Die Evolutionstheorie und ihre Kritiker

Für den britischen Biologen Richard Dawkins ist die Evolutionstheorie die klügste Idee , die jemals eine menschlichen Geist widerfahren ist. Klar, dass ein solch kluger Gedanke nicht nur Freunde findet.

Charles Darwin Bild: Wikipedia

Und die Diskussion um Darwin und die Evolutionstheorie wird gerade in diesem Jahr verstärkt stattfinden, denn 2009 ist das Darwin Jahr. Vor 200 Jahren wurde Charles Darwin im englischen Shrewsbury geboren. Seine Evolutionstheorie gilt nach Freud als zweite der drei großen Kränkungen der Menschen: Erst nahm ihnen Kopernikus den Glauben daran im Zentrum des Universums zu stehen, dann erkannte Darwin den Mensch zum Produkt der biologischen Schöpfung und als Dritter kam Freud selbst daher, der dem Bewusstsein die Oberhoheit über den menschlichen Geist absprach.

Gut, Erkenntnisse dieser Art sind nicht der beste Weg, sich neue Freunde zu machen und so zieht Darwin bis heute Gegner jeder Art an. Diese Gegner stehen im Mittelpunkt eines Vortrags von Christoph Lammers an der Ruhr Uni, einem Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dortmund (Biologie und Didaktik der Biologie) und Mitherausgeber des Buches "Die unerschöpfte Theorie. Evolution und Kreationismus in Wissenschaft und Gesellschaft". 

Lammers wird sich am 13. Januar mit den „christlichen Parallelgesellschaften“ beschäftigen, die erst in den USA und nun zunehmend auch in Europa den Kreationismus als Alternative zur Evolutionstheorie im Unterricht an den Schulen etablieren wollen. Der Kreationismus geht im Gegensatz von Darwin davon aus, dass es einen "Schöpfer" im Hintergrund gibt, der die biologische Entwicklung maßgeblich bestimmt.  Erste Schritte in dieser Richtung sind nur scheinbar gescheitert: Sicher, der gerade aus dem künstlichen Koma erwachende Ministerpräsident von Thüringen, Dieter Althaus (CDU), musste den Kreationisten Siegfried Scherer vom Erfurter Dialog zum Thema „Evolution und Schöpfung“ wieder ausladen und auch Hessens damalige Kultusministerin Karin Wolff  scheiterte mit dem Versuch, die christliche Schöpfungslehre  in den Lehrplan des Biologieunterrichts aufzunehmen.

Aber die christliche Heimschulbewegung kann ihren Unfug mittlerweile mehreren hundert Kindern legal beibringen und auch in den Waldorfschulen lernen Kinder nicht nur im Geschichtsunterricht, dass die mythische Insel Atlantis der Ursprung vieler Kulturen war, sondern auch das irgendwelche ominösen Bildekräfte im Rahmen der biologischen Entwicklung wirken.
Als ich vor ein paar Jahren Richard Dawkins Buch „Der blinde Uhrmacher“ las, in dem er die Evolutionstheorie erklärt, wunderte ich mich noch, wie stark sich Dawkins gegen die Kreationisten wandte – mir war damals nicht klar, wie stark in den USA religiöse Fanatiker gegen die Darwins Lehre Druck machten. Ich hielt sie für einen kleinen Spinner-Haufen. Dabei haben sie zum Teil  erschütternden Erfolg: In Kansas hat es „Intelligent Design“ in die Schulen geschafft. Dahinter steckt nicht nur Dummheit sondern eine Strategie. Sie wurde in den „Wegde Papieren“ formuliert: Das Papier aus den 90er Jahren beschreibt den Weg, den Kreationismus in der Öffentlichkeit erst als Alternativtheorie zu Darwin zu etablieren und später zur dominierenden Theorie zu machen. Was das Wedge-Papier will ist nicht weniger als die Abkehr der Gesellschaft von den Prinzipien der Aufklärung.

Auch in Deutschland rüsten sich die Kreationisten: Ob Christen, Moslems, Juden oder Esoteriker – je fundamentalistischer der Glaube, um so stärker scheinen die Naturwissenschaften als Bedrohung wahrgenommen zu werden. Vor allem jenseits der Amtskirchen, sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche erkennen Darwin Evolutionstheorie an, sammeln sich die Spinner.
In diesem Jahr werden sie verstärkt die Öffentlichkeit suchen. Lammers Buch und sein Vortrag zeigen die Hintergründe dieser fundamentalistischen Bewegungen auf.

Link:
Das Darwin Jahr

WAZ-Blätter können nicht ohne dpa

Seit heute müssen die Zeitungen der WAZ-Gruppe ohne den Tickerdienst der Deutschen-Presse Agentur (dpa) auskommen. Die ersten Gehversuche sind kläglich: Eine Exklusivmeldung der Nachrichtenagentur deklarierten WAZ-Blätter zu „Medienberichten“ um.

Fangen wir vorne an. Feiertage sind in der Regel nachrichtenarm. Das stellt die Zeitungsredaktionen vor die Schwierigkeit, ihre Seiten zu füllen. Nachrichtenagenturen wissen um die Not ihrer Kunden und beliefern sie daher mit möglichst vielen eigenen Geschichten. Gefragt sind dabei vor allem Interviews. So eines führte der dpa-Kollege Marc-Oliver von Riegen mit der Bundes-Drogenbeauftragten Sabine Bätzing. Die Frau sprach sich in dem Gespräch für die Einführung einer 0,3-Promille-Grenze im Straßenverkehr aus.

Die Forderung ist nun wirklich keine Überraschung, aber an einem Tag nach der Silvester-Feier ist das ein gutes Thema. Das dachten sich wohl auch die Redaktionen von NRZ und der Westfälischen Rundschau. Das Thema sollte die Leser erreichen, egal wie. Bätzings Zitate wurden von der NRZ kurzerhand mit dem Zusatz „nach Medienberichten“ verwendet. Der Hinweis auf dpa entfiel. Das Schwesterblatt Westfälische Rundschau fuhr die Promille-Nachricht indem sie die NRZ zitiert.

Die NRZ-Mannschaft wollte mehr: Nachdem sie schon das Thema der Deutschen-Presse Agentur unter Anwendungen unüblicher Methoden aufgegriffen hatten, wollten sie nun auf der Promille-Welle reiten: Sie sprach mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, und macht daraus eine Vorabmeldung für die Agenturen. Ein solches Vorab sollte man nur machen, wenn die Nachricht wirklich wichtig ist, so die Grundregel, die ich in vielen Redaktionen gelernt habe. Und was sagt Freiberg der NRZ? „Der Grundgedanke (von Bätzing) ist richtig. Allerdings muss man auch dafür sorgen, dass die Polizei Gesetzesverschärfungen überwachen kann.“ Ziemlich unspannend.

Die Nummer der NRZ-Leute ist journalistisch unsauber und unkollegial. Wenn denen das egal ist, dann sollten sie zumindest im Blick haben, warum die WAZ-Verlagsoberen den Vertrag mit der Deutschen-Presse Agentur gekündigt haben. Sie wollen sparen. Und die Vorgehensweise bei der Bätzing-Geschichte zeigt, es geht auch ohne Agenturen, wenn man die journalistischen Grundregeln über Bord wirft. Aber liebe NRZ-Leute vergesst nicht: Sie sparen auch beim Personal.

Russland dreht den Gashahn zu – keine Bange

Grafik: Robert Amsterdam / Pancho

Gazprom hat mal wieder der Ukraine den Gazhahn zugedreht. Wie jedes Jahr so auch dieses streiten sich die Nachbarn im Osten. Es geht um Milliarden Schulden und alte korrupte Strukturen. Uns macht das nichts, sagt E.on Ruhrgas. Es sei nicht mit Einschränkungen zu rechnen. Der größte Gashändler im Ruhrgebiet – und in Deutschland – habe Vorsorge getroffen. Das freut mich.

E.ON Ruhrgas bekomt aus Russland 26 Prozent seiner Lieferungen, der Rest kommt aus Norwegen, den Niederlanden und deutschen Quellen. Dazu kommen zwölf Erdgasspeicher, die auch mittelfristige Engpässe puffern können, um die Endkunden zuverlässig zu beliefern, sagt E.on Ruhrgas-Chef Bernhard Reutersberg. "Wir sind gut vorbereitet. Erst dann, wenn sich die Lieferkürzungen als gravierend herausstellen sollten, lang anhalten und der Winter besonders kalt wird, stoßen auch unsere Ausgleichsmöglichkeiten an ihre Grenzen.“

Selbst wenn es jetzt kalt ist, muss ich mir also erstmal keine Sorgen.

Aber was ist später? In einem, zwei oder drei Jahren? Wenn ich an die Gas-Opec denke, wird mir blümerant. Weil uns dann die Russen langfristig so in den Gefrierkasten nehmen können, wie die Ukraine heute. Wenn ich dann noch daran denke, dass die Nord Stream Pipeline quer durch die Ostsee die Abhängigkeiten von den Russen verstärkt, wird die Angst nicht kleiner.

Deswegen hoffe ich auf die Nabucco-Pipeline, die uns mit dem Kaspischen Raum verbinden soll, und die anderen Pipelinen nach Afrika und in den nahen Osten. Denn nur, wenn Gashändler wie E.on Ruhrgas oder die anderen wie RWE DEA ihre Bezugsquellen, so wie heute, vielfältig offen halten können, müssen wir uns auch in den zehn kommenden Wintern keine Sorgen machen.

Ich wünsch den Strategen der neuen Versorgungslinien ein erfolgreiches neues Jahr.

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Was mir Angst macht

Wir stehen vor einem neuen Jahr. Und Bomben fallen auf Gaza. Raketen fallen auf Israel. Menschen sterben.

Mir macht das Angst.

Der Hass wächst, wie eine Tide. Sie wird größer und größer und irgendwann, bricht sich die Tide einen Weg.

Es gab diesen versuchten Anschlag in den Zügen quer durch das Ruhrgebiet. Die Kofferbomber.

Sie kehren zurück. Irgendwann.

Der Krieg in Gaza macht zornig. Egal, wer angefangen hat.

Dem Zorn bleibt nur der Terror. Egal, ob eine Mini-Rakete auf ein israelisches Dorf abgefeuert oder ein Sprengsatz im Klo versteckt wird.

Ich will nicht gegen Israel schreiben. Die Leute haben jedes Recht, sich gegen die Hamas-Raketen zu verteidigen.

Aber muss man gleich hunderte Menschen töten? Ist das nötig? Ist das klug?

Wenn das Prinzip Auge um Auge gilt, bleibt die Frage, von wessen Augen die Rede ist?

Bislang hat es nicht geklappt, die Hamas auszubomben oder abzuschrecken. Warum soll es jetzt klappen?

Bis jetzt haben die Klein-Raketen der Hamas Israel nicht ruinieren können. Warum soll es jetzt klappen?

Das macht mir Angst. Die Unfähigkeit andere Antworten als Raketen und Bomben zu finden.

Man kann politisch über den Krieg reden, man kann menschlich über den Krieg reden, voller Mitgefühl für jeden.

Aber ich will von der Angst reden. In den vergangenen Tagen bin ich immer mal wieder über islamistische Seiten gesurft.

Man spürt, wie dort der Hass wächst. Wie die Wut wächst. Wie die Worte sich nach Taten sehnen.

Auf der Seite sumoodan erklären Fanatiker, was DU tun kannst, um das Abschlachten in Gaza zu benden. Die acht Regeln lassen sich auf den folgenden Kern reduzieren: Sammle Geld, sende es über vertrauenswürdige Kanäle in das Kriegsgebiet und bereite Dich mit allen Deinen Fähigkeiten darauf vor, den Feind in der Schlacht zu treffen. Damit das nciht falsch verstanden wird, ruft noch ein Hamas-Freund in Jordanien zum heiligen Krieg auf und zum Durchbruch aller Grenzen.

Dahinter möchte die alte Terrororganisation Ansar Al Islam nicht zurückstehen. Sie verbreitet ihre Terrorvideos von den Kämpfen im Irak und sucht neue Ziele: klack Im Forum werden ständig neue Bilder aus Israel hochgeladen.

Die Terrorpropaganda ist überall verfügbar. Anders als die Filme von Armeen werden die Taten entschlossener Fanatiker gepriesen. Wer sich einliest, findet die Anleitungen zur „asymetrischen Krieg“. klick

Mir macht diese Propaganda Angst, denn die Menschen, die diese Propaganda betreiben und die diese Propaganda konsumieren, sitzen nicht irgendwo. Sie sitzen meist direkt in unseren Städten.

Ich habe einen Jungen aus Köln in einem dieser Terrorforen aufgetan, Daniel S.. Der Kleine ist 17 Jahre alt. Er sucht nach einer Frau und nebenbei diskutiert er wild über den Terror und was man in Deutschland tun kann.

Das macht mir Angst.

Oder die Geschichte von Malika el Aroud. Ihr Mann hat vor ein paar Jahren Achmed Shah Massoud getötet. Sie selbst hat Terrorserver in der Schweiz und in den Benelux-Ländern unterhalten. Sie hat sich für den Export der Ansar Al Islam Ideen eingesetzt und Propaganda für den Terror im Irak gemacht. Malika hat in der Schweiz gelebt, sie hat in Belgien gelebt und sie hat Freunde hier. Vor ein paar Tagen wurde Malika verhaftet. Wird jetzt einer aus ihrem Umfeld durchdrehen?

Ich will keinen asymetrischen Krieg. Ich will gar keinen Krieg.

Bomben und Raketen helfen niemanden.

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Seltsame Subventionen für Energieriesen

Manchmal führt Recherche zu obskuren Ergebnissen. Jetzt habe ich beispielsweise herausgefunden, dass die deutschen Energiekonzerne Subventionen von der EU bekommen. Alle werden bedacht: E.on, RWE, Vattenfall und EnBW – selbst für den börsennotierten Stadtwerkekonzern MVV ist noch was im Topf. Dabei geht es um Subventionen für die atomare Sicherheit, Energie-Entwicklungshilfe und Kohleforschung. Alle kassieren: So steht es im Beihilferegister der Kommission.

Doch warum eigentlich? Die Elektroriesen haben nach einer Untersuchung der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes im Jahr 2007 einen Rekordgewinn von knapp 20 Mrd Euro eingefahren. Gleichzeitig strichen die Konzerne EU-Subventionen in Höhe von zusammen rund fünf Mio. Euro ein. Nicht mitgerechnet, Beihilfen aus Bundes- und Ländertöpfen, die nach Angaben aus den Konzernen zusätzlich geflossen sind. Das Verhältnis zwischen Gewinnen und Subventionen erscheint lächerlich gering.

Manchmal sind die geschenkten Summen so klein, dass die Energieversorger bis zu meiner Nachfrage nicht einmal wussten, dass sie die Subventionen überhaupt bekommen. Umso mehr verwundert es, dass die Energiekonzerne trotzdem die Hand bei den europäischen Steuerzahlern aufhalten. Die Projekte, die gefördert werden, sind teilweise skurril. So bekommen beispielsweise Vattenfall, RWE und E.on für die Kernkraftwerke Gundremmingen und Krümmel 8.406,50 bzw. 7.884,00 Euro für Sicherheitstechnik aus dem EU-Fördertopf 06.05.01 „Nuclear safeguards“. Dahinter verbirgt sich eine Kostenstelle für die Anschaffung von Videokameras, die auf dem Gelände der jeweiligen atomaren Zwischenlagers angebracht werden, damit die Internationale Atomaufsichtsbehörde zu Nichtverbreitung von Kernwaffen in Wien nachsehen kann, ob irgendwer die Castor-Behälter klaut, in denen abgebrannte Kernbrennstäbe gesammelt werden. Der arme Kerl, der die Bänder nachher ansehen muss. 🙂

Größere Summen werden dagegen für die Kohleforschung ausgegeben. Hier bekommen beispielsweise E.on und EnBW 1.061.839,00 Euro für die Untersuchung von Katalysatoren, die Stickoxyde aus dem Rauchgas von konventionellen Kraftwerken eliminieren. Oder der Konzern RWE kann gemeinsam mit dem griechischen Energiekonzern Public Power Corporation 1.555.064,00 Euro für die Erforschung der Clean Coal Technologie einstreichen.

Diese Subventionen spüren auch die Versorger. Können sie sich doch dank der staatlichen Beihilfen einen Forschungsvorteil verschaffen.

Besonders agil zeigt sich der Stromkonzern MVV aus Mannheim bei der Akquise von Beratungsaufträgen. Beispielsweise konnte das Unternehmen 230.000 Euro aus dem Topf 06.04.03.02 an Land ziehen. Mit dem Geld soll die grenzüberschreitende Energieversorgung unterstützt werden. Zunächst wurde mit dem Geld eine Studie bezahlt, mit der abgeschätzt werden sollte, wie das Messwesen im Strom- und Gasgeschäft so läuft. Und dann gab es noch einmal Geld für eine Untersuchung, die herausfinden sollte, wie die verschiedenen Marktteilnehmer im Stromgeschäft agieren, um Angebot und Nachfrage auszugleichen.

Zusätzlich freute sich MVV noch über 100.000 Euro aus einem anderen Topf, um nachzusehen, wie sich die Eu-Richtlinie 96/67/EC auswirkt. Mit diesem Beschluss wurde der freie Zugang zu Flughafengeschäften in Europa geregelt. Zum Abschluss bekam MVV noch einen Beratervertrag in Höhe von 2 Mio Euro. Diesmal ging es von Mannheim in die weite Welt nach Asien. Unter dem politischen Deckmantel, die Beziehungen zwischen der EU und den Energiereichen zentralasiatischen Ländern auszubauen, sollten die Berater der MVV „nationale Energiestrategien in Ländern der ehemaligen Sowjetunion“ ausarbeiten. Betroffen sind Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan und Turkmenistan.

Was wäre, wenn die Hamas gewinnen würde?

Die israelische Armee will mit ihrer Offensive gegen die Terroristen der Hamas die täglichen Raketenangriffe auf Israel beenden und die Hamas zerschlagen.

Hamas Foto: Flickr/Mateus 

Das wird den Israelis leider nicht gelingen – sie kann die Hamas schwächen, aber nicht endgültig schlagen. Dafür werden schon die Hamas-Geldgeber aus dem Iran und anderen Staaten sorgen. Außerdem kann die Hamas auf eine lange Tradition zurückblicken.

Zwar wurde die Hamas erst 1988 gegründet, aber sie ging aus Teilen der Muslimbruderschaft hervor, und die Muslimbruderschaft ist die ideologische Mutter nahezu aller islamistischen Terrorbewegungen, und das seit 1928. Die Muslimbruderschaft und ihre Tochterorganisationen wurden schon oft verfolgt und fast zerschlagen – ganz vernichtet wurden sie nie. Den Preis dafür zahlen seit Jahrzehnten sowohl die westlichen Gesellschaften als auch die säkularen Araber. Nach unseren Maßstäben ist die Hamas eine Organisation irgendwo zwischen radikalem Islamismus und Neonazitum. Sie beruft sich neben einer strengen Auslegung des Korans in ihren Quellen auch auf die von dem zaristischen Geheimdienst erstellten „Protokolle der Weisen von Zion“, strebt die Unterordnung des Juden- und Christentums unter den Islam an und natürlich die Vernichtung Israels. Der Wikipedia Artikel über die Hamas zitiert den Führungspolitiker der Hamas, Mahmoud Al-Zahhar wie folgt:

In der Region hatten wir römischer Besatzung, persischer Besatzung, der Besatzung der Kreuzzügler und der britischen Besatzung zu trotzen. Sie sind alle fort. Der israelische Feind gehört nicht in diese Region. Er passt nicht in die regionale Geschichte, Geographie oder Glaube."

Al-Zahhar hat bei seiner Aufzählung allerdings noch ein paar „Besatzer“ vergessen: Die Araber, die Türken, die Ägypter, Assyrer und Neubabylonier und das Byzantinische Reich. Eigentlich hat beinahe jeder die Region in den vergangenen 3.000 Jahren schon einmal beherrscht – nur die Palästinenser nicht, so dass sich alleine durch den Mangel an Autonomie in historischer Zeit die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Anspruchs auf Alleinherrschaft stellt. Diese Region wurde traditionell immer von den unterschiedlichsten Gruppen dominiert – und die „Palästinenser“ als „Volk“,  eher ein Konstrukt des letzten Jahrhunderts, waren immer nur eine von mehreren Mächten und in der Regel nicht die Wichtigste. Ein Besatzer löste bislang immer den anderen ab.

Würde sich das ändern wenn die Hamas morgen regieren würde? Malen wir uns einmal aus, was passieren würde, wenn die Juden den Staat Israel aufgeben würden. Wenn sie in Schiffe und Flugzeuge steigen und in Australien, Europa und Amerika um Asyl nachfragen würden, und die große Stunde der Hamas gekommen wäre. Und fragen wir uns bitte dabei, was ein einfacher Palästinenser davon hätte, der ein Dach über dem Kopf haben will, genug zu essen und auch nur mittelmäßige Bildungschancen für seine Kinder. Und vielleicht noch ein Krankenhaus in der Nähe und natürlich Frieden.

Als erstes gäbe es zwischen den Palästinensern einen Bürgerkrieg, wie es ihn 2007 nach der Wahl der Hamas im Gazastreifen gab: Die Gaza dominierende Hamas und die das Westjordanland beherrschende Fatah würden sofort um die Herrschaft in Israel Krieg führen. Dabei würden sie von verschiedenen arabischen und nichtarabischen Mächten unterstützt: Die Hamas könnte auf Geld und Waffen aus dem Iran setzen sowie auf Waffenhilfe aus dem Libanon: Die Hisbollah würde wohl sofort angreifen. Die Fatah könnte mit Hilfe aus dem Westen sowie von Staaten wie Ägypten rechnen. Die Folgen wären ein monate- wenn nicht jahrelanger Bürgerkrieg, in dem es keinen Sieger geben würde – denn die Nachbarstaaten des heutigen Israels hätten kein Interesse an einem starken palästinensischen Staat:

Jordanien zum Beispiel:
Der Staat ist nicht mehr als eine Erfindung der britischen Außenpolitik des frühen 20. Jahrhunderts. Die Bevölkerung ist zum größten Teil palästinensisch, das Herrscherhaus, die Haschemiten, stammt aus Saudi Arabien und bekam die jordanische Krone, weil die einstigen Hüter der Heiligen Städte in Saudi-Arabien leer ausgingen – dort setzten die Briten auf die Familie Saud.
Jordanien würde große Teile des Westjordanlandes für sich beanspruchen – es gehörte auch eine Zeit lang zu Jordanien. Und Jordanien wüsste: Wenn es ihm nicht gelingt, diese Ansprüche durchzusetzen, wären es die Palästinenser, die Ansprüche auf Jordanien anmelden – und militärisch durchsetzen würden.

Ägypten zum Beispiel:
Es gibt eine Konstante in der Ägyptischen Politik, die seit mehr als 3000 Jahren besteht: Keine feindliche Großmacht an seiner östlichen Grenze. Mit Israel hat das Land seinen Frieden gemacht, es wird von Israel nicht bedroht. Ein Hamas geführter Staat wäre für Ägypten eine existenzielle Bedrohung: Er würde den Muslimbrüdern, die ihren Ursprung in Ägypten haben, Auftrieb geben. Ägypten würde das niemals zulassen und einmarschieren. Es könnte dabei mit der Unterstützung aller Großmächte rechnen, denn der Suez-Kanal ist für den Welthandel lebenswichtig. Niemand, weder die  Europäer noch die Chinesen, Araber oder die USA wollen dort einen Unruheherd. Und wenn ägyptische Panzer für Ruhe sorgen, wird es ihnen auch recht sein. 

Libanon:
Auch der Libanon hat Gebietsansprüche gegen Israel, ist aber viel zu klein um sie durchsetzen zu können. Aber die vom Iran unterstützte Hisbolla würde keinen Meter, den sie erobert, freiwillig aufgeben.

Syrien:
Das Land würde sofort die Golan-Höhen zurückerobern und von dort aus das heutige Nordisrael bedrohen – auch wenn es palästinensisch regiert wäre.

Und wenn all das nicht geschehen würde? Wie sähe ein Hamas-Staat aus? Wohl wie ein radikaler Iran ohne Öleinnahmen: Ein bettelarmer Gottesstaat, in dem die religiösen Prinzipien mehr gelten würden als die Wohlfahrt der eigenen Bürger. Ein Staat, der vom ersten Tag seines Bestehens mit missionarischem Eifer versuchen würde, Einfluss auf seine Nachbarn zu gewinnen, ein Staat, in dem Frauen keinen Sport treiben dürften, verschleiert rumlaufen müssten, und in dem religiöse Inhalte die Ausbildung in den Schulen und Hochschulen dominieren würde. Es wäre ein Staat, der die Menschenrechte und das Individuum nicht achten sondern an der Umsetzung einer religiösen Agenda arbeiten würde.
Man wünscht Israel den Sieg über die Hamas. Und man wünscht den Palästinensern den Sieg Israels. Ein Sieg der Hamas wäre auch ihr Untergang.