
Mit Chris Rea ist gestern einer jener Musiker gestorben, die nie den Anspruch hatten, die Welt anzuschreien – und sie gerade deshalb erreicht haben. Sein Tod im Alter von 74 Jahren markiert für mich nicht nur das Ende eines beeindruckenden Künstlerlebens, sondern auch einen sehr persönlichen Einschnitt.
Reas Arbeiten gehörten für mich zu jener Musik, die mich in einer prägenden Phase meines Lebens begleitet hat.
Die erste LP und ein bleibender Klang
Eine meiner ersten LPs trug in den 1980er-Jahren seinen Namen. Sie stand nicht im Regal wie eine Trophäe, sondern eher wie ein stiller Begleiter. In den 1990er-Jahren hatte ich das Glück, erste Konzerte von ihm unter anderem in Münster miterleben zu dürfen. Letztmalig sah ich ihn dann 2010 in der Westfalenhalle in Dortmund live. Chris Reas Musik war nie aufdringlich, nie dominant – sie war da, wenn man sie brauchte. Und manchmal genau dann, wenn man selbst noch nicht wusste, wonach man eigentlich suchte. Seine rauchige Stimme, die warme Gitarre, diese Mischung aus Blues, Melancholie und Understatement – all das traf einen Nerv, den andere nie fanden.
On the Beach – mehr als ein Welthit
Mit On the Beach schrieb Chris Rea einen Welthit, der für mich bis heute sein wichtigstes Vermächtnis bleibt. Ein Lied über Sehnsucht, Rückzug und innere Ruhe, das sich jeder schnellen Vereinnahmung entzieht. Es ist zeitlos, weil es nichts erzwingen will. Wichtiger jedenfalls als das oft zitierte Driving Home for Christmas, das seinen festen Platz im kollektiven Gedächtnis hat, aber aus meiner Sicht nie diese Tiefe erreichte. On the Beach ist kein Song für eine Jahreszeit – sondern für Lebensphasen.
Krankheit, Würde und Durchhalten
Um die Jahrtausendwende wurde Chris Rea schwer krank. Seine Bauspeicheldrüsenerkrankung und der offene Umgang damit haben mich nachhaltig beeindruckt. Da war kein Pathos, kein Rückzug ins Schweigen, sondern eine stille Tapferkeit. Er machte deutlich, dass Kreativität und Verletzlichkeit keine Gegensätze sind. Dass Stärke oft darin liegt, sich nicht größer zu machen, als man ist.
Distanz und bleibende Nähe
In den letzten zwei Jahrzehnten habe ich seine Karriere nicht mehr so intensiv verfolgt wie zuvor. Das Leben schob anderes in den Vordergrund. Und doch blieb diese Verbindung. Manche Künstler verschwinden aus dem Alltag, ohne je wirklich zu gehen. Chris Rea war so einer. Sein Tod fühlt sich an wie das Verstummen einer Stimme, die immer im richtigen Abstand sprach.
Was bleibt
Seine Musik bleibt. Und mit ihr all die Erinnerungen, die sich an sie geknüpft haben. Chris Rea war kein Soundtrack für den Augenblick, sondern für das Dazwischen. Für Übergänge, Zweifel, stille Hoffnungen. Er war Teil meiner Geschichte. Und das wird er bleiben.
