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Am deutschen Wesen…

Commodore PET Foto: Rama Lizenz: CC BY-SA 2.0 fr

Über alle Parteigrenzen hinweg stellt die Politik an sich selbst und das Land höchste Ansprüche: Deutschland soll Vorreiter bei der Umstellung der Industrie auf Wasserstoff werden, mit Unterstützung des Staates will man mit die Autoindustrie auf Elektromobilität umstellen und die Energieversorgung vollständig auf Wind und Solar. Andere Ziele wie die Schaffung des Weltfriedens, die Lösung des Nahostkonflikts und ein Marshall-Plan zur Demokratisierung der Welt mögen gerade in der Öffentlichkeit nicht allzu präsent sein, schwingen jedoch im Hintergrund immer mit. All diese Vorhaben werden von großen Mehrheit der Bevölkerung geteilt – zumindest wenn sie den Lebensstil nicht beeinträchtigen, was man etwas naiv nennen darf. „Und es mag am deutschen Wesen,  Einmal noch die Welt genesen“ dichtete einst Emanuel Geibels in seinem Werkchen „Deutschlands Beruf“ und brachte damit die diesem Land und seinen Menschen innewohnende Hybris treffend auf den Punkt.

Während Deutschland all diese Ziele fest und ohne jede Ironie, denn  Humor ist der Teutonen Sache bekanntlich nicht, ins Auge gefasst hat, stellt sich die Lage des Landes in der Laufenden Pandemie etwas anders da: Der digitale Schulunterricht verläuft Katastrophal, die  Gesundheitsämter sind kaum vernetzt. 26 Jahre nachdem das Internet auch hierzulande seinen Durchbruch erlebte ist das eine maue Bilanz. Und es ist nicht nur der Staat, der versagt. Viele Bürger stellen fest, dass ihre Leitungen nicht ausreichen und ihre Computer überaltert sind.

Zehntausende der Menschen, die all diese Wunderwerke vollbringen sollen, ziehen demonstrierend durch die Straßen. Sie glauben entweder nicht, dass es Corona gibt, sind überzeugt davon, dass Bill Gates ihnen einen Chip einpflanzen will oder möchten in einer Welt ohne Gene leben.

Der Bundesverkehrsminister weiß nicht, was ein Browser ist, Tausende wollen Unternehmen wie Biontech die Patente stehlen, auf das auch die  letzten Wissenschaftler und Ingenieure das Land verlassen und Reiter transportieren Druckdaten schneller als Internetleitungen.

Ich bin sehr dafür, dass man sich  ambitionierte Ziele  setzt. Kennedy hat das getan, als er die Mondlandung anging, Steve Jobs als er den ersten Mac auf den Markt brachte und Elon Musk als der Tesla gründete.

Aber ich schätze auch Realismus: Einem Land, dass sich seit Wochen Mitten in einer Pandemie einen Blindflug erlaubt, weil es nicht in der Lage ist, etablierte Technologien einzusetzen, die man in jedem Elektronikmarkt kaufen kann, wird seine hochgesteckten Ziele nicht erreichen. Sie werden sich als das erweisen, was sie sind: Erzählungen ohne jeden Bezug zur Wirklichkeit.

 

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Berthold Grabe
Berthold Grabe
3 Jahre zuvor

Ein schönes Beispiel für eine für mich kürzlich neue errungene Erkenntnis.
Der entscheidende Faktor für fortschritt und Wohlstand ist nicht Wissen, sondern Erkenntnis.
Das Wissen über die Technik istl ange vorhanden, es fehlte aber die Kenntnis an zu vieln Stellen über ihre Bedeutung jenseits vom üblichen Marketinggeschwätz.
Deutschland ist eine wissensreiche aber erkenntnisarme Gesellschaft, weil wir zu einsetiig auf Wissen setzen und die Erfahrung unterschätzen, die Wissen erst erkenntnisreich macht.
qualifizierende Erfahrungen sind in Deutschland mittlerweile reiner Zufall oder persönliches Talent.
Was im Übrigen auch erklärt, warum unsere Bildungssysteme eine zunehmend soziale Undurchlässigkeit entwickeln. Wer bestimmte Erfahrungswissen von Haus auch nicht mitbringt, bleibt Chancenlos, weil das Bildungssystem dessen Fehlen nicht ausgleicht.
Es erklärt auch die virulent sich verbreitende dumme Arroganz von Abiturienten, die nur Erfahrungen zum Wissenerwerb mitbringen, aber sonstige Kompetenzen auffällig häufig vermissen lassen.
Der unreflektierte Glaube an Logik, die ebenfalls wenig Wert ist, wenn sie lediglich auf Wissen, aber nicht breiter Erfahrung gründet, erklärt warum wir unsere Erkenntnisschwäche nicht oder nur unzureichend wahrnehmen.
Als Beispiel seidie Sturmflut in Hamburg genannt, beider Helmut Schmidt erfolgreich war, weil er sein Wissen um tiefe Erfahrung über katastrophale Bedingungen ergänzen konnte.
Etwas was dem heutigen Führungspersonal in der Coroanpandemie eklatant fehlt.
Es bleibt lediglich eingefrorene Erfahrung in Form von institutioneller Vorgehensweisen, deren Wert aber im Zeitablauf abnimmt durch stetig veränderte Rahmenbedingungen und weil sie viel zu statisch sind.
Deshalb nimmt auch die Bürokratie überproportional zu, um fehlende Erkenntnisfähigkeit durch tradiertes Wissen zu kompensieren.
Und es erklärt, warum bei den aktuell zukunftsbestimmenden Erfolgsfaktoren Deutschland eine so geringe Rolle spielt und selbst als Kundenstatt Entwickler bei der Umsetzung vor Ort versagen.

paule t.
paule t.
3 Jahre zuvor

Zitat: "Ich bin sehr dafür, dass man sich ambitionierte Ziele setzt."

Yeah, sure. Nur wenn es jemand tut und man diese Ziele aus irgendwelchen Gründen nicht teilt (wie die am Anfang des Artikels) genannten, muss man sie natürlich ganz dringend als Nationalismus verleumden. Denn klar, wer heute für erneuerbare Energien ist, ist quasi dasselbe wie ein heutiger Emanuel Geibel … Voll logisch.

Ich frage mich übrigens immer, warum ausgerechnet Leute, die idR die USA toll finden, so gerne links und/oder ökologisch orientierten deutschen Politikern eine angedichtete Haltung "Am X-Wesen soll die Welt genesen" vorwerfen. Dort ist eine entsprechende Haltung heutzutage wohl viel verbreiteter (und ich will das gar nicht werten, hat ja alles seine historischen Gründe). ZB habe ich mir einen guten Teil der Debatten am 6. Januar im Kongress angeschaut … fast kein Redner ist ohne Verweis entweder auf die vorbildhafte Rolle der USA für die Welt oder allgemein die außerordentliche Großartigkeit dieser Nation ausgekommen. So etwas habe ich zu meinen Lebzeiten noch in keiner deutschen Debatte auch nur annähernd gehört.

Bebbi
Bebbi
3 Jahre zuvor

Nun, was ist wohl das ambitionierte Ziel bei Tesla? Ist ein weiteres unnötig großes und ressourcenverbrauchendes Kfz.

Adam Schmidt
Adam Schmidt
3 Jahre zuvor

@ Stefan Laurin

spürst du nicht selber den Schmerz, wenn du so etwas schreibst:

"OB es nötig ist oder nicht entscheidet der Markt." Stefan Laurin

Berthold Grabe
Berthold Grabe
3 Jahre zuvor

@6
Ob etwas nötig ist oder nicht wird aber durch Märkte entschieden die stark durch ökoomisches Interesse gesteuert sind und erst dann durch Angebot und Nachfrage. Der Marktbedarf ist also nur noch das letzte und nicht das erste Kriterium am Markt.

paule t.
paule t.
3 Jahre zuvor

Malaria-Medikamente sind viel weniger wichtig als Viagra oder Abnehmmittel.
Das hat der Markt so entschieden.

Adam Schmidt
Adam Schmidt
3 Jahre zuvor

@ paule t.

"OB es nötig ist oder nicht entscheidet der Markt." Stefan Laurin

Du hast ein Kind, und willst nicht, dass es stirbt. Dann klagst du gegen deine Krankenkasse, damit sie dem Hersteller von "Zolgensma" jeden Betrag zahlt …

aber halt! …dem Hersteller von "Zolgensma" fällt noch etwas Besseres ein:

wir losen um das Leben deines Kindes …

Helmut Junge
Helmut Junge
3 Jahre zuvor

Stefan Laurin, DDT gegen Mücken zu benutzen ist längst nicht mehr das Mittel der ersten Wahl. DDT ist wie ein Hammer, um einen Pickel im Gesicht zu beseitigen. Da macht man sich schon Gedanken darüber, ob es nicht bessere Lösungen gibt. Heute produzirt man unfruchtbare Mückenmännchen in riesiger Zahl, und die Mückenweibchen gehen meist leer aus,
Früher, als noch nichts als giftig galt, hab ich auch mit der Flit-Spritze gegen Mücken gekämpft. Heute jammern alle, daß es keine Mücken mehr auf der Windschutzscheibe gibt. Insofern gibt es auch keine Flit-Spritzen mehr. Keine Mücken, keine Flit-Spritzen. Das ist der Markt. Aber nur in diese Richtung. Warum die Fluginsekten verschwunden sind, interessiert den Markt nicht. Einzig die Erhaltung einer einzigen Art, die Honigbiene ist marktrelevant. Und das ist viel zuwenig. Der Markt arbeitet betriebswirtschaftlich und nicht volkswirtschaftlich.

DAVBUB
DAVBUB
3 Jahre zuvor

@8: Zumindest für D ist das ja auch so. Die Malariagefahr ist m.W. hierzulande nicht so hoch. Adipositas und Erektionsstörung hingegen sind weit verbreitet.
@10: Die Nachfrage nach dem Medikament ist höher als das Angebot: Wie würden Sie das denn zuteilen?

DAVBUB
DAVBUB
3 Jahre zuvor

Zolgensma ist nun ja nicht die einzig mögliche Behandlung bei SMA. Allerdings hat das Mittel den Vorteil, daß es -während der ersten beiden Lebensjahre gespritzt – jede weitere Therapie überflüssig macht. Die lebenslangen Kosten aufsummiert, die die gängigen Medikamente, Pflegekosten, Krankenhausaufenthalte , Fahrkosten, Lohnausfall der Eltern etc. verursachen, werden wahrscheinlich nicht viel weniger ausmachen. Von daher wäre es für die Krankenkassen ein gutes Geschäft, das Medikament als Regelleistung anzubieten. Es sichert zwar immer den Beifall des moralisch temperierten Publikums, wenn man einem Wirtschaftsunternehmen vorwirft, Gewinne erwirtschaften zu wollen (und in diesem Fall als Aktiengesellschaft zu müssen), ist aber wenig zielführend: Kein Forscher, Laborant, MTA oder andere arbeiten umsonst. Und den Ruhri möchte ich sehen, der seine Ersparnisse in ein Unternehmen steckt, das Forschung mit ungewissem Ausgang betreibt und im Vornherein auf Gewinne verzichtet.

paule t.
paule t.
3 Jahre zuvor

Unabhängig davon, ob DDT heutzutage noch ein gutes Mittel zur Mückenbekämpfung ist oder nicht (Ihren zwanghaften Seitenhieb auf "Ökohysteriker" ignoriere ich einfach mal), braucht man immer noch Medikamente.
"Der Markt" produziert aber nicht die Medikamente, die viele Menschen brauchen, sondern diejenigen, die Menschen mit Geld haben möchten. Deswegen, und zum Glück, gibt es eben noch reichlich andere Stellen, die Medikamentenforschung finanzieren, und eben nicht nur die Budgets der Pharmafirmen selbst.
Und auch das DDT zur Mückenbekämpfung wurde größtenteils mit Sicherheit nicht vom "Markt" bzw. Privatunternehmen versprüht, sondern von staatlichen Stellen oder NGOs.

Der Markt ist ja für viele Zwecke ein praktikables Instrument. Aber ihn derart naiv als beste Entscheidungsinstanz für alles anzupreisen …

Adam Schmidt
Adam Schmidt
3 Jahre zuvor

@ DAVBUB

DAVBUB: "Die Nachfrage nach dem Medikament ["Zolgensma"] ist höher als das Angebot: Wie würden Sie das denn zuteilen?"

wer am meisten zahlt, der darf leben … die anderen haben es einfach nicht verdient:

"OB es nötig ist oder nicht entscheidet der Markt." Stefan Laurin

Helmut Junge
Helmut Junge
3 Jahre zuvor

Was Malaria betrifft, gibt es da nicht das chloroquin als Medikament? Damit hat man doch versucht, auch covid 19 zu bekämpfen.
Ich habe Hoffnung auf neue Wege, die durch die neue Genschere Crispr cas möglich werden.
Gentechnologie! Daß ich immer schon dafür war, hat damals meine grünen Parteifreunde mächtig erschreckt. Sogar die Realos. aber man lernt ja dazu.

DAVBUB
DAVBUB
3 Jahre zuvor

@15: Jetzt verstecken Sie sich aber hinter Herrn Laurin. Meine Frage war, wie Sie das Medikament ganz konkret verteilen würden, wenn Sie dafür verantwortlich wären?

Adam Schmidt
Adam Schmidt
3 Jahre zuvor

@ DAVBUB

ich hab’s Ihnen doch gesagt, ich würde es so machen, wie Stefan Laurin es erklärt: der Markt regelt das! Wer am meisten zahlt, bekommt "Zolgensma", darf weiterleben. Wer nicht genug zahlen kann, hat auf dem Markt nichts verloren: "OB es nötig ist oder nicht entscheidet der Markt." Stefan Laurin

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