#WM2018: Was vom Turnier in Russland am Ende hängen bleibt

So, die erste Aufregung um das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland hat sich inzwischen gelegt. In Frankreich wurde erwartungsgemäß heftig gefeiert. Leider auch randaliert. Mit dem 4:2 (2:1) der Franzosen über Kroatien im sehenswerten Endspiel am gestrigen Sonntag hat das Turnier, das im Vorfeld von der Mehrheit der Beobachter noch so kritisch gesehen wurde, einen sportlich erfreulich hochklassigen und zudem unterhaltsamen Abschluss gefunden.

Besonders auch die spektakulären Bilder rund um die Siegerehrung im strömenden Regen werden vielen Zuschauern vermutlich lange in Erinnerung bleiben. Wladimir Putin als einziger Promi mit Schirm, ein ungewöhnlich lockerer Emmanuel Macron, eine scheinbar alles und jeden küssende Kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović. Sehr unterhaltsam.

Man wusste als erstaunter Beobachter zwischenzeitlich quasi gar nicht mehr wo man denn hier zuerst hinschauen sollte. Dazu Spieler, die dem extremen Wetter trotzten und ausgelassen mit dem Pokal im Stadion feierten. Selten gab es eine dermaßen sehenswerte und unterhaltsame Pokalübergange zu bestaunen.

Doch an was wird man sich in ein paar Monaten sonst noch erinnern, wenn längst die heimische Bundesliga wieder läuft, wenn die das sonst für Sportfans häufig so zähe Sommerloch füllende WM längst in traditioneller Buchform in den Regalen von Millionen steht? Vermutlich an nicht mehr ganz so viel.

Allgemein gibt es im modernen Fußball nun offenkundig eine Tendenz weg vom kreativen Offensivfußball zu beobachten. Standardsituationen waren in Russland wichtig wie lange nicht. Wirklich spektakuläre Spiele gab es somit im Verlaufe der gut vier Wochen nicht allzu viele.

Belgien und England boten neben den Kroaten von den 32 Teams den Fußballfans auf aller Welt vielleicht noch die attraktivste Spielweise. Zwar waren das somit zugleich drei der vier Halbfinalisten, doch sportlich durchgesetzt hat sich ausgerechnet das gut organisierte, jedoch eher defensive System der Franzosen. Irgendwie passend zu dieser WM, könnte man sagen.

Die im Vorfeld des Turniers vielerorts gestarteten politischen Debatten waren während der vergangenen Wochen jedoch fast vollständig wieder verstummt. Auch Doping war plötzlich gar kein großes Thema mehr. Das überraschte dann schon etwas. Im Vorfeld ging es diesbezüglich jedenfalls mit völlig anderen Schwerpunkten in die damals recht emotionalen Diskussionen rund um das Turnier bei Putin. Viel geblieben ist in diesen Stunden davon nicht. Bemerkenswert.

Stattdessen gab es mit dem Videoschiedsrichter und der überraschend guten Organisation gleich einige positive Überraschungen, die für viel Furore sorgten. Dass der Videoassistent beim Turnier in Russland zudem deutlich besser funktioniert hat als zuletzt in der Bundesliga lässt einen an der sprichwörtlichen ‚deutschen Gründlichkeit‘ in Sachen Planung und Organisation zweifeln. Viele Experten hatten gerade in diesem Punkt ein regelrechtes Chaos während der Weltmeisterschaft erwartet. Dieses blieb in den letzten gut vier Wochen aus.

Offenbar keine größere Randale im Vor- oder Nachlauf der Spiele vor Ort, keinerlei nennenswertes Chaos im Umfeld der Stadien. Es blieb insgesamt auch überraschend positiv, was die Situation rund um die Spiele in Russland selber betrifft. Putin dürfte daher vollauf zufrieden sein. Er hat in der Tat abgeliefert, was sich die FIFA von ihm und seinen Landsleuten erhofft hatte. Gianni Infantino verstieg sich kürzlich gar zu der Bewertung, dass dies die beste WM aller Zeiten gewesen sei. Selbst wenn das deutlich übertrieben gewesen sein mag, ein Flop oder gar eine Schande war das Turnier jedoch ganz bestimmt nicht. Insofern wurden viele Skeptiker im Vorfeld durch die Realität zum Glück eines besseren belehrt.

Berechtigt sicherlich grundsätzlich die Kritik der Sportromantiker, dass das Turnier den Weg der Durchkommerzialisierung des Sports konsequent fortsetzte. Vielen Fans wird das ganz und gar nicht gefallen haben.

Doch seien wir mal ehrlich: Dieses Phänomen ist nun wirklich kein fußballspezifisches Problem und auch längst nicht auf ein einzelnes Turnier in Russland begrenzt. Diese Tendenz gibt es schon länger und weltweit zu beobachten. In nahezu jeder Gesellschaft und nicht nur im Fußball.

Immer wenige ‚einfachen‘ Leuten und Fans ist es möglich diese Veranstaltungen zu besuchen, Doch das ist ein wesentlich größeres Thema und hat mit Putin und der WM in Russland nur ganz am Rande zu tun. Dieses Phänomen beschäftigt uns demnächst sicherlich in einem ganz anderen Zusammenhang erneut.

Dass die im Vorfeld noch so hoch gehandelte DFB-Elf in den internationalen Rückblicken auf das WM-Turnier des Jahres 2018 zudem so gar keine positive Rolle spielt, das hat sie sich übrigens ganz ohne das Zutun irgendwelcher vermeintlich bösen Mächte selber eingebrockt. Aber das haben wir hier ja zuletzt schon mehrfach debattiert. 😉

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Walter-Stach
Walter-Stach
5 Jahre zuvor

Robin,
als Fußball–Fan blicke ich zurück auf überwiegend gute, bis sehr gute Fußball-Spiele -technisch, taktisch, temporeich und oftmals dramatisch -und das wider meine Erwartungen.
Das war nicht bei allen vorangegangenen WM so.

Als Fußball-Fan blicke ich auch zurück auf einen in der Regel fairen Umgang der Spieler miteinander -Ausnahmen bestätigen die Regel-.
Auch das war nicht bei allen vorangegangenen WM so.

Als Fußball-Fan blicke ich auch zurück auf in der Regel gute bis sehr gute Schiedsrichterleistungen -nebst Video-Beweis.
Auch das war nicht……..

Meine Zufriedenheit fand ihren erfreuliche Höhepunkt mit dem Gewinn der WM durch die Auswahl des französischen Fußballverbandes.
Ich denke, die drei erstplatzierten Mannschaften Frankreich, Kroatien, Belgien haben jedem Fan während der gesamten WM bewiesen, daß sie zu den weltbesten gehören -aktuell zu den drei besten der WM in Russland.

Und selbst einem Bela Rethy, der sich mit einer mir , gelinde gesagt, extrem problematischen Kommentierung in seiner Unerträglichkeit selbst übertroffen hat, ist es nicht gelungen, meinen insgesamt positiven Eindruck von der WM 2o18 zu trüben.

Ansonsten…..
1.
"Nachhaltigkeit" des riesigen Investitionsaufwandes für die WM in Russland -für die Menschen des Landes?

2.
"Nachhaltige Auswirkungen" eines seitens der "Staatsmach" ermöglichten und mir relativ offenen erscheinenden Umganges der "Einheimischen" mit ihren "Gästen" auf die gesellschaftliche Entwicklungen in Russland -hin zu einer "liberalen Demokratie", zumindest zu etwas weniger putinschen Autokratie?

Mir ist kein sportliches Großereignis bekannt ( WM, EM, olympische Spiele), das auch nur ansatzweise Argumente geliefert haben könnte, solche Fragen zu stellen in der Hoffnung, daß……

(PS
"Wir" haben 2006 anläßlich der WM in Deutschland der Welt von "uns" das Bild eines weltoffenen, fremdenfreundlichen, optimistischen, fröhlichen Landes präsentiert -mit nachhaltig positiven Auswirkungen bis 2o18??

3.
Die WM 2o18 , ein weiterer Meilenstein auf dem Weg von FIFA, UEFA, Champ.lig und Profifußball generell hin zu einem globalen, profitorientiertem Wirtschaftszweig ,angetrieben von weltweit operierenden Großunternehmen, vermarktet durch eine Werbestrategie höchster Qualität -sh. all die WM-Events- unter Mitwirkung von Politikern/Politikerinnen, die sich von ihrem Mitwirken für sich , für ihre Politik Nutzen verschaffen -und das gilt ausnahmslos für alle Politiker/Politikerinnen, in deren Länder es solche politischen Großereignisse bisher gab. Und das wird sich nicht ändern -z.B. nicht bei der WM 2022 in Katar oder bei der WM in den USA/Mesiko/Kanda?

Robin,
mir scheint, daß wir uns darüber einige sind, daß die WM 2o18 in der Tat ein weiterer Meilenstein auf diesem Weg war und daß das Ende dieses Weges nicht vorauszusehen ist.
Das bezieht sich auch auf Mutmaßungen darüber, wie sich dadurch das Fan-Verhalten (oder der Typus Fußball-Fan?) im Laufe der Zeit, wie bereits jetzt zu registrieren, drastisch ändern wird.

PS
Ich habe gestern lautstark jedes Tor der französischen Auswahl bejubelt. Ich war bestürzt über den eklatanten -den undenkbaren Torwartfehler-, der zu 2: 4 geführt hat. Ich war ganz einfach gestern Fan der französischen Auswahl. Ich habe während des Spieles nicht einen Moment an die DFB-Auswahl gedacht. Und ich habe momentan nicht das geringste Interesse daran, mich mit Grindel, Bierhoff, Löw , mit Philipp Lahm und seinen Einlassungen über Löw pp. zu befassen.

Walter-Stach
Walter-Stach
5 Jahre zuvor

Robin,
bei SPIEGEL-online gibt es eine drastische Kritik an B.Rethy wegen seiner Endspielkommentierung, und zwar konkret bezogen auf seine Wortwahl im Umgang mit einigen französischen Spielern.
Zurecht!!!
Ich fand darüber hinaus seine Kommentierung , wie gewohnt, unausstehlich.

Aber….
Mit B.Rethy geht es mir so wie mit Angela Merkel. Sie sind für mich beide eine Zumutung, haben aber nach wie vor eine große "Fan-Gemeinde", was mich zwangsläufig nach dem Warum dieses Zustandes fragen läßt.

Ke
Ke
5 Jahre zuvor

@3 W Stach
Ich hatte nur die 2. Hälfte gesehen , und auch für mich waren dort einige Fremdschämmomente dabei.

Ja, die Frage nach dem Warum ist berechtigt, wobei ich mit der Arbeit vom B. R. nur sehr selten in Berührung komme

Ke
Ke
5 Jahre zuvor

#2 Robin P.
Bringt Uhd im normalen Zimmer etwas? Bei <50 Zoll und ca. 3 Meter Abstand sehe ich für mich noch keine Sinn zumal Datenrate und Stromverbrauch ja auch berücksichtigt werden müssen.

In Sachen Bildschirm bin ich Öko und drehe das Bild auch gerne etwas bzgl der Helligkei runter , um ein paar Watt zu sparen.

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