Piraten und Linke wollen Parteiverbot von „Die Rechte“ und erstellen eigene Gutachten

Demo gegen NWDO-Verbot in Dortmund, Foto: Ulrike Märkel
Demo gegen NWDO-Verbot in Dortmund, Foto: Ulrike Märkel

Ein Fackelzug von Mitgliedern der Partei „Die Rechte“ vor eine Asylbewerberunterkunft in Dortmund, sorgte bei den Flüchtlingen für Angst und Schrecken. Für diesen Freitag kündigte „Die Rechte“ einen weiteren Aufmarsch vor einer Flüchtlingsunterkunft in Dortmund an. In Nordrhein-Westfalen werden immer mehr Stimmen für ein Verbot der rechtsextremen Partei laut. Die Piraten und die Linke geben eigene Gutachten zu einem Parteiverbot in Auftrag, um die Chance auf ein Verbot auszuloten. Mehrere Landtagsabgeordnete forderten die Prüfung eines Verbots der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ mit mehr Nachdruck zu verfolgen. Auch bei der SPD bewegt sich etwas. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) versicherte, dass man ein Verbot intensiv prüfe. Er stellte fest, dass Dortmund ein „Hotspot für Rechtsextreme“ aus ganz Westdeutschland sei. Kaum jemand wird ihm bei dieser Feststellung widersprechen wollen.

Die rechtsextreme Partei ist bundesweit in 22 Kreisverbänden organisiert, wird aber von Dortmund aus gesteuert. Hauptakteure sind neben Nazikader Christian Worch, zahlreiche Mitglieder des inzwischen verbotenen Nationalen Widerstand Dortmund (NWDO) und der Kameradschaft Hamm. Dass den braunen Kameraden der Übergang zum Handeln einer Partei nicht gelingt, ist nicht überraschend. Ihre Unfähigkeit, sich in demokratischen Strukturen zu bewegen, könnte sie längerfristig die Anerkennung als Partei kosten. Ihr Verhalten ist seit Parteigründung von dem Handeln einer Partei weit entfernt:

  • Gleich bei ihrem ersten Auftritt als gewählte Partei traten die Parteimitglieder gewalttätig auf. Sie wollten nach der Kommunalwahlen in Dortmund die Wahlparty im Rathaus stürmen. Es gab Verletzte – die Nazihochburg Dortmund war bundesweit in den Medien.
  • Im letzten Jahr gründete die Partei Die Rechte einen „Stadtschutz“, der analog zur so genannten „Scharia-Polizei“ angebliche Missstände aufgreifen wollte. Zu den Aufgaben des „Stadtschutzes“ erklärten sie auch den Personen- und Objektschutz im Umfeld von Asylantenheimen. Diesen „Plan mit Ansage“ haben die Rechten am 06.02.15 mit ihrem Fackelzug vor einem Flüchtlingsheim in Dortmund umgesetzt. Die Sicherheitsbehörden haben den Angriff im Vorfeld nicht verhindert.
  • Vor wenigen Wochen sorgte eine Anfrage von Ratsherr und Bundesvorstandsmitglied Dennis Giemsch zu der Anzahl von Juden in Dortmund für große Aufregung. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, brachte die Sache auf den Punkt. Die Fragen seien nichts anderes als ein Zeichen „eines abscheulichen und perfiden Antisemitismus“.
  • Zuletzt gab es bundesweites Aufsehen, als via Twitter Todesanzeigen an Journalisten und an einen Mitarbeiter der Piraten verschickt wurden. Diese fühlten sich durch die makabere Ankündigung ihres Todes bedroht. Unterzeichnet waren die Anzeigen mit der Adresse des Versandhandels von Michael Brück. Das ehemaliges Mitglied des NWDO vertritt heute in kommunalen Gremien „Die Rechte“.

Viele sind spätestens seit dem Fackelzug nicht mehr bereit, das selbstbewusste Gebaren der Rechtsextremisten hinzunehmen. Die Piraten im NRW-Landtag werden im nächsten Innenausschuss Fragen dazu stellen, welche konkreten Konsequenzen die Landesregierung aus dem Aufmarsch vor dem Asylbewerberheim – in der Tradition der nationalsozialistischen Fackelumzüge – ziehen wird.

Gründungsdatum der NRW-Partei Die Rechte – wirksamer rechtlicher Hebel?

Die Piraten fordern, dass nun mit erhöhten Nachdruck ein mögliches Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei in Angriff genommen wird. Sie wollen sich nicht länger vertrösten lassen, denn die „sorgfältigen Prüfung“ eines Verbotes hatte Innenminister Ralf Jäger (SPD) bereits im März 2013 auf eine Anfrage der Piraten, angekündigt. Seitdem sind 2 Jahre vergangen – ohne das irgendetwas Konkretes geschehen ist.

Torsten Sommer (MdL), Foto: Copyright: Piraten NRW
Torsten Sommer (MdL), Foto: Copyright: Piraten NRW

Torsten Sommer, Landtagsabgeordneter der Piraten, sieht eine reelle Chance für ein erfolgreiches Verbotsverfahren vor allem für die NRW-Sektion der Partei. Sie ist personell und strukturell im Wesentlichen eine Fortführung der verbotenen Kameradschaft Hamm und des NWDO, wie es auch der Verfassungsschutz feststellte. Im Januar listeten die Piraten alle Verbotstermine der einzelnen Kameradschaften auf und stellten fest, dass Die Rechte in Nordrhein-Westfalen erst am 15.09.2012 gegründet wurde – also fast vier Monate nach der Verbotsverfügung des NWDO. Der Landesverband wurde damit erst nach Durchsetzung der Verbotsverfügung des NWDO gegründet.

Torsten Sommer sieht darin einen wirksamen Hebel um zumindest die Partei in Nordrhein-Westfalen zu verbieten: „Die Argumentation, die uns Innenminister Jäger 2013 vorgetragen hat, ist hinfällig. Damals antwortete er auf unsere Anfrage, dass „Die Rechte“ wegen des zeitlichen Ablaufs der Gründung nicht als Nachfolgeorganisation zu sehen ist. Da der Landesverband der Organisation „Die Rechte“ aber nach dem Verbotsverfahren zum NWDO gegründet worden ist, ist diese Darstellung nicht richtig“.

Ein erfolgreiches Verbot der NRW-Partei wäre ohne Frage ein wirksamer Schlag. Denn neben einem Stadtratsposten in Bautzen regt sich bei „Die Rechte“ bundesweit nicht all zuviel.

Auch die Linken machen Druck

Mitte Januar stellte die Fraktion der Linken im Bundestag eine ausführliche Anfrage zur verbotsrelevanten Erkenntnissen der Bundesregierung über „Die Rechte“. Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin von DIE LINKE im Bundestag drängt trotz der Beteuerung, man habe „Die Rechte“ im Blick, dennoch auf eine schnelle Entscheidung: „Es müssen bald Taten folgen, denn es besteht kein Zweifel, dass die Partei Die Rechte eine neofaschistische Organisation ist. Ihre Mitglieder waren mehrfach an einschlägigen Straftaten beteiligt. Ob ihr Parteienstatus getilgt wird oder ihre Verfassungswidrigkeit nachgewiesen wird: Beide Wege müssen geprüft werden.“

Die nordrhein-westfälischen Linken haben ein eigenes Gutachten bei einem Kölner Rechtsanwalt in Auftrag gegeben. Der kam in Blick auf das Vereinsgesetz, dass die Bildung oder Fortführung von Ersatzorganisationen für verbotene Vereine verbietet, zu dem Schluss:

„Die Organisation und ihre Mitglieder bedienen sich des angeblichen Parteienstatus, um ungestört die Aktivitäten der 2012 verbotenen Kameradschaften fortführen zu können. Die Berufung auf den angeblichen Parteienstatus stellt materiellrechtlich einen Missbrauch des Parteienprivilegs dar. Daher kann sich die „RECHTE NRW“ nicht auf das Parteienprivileg berufen. Sie ist jedenfalls in NRW keine Partei im Sinne des Grundgesetzes. (…) Die „RECHTE NRW“ ist eine Ersatzorganisation der 2012 verbotenen NRW-„Kameradschaften“ bzw. des „Nationalen Widerstands Dortmund“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Vereinsgesetzes. Sie ist keine Partei im Sinne des Grundgesetzes.

Auch Piraten wollen eigenes Rechtsgutachten zu einem Parteiverbot

Die Piraten kündigten an, wie die Linke ein eigenes Rechtsgutachten zum Status der Organisation „Die Rechte“ in Auftrag geben zu wollen. Auch weil sie nicht ausreichend Kenntnis dazu erhalten, wie die Verbots-Möglichkeiten in dem Experten-Gutachten des Innenministeriums bewertet werden. Das Gutachten wird den Mitgliedern des Landtages nicht zur Einsicht vorgelegt, lediglich einen kurzen Blick durften die Abgeordneten im Innenausschuss auf das Papier werfen. Kurz gesagt – das Gutachten ist unter Verschluss, obwohl es für die Meinungsbildung der Abgeordneten unverzichtbar ist.

Zumindest in der Geheimschutzstelle des Landtages könnten den Landtagsabgeordneten die Informationen zugänglich gemacht werden, fordert Torsten Sommer. Über diesen Weg kann verhindert werden, das Kenntnisse an die Öffentlichkeit gelangen, die den Rechten eine juristische Vorbereitung auf ein Verbotsverfahren erleichtern. Die Frage, ob das Gutachten zurecht unter Verschluss gehalten wird, will Sommer juristisch prüfen lassen, denn er sieht darin ein Zeichen der Intransparenz gegenüber den gewählten Parlamentariern.

Parteiverbot gerichtsfest machen: Es wird geprüft und gesammelt

Ein Sprecher des Innenministeriums versicherte gegenüber den Ruhrbaronen: „Wir sind dabei die Informationslage zu schaffen, um ein Parteiverbot auf Bundes-, wie auch auf Landesebene mit handfesten Argumenten zu untermauern. Wir brauchen ausreichend Fakten, die dann auch vor den Verwaltungsgerichten Bestand haben.“

Das ist richtig, denn die Hürden für ein Parteiverbot sind im Grundgesetz hoch angelegt. In der Vergangenheit sind bereits Verbotsversuche, wie das NPD-Verbotsverfahren 2003, gescheitert. Eine Blamage würde im Fall von „Die Rechte“ die Parteimitglieder szene-intern stärken und ihre Strategie, aus einer verbotenen Gruppierung heraus 1:1 eine Partei zu gründen, bestätigen.

Das Sammeln von relevanten Informationen und das Suchen nach fundierten Verbotsgründen ist notwendig, aber nichts Neues. Immer mehr denken, dass man nun nicht mehr lange suchen muss. Für sie liegen die Gründe offen auf dem Tisch: Gewaltangriff auf eine Wahlparty, antisemitische Anfragen zu Propagandazwecken im nationalsozialistischen Duktus, Fackelzüge in der Tradition des Nationalsozialismus und Morddrohungen gegen Journalisten.

Für die Erhöhung der Chancen auf ein erfolgreiches Verbotsverfahren und für gerichtsfeste Argumente sorgen im Moment vor allem die Rechten selbst.

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Manuel
Manuel
9 Jahre zuvor

Bei den Datumsangaben bin ich mir zum Teil nicht sicher. Die Bundespartei Die Rechte wurde bereits in Mai in Hamburg von Christian Worch gegründet. Noch am selben Tag des NWDO-Verbots Ende Augusts, wurde stark vermutet, dass diese Partei Auffangbecken für die ehemaligen Mitglieder werden konnte, was dann auch Realität wurde und Mitte September der Landesverband NRW der Partei in Dortmund (?) gegründet wurde. Das Gründungsdatum des Landesverbands liegt zwar in der Tat zeitlich hinter den Kameradschaften-Verbot, aber eben nicht „fast 4 Monate“ wie im Artikel angegeben, sondern „nur“ drei Wochen. Das macht sie zwar in meinen Augen nicht weniger zu einer Nachfolgeorganisation, allerdings hoffe ich dass man bei einem Verbotsverfahren gründlich arbeitet. Auch bin ich mir beispielsweise nicht sicher, ob die über Twitter verbreiteten Todesanzeigen letztendlich wirklich ein gerichtsfester Beweis ist. Kann man als Urheber wirklich Brück oder ein anderes Mitglied beweisen oder hat man da lediglich den Versandhandel mit dem unterzeichnet wurde? Das hätte ja schließlich jeder machen können.
Wie auch immer, ich bin optimistisch, dass genügend Beweise für ein Gerichtsverbot hat, dafür sorgen die Mitglieder ja in der Tat in letzter Zeit leider zu genüge.

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