Warum mich der Lokaljournalismus anekelt

Gotta love them: tote Bäume.

Lokalzeitungen sterben. Die Abonnenten sterben, die Bäume sterben, die Mitarbeiter, naja. Wie soll man an ein Produkt glauben, in das nicht investiert wird. Wie soll man an einen Job glauben, den andere verlieren oder gar nicht erst bekommen, wie soll man an eine Branche glauben, von der junge Menschen sagen: „Da will ich auf keinen Fall enden, bei den Kaninchenzüchtern und Hunderennen.“ Die jungen Menschen sagen das, obwohl sie selber dort arbeiten, obwohl es ihr Job ist, aber sie sehen sich nur auf der Durchreise. Denn auf Schulungen hören sie Begriffe wie „schrecklicher Lokaljournalistenstil“ oder „Lokal runterbrechen“, worin erbrechen ja schon angelegt ist.

Dabei ist es gar kein Runterbrechen, eine Geschichte von nebenan zu erzählen. Eigentlich tut der_die Lokaljournalist_in doch deutlich mehr, als an einem Newsdesk eine Agenturmeldung abzuschreiben. Im Lokalen muss man das Büro verlassen, auf Sportplätzen stehen, in Sandkästen sitzen, mit Menschen sprechen, mehrmals am Tag. Vielleicht mit Menschen, mit denen man zufällig verwandt ist oder zur Schule gegangen, vielleicht mit Menschen, deren Kinder mit den eigenen spielen oder mit Menschen, die einem schon seit Jahren extrem auf den Sack gehen.

Ich komme an einen Tisch, der draußen, drei Gehminuten von meinem Schreibtisch entfernt liegt, hinter mir dackelt ein Praktikant, am Tisch sitzen fünf Männer kurz nach den besten Jahren. Ich schüttle Hände, stelle mich vor und beginne, Vor- und Nachnamen zu erfragen. Verdutzte Blicke. „Ich bin neu, es tut mir sehr Leid, dass ich die wichtigen Persönlichkeiten noch nicht kenne“, sage ich. Die Blicke immer noch verdutzt, die Namen bekomme ich jetzt. Als ich drei von fünf Namen habe, beginnt einer das Gespräch. Ich unterbreche, wieder. „Und Sie sind?“, frage ich die zwei anderen, inzwischen etwas genervt. Einer zieht jetzt seinen Block aus der Tasche und winkt damit. „Die Konkurrenz“, sagt er.

Lokaljournalist_innen sind die Bodentruppen der Presselandschaft. Sie können sich vor ihren Leser_innen nicht verstecken, auch nicht vor den Interviewpartner_innen oder anderen Objekten der Berichterstattung, denn die sind da, denen begegnet man auf der Straße oder sie klingeln an der Tür. Lokaljournalist_innen sitzen nicht in gläsernen Bauten mit Pförtner und Chipkarte, in die niemand eintreten darf, ohne sich anzumelden. Sie sitzen in Häusern, die auseinanderfallen, auf Stühlen, in denen Milbengenerationen aus 25 Jahren Büromöbelgeschichte leben, vor Computern, die zwanzig Minuten brauchen, um ein Video von einem Ordner in den anderen zu kopieren. Online-Content mitbringen, wichtig, wichtig.

Es klingelt, zwei Menschen Mitte achtzig stehen in der Redaktion. Alle telefonieren, außer mir. „Kann ich Ihnen helfen?“, frage ich und sie schütteln den Kopf, zeigen auf den telefonierenden Kollegen. „Nur er kann uns helfen“, sagt die Frau, ihre Brillengläser so dick wie mein Unterarm. Ich lasse die beiden Platz nehmen, auf zwei Stühlen mit Blick auf meinen Bildschirm. Sie reden sehr laut miteinander, wahrscheinlich Hörgeräte. „ER TELEFONIERT ABER LANGE“, sagt der Mann und dreht sich zum Kollegen um. Die Frau starrt auf meinen Bildschirm, liest laut und langsam jeden angefangenen Überschriften-Entwurf vor, den ich tippe. Nach 3000 Minuten Telefonkonferenz endlich Erlösung. Mit einem handgeschriebenen Zettel gehen die zwei zum Kollegen. „WIR HABEN EINEN ARTIKEL FÜR SIE“, sagt der Mann, die Frau liest die eigene Handschrift vor. Es ist eine Meldung: Das Treffen des Ökumenekreises fällt aus.

In drei Monaten Lokalredaktion bin ich im Polizeiauto mitgefahren und auf einem Mähdrescher, war im Schweinestall, im Taubenschlag und im Rathaus, habe das Zuckerfest gefeiert und an einem Morgen in dreihundert Mülltonnen geguckt, zwei Pokémon-Eier ausgebrütet, bei einem Interview ausversehen geweint, erste Klassen an ihren ersten Schultagen fotografiert, mit Menschen auf Englisch und Französisch gesprochen und mir dreitausend zweideutige und blöde Überschriften ausgedacht, von denen es keine einzige aufs Papier geschafft hat.

Ich liebe die Kaninchenzüchter, die Dackelwettbewerbe, die Hunderennen. Ich erhebe mich nicht über Menschen, die seltsame Hobbies haben, denn irgendwie muss man die Zeit bis zum Tod ja rumkriegen. Warum also nicht siebenhundert Jahre Stammesgeschichte eines Adelsgeschlechts aufarbeiten, warum nicht Landwirt werden oder sich Urlaub nehmen vom Mähdrescherreparieren, um Mähdrescherfahrer zu sein. Ich finde es erhellend, Menschen zu treffen, die für Sachen brennen, die irgendwas gut können oder gut können wollen, die gute Ansichten haben oder gut erzählen. Jeder Mensch hat eine Geschichte und nur im Lokalen hat man überhaupt die Möglichkeit, den Versuch zu starten, sie alle zu erzählen.

Irgendwo auf einem Bauernhof. Der Nachbar eines kleinen Mannes mit runder, randloser Brille hat mich eingeladen, weil sein Nachbar ganz tolle Sachen macht. Der runde, randlose Mann erforscht nämlich eine Adelsfamilie. Und heute sind zwei Adelige zu Besuch. Weder der runde, randlose Mann noch die Adeligen wissen, dass ich komme, aber der Nachbar wusste: Das muss in die Zeitung. Also bin ich hier. Zwanzig Minuten später sitze ich an einem runden Tisch in einem bedrückenden Esszimmer, rechts und links neben mir zwei Adelige, mir gegenüber der kleine Mann mit Aktenordnern voller Adelsforschung: nicht für die Wissenschaft, nur für sich selbst. Es ist sein Hobby. Ich finde ihn großartig. „Und Sie sind also verwandt?“, frage ich die Adeligen. Der linke greift zu meinem Block und zieht fest daran. Ich halte fester. „Was machen Sie?“, frage ich. „Ich schreibe Ihnen das auf, damit Sie es verstehen“, sagt er. „Lassen Sie mal, ich kann ganz gut selber schreiben“, sage ich und er erklärt: „Wir haben den gleichen Ur… (lange Pause) Ur…Urgroßvater.“ Der Rechte ergänzt: „Nein, nein. Ur, Ur, Ur, Urgroßvater!“

Es ist schwierig, sich nicht die Faszination für all das nehmen zu lassen, wenn man die Hälfte seiner Zeit damit verbringt, Rechtschreibfehler aus schlechten Pressemitteilungen zu suchen. Es ist schwierig, Geschichten hinterherzugehen, wenn drei Fototermine bei drei verschiedenen katholischen Frauengruppen anstehen und wenn auf den Bildern jedes Mal nur traurig dreinblickende, grauhaarige Personen sind. Es ist schwierig, Sachen auszuprobieren, die vielleicht für die Mülltonne sind, wenn zweihundert Zeilen Text auf einer Seite fehlen, die in ein paar Stunden tausendfach gedruckt werden soll.

Ich komme fünfzehn Minuten zu spät zu einem Pressegespräch der Autobahnpolizei – auf einem Rastplatz, an der Autobahn. Ich wusste nicht, dass es ein Pressetermin zum Thema „Zu schwer beladene Wohnmobile“ ist. In meinem Block steht: „Polizei erklärt, wie man das Auto richtig für die Ferien packt“ und das wäre ja auch deutlich interessanter. Ich lasse mir die Wohnmobile erklären, frage die drei Polizisten nach ihren Dienstjubiläen und ob sie nicht auch mal was über PKWs sagen könnten anstatt über Wohnmobile. „Wir schleppen Ihnen einen raus, kommense mit!“, sagt der eine, seit 45 Jahren im Dienst, die Ferien verbringt er übrigens im Wanderurlaub mit seiner Frau. Drei Minuten später sitze ich hinten in einem zivilen Polizeiauto, auf dem Autobahnstandstreifen warten wir auf einen PKW, der vollbeladen aussieht. Das hatte ich mir fürs Foto gewünscht. „Da ist einer, den nehmwa!“ ruft jetzt ein Polizist und drückt aufs Gas. Eine Familie mit zwei Kindern muss dem blau-blinkenden Schild in der Windschutzscheibe folgen. Auf dem Rastplatz begrüßt der Pressesprecher der Polizei die Eltern, er zeigt auf mich, der Vater raucht, nickt, ist in eine Schockstarre verfallen. Ich entschuldige mich zwanzig Mal. Sie haben das Auto vorbildlich gepackt.

Hömma, was denkst du eigentlich, was wir hier machen? Zeitung machen wir hier!“ habe ich früher manchmal gehört, wenn ich einen schlechten Text abgegeben habe. Mit 16 konnte ich darüber schmunzeln, denken: Ach Gott, nehmt euch nicht so wichtig mit eurer kleinen Lokalzeitung. Heute bin ich den Kolleg_innen von damals für den Anschiss dankbar, für die wütenden Tritte gegen den Türrahmen, die Schimpfworte kurz vor Andruck, fürs Anschreien. Es ist ein gutes Gefühl, ernst genommen zu werden, selbst wenn man nur Ziel des Wutanfalls oder Abladepunkt für Lästereien ist. Es ist ein gutes Gefühl, etwas zu machen, was jemand ernst genug nimmt, um sich darüber zu empören.

Ein Mann mit Mütze hat an der Tür geklingelt. Er hat Farbkopien von Gemälden dabei. Zielstrebig geht er zum Platz der Kollegin, winkt nur kurz ab, als ich frage, ob ich helfen kann. Wie ein stolzes Kind steht er jetzt neben ihr und als sie den Hörer auflegt folgt ein Gespräch, das ich nicht verstehe, so vertraut und wiederaufgenommen klingt es. Der Mann mit Mütze ist nicht aufdringlich, er bleibt nur zwei Minuten. Bevor er geht, dreht er sich zu mir um. „Und… Macht Spaß hier?“, fragt er. Ich verkneife mir die Frage, ob er das auch die Frau an der Bäckereitheke oder den jungen Arzt fragen würde, nicke und sage: „Ja, macht Spaß.“

Es gibt noch Menschen, die sich Artikel ausschneiden und an Korkpinnwände heften, um sich Termine zu merken. Menschen, die kichernd zueinander sagen: „Jetzt kommen wir in die Zeitung!“, wenn sie für eine Straßenumfrage fotografiert werden. Menschen, die an der Tür klingeln oder anrufen, weil sie wütend sind oder traurig und nicht wissen, wohin damit außer an die Öffentlichkeit. Menschen mit Problemen, für die sich keiner interessiert, der nicht im gleichen Dorf wohnt.

In der Stadt treffe ich zufällig den Vater eines Jungen, dessen Geschichte ich vor ein paar Tagen geschrieben habe. Er sieht leichter aus als letztes Mal, immer noch müde aber mit weniger Augenringen, er lächelt ein bisschen. Als wir uns die Hand geben sagt er, dass Dinge ins Rollen gekommen sind, die Welt ein kleines bisschen weniger ungerecht geworden ist für ihn und seine Familie. Vor unserem ersten Gespräch wurde mir in der Redaktion gesagt: „Der Vater redet gerne, der erzählt zu viel, da darf man sich nicht von aufhalten lassen.“ Also habe ich mich davon aufhalten lassen. Jetzt steht er vor mir, nochmal ein Händedruck zum Abschied und der Satz: „Ich werde immer sagen: Die Zeitung hat mir geholfen.“

Ich will niemals überheblich werden, niemals von Lokaljournalist_innenstil sprechen, mich niemals lustig machen, denn ich bin verliebt in diesen Job und ich schätze diejenigen, die ihn machen und mögen. Ich habe Angst vor denen, die ihn aufgegeben haben für sich und für andere. Diejenigen, die jetzt schon dafür sorgen, dass es in zehn Jahren nur noch Scheißcontentredaktionen und dpa-Mäntel und zusammengelegte Lokalausgaben gibt, denn alles andere wäre auch übertrieben für ein Produkt, das immer weniger Menschen haben wollen.

„Hab schon versucht, dich zu erreichen“, ist der schönste Satz an einem Sonntagmorgen vor dem ersten Kaffee. „Da hat sich jemand totgefahren und wir brauchen Fotos von der Unfallstelle.“ Draußen sind es dreißig Grad, ich sitze im Auto, fahre von der Landstraße ab, steige mit Kamera aus. Hier ist also vor ein paar Stunden jemand gestorben, denke ich und meine, mehr fühlen zu müssen. Tatsächlich sind da nur ein umgekippter Baum und ein bisschen Erde, ein paar Bremsspuren und Polizeimarkierungen auf der Straße. Ich mache Fotos, von allem, von den Markierungen, dem Baum, den Bremsspuren, der Erde, ich fühle immer noch nichts. Ich versuche, ein Kreuz zu machen, wie ich das im Fernsehen gesehen habe bei Leuten, die an traurigen Orten sind. Jetzt fühle ich mich immerhin albern.

Leider kann man jeden Job auf Dauer nur mögen, wenn die Rahmenbedingungen nicht vollkommen beschissen sind. Niemand schreibt eine gute Geschichte, wenn der Kollege nebenan vor zwei Tagen rausgeflogen ist. Niemand schreibt eine gute Geschichte, wenn er sechs Tage die Woche zwölf Stunden am Tag vor dem gleichen Computer sitzt. Niemand schreibt eine gute Geschichte, wenn er Schiss hat oder eine Grippe oder Streit mit dem Menschen am Schreibtisch gegenüber und niemand hat eine zündende Idee, nur weil er jeden Tag Rechenschaft darüber ablegen muss, was seiner Meinung nach in der morgigen Zeitung das Aufregerthema sein soll. Kreativität erwächst nicht aus Kontrolle und nicht aus Angst, sondern aus blöden Sprüchen in langen Konferenzen, aus gemeinsamem Kuchenessen, aus Lästereien und aus dem Gefühl, eine gute Zeitung machen zu wollen, ein Produkt, hinter dem man steht. Journalismus ist kein Job, den irgendwer macht, um horrende Mengen an Geld zu verdienen. Journalist_in ist man, weil man sonst nichts kann und sonst nichts will, weil man vielleicht ein bisschen zu viel Ego hat und gerne anderen Leuten Sachen erzählt. Man kann diesen Job nicht gut machen, wenn man nicht marginal Bock darauf hat.

Ich schreibe einen Aufmacher darüber, dass es sehr heiß draußen ist. In einer Pizzeria will ich den Mitarbeiter vor dem Ofen fotografieren (über 300 Grad), er telefoniert kurz mit seinem Chef für das Einverständnis, am Ende des Gesprächs sagt er auf türkisch „Tamam“, ich wiederhole „Tamam? Dann is ja gut“ und positioniere die Kamera. Seinen Namen will er mir nicht sagen: „Denk dir einfach was aus, aber was Italienisches bitte!“

Die besten Lokaljournalist_innen machen ihren Job mit Ernsthaftigkeit, Liebe und Faszination für Bescheuertes. Andere machen ihren Job, um ihn zu machen, um Visitenkarten zu besitzen, um ein Gehalt zu haben und ein Freigetränk auf dem Stadtfest. Ihnen ist es egal, ob es in 20 Jahren noch Zeitungen gibt, tatsächlich ist es ihnen egal, ob es in 20 Jahren überhaupt noch Menschen gibt außer ihnen selbst. Sie wollen sagen, dass sie den_die Bürgermeister_in kennen und sie wollen nicht anecken, am liebsten immer ausnahmslos allen gefallen, der Politik, den Leser_innen, den Vereinen.

Dabei vergessen sie, dass Gefallen-wollen nichts mit Ernst-nehmen zu tun hat. Wenn ich Taubenzüchter_innen gefallen will, drucke ich fünfmal in der Woche hundert Zeilen darüber, welche Taube wie viele Sekunden von Heidelberg nach Eisenhüttenstadt gebraucht hat. Wenn ich Taubenzüchter_innen ernst nehme, spreche ich mit ihnen, schaue mir ihre Tauben an, mache Fotos, lerne sie kennen, finde die Geschichte hinter der Taube und hinter dem_der Züchter_in. Taubenzüchter_innen wird es vielleicht nicht für immer geben, Verrückte schon. Nurdie Verrückten von morgen interessieren sich nicht mehr fürs Papier oder für den Platz in der Zeitung.

Kein besonders guter Pokémon-Spieler schickt eine Mail an die zuständige Lokalredaktion, um vermelden zu lassen, wie lange er welche Arena besetzen konnte, obwohl das in etwa den gleichen Impact-Faktor wie die Tauben hat. Ernst nehmen kann man die Verrückten trotzdem, auch in 20 Jahren noch. Man kann so über sie schreiben, dass es Menschen mit anderen Verrücktheiten interessiert. Ihnen das Gefühl geben, dass sie wichtig genug sind, eine Geschichte zu sein, nicht nur fünf lieblose Meldungen.

Der Personal Assistant des Bürgermeisters begrüßt eine französische Schulklasse. Er spricht kein Französisch (Den voulezvouscoucheravecmoi-Witz lässt er aus, vong Taktgefühl her), eine ältere Dame aus der Gruppe soll die Rede übersetzen. Der Personal Assistant guckt nach jedem Halbsatz erwartungsvoll auf die kleine Oma herab, als wolle er sagen: Na los, lass meine Worte auf deiner hübschen Sprache erklingen. Sie übersetzt immer nur die Hälfte von dem, was er sagt, die Schüler_innen schmunzeln, werden unruhig, es ist alles sehr unangenehm. Als der Personal Assistant sich mit „Au Revoir“ verabschiedet, applaudieren die Kinder trotzdem.

Zeitung ist keine Spaßveranstaltung, kein Projekt, sondern ein Geschäft, ein Betrieb wie jeder andere. Kein Chemiekonzern würde eine Aushilfe einstellen, sie nicht bezahlen und später sagen: „Die macht das ja auch für die Erfahrung.“ Kein_e Schreinermeister_in würde seinen_ihren Praktikanten einen von fünf Esszimmerstühlen bauen lassen und dann sagen: „Naja, lassen wir so, setzt sich vielleicht sowieso keiner drauf.“ In keiner Anwaltskanzlei würde man zueinander sagen: „Das ist ein besonders spannender Fall, da muss ich mich reinlesen, da habe ich erst nach Feierabend Zeit für.“ Umsonst zu arbeiten, sich zu opfern, gilt immer noch als schick im Journalismus. Dabei ist es das, was die Branche umbringt auf die Dauer, denn gute Leute wollen zumindest ihre Miete zahlen können oder wenigstens das Gefühl, dass die Projekte, für die sie brennen, jemandem etwas wert sind. 

Man wundert sich laut darüber, dass die jungen Menschen jetzt doch lieber PR machen und dass anscheinend keine Frau diese Läden führen will. Und das in einer Zeit, wo der ganze Heimatshit sich so gut verkauft, wo Menschen beim Abendessen mit dem Messer aus Solingen das Rind von der Weide nebenan zerschneiden und dazu Kartoffeln von Dortmunder Äckern essen wollen, in einer Zeit, in der keiner mehr die Nachrichten von woanders versteht und die Menschen deshalb in Nachbarschaftsvereine eintreten, müsste man doch investieren, nochmal drüber nachdenken, umwerfen, aufbauen, Quatsch machen, sich selbst wieder ernst nehmen.

Wenn Google seinen Mitarbeiter_innen Entspannungsräume baut, überall Kaugummi und Schokolade und Kaffeemaschinen hinstellt, Masseur_innen, Spielekonsolen, Kaminzimmer, dann hat das nichts mit Nettigkeit zu tun, sondern mit Berechnung, mit Kapitalismus. Wenn du die Katze fütterst, kommt sie wieder. Ein familiäres Bürogefühl sorgt für Identifikation. Wer sich wohl fühlt, arbeitet effektiver, kreativer, besser.

Verlage sind nicht Google. Und ich habe ja auch keine Idee, keine Lösung, um das Sterben abzuwenden. Ich habe nur die Wut, die Illusion und Desillusion und den Wunsch, dass irgendwer kommt und diese Sache rettet. Vielleicht ein paar schlaue Leute in irgendeinem Verlag, die sich trauen, aus der Box heraus zu denken. Vielleicht macht Google auch demnächst was mit Medien und kauft sich alle Lokalzeitungen, die es noch gibt. Vielleicht wäre das nicht so schlimm, dann gibt es beim Untergang immerhin Snacks umsonst.

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Thorsten Stumm
7 Jahre zuvor

Grandioser Text…Danke !!! 🙂

Uwe Plien
Uwe Plien
7 Jahre zuvor

Danke!

Sachsenhofer
Sachsenhofer
7 Jahre zuvor

Hervorragende Analyse!
Anlaß?
Lösungsansätze?

Andreas
Andreas
7 Jahre zuvor

Sehr gut, Erinnerungen wurden wach.

Janny
Janny
7 Jahre zuvor

Nette Idee, aber leider auch wieder typisch journalistisch. "Wir haben ein Produkt, dass wir viele Jahrzehnte genau so gemacht haben, wie wir es heute machen, aber die bösen Umstände sorgen dafür, dass es nicht mehr so funktioniert." Jedes Produkt muss seinen Käufern gefallen. Das Produkt Lokalzeitung aber gefällt nicht mehr. Und das liegt daran, dass bornierte Redakteure keine Lust haben, irgendwas an ihrer Arbeitsweise zu ändern. So lange das so bleibt, wird sich nichts zum Guten ändern. So lange "das haben wir immer so gemacht" regiert und junge Kollegen belächelt oder mit dem Satz "wir wollen keine zu hohen Erwartungen wecken, die wir nicht erfüllen können" bedacht werden, so lange bleiben Lokalzeitung tatsächlich ein vom Aussterben bedrohtes Produkt.

Anne
Anne
7 Jahre zuvor

Das Problem ist leider häufig, dass man von seinem Arbeitgeber zu miesem Journalismus gezwungen wird: weil Anzeigenkunden, weil kein Personal, weil weil weil.
Ist keine Ausrede, sondern Realität.
Toller Text!

Thomas Rinke
Thomas Rinke
7 Jahre zuvor

Liebe Anna, mach dich mit deiner Liebe zum Lokaljournalismus frei und habe den Mut, größer zu denken als nur innerhalb einer Verlags-Redaktion. Lokaljournalismus ist nicht gleich Lokalzeitung. Es gibt 2016 viele Wege, ein eigenes Lokalmedium zu werden.

Jasmin
Jasmin
7 Jahre zuvor

@#3+#4: Anlass, wie kann man den nicht erkennen? Lösungsansatz, wie kann man den hier überlesen: Leidenschaft für die Geschichten "hinter der Taube", und mehr Anreize und Wertschätzung für junge, gute Leute wie die Autorin, den Job genau so anzugehen. Auch wenn es dazu wohl nicht mehr kommen wird, daher die Desillusion.

Mayr: Richtig gut und treffend geschrieben, danke!! Keep the faith – ich habe es nicht geschafft. Viele Grüße aus der PR 😉

trackback

[…] 6.10. Warum mich der Lokaljournalismus anekelt  (Ruhrbarone) […]

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

Frustration, Enttäuschung, Zorn von "lokalen Redakteuren" sind naheliegend, so wie im Gastkommentar beschrieben.

Umsomehr gilt mein Respekt all denjenigen, die trotzdem Tag für Tag ihren Job machen, damit ich morgensfrüh meiner lebenslangen Gewohnheit nachgehend in einem örtllichen Teil meiner Tagesezeitung etwas über das Ortsgeschehen lesen kann -in diesem Falle in der Waltroper-Zeitung, die abgesehen vom Ortsteil dieselbe Zeitung ist wie alle anderen des Bauer-Verlages aus Marl, die im Vest Recklinghausen erscheinen -Dattelner Morgenpost, Recklinghäuser-Zeitung usw.

Dass wie überall auch hier im kleinen Waltrop über die Qualität des Ortsteiles der Waltroper-Zeitung hier und da gemeckert wird, ist selbstverständlich .Die Gründe dafür sind die gleichen wie sie für alle lokalen Redaktionen vorzubringen sind und im Gastkommentar angesprochen werden.

Wie groß der alltägliche Frust der lokalen Redakteure ist, auch mit Blick auf die im Gastkommentar geschilderten Befindlichkeiten, Betroffenheiten ,weiß ich nicht. Erkennbar ist für mich jedenfalls h, daß die Mitglieder der örtlichen Redaktion – "trotz allem"- einen guten Job machen und zumindest dann und wann offenkundig auch mit Freude .

Ob es
a.) dauerhaft bei einem Ortsteil der Waltroper-Zeitung bleiben wird, weiß ich nicht. Dass die Wirtschaftlichkeit eines solchen Ortsteiles bzw. die einer örtlichen/regionalen Zeitung prekär ist, weiß jeder.

Ob es
b.) zu weiteren redaktionellen Einschränkungen kommen wird -in Quantität und Qualität- weiß ich ebenfalls nicht. Es gibt -sh.a.)- hinreichend Gründe dafür, dies befürchten zu müssen.

Dass es
c.)
jemals wieder zu einer örtlichen Print-Medienkonkurrenz für die Waltroper-Zeitung kommt -zuletzt durch die WAZ, vor vielen, vielen Jahren durch WAZ und West.Rundschau- nach dem Motto "Konkurrenz fördert die Qualität" ,halte ich für ausgeschlossen.

"So isset nun 'mal".

Und warum ist es so?
Darüber haben wir uns hier bei den Ruhrbaronen schon mehrfach ausgetauscht . Unbestritten ist, daß die Zahl der nachfragenden Leser drastisch zurückgegangen ist und zugleich und damit einhergehend das Anzeigengeschäft.
Warum die "Bürger vor Ort" mehr und mehr auf "ihre" örtliche Zeitung verzichten, hat mehrere Gründe. Das können sein: Der immer wieder behauptete Qualtiätsrückgang, die mediale Konkurrenz via Internet, das generell sinkende Interesse der Bürger, sich in Print-Medien anhand längerer Texte und Kommentare lesend informieren zu wollen.
Und es mag auch eine Rolle spielen, daß immer mehr Menschen die Euro für die Tageszeitung nicht aufbringen können oder nicht aufbringen wollen, weil sie andere Prioritäten setzen.

Wobei die Kritik bezüglich des Qualitätsrückganges nicht immer hinreichend berücksichtigt, daß dieser mit den im Gastkommentar beschriebenen problematischen Arbeitsbedinungen für die örtliche Redaktion zu hat und sich diese wiederum nicht verbessernd, sondern ehe noch weiter verschlechtern werden je weniger Zeitungen sich verkaufen lassen; ein Kreislauf -ohne Ende oder mit einem baldigen Ende?

Persönlich neige ich zu der Annahme, daß selbst eine für jeden erfaßbare Qualitätssteigerung im örtlichen Teil der Tageszeitung nicht nennenswert die Zahl der Leser erhöhen dürfte.

Und läßt sich dieser Zustand -auch im Interesse der Journalsiten in den lokalen Redaktionen- ändern?
Wie schon angedeutet, sehe ich dafür keine realistischen Chancen.

Also…..
1.
Die Leser werden weiterhin mit dem zu leben haben, was ihnen derzeit quantiativ und qualtiativ im einzig verfügbaren Lokal-teil angeboten wird, ich könnte auch sagen, die Leser werden bis auf Weiteres darauf hoffen können, daß……
-oder sie werden auf den Kauf "ihrer" Orts-/Regionalzeitung verzichten oder irgend wann endgültig verzichten müssen.
2.
De Journalisten in den Lokal-Redaktionen werden damit leben müssen, daß sie
a.) keinen zukunftssicheren Arbeitsplatz haben,
daß sie
b.) in ihrem Job zukünftig mit materiell und ideell ehe unter noch schlechteren als mit besseren Bedingungen zu rechnen haben.

Es bleibt deshalb nur zu hoffen, daß trotz aller Meckereien über den Ortsteil der Tageszeitung -berechtige wie unberechtigte- die Zahl der Käufer der Tageszeitung zumindest stabil bleibt. Dazu kann jeder Leser "werbend" im Bekanntenkreis beitragen.

Es bleibt zudem zu hoffen und zu wünschen, daß die Journalisten vor Ort vor lauter Frust nicht in ihrer engagierten Arbeit nachlassen und daß sie zumindest gelegentlich Freude an und in ihrem Job haben. Auch dazu kann jeder Leser beitragen, indem er sich den örtlichen Redakteuren gegenüber dann und wann im persönlich Gespräch auch anerkennend, lobend äußert, was begründete Kritik nicht aus-, sondern einschließt.

Rainer Richter
Rainer Richter
7 Jahre zuvor

Aus dem Herzen gesprochen, danke!
@Janny #5 Haben Sie den Beitrag wirklich gelesen? Er plädiert eben gerade nicht für ein "das haben wir immer so gemacht".

Ralph
Ralph
7 Jahre zuvor

Herausragend!

Steffen M.
Steffen M.
7 Jahre zuvor

Ich habe nur bis zur ersten "geschlechtergerechten" Berufsbezeichnung gelesen. Das reichte dann. Gute Fahrt in den Orkus.

trackback

[…] Alto Kalifornien. GOOGLE.  Hier ein Zitat aus die „Ruhrbarone.de“  aus dem Artikel warum mich Lokaljournalismus anekelt […]

Wolfgang Malzahn
Wolfgang Malzahn
7 Jahre zuvor

Nach der Erfahrung von 47 Jahren als Lokalredakteur muss ich nach diesem herausragenden, trotz der Länge spannend zu lesenden Text leider feststellen, dass sich in dieser Branche in einem halben Jahrhundert nichts, aber auch gar nichts verändert hat. Leider macht der blödsinnige Gender-Schreibstil das Lesen des gleichermaßen unterhaltsamen wie bedrückenden Textes etwas schwierig. Und auch Lokaljournalisten sollten es ihren Leserinnen und Lesern so einfach wie möglich machen.

nicolecarina
7 Jahre zuvor

scheiß headline, guter artikel – ich mach zwar auch lieber die sachen aus der kulturredaktion, finde aber trotzdem jede vorort-reportage für die ich angefragt werde spannend. im grunde halten genau solche termine meine begeisterung für den lokaljournalismus am leben, deshalb: d'accord. und was die überschrift soll, weiß ich immer noch nicht. soll das ein zitat sein?

Kiki
7 Jahre zuvor

Spannender Artikel, herzlichen Dank dafür! Die Erwartung, umsonst zu arbeiten, denn „das macht dir doch Spaß!“, „das ist doch auch Werbung für dich!“, die gibt's nicht nur im Journalismus, auch Grafiker, Texterinnen, Designer und Illustratorinnen können ein Lied davon singen … War das eigentlich je anders? Ich glaube nicht.

Und obwohl ich meist die gegenderte Sprache ganz fürchterlich leseunfreundlich finde, fiel sie mir hier erst nach dem Gemecker in den Kommentaren auf. Go figure. Die Qualität eines Artikels bemisst sich vielleicht doch am Ende zuerst am Inhalt, dann an der Form?

Andreas Lichte
7 Jahre zuvor

der Artikel ist grossartig geschrieben !

bin erstaunt, dass hier einige "Herren" mit "Gender-Schreibstil" / "geschlechtergerechten" kommen – ist mir nicht aufgefallen

Claudia Bollmann
Claudia Bollmann
7 Jahre zuvor

Groß! ar! ti! ger! Text! Vielen Dank!!!

Manfred Bartl
7 Jahre zuvor

Furchtbarer Text. Die Gesellschaft geht vor die Hunde, die Armut greift um sich, die Verzweiflung wird schon greifbar, immer mehr bestimmen Illusionen die individuellen Schein-Realitäten der Menschen (Schon mal gehört, wie jemand sich mit dem Etikett "Alleinerziehend" zu adeln versucht?!) – und Lokaljournalisten werden beschrieben als die, die sich bei Menschen einschleimen, die nichts anderes von der Welt kennen als ihre mickrigen Nischen in der sie irgendwie die Zeit bis zum Tod rumzukriegen versuchen?!?!?

Ich fahre jetzt seit mehr als 7 Jahren schwarz für Gerechtigkeit, im Januar hatte die Staatsanwaltschaft Mainz (ja, die von Böhmermann) auch mein damals aktuelles Ermittlungsverfahren wg. 6 Fällen (*lach*) von Erschleichuung von Dienstleistungen eingestellt – und jetzt hat ein Richter mir einen Strafbefehl wg. EINER Schwarzfahrt zugestellt. Wo sind die Lokaljournalisten, die den Skandal aufarbeiten (Sozialticket fast unbekannt und wenn man's kennt nutzlos, weil es DREIMAL den Betrag kostet, den man aktuell im Hartz IV-Regelbedarf für ÖPNV bekommt – 20,56 € zu 58,70 €!), die das Thema immer wieder hochkochen, die Betroffene interviewen, die Stadtratsfraktionen befragen, wie man der nach Artikel 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 GG UNBEDINGT erforderliche Lösung näherkommt, die mich, den Helden, bei seinem Kampf um das Grundrecht auf Mobilität bei seiner Aktion begleiten, die einen Professor an der lokalen Universität die soziologische Bedingungen zivilen Ungehorsam beleuchten lassen, die Politiker mit Berichten aus anderen Städten unter Druck setzen, in denen es ja auch funktioniert, die einfach ALLES dafür geben, den öffentlichen Raum in Information umwandeln, anhand derer die (Wahl-)Bürger*innen eine aufgeklärte Entscheidung treffen können, wo sie sich engagieren, wem sie bei Wahlen ihr Kreuz geben und welche Gesellschaft sie anstreben wollen?!?!?!!!!

f gruen
f gruen
7 Jahre zuvor

Alles richtig. Sehr frustrierend. Aber: seit wann gilt es als schick, sich zu opfern und nichts zu verdienen? Ich würde schon sehr gerne mal gutes Geld für meine gute Arbeit verdienen. Aber das werde ich auch nicht mehr erleben. Ich bin 52 und seit 25 Jahren Lokaljournalistin – freie. Ich habe auch noch viel Motivation, ich liebe meine Stadt, mich interessieren die Menschen, die in ihr leben, ich habe Lust, ihre Geschichten zu erzählen. Wer nicht Zeitung liest, verpasst schon einiges. Neulich mal in einem unserer netten kleinen Kleinkunsttheater aufgeschnappt: "Ich hatte ja keine Ahnung, dass es hier so ein tolles Theater gibt!" Tja, Madam, hättest du Zeitung gelesen…. dann wärest du vielleicht schon öfter hier gewesen. Nun kämpfen Zeitung und Theater ums Überleben, warum? Warum so ein freiwilliges Boykott von Information einerseits und Niveau andererseits?
Ich habe seit über 10 Jahren keine Honorarerhöhung mehr bekommen. Dafür darf man jetzt nur noch pauschal 90 Zeilen schreiben, schreibt man mehr, wird irgendwo abgesägt. Erhält man mal ein Lob von jemandem, über den oder die (!) man geschrieben hat und leitet es der Redaktion weiter, kommt: Das solle man doch unterlassen, das sei nicht üblich (?!) Der Job wird größtenteils von Praktikanten erledigt, die nichts dafür kriegen (ich krieg immer noch so zwischen 20 und 30 Euro pro Text, boah!) . Die haben dafür keine Ahnung von unserer Stadt (ich schon) und keine Ahnung von Rechtschreibung. Ich höre des öfteren: Gottseidank, Sie kommen und nicht wieder so ein kleines Mädchen….. Die Redakteure glänzen auch nicht immer. Sie verändern sogar nach eigenem Gusto Namen, die ich richtig geschrieben habe. Es war echt mal mein Traumberuf. Aber jetzt soll man es, wie mein Vorredner schreibt, "den Leserinnen und Lesern möglichst einfach machen"…….. Tja. Finde den Fehler.

S. Falkenbach
S. Falkenbach
7 Jahre zuvor

Also ich kaufe die WAZ und Co. nicht, weil mir darin zu wenig Lokales vorkommt. Wenn es um die Themen aus dem Mantelteil geht, lese ich lieber die FAZ, Süddeutsche etc. Ich würde (gerne) dafür zahlen, wenn ich richtig gute, umfassende lokale Berichterstattung bekäme. Über die Arbeit des Stadtrates, was in den Vereinen los ist, was gerade in der Nachbarschaft abgeht oder ansteht, was über die lokale Wirtschaft … Aber ich abonniere nicht eine ganze Zeitung, von der mich dann nur 4 Seiten interessieren. Just my 2 Cents…

Maike
Maike
7 Jahre zuvor

Ich habe an der Stelle aufgehört zu lesen, an der unterstellt wurde, dass andere ihren Job nicht so gerne machen, dass sie sich "nach Feierabend" nochmal in ein Thema einlesen. DAS ist die Borniertheit von Redakteuren / Journalisten, die mich abstößt.

Nadja
Nadja
7 Jahre zuvor

Danke für diesen großartigen, klugen und leider überaus treffenden Text. (Dem ich sogar die für mich unsäglichen, unnützen der-die-Formulierungen verzeihe.) Und danke, dass es noch Leute gibt, die Lokaljournalismus trotzdem machen. Trotzdem gut machen.

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

S.Falkenbach -21-
Ja, mir geht das mit dem sog. Mante" der lokalen Zeitung -bei mir ist es die Waltroper-Zeitung-, so wie ihnen.

Ich lese regelmäßig die SZ und die TAZ und wöchentlich den SPIEGEL, die FAS, gelegentlich die ZEIT, dazu im Internet täglich mehrmals vornehmlich SPIEGEL online.

Was auf den sog. Mantel-Seiten meiner Lokalzeitung, also der WALTROPER Zeitung steht, führt bei mir nur zu einem flüchtigen Überlesen der Schlagzeilen, zu mehr nicht.

Mich interessiert deshalb primär der sog. örtliche Teil meiner Lokal-Zeitung und der regionale/örtliche Sport.

Ich verzichte allerdings im Gegensatz zu Ihnen deshalb nicht auf meine Waltroper-Zeitung, obwohl ich mir wie Sie mehr Örtliches wünsche! und auf den sog. Mantel problemslos verzichten könnte.

Ich denke, daß Ihre Einlassung den einen oder den anderen Herausgeber einer Lokalzeitung, einer Regionalzeitung und/oder die eine oder die andere Chefredaktion nachdenklich werden lassen könnt, wenn diese wieder einmal über die Überlebenschancen ihrer Zeitung nachdenken werden.

Lars
Lars
7 Jahre zuvor

Super Text, macht direkt Lust auf Lokalzeitungen.

Michael Freitag
7 Jahre zuvor

Wichtiger Text. Hier eine Lösung aus Leipzig http://www.l-iz.de/politik/engagement/2016/08/eine-l-iz-de-fuer-alle-wir-suchen-freikaeufer-146996

Für Rückfragen stehe ich immer gern zur Verfügung 😉 M.F.

Davbub
Davbub
7 Jahre zuvor

@ 20: "Die Gesellschaft geht vor die Hunde, die Armut greift um sich, die Verzweiflung wird schon greifbar…" Leben Sie in Syrien?

"Ich fahre jetzt seit mehr als 7 Jahren schwarz für Gerechtigkeit, im Januar hatte die Staatsanwaltschaft Mainz (ja, die von Böhmermann) auch mein damals aktuelles Ermittlungsverfahren wg. 6 Fällen (*lach*) von Erschleichuung von Dienstleistungen eingestellt – und jetzt hat ein Richter mir einen Strafbefehl wg. EINER Schwarzfahrt zugestellt. Wo sind die Lokaljournalisten, die den Skandal aufarbeiten …"
Immer wieder schön zu sehen, wie schlichtes Schnorrertum zum Kampf für die Gerechtigkeit umgedeutet wird.
" …wie man der nach Artikel 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 GG UNBEDINGT erforderliche Lösung näherkommt…"
Meiner Meinung nach steht im GG nichts davon, daß der Staat Ihnen ein sorgenfreies Leben garantiert.

Bernd
Bernd
7 Jahre zuvor

Interessant.
Mir ist die 'gender-sprache' gar nicht aufgefallen.
Jetzt wenn ich wissend hin schaue tut es im Auge weh. 😉

Gikmainz
7 Jahre zuvor

Toller Text! Nur: Man kann im Jahr 2016 Lokaljournalismus eben auch anders machen. Wir bei Mainz& brennen auch für unsere Stadt, für die Geschichten darin, die Menschen, die Themen. Nur glauben wir: Die Zukunft liegt im Internet. Und nicht zuhause auf dem Küchentisch. Wie das aussieht: http://www.mainzund.de.

Heike Pohl
7 Jahre zuvor

Wunderbarer Text.
Herzlich gelacht und gedacht: Genau so ist es!

Moritz Meyer
7 Jahre zuvor

Liebe Anna, der Text ist großartig und ich finde mich in jedem Satz wieder. Ich habe mit Lokaljournalismus angefangen, dort mein Volo gemacht (meiner Meinung nach immer noch die beste journalistische Ausbildung, die man kriegen kann) und ihm nach zwei Jahren als Redakteur den Rücken gekehrt. Nach einem spannenden, aufregenden und kräftezehrenden Ausflug in die PR kam ich zu dem Schluss, dass ich wieder das machen möchte, was ich am besten kann: Die Geschichten von ganz normalen Menschen erzählen. Das mache ich jetzt wieder und es ist einfach großartig. Ich glaube nicht, dass ich je wieder als festangestellter Redakteur bei einer Zeitung arbeiten könnte. Wenn ich schon in permanenter Existenzangst leben muss, dann wenigstens mit der Freiheit, den Zeitpunkt des Untergangs selbst zu bestimmen 😉 Es geht doch nichts über gesunden Fatalismus, oder?

Lisa
Lisa
7 Jahre zuvor

Großartig!

Manfred Bartl
7 Jahre zuvor

@Davbub Dein Kommentar gibt ein schönes Beispiel dafür ab, was passiert, wenn man nichts anderes mehr liest als den Sportteil der Lokalzeitung: Der politische Horizont fällt mit der Hutschnur zusammen 🙁

Natürlich steht im Grundgesetz nichts davon, dass "mir" ein sorgenfreies Leben garantiert werden müsse – aber ich hatte schon Artikel 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 GG genannt, auf die das Bundesverfassungsgericht 2010 rekurrierte, als es das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus der Taufe hob und gesellschaftliche, kulturelle und politische Teilhabe in das menschenwürdiges Existenzminimum subsumierte. Da Teilhabe ohne Mobilität nicht denkbar ist, hat das Bundesverfassungsgericht 2014 obendrein gefordert, dass der [angeblich] "gerade noch verfassungsgemäße" Regelbedarf in puncto Energie und Mobilität baldmöglichst, ggf. auch außerhalb der regelmäßigen Inflationsanpassungen an die Realität anzupassen ist. Und die Realität ist nun einmal die Deutschlands, wo Grundrechte mit Füßen getreten werden und ein "Sozialticket" ohne Sturmlauf der Gesellschaft zum Dreifachen dessen "angeboten" werden kann, was die Zielgruppe zugeteilt bekommt.
Im Übrigen glaube ich nicht, dass ruhrbarone.de eine Umgebung wäre, in der Dein Hatespeech sonderlich fruchtet 😉

Bruno Schüttler
Bruno Schüttler
7 Jahre zuvor

Ein Supertext, Hochachtung, Insiderwissen!

manfred corzillius
manfred corzillius
7 Jahre zuvor

hy
wunderbar langes gejammer..re..mimimi.
wenn sich "journalisten"
hinter verlegern verstecken
lieber mainstream schreiben
und als lügenpresse verrecken
dann als pedagogische berichtrerstattung
allgemein realisiert werden .
da muss man sich nicht wundern…
das sich die meinungsbildung des stimmviehs RELATIVIERT ,GELL
lg mancor
ps :
nicht nur die schlauen dürfen wählen gehen.

manfred corzillius
manfred corzillius
7 Jahre zuvor

ich denke zu einer freischaltung wird es nicht kommen ,
hab nicht aufgepasst , es geht um lokalsportereignisse …also tus woher auch immer ..hat gewonnen.
aber darüber 13 seiten text krass
in diesem sinne
lg mancor

manfred corzillius
manfred corzillius
7 Jahre zuvor

kopfkino und ich sehe den freischalter ,,,ca 35 gestricker pullover beige- oder curry -farbende cordhose selbsgefälliges grinsen etwas übergewichtig aber immer am puls der zeit.
huarrr

Tonia Pöppler
7 Jahre zuvor

Danke!

Michael
Michael
7 Jahre zuvor

Bin über Turi2 hier gelandet und will auch gar nicht inhaltlich hier herumkritteln, da gibt's den positiven Aussagen der Vorredner nichts hinzuzufügen – aber diese gegenderte Schreibe ist fürchterlich. Es entstellt den Text typografisch, es stört den Lesefluss, es missachtet die gewachsene Sprache und zwingt sie in ein ideologisches Korsett. Und mal am Rande bemerkt: Negativ besetzte Begriffe werden übrigens von den Protagonistinnen dieser Schreibweise so gut wie nie gegendert…

Jo Achim Geschke
7 Jahre zuvor

Nein, Lokaljournalismus ist viel mehr, als mit Menschen zu reden, viel mehr, als hier (gut) geschildert wird. Es ist der Anfang von der Beteiligung an der Demokratie, die Möglichkeit der Mitwirkung in der Kommune, Es ist die Politik, die noch eine Gemeinde gestalten kann, trotz aller Finanz-Engpässe – und wenn es die gibt, kann der Lokaljournalist ja mal aufzeigen, warum es diese Engpässe gibt, wo es hakt bei den Zuweisungen des Bundes und des Landes. Das geht auf dem Land, das geht in der Kleinstadt, das geht … Es ist das Fehlen des politischen Denkens und der Analyse, oft durch die Chefredaktionen verursacht, die Lokalzeitungen unter anderem unattraktiv machen. Aber richtig ist,dass viel zu viele Journalisten aus den Redaktionen entlassen werden, weil die Verlage nicht auf den Wandel durch das Internet reagiert haben…. Heute lesen die meisten – auch ich – Artikel im Netz, auf dem Tablett, auf dem Smartphone. Darauf hätten Verlage schon vor 10 Jahren reagieren können! Nein: Das Lokale ist nicht eklig, es ist viel mehr …eklig ist eher die Politik der Verlagshäuser.

Markus K.
Markus K.
7 Jahre zuvor

Qualitativ ist es garnicht so schlecht bestellt um die Journalisten selbst. Soviel ist sicher. Ein paar Jahre in der Lokalpresse sind eine gern gesehene Eintrittskarte für Radio und Fernsehen. Dort wird diese Erfahrung geschätzt. Zumindest die, die ich kenne, haben in ihrer Vita einige entsprechende Stationen. Vor allem die erfahren Kollegen, die in leitenden Positionen der öffentlich-rechtlichen Regionalstudios sitzen.
Die Bezahlung bei Zeitungen war schon vor 25 Jahren mies, und ist seitdem vielerortens noch nicht einmal inflationsbereinigt gestiegen. Jedenfalls nicht für die Freien. Das ist skandalös, denn es wird an den Schwächsten gespart. Für die Redakteure sorgt die Gewerkschaft und die übrigen Lieferanten für Schreibtisch, Bürostuhl und Dach über der Redaktion werden ihren Preis schon einfordern.
Darüber hinaus verpassen sich viele Lokalzeitungen derzeit selbst und lassen einfache Lösungsansätze links liegen. So will man vielerortens so ziemlich alles verkehrt machen, was man bei dem Wandel zu digitalen Medien falsch machen kann. Die spannendste Ware, die Aufmacherartikel, landen am gleichen Tag im Gratisportal, während der, der sie bezahlt, sie erst am nächsten Tag auf dem Frühstückstisch hat. Anstatt Online-Abos zum angemessenen Preis anzubieten, der die eingesparten Kosten für Druck und Verteilung berücksichtig, kosten diese fast das gleiche wie die normale Tageszeitung. Das kommt nicht gut an.
Die Bild-Zeitung macht es meiner Meinung nach richtig. Zwar hat man es dort jahrelang genauso getrieben, doch jetzt gibt es den sanften Übergang zu kostenpflichtigem Premium-Content. Anders kann es nicht funktionieren.
Wobei: Einen Weg gibt´s noch. Macht die Tageszeitung meiner Schwiegereltern in einer niedersächsischen Kleinstadt. Online-Abo kostet zwar auch nicht drastisch viel weniger als die Print-Ausgabe, aber dafür bekommt man einfach einen Login zu den aktuellen Zeitungsseiten als PDF. Den normalen Abonnenten wird das für ein paar Münzen auch noch als Option verkauft. Ist schlicht, simpel und funktioniert. Ohne Kohle gibt´s fast garnix. Weitermachen.

Davbub
Davbub
7 Jahre zuvor

@34: "Hatespeech"? Geht es nicht noch ein wenig größer? Sie haben Rechtsextremer, Nationalist, & Islamophober vergessen… Wenigstens ein Neoliberaler sollte drin sein, denn das wäre wenigstens zutreffend gewesen.
Falls das Grundgesetz mir all die Dinge zukommen läßt, von denen Sie schreiben, dann entspricht das meiner Auffassung von einem sorgenfreien Leben. Da Sie dort anderer Ansicht sind, können Sie meinethalben weiter schwarz fahren. Ich bin jedoch der Ansicht, daß man politische Auseinandersetzungen auch poltisch und nicht durch das Begehen von Straftaten lösen sollte. Ich bin nicht der Ansicht, daß das BVG hier zuständig ist; zudem maßen sich die Verfassungsrichter immer mehr Kompetenzen an, m.M. nach ohne Auftrag. Das ist ein Fehler in unserer Gesetzgebung und im GG, der zwingend behoben gehört.
"… als es das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus der Taufe hob und gesellschaftliche, kulturelle und politische Teilhabe in das menschenwürdiges Existenzminimum subsumierte"
Das ist nicht die Aufgabe des BVG; das wäre, wenn überhaupt, die des Bundestages.
Interessanterweise hat das BVG nicht davon gesprochen, das es ein Anrecht der Gesellschaft gibt, für gewährte Leistungen Gegenleistengen zu verlangen-Money for nothing.

Ingo
Ingo
7 Jahre zuvor

Im Lokalen liegen die Chancen der TZ von morgen, ja deren Überlebenschancen, wird aber so gemacht wie immer, wie vorvorgestern, es bleibt so wie es war, schöne Beiträge – Kritik unerwünscht oftmals von Verlegerseite.

Feiner Beitrag, lesenswert, bedenkenswert, nachdenkenswert!

Ole Krüger
7 Jahre zuvor

Also ich habe immer gute Geschichten geschrieben, egal ob ein Kollege gefeuert worden ist oder wie lange ich am Rechner saß… Das zeichnet doch einen Journalisten aus. Ich versteh das Gejammer nicht. Jeder Volo hat das mitgemacht. Und wer was werden wollte, hat´s ertragen.

AnnMarie
AnnMarie
7 Jahre zuvor

Genauso ist es! Großartiger Text.

Alain
Alain
7 Jahre zuvor

Bravo, c'est un témoignage épatant.*
M'autorisez-vous à en publier une traduction en français ?

[die Autorin spricht anscheinend auch französisch, also erlaube ich mir…)]

Mareike Keiper
7 Jahre zuvor

Ganz fantastischer Beitag! Spricht mir komplett aus der Seele und das hatte ich lange nicht mehr. Lokaljournalisten sind wichtig, aber es sollte für diejenigen Berufung sein und nicht Prestige. Und es ist bitter, dass diese Arbeit so wenig geschätzt wird. Danke für den Beitrag! 🙂

trackback

[…] wunderbarer Text über den ach so elenden Lokaljournalismus. Halbwegs passend dazu ein Text der Kaltmamsell über ihre erste Zeit in einer […]

Andreas Schiro
Andreas Schiro
7 Jahre zuvor

Ein guter Artikel! Vor 15 Jahren war ich ebenfalls als Lokaljournalist unterwegs und Vieles aus dem Text kommt mir sehr bekannt vor. Guter Journalistmus wird leider selten, besonders im Lokalbereich. Betriebsblind jagen die Redakteure Abonnentenzahlen hinterher in dem sie lieber Gruppenfotos veröffentlichen, damit möglichst viele Menschen "in der Zeitung" sind statt interessante und damit lockende Bilder auszuwählen. Andere Berichte werden schlicht nicht gedruckt, damit die "schöne allgemeinstimmung" nicht getrübt wird. Besser wäre es doch, wenn interessante Berichte die Leser dazu bewegen, das Blatt zu kaufen. Ohnehin haben die meisten Blätter die Zeit verschlafen. Jetzt noch. Es zeichnet sich schon lange ab, dass Nachrichten auf Papier eher auf dem Rückzug sind – genau wie die CD oder das gedruckte Buch gegenüber USB-Sticks und Kindle-Readern. Selbst der Computer selbst ist auf dem Rückzug. Immer mehr Menschen – insbesondere Jüngere nutzen das Internet mehr und mehr mobil auf dem Handy oder via Tablet-PC.

Ob das Ganze noch zu retten ist, ist schwer zu sagen. Die Gründe für das unzweifelhaft existierende Sterben sind eben sehr vielfältig und nach meiner persönlichen Meinung muss ein völliges Umdenken statt finden. Wir – eine Handvoll engagierter Leutchen und ich – versuchen das gerade in Form eines Online-Magazines in Kombination mit Video- und Radiosendungen. Glücklicherweise machen wir das als Hobby und müssen nicht davon leben. Vielleicht ist das aber auch der Ansatz, so denken wir nicht die ganze Zeit daran, ob das was wir machen Geld bringt und können auf unser Bauchgefühl hören.

Good Luck, Lokaljournalismus!

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