Wie Deutschlands Empörungsindustrie den KI-Fortschritt blockieren will

Server der Wikimedia Foundation in mehreren Racks Foto: Victor Grigas Lizenz: CC BY-SA 3.0

Kaum taucht am Horizont so etwas wie eine technologische und wirtschaftliche Chance in Deutschland auf, meldet sich die staatlich geförderte Empörungsindustrie zu Wort.

Gemeinsam mit Friends of the Earth Ireland, Global Action Plan, Green Web Foundation, TuNubeSecaMiRio hat AlgorithmWatch eine Umfrage veröffentlicht, die von dem britischen Meinungsforschungsunternehmen Savanta erstellt wurde. Das Ziel war – wenig überraschend –: „Erfassen möglicher Bedenken in Bezug auf den Energie- und Ressourcenverbrauch in Rechenzentren.“ Und wer Bedenken sucht, findet sie natürlich:

„Fast neun von zehn Befragten (88 %) haben den Begriff ‚Rechenzentrum‘ (RZ) bereits gehört.
Knapp zwei Drittel (63 %) sind mit dem Begriff sehr oder etwas vertraut.
Mehr als vier von zehn Befragten (43 %) sind der Meinung, dass Rechenzentren in Zukunft in bedeutendem Maße zum deutschen Energieverbrauch beitragen werden.
Mehr als die Hälfte der Befragten ist besorgt, dass der Wasserverbrauch von Rechenzentren ihre Wasserversorgung (57 %) oder die umliegenden Ökosysteme (63 %) beeinträchtigen könnte.
Zwei Drittel (69 %) sind der Ansicht, dass neue Rechenzentren nur gebaut werden sollten, wenn sie ihren Strom aus erneuerbaren Energiequellen beziehen.
Fast ebenso viele (66 %) würden sogar der Maßnahme zustimmen, dass Rechenzentren nur gebaut werden sollten, wenn zu diesem Zweck neue erneuerbare Energiequellen geschaffen werden.
Nur jeder fünfte Befragte (20 %) ist der Meinung, dass neue Rechenzentren gebaut werden sollten, wenn sie mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.“

„Die Umfrage zeigt: Die Mehrzahl der Menschen macht sich Gedanken über den Strom- und Wasserverbrauch von Rechenzentren und KI-Anwendungen. Die Sorgen sind mehr als berechtigt, wenn man auf die Zahlen blickt. Schon jetzt benötigen deutsche Rechenzentren mehr als 4 % des deutschen Stromverbrauchs – und laut Schätzungen der Bundesnetzagentur bis zu 10 % des Stromverbrauchs im Jahr 2037“, sagt Julian Bothe, Senior Policy Manager AI and Climate Change bei AlgorithmWatch.

Bothe war zuvor bei der NGO „Ausgestrahlt“, deren Ziel das Ende der Kernkraft war. Bothe kann sich freuen: Mit der Kernenergie ist Schluss, Deutschland hat sich von dieser günstigen und CO₂-neutralen Form der Energiegewinnung verabschiedet und setzt auf Gas und Braunkohle. Bothes Problem gäbe es ohne Leute wie Bothe nicht: Deutschland könnte schon heute seinen Strom CO2 frei produzieren, wenn es nicht aus der Kernkraft ausgestiegen wäre.
Nun arbeitet er daran, die nächste Techbranche zu zerstören: Nun sind Rechenzentren, KI und Cloud böse. Es ist das übliche Spiel: erst Empörung, dann Prozentzahlen, schließlich die moralische Schlussfolgerung.

Dass die Zahlen von AlgorithmWatch nicht zu anderen Umfragen passen, nach denen Klima den Menschen weniger wichtig ist und die Angst vor dem wirtschaftlichen Niedergang größer geworden ist, verwundert nur auf den ersten Blick. Auch AlgorithmWatch bewegt sich auf einem Markt und muss liefern. Und wer von der Mercator-Stiftung, der Schöpflin-Stiftung, Demokratie Leben, dem Verbraucherschutzministerium und dem Umweltministerium großzügig alimentiert wird, muss Apokalypse, Tecnologiefeindlichkeit und Klimapanik liefern – sonst wird es schnell eng mit den Fördermitteln.

Kein Wunder, dass nicht die Frage gestellt wurde: „Sind Sie dafür, dass Deutschland schon wieder auf eine Zukunftechnologie und ihre wirtschaftlichen Chancen verzichtet, weil ein paar vom Staat und reichen Erben finanzierte Öko-Lobbyisten etwas dagegen haben?“ Auch die Frage : „Sind Sie bereit, wegen des Stromverbrauchs von Rechenzentren auf Netflix zu verzichten?“ hätte zu spannenden Antworten führen können.

Doch die hätte nicht ins Marketingkonzept von AlgorithmWatch gepasst.

 

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paule t.
paule t.
22 Tage zuvor

Zitat: „Mit der Kernenergie ist Schluss, Deutschland hat sich von dieser günstigen und CO₂-neutralen Form der Energiegewinnung verabschiedet und setzt auf Gas und Braunkohle.“

  1. Über Kernenergie könnte man lange diskutieren – mMn wäre sie keineswegs günstig gewesen, wenn man Unfallrisiko- und Ewigkeitskosten in die Kalkulation hineingenommen hätte, was über eine vollständige Versicherungspflicht und einen Ewigkeitsfonds ja durchaus machbar gewesen wäre. Aber da war die deutsche Gesellschaft ja so nett zu den entsprechenden Firmen, diese Risiken einfach zu übernehmen, zusätzlich zu den erheblichen Subventionen, die diese eh bekommen haben.
paule t.
paule t.
22 Tage zuvor

(Hups, jetzt habe ich versehentlich einen nur ganz teilweise fertigen Kommentar abgeschickt …
… weiter zur Kernenergie:)

  1. (Fortsetzung:) Aber die Diskussion ist auch eh obsolet, denn der Ausstieg ist nun mal vollzogen (übrigens aufgrund eines Gesetzes einer schwarz-gelben Regierung, während ein grüner Wirtschaftsminister ihn noch etwas verzögerte) und ein Wiedereinstieg würde sich keineswegs lohnen. Das sieht man auch daran, dass die Energieunternehmen an einem Wiedereisntieg exakt null Interesse haben. Und Kernenergie mit ihrer schlechten Regelbarkeit wäre als Ergänzung zu den Erneuerbaren auch wenig geeignet.
  2. Braunkohle: Im Jahr 2024 betrug die Gesamt-Stromerzeugung (d.h. inkl. industrieller Eigenproduktion) aus Braunkohle 72,8 TWh, 2014 waren es noch 144,3 TWh. Die Stromerzeugung ist also in den letzten 10 Jahren um knapp 50% gesunken und befindet sich auf dem iedrigsten Stand seit 1990 (so weit reicht meine Quelle zurück), wahrscheinlich aber noch viel länger. Absehbar wird sie noch weiter sinken, schließlich ist hier der Ausstieg beschlossene Sache.
  3. Gas: Da ist die Lage etwas komplizierter. Zwar steigt hier die installierte Leistung, weil Gas noch als Lückenfüller für die Erneuerbaren gebraucht wird. Die tatsächliche Stromerzeugung aus Gas ist dagegen seit einem Maximum mit 91,7 TWh im Jahr 2020 wieder auf 72,9 TWh 2024 gesunken (wieder inkl. Eigenproduktion). Das wird noch schwanken, je nachdem wie gut die Ergebnisse für die Erneuerbaren sind; tendenziell wird die Stromerzeugung aus Gas aber absehbar sinken, weil erstens die Erneuerbaren selbst weiter ausgebaut werden werden und Speichertechnologien einen Preisverfall erleben werden und vor einem massiven Ausbau stehen (die entsprechenden Stellen können die Anträge für Großbatteriespeicher gar nicht schnell genug bearbeiten – die Dinger lohnen sich einfach im Zusammenspiel mit den Erneuerbaren). Dadurch wird Gas einfach weniger gebraucht werden.
  4. Was tatsächlich steigt, ist die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien: Wind (Onshore + Offshore) von 57,4 TWh (2014) auf 136,2 TWh (2024) – eine Steigerung um 137%. Photovoltaik (EEG-Netzeinspeisung, sonstige Netzeinspeisung und Eigenverbrauch zusammen) von 34,8 TWh (2014) auf 72,6 TWh (2024) – eine Steigerung um 109%. Und im aktuellen Jahr ist die Produktion noch mal massiv gestiegen und liegt jetzt schon bei 80,6 TWh, obwohl November und Dezember noch fehlen (die freilich naturgemäß auch nicht sehr viel Solarstrom beitragen). Und bei beiden Technologien, besonders der Solarenergie, gibt es noch großes Ausbaupotenzial. Gut für den Strompreis, denn Ernuerbare sind nach den Anfangsinvestitionen jetzt einfach billig.

Und jetzt meine Frage: Nach welcher Mathematik ergibt sich aus diesen Zahlen die oben zitierte Schlussfolgerung, dass Deutschland „auf Gas und Braunkohle“ setze? Das Gegenteil ist offensichtlich der Fall.

Einen Punkt will ich zugestehen: Vielleicht wäre es klimapolitisch sinnvoll gewesen, die bestehenden Atomkraftwerke noch ein paar Jahre länger laufen zu lassen, solange es eben sicherheitstechnisch vertretbar gewesen wäre. Aber wie gesagt: Der Käse ist gegessen.

Und was die angesprochenen Rechenzentren angeht, spricht sich die Organisation bei ihrer Interpretation der Umfrageergebnisse ja gar nicht gegen Rechenzentren aus, sondern nur für die Bedingung, dass es einen entsprechenden Zubau erneuerbarer Energien geben soll. Was erstens machbar und zweitens, auch inkl. notwendiger Speichertechnologien, absehbar billiger sein wird als die Alternativen. Also kein Grund für den Alarmismus, der den Artikel durchzieht.

Immerhin gibt es einen guten Witz zum Schluss, nämlich mit den alternativen Umfrage-Fragen. Noch suggestiver geht’s ja gar nicht. Aber klar, gleichzeitig diese Umfrage kritisieren, weil sie angeblich gewünschte Ergebnisse produziert habe.

Timon
Gast
Timon
21 Tage zuvor

Ich habe mir jetzt beide Umfragen (Umweltbundesamt und Algorithmwatch) angeschaut und frage mich ernsthaft, wo die eine „nicht zu [den] anderen [Umfragen] pass[t]“. Würde mich über eine Antwort des Autors.

Konnte auch nirgendwo herauslesen, dass „Rechenzentren, KI und Cloud“ per se etwas Schlechtes seien. Mir scheint, es geht darum, wie die Dinger betrieben werden. Andere Länder machen vor, wie man sowohl moderne als auch weitgehend saubere Industrie haben kann. Aber wir machen lieber unsere Solarindustrie kaputt, setzen weiter auf Verbrenner und wundern uns dann, dass Solarzellen und Elektroautos aus China kommen.

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