Werbung

subrosa – The Show Must Go On!

Nun macht sie  doch weiter, die Hafenschänke subrosa. Inhaber Cornel Alex hat einen trickreichen Hase- und Igel-Wettkampf mit den Medien und seinem Publikum gespielt in den letzten Tagen. Aber schon immer war diese Kneipe ein Ort, wo die besten Marketing-Ideen ausgedacht worden sind. Stimmt nicht? Doch…

Elvis Pummel fährt vor. Ausnahmsweise darf er den „gelben Elefanten“ kutschieren, einen Senator-Mercedes 230 in Caprisonnen-Gelb, eine Farbe, die an Badezimmerkacheln aus den 1970er Jahren erinnert. Er war eine Woche in Delft auf Urlaub und durfte das Familienerbstück herum kutschieren. Nun kurz vorm nach Hause gehen noch ein Feierabend-Getränk im subrosa. Der Admiral ist auch da, eigentlich kommt dieser Typ aus Norddeutschland. In Dortmund ist er wegen seines Architektur-Studiums. Eigentlich ein netter Kerl, nur derzeit so notgeil unterwegs, dass er sogar ein Loch in den Tresen vom subrosa ficken würde. Seine Phantasie erreicht meist nur das Peniswitz-Universum, seine Lack- und Sackgeschichten nerven, sie funktionieren wie »Sendung mit der Maus« in der Peepshow-Schlüssellochperspektive: viel Balz, wenig Schmalz. Schoppa kommt vom Klo: „Eine Crossover Kapelle sucht einen Bassmann“, sagt er. Im Türrahmen hängt ein Abreisszettel mit den Kurzdaten, wie Telefonnummern und so. „Sie wollen Songs von Rammstein und Clawfinger covern“, ergänzt er wissend.

Ob sie schon einen Bandnamen haben fragt der Admiral. „Können sich ja Ramm-Finger oder Claw-Stein nennen, ich weiß gerade nicht was besser ist“, sagt Elvis Pummel und macht kurz drauf den Polnischen – einen Abgang ohne Tschüss zu sagen. „Ich finde Ramm-Finger besser“, sagt Schoppa – und ergänzt: „das könnte bedeuten, dass es eine komplett impotente Band ist. Sie brauchen den Ramm-Finger als übergroßes Bühnenmodell, um Ihre wahre Gesinnung damit zu präsentieren“ So wie der Bomber-Flieger früher bei Motörhead-Konzerten vielleicht? „Ich finde Claw-Stein echt super, da kannste super Merch-Artikel machen: Klosteine nämlich, in Zitronengelb oder Nachtschwarz, in allen möglichen Geschmacksrichtungen: Thymian, Rosmarin, schwarze Johannisbeere“, so wittert der Admiral gleich Morgenluft und probiert die geschäftliche Seite in den Vordergrund zu hieven. „Ein Klostein müsste so psychedelisch bunt sein, wie diese Batik-T-Shirts, die der Sänger von Jelly Planet immer trägt – und die müssten nach Patschuli riechen, das wird direkt ein Verkaufsrenner. In der Form gäbe die es in unterschiedlichen Formen: eiförmig, röhrenförmig oder glockenförmig. Manche hätten ein paar Kelchzähne an der Oberfläche, so wie die Beißerchen von einem Raubfisch – irgendwie niedlich und gefährlich zu gleich. Jede Frau wird darauf abfahren und sofort kaufen, wirklich jede!“

Der Admiral und sein kleingeistiges Kopfkino – das ist meistens sehr ambivalent und irgendwann wird es anstrengend. Ich drehe mich um und sehe Adler. Mächtig Schlagseite hat er heute. Ein Gespräch ist nicht mehr möglich, es kommen nur noch Zischlaute aus seinem Mundwerk, die es nicht mehr schaffen wie Worte zu klingen. Später legt sich Adler beim Umweg über das Spirit noch komplett auf die Fresse. Er fällt aus dem Taxi und macht sich am Schwanenwall derart lang, dass ihn fast ein Auto überfährt. Mit dem Abstand von mehreren Tagen wird er behaupten, das sein Fehltritt nicht am Alkohol lag – sondern an den glatten Sohlen seiner brandneuen italienischen Schuhe. Ich bin froh, dass ich nicht bin mit ins Spirit. Ich denke heute reicht es mir und ich quetsche mich am Tresen entlang um zu bezahlen. Mittlerweile hat der Admiral die 22. Clawstein-Edition entwickelt, ich sehe ihn immer noch wild umher gestikulieren – und wie er mit wenigen Kugelschreiberstrichen eine Art Marketingplan auf dem Bierdeckel notiert – und zwar für eine Band die Songs wie „Du riechst so gut“ und „Nigger“ nicht als Original rausfeuert – sondern covert. Schon wahrlich ein Genie, unser Admiral…

Am Tresen vor mir steht ein fast zwei Meter großer Weißrusse, er trägt eine weiße Skijacke und beigefarbene Augenringe. „Einmal Vodka Redbull“, ruft er in Richtung Tresenteam. Doch die sind gerade beschäftigt mit Kisten schleppen, Gläser spülen, Getränke vorbereiten, da liegen Zettel mit ellenlangen Wünschen. Doch die Worte von unserem Russendisko-Ivan sind fordernd und er hat einen ungemütlichen Blick drauf, der irgendwie nach Ärger aussieht. „Redbull führen wir nicht, aber ich mach dir was Besseres“, sagt Nico, der heute die Schicht im subrosa anführt. Dann greift er ins Regal nach einem Rialtobecher, zwei Eiswürfel rein, einen dicken Schuss Doppelkorn und etwas Fanta – und stellt es dem finster dreinblickenden Karpatentyp direkt vor die Nase. Er nimmt das Glas, nimmt einen tiefen Zug und stellt den Rialtobecher wieder zufrieden ab. „Verdammt gutes Zeug, was ist das?“ Nico ruft: „Ein Fiffy. Spezialrezept, gibt es nur bei uns.“ Er trinkt aus und bestellt noch einen. Ich kann nicht mehr, zahle und gehe heim.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
3 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Thorsten Stumm
5 Jahre zuvor

Was auch immer geschieht:
Nie dürft ihr so tief sinken,
von dem Kakao, durch den man euch zieht,
auch noch zu trinken!

Jule
5 Jahre zuvor

Eine Der Topadressen in derschon sehr trockengelegten Kulturwüste. Die Norstadtblogger schreiben, dass es vorbei wäre dort.. Wo liegt den nun der Hund in der Suppe begraben?

D. Schiller
D. Schiller
5 Jahre zuvor

…Fanta-Doppelkorn auf Eis… das ist in der Psychologie der Dramaturgie ein findiger Trick, dass der geneigte Leser mit der Frage zurückgelassen wird: könnte das nicht vielleicht sogar ein super Sommerdrink werden?

Werbung