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Trojaner-Skandal: „Lieber Konstantin von Notz, liebe Grüne!“

Konstantin von Notz Foto: Martina Nolte / Creative Commons BY-SA-3.0 de , via Wikimedia Commons

Stefan Meiners, Blogger und Mitglied der Grünen, hat einen offenen Brief an grünen Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz geschrieben.

Ich muss gestehen: Offene Briefe sind nicht so meines. Aber ich glaube in diesem Fall muss das sein und ich muss Euch mal fragen, was eigentlich los ist!

Lieber Konstantin von Notz,

Du twitterst heute morgen folgenden Tweet:

Aber es weiß derzeit niemand genau,was, wann,wer wusste.Insofern brauchts für seriöse Rücktrittsforderung schon konkreteFakten

Das ist bemerkenswert und schürt in mir die Angst, dass die Grünen inzwischen wie alle anderen Parteien zu werden drohen – von den Piraten abgesehen.

Als das Theater mit dem Staatstrojaner Fahrt aufnahm, war ich einer der ersten Grünen, der ein sehr deutliches Statement platziert hat. Mir war das Risiko bewusst, dass ich einer Falsch- oder Fehlinformation zum Opfer fallen könnte, aber ich vertraute auf den CCC.

In der Folge war ich vermutlich einer der Ersten, der konkrete Rücktrittsforderungen formulierte, und zwar an:

  • Zierke
  • Friedrich
  • de Maizière
  • Schily
  • Schäuble

Du bist jetzt der Meinung, dass die Faktenlage dies nicht hergibt. Und ich frage mich: Was für Fakten braucht es eigentlich noch?

Schauen wir uns das Desaster doch ein Mal an: Aus mehreren Bundesländern wissen wir von dem Einsatz des Bundestrojaner. Einige Bundesländer streiten (noch?) ab, aus anderen kommen bisherunbestätigte Berichte. Aus Bayern lernen wir, dass der Trojaner natürlich nicht nur gegen “schwerste Formen der Kriminalität” eingesetzt wird oder zumindest wurde.

Unser Bundesinnenminister Friedrich (CSU) sagt aktuell:

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat die Länder aufgefordert, die als Staatstrojaner bekannt gewordene Spähsoftware nicht weiter einzusetzen. Das Programm sollte nicht verwendet werden, solange es mehr könne als gesetzlich zulässig sei, sagte der CSU-Politiker im Deutschlandfunk.

Das stellt drei Dinge über jeden Zweifel:

  1. Wir wissen, dass der Bund (BKA und IM) keine Ahnung haben, wo der Staatstrojaner im Einsatz ist.
  2. Der Bundesinnenminister (sic!) ist sich der rechtlichen Unzulässigkeit bewusst.
  3. Eine Unwissenheit des Bundesinnenminister im Vorfeld kann ausgeschlossen werden.

In den aktuellen “Ermittlungen” der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands gegen die Bundesregierung stellte sich ein weiterer Fakt Besorgniserregend dar. Demnach, so berichtet die Wirtschaftswoche, ist der vermutlich bundesweit tätige Lieferant “Digitask” eine Tochter der Deloitte.

Zum Einen ist wohl der Chef von Digitask 2002 wegen Beamtenbestechung verurteilt worden. Hier ist fraglich, wie einem solchen Unternehmen vom Staat weiter Aufträge erteilt werden können. Aber das beantwortet dann Deloitte, die nach einer Pressemitteilung einen Unternehmensbeiratgründeten, der unter anderem ein prominentes Mitglied hat:

  • Dr. h.c. Otto Schily, ehem. Bundesminister des Innern

Otto Schily nun ist, wenn man dem Archiv der Welt glauben mag, der “Erfinder” des Staatstrojaners.

Also noch mal: Schily sitzt in einem Unternehmensbeirat eines Unternehmens, dessen Tochter von einem verurteilten Straftäter geführt wird, dessen Straftat es war Beamte zu bestechen und der heute in großem Umfang Spionagesoftware an Beamte verkauft.

Muss ich jetzt wirklich noch erklären, woraus sich die Rücktrittforderungen gegen die weiteren genannten Personen zwingend ergibt? Muss ich wirklich das Bild vom Fisch bemühen, der vom Kopf her stinkt?

Tatsache ist, dass die genannten Personen maßgeblichen Anteil am Abbau des Rechtsstaates haben. Und machen wir uns nichts vor: Es ist bekannt, dass Überwachungstechniken, so sie verfügbar sind, auch genutzt werden.

Deutschland braucht einen Neuanfang.

Ziel dieses Neuanfangs muss es sein, dass der Staat sich das Vertrauen der Bürger wieder verdient. Und ein solcher Neuanfang kann nicht mit Personen wie den genannten in verantwortlicher Position und geschützt vor rechtsstaatlicher Verfolgung geschehen!

Von daher fordere ich Dich und alle anderen Grünen auf:

Steht endlich auf!

Fordert endlich Rücktritte der Verantwortlichen!

Fordert endlich richtige Ermittlungen gegen Politiker und Geschäftsleute die die freiheitlich demokratische Grundordnung unseres Landes aktiv untergraben und aushöhlen!

Schließen möchte ich mit einem Zitat von @TDecius, dem nichts mehr hinzu zu fügen ist:

#Friedrich, ich will kein “dann lassen wir es erstmal” hören. Ich will Köpfe, viele Köpfe!#cdu– #csu

 

Herzlich,
Stefan Meiners

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Johannes
Johannes
12 Jahre zuvor

Also mal ganz ehrlich: Das hier ist echtes Fefe-Niveau. Eigentlich den Ruhrbaronen unwürdig, weshalb es mir weh tut das überhaupt zu kommentieren. So lange die Aufklärung noch nicht vorbei ist sollte man sich hüten über Rücktrittsforderungen zu sprechen, wobei ich mittlerweile denke, dass der bayrische Innenminister zurücktreten sollte. Bei den Restlichen hier genannten ist doch nicht mal klar, ob und wie weit sie involviert waren.

Oh und zu Deloitte: Die Firme hat seit 2006 NICHTS mehr mit DigiTask zu tun. Das ist einfach nur schlecht recherchiert und von anderen Quellen übernommen worden. Davor hat die Firma einige Unternehmensanteile übrigens nur treuhänderisch verwaltet. (Dazu mehr hier: https://www.wiwo.de/technik-wissen/auf-der-spur-des-trojaners-484728/)

Viele Grüße
Johannes

Robin Patzwaldt
Robin Patzwaldt
12 Jahre zuvor

Das die Grünen von den ‚Altparteien‘ im Überregionalen kaum noch zu unterscheiden sind, das ist leider auch meine Beobachtung. Für mich persönlich führte und führt das in letzter Zeit zu einer gewissen Ernüchterung und leichtem bis mittlerem Frust.
Andererseits ist dauerhaftes Rebellentum natürlich wohl auch nicht förderlich, wenn es um die Verteilung schöner Posten und Ämter geht. Dieses Karrieredenken hat sich wohl auch bei den Grünen inzwischen leider sehr verbreitet.
Das dürfte dann zukünftig auch den Piraten noch bevorstehen, wenn sie denn überhaupt so lange dasbei bleiben, bis dieser Effekt einsetzen kann…

Robin Patzwaldt
Robin Patzwaldt
12 Jahre zuvor
Flusskiesel
12 Jahre zuvor

Eines verstehe ich nicht:
Wenn Landesbehörden oder der Zoll rechtswidrig Trojaner einsetzen, was hat dann der Bundesinnenminister damit zu tun?
Wieso kann die „Unwissenheit des Bundesinnenminister im Vorfeld […] ausgeschlossen werden.“?

Stefan
12 Jahre zuvor

@4Flusskiesel
Die Einführung von Trojanern war immer ein Lieblingskind der BMI. Dazu kommt, dass Polizei zwar Ländersache ist, ein solcher Sachverhalt aber nicht zu letzte durch das BVerfG-Urteil (das ja Gesetzescharakter hat) zu einer Bundessache wurde.

Frank
12 Jahre zuvor

Ich unterstütze den Aufruf von Stefan Meiners. Weil der Befund skandalös ist. Und weil es nicht unsere Aufgabe ist, hier en detail zu klären, wer wann was nicht gewusst hat.

Je schwerwiegender die Tat, desto höher die Funktion, die das zu verantworten hat. „Nicht wissen“ schützt hier keinesfalls vor Verantwortung und Rechenschaft. Es ist Aufgabe der Genannten, zu wissen, was unter ihrer Herrschaft vor sich geht.

Wer jetzt erstmal „die Ermittlungen abwarten“ will, outet sich als Bürokrat vom Stile eines OB Sauerland.

Flusskiesel
12 Jahre zuvor

@Stefan:
Also die LKAs bauen Scheiße und der BMI soll dafür büßen?

Oder meinst Du etwa, das BVerfG hat den BMI dazu verurteilt, über die Aktivitäten der LKAs Bescheid zu wissen?

Ich verstehe den Zusammenhang immer noch nicht. Was hat der BMI damit zu tun, wenn Landesbehörden Trojaner einsetzen?

Der Harri
Der Harri
12 Jahre zuvor

@ Johannes

„So lange die Aufklärung noch nicht vorbei ist sollte man sich hüten über Rücktrittsforderungen zu sprechen“

Um es mit einem Zitat eines ehemaligen DFB-Bundestrainer zu zu kommentieren:

“ Ich kann diesen Scheiss nicht mehr hören“!

Ja, wir warten. wir warten mal ein paar Tage ab, wir warten mal ein paar Wochen, Monate, Jahre ab – jedenfalls solange, bis kein Mensch mehr weiss, warum es eigentlich ging. Genau davon leben diese „Volksvertreter“ doch – auch wenn der Satz „Unschuldig bis zur Verurteilung“ wichtig und richtig ist.

@ Stefan

„Die Einführung von Trojanern war immer ein Lieblingskind der BMI. Dazu kommt, dass Polizei zwar Ländersache ist, ein solcher Sachverhalt aber nicht zu letzte durch das BVerfG-Urteil (das ja Gesetzescharakter hat) zu einer Bundessache wurde.“

Für einen “ Journalisten mit Anspruch“ ist diese Hampelei ja wohl ein Armutszeug!

Der konkreteLink zum Innenminister/Finanzminister ergibt sich aus der Analyse des CCC resp. den konkretisierenden Einlassungen des Anwalts des Überwachten: Der in Frage stehende Laptop soll im Rahmen einer Überprüfung auf dem Müchener Flughafens von Zoll/Zollfahndern infiziert worden sein – also von Bundesbehörden.

Flusskiesel
12 Jahre zuvor

@Der Harri
Eben. Es gibt einen Link zum Finanzminister und nicht zum Bundesinnenminister.

Ich möchte hier wirklich den Friedrich hier wirklich nicht in Schutz nehmen, aber einfach jemanden für etwas verantwortlich zu machen, für das er – beim jetzigen Stand der Informationen – nicht verantwortlich ist, finde ich falsch.

trackback

[…] Der Trojaner zeigt, warum wir die Piraten in den Parlamenten brauchen (Ruhrbarone) – Siehe auch den offenen Brief an Konstantin von Notz (Grüne). […]

b@7dur0n
b@7dur0n
12 Jahre zuvor

und was ist mit uhl? der stellt sich doch als jurist! allen ernstes hin und verteidigt den rechtswidrigen einsatz der software. der sollte nicht zurücktreten, sondern rausgeschmissen werden mit dem verbot öffentliche ämter anzunehmen, seinen beruf auszuüben und der streichung sämtlicher öffentlicher bezüge und transferleistungen.
gibt es denn eigentlich eine ernstzunehmende vereinigung oder verband von juristen? warum kommt von dort kein aufschrei?

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