Aus für die Hobbytronic

Man konnte es schon ahnen: Seit Wochen stand auf der  Webseite der Hobbytronic nur noch ein Baustellenschild. Nun ist es offiziell: Die Hobbytronic 2009 findet nicht statt.

Foto: Messe Dortmund

Wie die Ruhr Nachrichten unter Berufung auf den Veranstalter der Messe, die Westfalenhallen Dortmund GmbH, melden, wird die Hobbytronic im diesem Jahr mangels Ausstellerinteresses nicht stattfinden. Ob es im kommenden Jahr zu einer Neuauflage kommen wird ist fraglich.

Zeit Abschied von der 1978 als "HobbyTronic und Computerschau"  gegründeten Messe zu nehmen. Ich war dass erste Mal 1988 da und erlebte gleich einen Schock: Als stolzer und frischgebackener Besitzer eines Atari 1040 ST erschrak ich als  ein junger Mann meine Unterschrift unter einen Petition mit dem Titel "Rettet den ST" haben wollte. Heute sollte man überlegenpb man nicht aus romantischen Gründen Unterschriften für die Rettung der Hobbytronoc sammelt.    

Nachrichtenlage zum Kölner Hauseinsturz

Anfängliche Gerüchte über 30 Todesopfer scheinen sich zum Glück nicht zu bestätigen. WDR-Quellen, u.a. der geschätzte Kollege Frank Überall, berichten von zwei Vermissten und „noch nicht einmal Schwerverletzten“. Das ist wohl der Vorwarnung durch einige Bauarbeiter zu verdanken, die einen Wassereinbruch im Untergrund festgestellt hatten. Gerätselt wird noch über die Ursachen.

Hauptverdächtiger ist der U-Bahnbau der Kölner Nord-Süd-U-Bahn, durch den bereits im Jahr 2004 ein in unmittelbarer Nähe des heutigen Gebäudeeinsturzes befindlicher Kirchturm Berühmtheit als „Schiefer Turm von Köln“ gewann. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, dann ist der materielle Schaden noch um einiges größer, als er der Stadt Köln schon durch mehrere hundert Mio. Euro schwere Verlustgeschäfte ihrer Sparkasse entstanden ist. Und über die großzügig bereitgestellte Landesförderung für dieses unsinnige U-Bahn-Bauprojekt haben wir dann diese Katastrophe alle mitfinanziert.

Der Kölner Südstadt bleibt wirklich nichts erspart. Von Brauchtumsgruppen wie Black Föss und BAP viel besungen, durch den U-Bahn-Bau in ähnlicher Weise ruiniert, wie  z.B. Essen-Altenessen, im Karneval von alkoholisierten Bergheimer Besatzungstruppen überfallen, und nun stürzen dort auch noch ganze Häuser ein. Hoffen wir, dass es wirklich keine Todesopfer gab.

Update:
Bei dem eingestürzten Gebäude handelt es sich um das Historische Archiv der Stadt Köln. Der kulturelle Wert der vernichteten Dokumente, darunter Nachlässe von Heinrich Böll und Jacques Offenbach, ist noch nicht abschätzbar. Zahlreiche Nachbargebäude sind einsturzgefährdet und geräumt worden. Gefahren lauern auch in möglicherweise defekten Versorgungsleitungen.

Die Kölner Polizei meldete am Abend drei vermisste Personen. An Räumungsarbeiten sei wegen weiterer Einsturzgefahren noch nicht zu denken.

Ursache soll ein unterirdischer Erdrutsch sein. Erdreich unter dem Stadtarchiv sei in den U-Bahntunnel gerutscht.

Eberhard Illner, ein ehemaliger Abteilungsleiter des Stadtarchives, erklärte in Interviews, u.a. mit der WDR-Lokalzeit Köln und dem Deutschlandradio, die Stadtverwaltung Köln bereits vor Monaten auf Risse und Bodenabsenkungen in dem 1971 errichteten Gebäude hingewiesen zu haben. Die Schäden seien durch den U-Bahnbau hervorgerufen worden.

Geschichte vom Cross-Border-Wahn

Grafik: Cross Border Wuppertal

Ich hab hier schon öfter über Cross-Border-Geschäfte geschrieben. Und dass ich diese für ziemliches Harakiri halte. Vor ein paar Jahren redeten sich mal die Politiker aller möglichen Colour den Mund wässrig, was für ein tolles Geschäft das sei. So ganz ohne Risiko den amerikanischen Steuerzahler bescheissen und ein paar Millionen zur Sanierung der heimischen Kommunen einstreichen. Jetzt ist wieder so eine Zeit, in der die Männer und Frauen in den kommunalen Kontrollgremien die Übersicht zu verlieren drohen. Nur mit umgekehrten Vorzeichen. Sie glauben, die Verluste aus den einst als risikolos angepriesenen Deals minimieren zu können, wenn sie die Amis auszahlen. Doch der Reihe nach:

Die Wirtschaftskrise trifft viele deutsche Kommunen auf eine besonders harte Art und Weise: Seit Mitte der 90er-Jahren haben sie die so genannte Cross-Border-Leasing-Geschäfte vor allem mit US-Investoren abgeschlossen. Das Gesamtvolumen der Deals beläuft sich nach Schätzungen von Branchenexperten auf bis zu 80 Mrd Euro. Da nun die Versicherer der Deals, wie AIG oder MBIA, in Schieflage geraten sind, müssen die Kommunen für die Risiken eintreten. Es drohen finanzielle Schäden in nicht absehbaren Umfang.

Anfangs sah alles bei den Cross-Border-Leasing-Geschäften ganz rosig aus. Im Frühjahr 2003 stieg die Bochumer Kämmerin Ottilie Scholz (SPD) auf Kosten einer Bank in ein Flugzeug nach New York, um ein besonderes Geschäft für Ihre Stadt abzuschließen. Sie wollte das Kanalnetz ihrer Gemeinde an einen amerikanischen Investor langfristig verleasen und direkt wieder zurückleasen. Ein reines Buchgeschäft, bei dem eigentlich kein Risiko entstehen würde, wie Scholz immer wieder in Bochum versichert hatte.

Stattdessen werde nur eine Lücke im amerikanischen Steuerrecht ausgenutzt. Weil in den Staaten ein langfristiger Leasingvertrag als Eigentumsübergang betrachtet werde, könnten die Investitionen dort von den Steuern abgesetzt werden. Tatsächlich aber bleibe das Kanalnetz im Eigentum der Stadt Bochum, sagte Scholz. Es werde lediglich das Geld für das Leasing über einen amerikanischen Trust von einer Bank zur nächsten geschaufelt, die dann auch wieder die jeweils fälligen Raten garantieren würden. An der fälligen Steuerersparnis der Investoren sollte Bochum beteiligt werden, versprach die Kämmerin. Für ihre klamme Kommune erhoffte sie sich 20 Mio Euro, den sie als so genannten „Bargeldvorteil“ in den Haushalt einstellen wollte.

Was für Bochum galt, galt genauso für weit mehr als 100 Kommunen in Deutschland. Ob in München, Berlin oder Essen, überall gaben die Städte ihre Kanäle, Straßenbahnen oder Messehallen an amerikanische Investoren ab und kassierten den so genannten „Bargeldvorteil“. Es schien eine wahre Jagd auf den amerikanischen Steuerschatz auszubrechen. Die Dortmunder Stadtwerke gaben ihre Fuhrparks, die immobilen Stadtbahnanlagen und die Westfalenhalle für insgesamt 100 Mio. Euro auf. Der Stadt Nürnberg brachte ein "sale and lease back" gut 8 Mio. Euro ein.

Die Hoffnung auf schnelles Geld war bei den Kämmerern größer als das schlechte Gewissen, sich auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers zu bereichern. Gerichtsstand der Cross-Border-Geschäfte ist meist die Stadt New York.

Dabei wurden die Gemeinden protegiert. Die damals noch von SPD und Grünen geführte Landesregierung in Nordrhein-Westfalen weigerte sich offiziell Aufsichtsverfahren gegen die Städte wie Bochum einzuleiten.

Berater wie Thomas Link von CMS Hasche Sigle, lobten auf Einladung der SPD-Bundestagsfraktion die Geschäfte noch im Jahr 2004: „Für den deutschen Eigentümer sind US-Cross Border Lease Transaktionen äußerst attraktiv. Der aus solchen grenzüberschreitenden Transaktionen resultierende Barwertvorteil liegt in aller Regel bei ca. vier bis sechs Prozent des Transaktionsvolumens.“

Doch Traum vom Geschäft ohne Risiko verwandelte sich im Lauf der Jahre zu einem Albtraum für die Kämmerin in Bochum. Heute ist Ottilie Scholz Oberbürgermeisterin der Stadt. Sie hat mit der Schließung des örtlichen Nokia-Werkes zu hadern und muss um den Opel-Standort in ihrer Gemeinde fürchten. Und obendrauf musste sie vor wenigen Wochen für das angeblich risikolose Cross-Boder-Leasing gut 90 Mio Euro aus der Stadtkasse nachschießen.

Der Grund dafür ist die weltweite Finanzkrise. Was genau passiert ist, kann am Beispiel eines Cross-Border-Leasing der Abfallentsorgungs Gesellschaft Ruhrgebiet (AGR) abgelesen werden. Die Firma gehört über den Regionalverband Ruhr allen Ruhrgebietsstädten. Im Jahr 2003 hatte die AGR eine Müllverbrennungsanlage an einen Trust der amerikanischen KeyBank aus Ohio langfristig verleast und über einen Untermietvertrag direkt wieder zurückgeleast. Das Volumen des Deals lag bei über 300 Mio Euro. Das Geld für den jahrzehntelangen Leasingvertrag wurde von der KeyBank auf einen Schlag vorab gezahlt. Den Großteil der Millionen wurde direkt an die Landesbank Baden-Württemberg und die NordLB weitergereicht. Diese bezahlen damit seither die aus dem Untermietvertrag fälligen Zahlungen an den Trust. Abgesichert wurde das Geschäft vom Versicherungskonzern MBIA.

Das Risiko findet sich im Kleingedruckten. Und zwar haben sich die AGR und der Regionalverband Ruhr verpflichtet, alle Risiken aus dem Geschäft zu übernehmen. Beispielsweise wenn innerhalb von fast 30 Jahren einer der Versicherer in Schwierigkeiten gerät. Und genau das ist passiert. Die MBIA hat ihr einst gutes Rating verloren. Genauso wie der Versicherer AIG, der in vielen anderen Cross-Border-Geschäften aktiv wurde.

Damit setzt sich eine Abwärtsspirale in Gang, wie Finanzwissenschaftler Finanzwissenschaftlers Stephan Paul von der Universität Bochum berichtet: "Nach den Absprachen in den meisten Verträgen müssen die Versicherungen eine Mindestbonität haben. Wird diese unterschritten, müssen die Versicherungen ausgewechselt werden."

Nahezu alle Städte, die ein Cross-Border-Leasing abgeschlossen haben, müssen heute reagieren. Finden sie keine neuen Versicherungen, müssen sie meist amerikanische Staatsanleihen bei den Investoren in den Staaten hinterlegen, um die Deals abzusichern. Bochum alleine musste diese Anleihen im Wert von 90 Mio Euro kaufen und abtreten.

Damit nicht genug. Der Jurist Julian Roberts sieht ein weiteres Problem. "Bei genauem Studium der Verträge drängt sich der Verdacht auf, dass es sich bei Cross-Border-Leasing nur um einen anderen Begriff für eine Kreditspekulation handelt." Die Verträge seien wie bei einem Credit Default Swap gestaltet. Für den „Bargeldvorteil“ hätten die Kommunen nahezu das gesamte Risiko für die Finanzströme übernommen und zudem so genannte „Termination Values“ unterzeichnet. Das bedeutet: tritt ein bestimmtes Ereignis ein, wie etwa die Herabstufung eines Versicherers, müssen die Kommunen Millionen-Summen als Strafe zahlen. Unabhängig davon, ob tatsächlich die Struktur des Leasings bedroht ist.

Alleine Wuppertal, das 1999 seine Müllverbrennungsanlage verdealte, muss im schlimmsten Fall mit einer Strafzahlung von bis zu 500 Mio Dollar rechnen, wie aus dem entsprechenden Cross-Border-Verträgen hervorgeht, der mir vorliegt.

Nach Ansicht von Roberts ein mieses Geschäft: "Die Kommunen waren schlecht beraten, sich dieses hohe Risiko zu einem derart geringen Preis aufdrücken zu lassen."

Einen Ausweg aus den Verträgen zu finden, ist extrem schwer. "Bislang ist es meines Wissens noch keiner Kommune gelungen, aus einen Cross-Border-Leasing wirklich auszusteigen", sagt Roberts. Das Grundproblem: Fast immer würden die gleichen Berater und politischen Verantwortlichen, die einst die Misere angerichtet hätten, versuchen die Probleme zu beseitigen. Dabei läge ihr Interesse aber zu oft auf der Rettung ihres Rufes als auf der Sanierung der Verträge.

Immer wieder versuchen die verantwortlichen Politiker alle Unterlagen geheim zu halten. Nicht einmal die Stadträte sollen schauen dürfen, mit welchen Tricks gearbeitet wird. Es wird auf angebliche Geheimhaltungsklauseln verwiesen. Die Räte sollen dumm und blind abstimmen, die Öffentlichkeit vertrauen, schweigen und die Millionen zahlen. Dabei werden sogar die Basisfakten vertuscht. Wo etwa die Trust angesiedelt sind, wer für die neuen Risiken haftet. Statt auf Offenheit zu pochen, geben sich die Politiker mit den Worten der Dealbroker zufrieden, der Ausstieg aus den Cross-Border-Deals sei hervorragend geklärt. Sie lassen sich damit genauso hinters Licht führen, wie sie sich zuvor haben besoffen reden lassen, wie toll es gelungen sei, die Amis zu bescheissen.

Im Fall der AGR hat sich der Regionalverband Ruhr beispielsweise dazu überreden lassen, den Trust direkt zu übernehmen. Dabei hat er aber nach eigenen Angaben nicht die Beteiligung an dem Trust gekauft, sondern nur einen Vertrag über dessen Nutzungsrechte abgeschlossen. Im Gegenzug hat der amerikanische Investor seine Einlage aus dem Leasing-Geschäft zurückbekommen – und sich verabschiedet. Das bedeutet: Die Deutschen haften nun für alle Risiken aus dem Geschäft direkt. Ohne dass eine Versicherung dazwischengeschaltet ist.

Das soll eine gute Lösung sein? Nicht einmal den "Bargeldvorteil" hat der RVR bislang gesehen. Das Geld liegt nach wie vor in einer Schatztruhe bei der NordLB. Und wird nicht ausgezahlt. Das soll eine Lösung sein? Für alle Risiken nichts bekommen?

Auch die frühere Kämmerin und heutige Oberbürgermeisterin von Bochum Ottilie Scholz will diesen Weg gehen, wie es in einem Geheimpapier der Stadt Bochum heißt.

Es gilt als sicher, dass die beteiligten Banken mitspielen. Denn eines ist gewiss. Die deutschen Kommunen können per Gesetz nicht Pleite gehen. Am Ende haftet immer der Steuerzahler.

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3 FÜR 7 – Erinnerungen an die Zukunft

Was werden eigentlich all die Konzerne mit unseren gesammelten Daten machen? Was, wenn dies politisch genutzt wird? Welche Form der echten Kommunikation ist in einer potentiell transparenten Welt dann noch möglich? Und was würden David Byrne und Brian Eno dazu "sagen"? All dies wird in dieser Woche an Rhein und Ruhr geklärt: Ein Film, "2012". Eine Ausstellung, "Dialog im Stillen". Ein Konzert.

Marcus Overbeck hat mal wieder einen Film im Ruhrgebiet und mittels seiner Köln-Connection und für eigentlich alle Welt gedreht. "2012" sticht nämlich "2010", und es geht um den klassischen Plot "ein Mann, ein Chip, ein System". Gedreht wurde viel in Essen (Foto: Filmefahrer Pictures), und dort wird der Film am Samstag auch in der Lichtburg gezeigt, bevor es zur Premierenparty in die Heldenbar des Grillo geht. Ein Interview mit dem Regisseur folgt in der nächsten Woche.

Bereits seit letztem Sonntag hat die DASA mal wieder etwas im Angebot, das tiefsinniger ist als das oftmals Volkshochschul-hafte Image dieser Dortmunder Institution vermuten lässt. Nach einem Konzept von Orna Cohen und Andreas Heinecke geht es nämlich bei "Dialog im Stillen" um nonverbale Kommunikation. Und damit sind nun eben nicht Bilder oder Berührungen gemeint, sondern es beginnt schon damit, dass Gehörlose die Führung übernehmen. Dies einmal eben nicht aus Kinderperspektive, sondern sozusagen bewusst und leise mitzumachen, das ist dann einmal ein "Erfahrungsfeld der Sinne" der anderen Art – mit der klassischen Arbeiterschutzausstellung als Bonus nebenan.

"Everything that happens will happen today" äußern sich David Byrne und Brian Eno im Titel ihres aktuellen gemeinsamen Albums, und ersterer tritt denn auch gleich auf Tour in Erscheinung. Plus Tänzern, Tänzerinnen und Multimedia dazu, also irgendwie immer noch "Stop Making Sense!" der Talking Heads, aber auch natürlich inklusive seiner Arbeit für Weltmusik nicht nur als Labelchef. Der Mann hat einiges zu repräsentieren jenseits reiner Showmanship. Aber er ist und bleibt nunmal auch der Sänger – und der Großstadtneurotiker in uns allen.

Im Überblick:
Premiere von "2012" am Samstag, den 7. März, um 22.30 Uhr in der Essener Lichtburg.
"Dialog im Stillen" noch bis zum 29. August in der DASA Dortmund.
David Byrne am Montag, 9. März, um 20 Uhr in der Düsseldorfer Tonhalle.

„Keine Nazi-Szene“

Am Wochenende schlugen Neonazis in Haltern mehrere Menschen brutal zusammen. Die Polizei im Kreis ist sich dennoch sicher, dass es keine Neonaziszene im nördlichen Ruhrgebiet gibt. Dabei präsentiert die sich selbstbewusst und öffentlichkeitswirksam im Internet.

Als am Wochenende 15 Neonazis nach einer Party in Haltern mehrere Passanten angriffen und zum Teil schwer verletzten war die Aufregung in der kleinen Stadt am Nordrand des Ruhrgebiets groß. Gerne präsentiert sich Haltern als idyllische Seestadt, sozial intakt, friedlich und wohlhabend. Prügelnde Nazis passen da nicht ins Bild und so war Bürgermeister Bodo Klimpel gegenüber WAZ und Ruhr Nachrichten auch die Behauptung es gebe eine Nazi-Szene in Haltern weit von sich: „Für solche Spinner ist kein Platz in Haltern.“

Doch es ist nicht nur Bodo Klimpel, der die Existenz einer Naziszene in Haltern leugnet, auch die Polizei des Kreises glaubt nicht, dass es eine Nazi-Problem im nördlichen Ruhrgebiet gibt: "Es gibt einzelner Leute, die man dem rechtsextremistischen Spektrum zuordnen kann und einzelne Vorfälle aber keine Szene und ob es bei den Fällen in Haltern wirklich Täter mit einer  politische Gesinnung am Werk waren  wissen wir noch nicht“, so Polizeisprecher Michael Franz auf Nachfrage. Ob der denn die AG Ruhr Mitte kennen würde? „Nein, die ist mir nicht bekannt“, so Franz weiter.

Schade, denn würde er die Internetseite der AG Ruhr Mitte kennen, würde er wohl nicht mehr behaupten, es gäbe keine Neonaziszene im nördlichen Ruhrgebiet. Es gibt sie, sie besteht vornehmlich aus autonomen Nationalisten und sie denken gar nicht daran, im Verborgenen zu agieren. Penibel führen sie im Internet jede ihrer Aktion auf: Ob Flugblattaktionen für den wegen Volksverhetzung zu sechs Jahren Haft verurteilten Horst Mahler, Demos für die Hamas oder Attacken auf das Marler Jugendzentrum HOT Hagenbusch. Man gibt sich selbstbewusst, offensiv und diskutiert aktuelle rechtsextremistische Theorieansätze.  

Auf 30 bis 35 Mann schätzt die Offene Antifa Recklinghausen im November vergangenen Jahre die Szene im Kreis. Damals berichteten wir über eine Nazi-Demonstration vor dem Alternative Kulturzentrum an der König-Ludwig-Strasse  in Recklinghausen Süd, dass mit Brandstiftung bedroht wurde. Die Polizei im Kreis hat davon bislang allerdings nichts mitbekommen.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Ruhr2010: „Widersprüche in der Stadtkultur zulassen“…DEMO

Nahverkehr: Dem VRR fehlen 35 Millionen…Der Westen

Nazis: Haltern hat keine Probleme…Ruhr Nachrichten

RWE: Evonik gibt nichts fürs Stadion…Der Westen

Opel: Der lange Weg zur Staatsbürgschaft…FAZ

Ripper: Preis für Mankell…taz

WP: Jetzt auch noch Bodo Zapp…Zoom

Unperfekthaus: Bestes Ruhrgebietslied gesucht…Hometown Glory

 

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Kaum Hoffnung für Alu-Werk

Norsk Hydro muss seine Hoffnung auf eine schnelle Rettung seiner Aluminiumhütte in Neuss aufgeben. Die Politik in Berlin kann sich nicht auf eine schnelle Entlastung der stromintensiven Industrien einigen. Dabei stellt sich das Haus des neuen Wirtschaftsministers Karl-Theodor zu Guttenberg hinter die Forderung der Industrie.

Bei einem Treffen mit dem Betriebsrats von Hydro Deutschland sicherten Vertreter des Ministeriums ihre Unterstützung zu. Die Industrie erhofft sich eine Rückvergütung der im Strompreis enthaltenen CO2-Abgaben. Die Unterstützung von Guttebberg hilft Hydro und den anderen Groß-Stromverbrauchern nicht, denn zuständig für die CO2-Abgaben ist das Bundesumweltministerium. Und dessen Hausherr Sigmar Gabriel hat bereits klargestellt, dass er keine Rückzahlung an Hydro & Co will.

Damit lösen sich die Hoffnungen der rund 650 Beschäftigten von Hydro in Neuss auf einen schnellen Rettungsplan in Luft auf. Das Unternehmen wollte über eine Entlastung bei den CO2-Abgaben und einen neuen Stromvertrag von RWE die Grundlage für eine zukunftsfähige Produktion in Deutschland schaffen. Von RWE liegt ein Angebot vor; ohne ein Entgegenkommen von Gabriel ist der aber aus Sicht von Hydro wertlos.

Derzeit lohnt sich die Aluminium-Produktion in Deutschland nicht, da der Preis für den Werkstoff um mehr als die Hälfte auf 1300 Dollar eingebrochen ist. Das Hydro-Werk in Neuss benötigt ein Preisniveau von 2500 Dollar, um rentabel zu arbeiten.

Um die Verluste zu begrenzen fahren die die Arbeiter der Aluminiumhütte die Produktion zurück. Für die meisten Arbeiter wurde Kurzarbeit vereinbart. Findet sich kein Zukunftskonzept für das Werk, dann könnte die Produktion komplett eingestampft werden.

Ruhr? Ah, toll! – Das Ruhr-Atoll auf dem Baldeneysee

Fotos: Ruhr.2010

Die Zahl der Pressekonferenzen zu 2010 steigt rapide. Dennoch gibt es einen regen Zulauf am Montag Morgen, denn es geht um eines der großen und großteils akzeptierten Projekte: "Ein Archipel der Künste und Wissenschaften auf dem Baldeneysee und der Ruhr". Und auch um sonstige Projekte eines der aktuellen Hauptsponsoren. Dementsprechend das Kräfteverhältnis auf dem Podium: Ein Moderator, drei Künstler, einmal Kulturhauptstadt und zweimal RWE.

Das Projekt: Vier künstliche Inseln, davon eine zwischen See und Wehr und drei auf dem Baldeneysee selbst. Gestaltet zum Thema "Energie" von Ilya und Emila Kabakov, von Kazuo Katase und Michael Wilkens, von Andreas Kaiser und Lars Kindermann und von Andreas M. Kaufmann und Hans U. Reck. Die Künstler stellen hiermit Fragen nach der Ökonomie der Ökologie, dem Energieverständnis des Menschen und der Bedeutung von konkreten Phänomenen wie Polkappenschmelze und Energiekriege. Dies sieht dann einmal wie eine nachhaltige Resterampe, einmal wie eine asiatische Teestube samt Garten, einmal wie ein Eisberg mit Polarstation und dann wie der obere Teil eines (begehbaren) U-Bootes aus. Die Kabakovs hinterfragen den ökologischen Gesamtsinn der Atoll-Idee, die Architekten Katase und Wilkens setzen ein Bild von Kontemplation und Naturkreislauf gegen die oft recht technokratische Energieriesenwelt, die Physiker Kaiser und Kindermann senden live von einer Station auf dem Nordpol und Kaufmann/Reck konfrontieren die Gäste des Spektakels mit dem in ihr U-Boot gemeißelten Satz "Ich kann, weil ich will, was ich muss." Die Freiheit der Kunst sieht also gewahrt aus, RWE wie Ruhr.2010 GmbH können zufrieden sein. Und die Region?

Interessante Bilder, verständliche Botschaften, platziert mitten in eines der Ausflugsziele der Region überhaupt, gefördert von einem der hiesigen Energieriesen. Das wirkt professionell, weltoffen und nachvollziehbar zugleich. Das Konzept von Norbert Bauer ist in dieser Woche in die Bauphase übergegangen, nach mehr als fünf Jahren Vorbereitungszeit, vielen Gesprächen mit dem Stadtteil und Verbänden, und bei einem Volumen von gut einer Million Euro. Es wird in Richtung Zukunft gewiesen, die Medien werden ihre Bilder bekommen, viele Millionen Menschen werden den Baldeneysee kennen lernen und feststellen, dass sich im Ruhrgebiet – auch aus einem Lernen aus der Geschichte und Weltpolitik heraus – Gedanken um die Umwelt gemacht werden, und das auf hohem Niveau. Keine Wermutstropfen?

Auf den Flurgesprächen nach der Konferenz erfährt man vielerlei. Neben Lob für die Ruhrbarone, Schnittchen und offensichtlich auf recht sympathische Weise überzeugten Mitarbeitern des Projektes gibt es bereitwillig viele Zusatzinformationen: Vertreter des RWE diskutieren Ansätze zu einem interaktiven Internetportal zu den mannigfaltigen Aktivitäten des Konzerns ab Herbst (www.energiekulturruhr.de). Mitarbeiter und Freunde des Atoll-Projektes erklären ihre in der Industrie erlernten Prinzipien von Verständlichkeit und Nutzerfreundlichkeit und wie dies auf Kulturprojekte übertragen werden kann. Man diskutiert das "Wie" von Kultursponsoring und die Bedeutung des Projektes Ruhr-Atoll im Vergleich mit der Unterstützung von Fußballvereinen. Man lässt sich sogar über die Schwierigkeit der Vermittlung von Kultursponsoring in Zeiten von Enteignungen und dem generellen Trend zur Industrieschelte aus.

Und selbst das lässt sich im Vergleich mit manch anderen Projekten und deren Aura und Umfeld alles sehr entspannt und selbstsicher an. Ähnlich selbstgewiss wie vorher all die anderen 2010-Projekte des RWE vorgestellt wurden, vom Kommunalen Kino samt RWE-Lounge im Dortmunder U über Kooperationen mit der Yehudi Menuhin-Stiftung, Folkwang, der Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertreffen, dem Weltwasserstoff-Kongress und dem Kulturwissenschaftlichen Institut bis hin zu den Ruhrfestspielen Recklinghausen, dem Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna und natürlich der Extraschicht. Gut, der Künstler hätte gern acht statt vier Atolle – aber es schweben eh angenehm wenig Zahlen im Raum herum. Ein gutes Signal, ein gutes One-Off-Großprojekt.