfremdungssatzung…WAZ
Dortmund: Städtische Ordnungskräfte bekommen Schlagstöcke…WAZ
Duisburg: Stadt plant ohne neue Schulden…RP Online
Essen: Stadtrat genehmigt weitere Verkaufssonntage…WAZ

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ES wird nicht langweilig

Der Kultfilm „ES” kommt heute in der Neuverfilmung von Andrés Muschietti in die Kinos und überzeugt. Wer am Abend noch nichts vorhat, kann sich ja durch die Premiere gruseln. Unser Gastautor Dominic Röltgen hat den Film gesehen.

Stephen King und das Kino waren selten beste Freunde. Der Schriftsteller, der gerade seinen 70. Geburtstag feierte, lieferte zwar in seiner Karriere schon so einige Bestseller und damit Stoff für Verfilmungen ab – überzeugen konnten davon allerdings Fans, Kritiker und oft auch den Meister selbst nur die wenigsten. Für Kings absurde Fantasien und seinem Faible für ausführliche Charakterentwicklungen und -beschreibungen ist das Medium Film ein denkbar schlechtes. „ES“, Kings 1986 erschienener, knapp 1500 Seiten dicker Roman, eine Mischung aus Horror-, Fantasy- und Coming-Of-Age-Story, ist so ein Paradebeispiel für eine misslungene, mindestens aber unbefriedigende King-Verfilmung. 

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