Die Unsicherheit um die Sicherheit unserer Stromversorgung

Unser Gastautor Manuel Frondel über die künftige Unsicherheit der Stromversorgung. Manuel Frondel ist Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter des Bereichs Umwelt und Ressourcen am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Essen.

Eines ist sicher: Strom kommt aus der Steckdose. In Deutschland praktisch rund um die Uhr. Doch mit dieser Sicherheit dürfte es bald vorbei sein: Der rasante Zubau an Erneuerbaren-Kapazitäten führt nach dem jüngsten Monitoringbericht der Bundesregierung „zunehmend zu strukturellen Problemen und Risiken für die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland“ (BMWi 2011: 23), auch weil der Ausbau der Stromnetze nur schleppend verläuft. Die Erosion der Netzstabilität und die Erhöhung der Unsicherheit unserer Stromversorgung würden noch beschleunigt, wenn einige der normalerweise rund um die Uhr im Einsatz befindlichen Atomkraftwerke als Folge des Reaktorunfalls in Japan nach dem dreimonatigen Moratorium für immer abgeschaltet blieben.

Dadurch würde das Risiko von Atomunfällen allerdings ebenso wenig gesenkt wie durch die derzeitige temporäre Abschaltung der sieben Atommeiler, denn auch im abgeschalteten Zustand ist die Möglichkeit einer Kettenreaktion unverändert gegeben. Eine Verringerung des Risikos erreicht man nur, indem mehr in Sicherheit investiert wird, um etwa den Ausfall von Kühlsystemen im Fall von Erdbeben zu verhindern. Denn: Die Kühlung der Brennstäbe ist essentiell, gleich ob der Reaktor an- oder abgeschaltet ist. Doch welcher AKW-Betreiber investiert noch in höhere Sicherheitsmaßnahmen, wenn die Politik das Abschalten seines Meilers vorschreibt? Paradoxerweise ist folglich allein bei Weiterbetrieb der AKW ein Mehr an Sicherheit möglich, falls dies nach den Überprüfungen der Atommeiler eingefordert würde.

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Gott ist tot und das StadtKind Essen lebt

Gott ist tot und das StadtKind Essen lebt weiter – wenn auch nicht am altbekannten Standort gegenüber des Essener Uni-Campus, sondern als Veranstalter/Kreativbüro von Ex-Cafe/Bar-Klub-Betreiber Alexander Tillmann. Die eigene Singer/Songwriter-Reihe „Melodica“ macht den Auswärts-Auftakt und feiert ihre sechste Ausgabe am morgigen Freitag, 15 April, um 19.30 Uhr (Einlass ab 18.30) im Goethe-Bunker in Essen-Rüttenscheid.  Von unserer Gastautorin Tiffy von Bösefeld

Für das Konzert schlüpft Frau Giesen wieder in die Rolle der Klassenlehrerin, die zwei bekannte Newcomer zum Nachsitzen verdonnert hat.

Florian Ostertag (für alle Nichtmelancholiker, die es leise mögen), der sich mit den Support-Shows für Philipp Poisel einen Namen gemacht hat und als sein Support Captain’s Diary alias Sebastian Müller (28) aus Oberhausen, für den der Auftritt gleichzeitig Releaseparty des neuen Albums ist, das auf dem Label „Retter des Rock“ erscheint.

Wie im Vorfeld verraten wurde, wird die Klassenlehrerin sich mit ihren „Belehrungen“ zurückhalten und die Musik für sich sprechen lassen. Nicht so beim Eintritt, den sie eintreibt und abhakt: Sechs Euro gehen sowohl im Vorverkauf, als auch an der Abendkasse in die Klassekasse. Zu späterer Stunde treten im Goethebunker „Deichkind“ auf, es gibt die Möglichkeit für beide Veranstaltungen ein Kombi-Ticket zum Preis von 15 Euro zu erwerben.

Reservierung für die  „Melodica – die etwas andere Musikstunde“ mit Florian Ostertag und Captain’s Diary im Goethe-Bunker, Goethestr. 67:  ti*****@************en.de

 

Energie: Algen statt Atom

Eigentlich ist alles ganz einfach. Man nimmt schnell nachwachsende Pflanzen, verarbeitet sie zu einer praktikablen Form von Treibstoff, verbrennt diesen im Kraftwerk, und das dabei freigesetzte CO2 wird von den nachwachsenden Pflanzen benötigt um neue Biomasse aufzubauen, die dann wieder der Energieversorgung dient. Von unserem Gastautor Helmut Junge

 

Und genau so wird auch gemacht. Theoretisch ist die CO2 Bilanz ausgeglichen, das heißt, es wird nur soviel CO2 bei der Verbrennung entstehen, wie in der Pflanze gebunden ist. Das entstehende CO2 wird von anderen Pflanzen wieder verbraucht. Soviel zur Theorie. In der Praxis stimmt diese Gleichung schon einmal nicht, weil es Energie kostet, die Pflanzen in die Erde zu bekommen, sie zu düngen, sie zu ernten, und da die Umwandlung in Öl, Ethanol oder Methanol thermische Prozesse sind, erfordern sie selbstverständlich auch Energie, die aus der Gesamtbilanz herausgerechnet werden müssen.

 

Deshalb liegt die CO2 Bilanz nicht bei 1 : 1, sondern bei 1 : 1,6. Das heißt man spart eigentlich nur 40 % CO2 ein.

 

Dazu werden riesige Anbauflächen benötigt, die auch geeignet wären, Nahrungsmittel anzubauen.

 

Trotzdem gibt es diesen Biosprit. Er wird als Zusatz zu herkömmlichen Treibstoffen zugemischt. Dass er sich in Deutschland nicht verkaufen lässt, liegt an einer technischen Eigenschaft, die von Autofahrern mehr diskutiert wird, als die Tatsache dass Ackerfläche fremdbestimmt wird. Aber darauf will ich hier nicht eingehen.

Vergleicht man den pro Quadratmeter erzielten Energiegewinn mit zum Beispiel einer Fotovoltaikanlage, gelingt es mit der Fotovoltaik mehr Energie aus dem, von der Sonne gelieferten Licht, in technische Energie umzuwandeln, als dies Landpflanzen können. Die Fotosynthese, die in der Pflanze stattfindet trifft dabei keine Schuld, obwohl sie sehr kompliziert abläuft. Hauptschuld daran ist die Tatsache, dass das Licht der Sonne, selbst bei dichtester Bepflanzung, nicht vollständig für die Fotosynthese benutzt wird. Es gelangt immer noch Licht auf den Boden, oder auf Pflanzenteile die nicht für die Fotosynthese zuständig sind.

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Literatur von Welt

„Ohnehin fragte ich mich dauernd, wieso überhaupt so wenige Ruhrgebietsautoren Aufsehen erregen.“ Ein Satz aus Wolfgang Welts Roman „Peggy Sue“. Ein Satz, den man auch über Wolfgang Welt hätte schreiben können. Kennen Sie Wolfgang Welt? Nein? Von unserer Gastautorin Sarah Meyer-Dietrich

Dabei haben die Zeit und die Süddeutsche über ihn geschrieben. So richtig Aufsehen hat er trotzdem nicht erregt.

Vier Romane hat der Bochumer Schriftsteller bereits vorgelegt. Drei davon (Peggy Sue, der Tick, der Tunnel am Ende des Lichts) sind bei Suhrkamp im Sammelband „Buddy Holly auf der Wilhelmshöhe“ erhältlich, der vierte (Doris hilft) liegt als einzelner Roman vor. Zu lesen sind sie aber im Grunde wie eine einzige lange Geschichte. Die Geschichte von Wolfgang Welt.

Welt schreibt von seinem gescheiterten Studium, seiner Arbeit als Musikjournalist in den 80er Jahren, seiner sexuellen Frustration. Welt schreibt von einer Arbeitswelt im Ruhrgebiet, die jenseits von Pütt und Stahlwerken liegt und doch nicht davon getrennt werden kann. Welt schreibt von einem Leben zwischen Zechensiedlung und Popglamour, in der er nicht zur Ruhe kommt, bis es nicht mehr anders geht. Diagnose: manische Depression und schizoide Persönlichkeitsstörung.

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„Geschmack nach Salz, Geschmack nach Meer“ – „ Sapore di sale, sapore di mare“

„Wir waren vier Freunde in der Bar, die die Welt verändern wollten“, Gino Paoli, zurückblickend. Im April 2011 sage ich: wäre es doch noch dieselbe Welt wie 1963!

„Eravamo quattro amici al bar, che volevano cambiare il mondo“, canta Gino Paoli, retrospettivamente. Nell’aprile del 2011 mi viene da dire: fosse ancora lo stesso mondo del 1963! Von/Di Andreas Lichte.

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ProNRW: Eine „deutsche Rechte ohne Antisemitismus“?

Markus Beisicht

Kritische Betrachtung einer „deutsch-israelischen Konferenz“ in Gelsenkirchen und der damit verbundenen Strategie von „Pro NRW“. Von unseren Gastautoren Heiko Klare, Bernhard Steinke, Michael Sturm von mobim.

Für den 4. April  hatte die rechtspopulistische „Bürgerbewegung Pro NRW“ unter dem Motto: „Islamisierung stoppen – Demokratie durchsetzen“ eine „deutsch-israelische Konferenz“ angekündigt, die im Schloss Horst in Gelsenkirchen stattfinden soll. In dieser mobim-analyse wird die dahinter liegende Strategie der selbsternannten „Pro-Bewegung“ beleuchtet, sich als „erste wählbare deutsche Rechte ohne Antisemitismus“ darzustellen und gleichzeitig gesellschaftliche Ängste vor einer angeblichen „Islamisierung“ zu instrumentalisieren.

Ein ideologischer Bruch mit der extremen Rechten?

Der von „Pro NRW“ veröffentlichten Presseerklärung zufolge soll es bei der Veranstaltung „vor allem um die Frage der Bewahrung von Identität und Tradition gehen.“ So sei angesichts der „Umwälzungen in Nordafrika“ damit zu rechnen, dass „eine weitere Welle der Islamisierung über uns hereinbrechen werde.“ Doch „Pro NRW“ sorgt sich nicht nur um die Verhältnisse in der Bundesrepublik. Der deutsch-schwedische Unternehmer Patrik Brinkmann, der die Konferenz maßgeblich organisiert hat, sieht „Israel als einzige Demokratie im Nahen Osten“ in einem „viel stärkeren Maße“ gefährdet. Daher unterstütze die „Pro Bewegung“ das „Selbstbestimmungsrecht Israels“.

Die Ankündigung wirkt irritierend. Zwar folgt die Warnung vor einer vermeintlichen „Islamisierung“, die wie eine unmittelbar bevorstehende Naturkatastrophe beschrieben wird, inhaltlich und sprachlich der gängigen islamfeindlichen Programmatik von „Pro NRW“. Die positive Bezugnahme auf Israel erscheint jedoch für eine am rechten Rand angesiedelte Partei, der erst kürzlich das Oberverwaltungsgericht Münster attestierte „fortgesetzt mit pauschalierenden, plakativen Äußerungen Ausländer wegen ihrer Abstammung und/oder Religionszugehörigkeit ausgrenzend und als kriminell sowie nicht integrierbar dargestellt“ zu haben, auf den ersten Blick überraschend. Dieser scheinbare ideologische Bruch mit traditionellen Grundpositionen der extremen Rechten in Deutschland wird von „Pro NRW“ entsprechend hervorgehoben. Gleich zu Beginn der Presseerklärung heißt es: „Wir unterstreichen damit, dass eine deutsche Rechte ohne Antisemitismus Wirklichkeit geworden ist. Es hat viel zu lange gedauert, dass aufrichtige Patrioten sich in Deutschland von allen zeitgeschichtlichen Verstrickungen gelöst haben.“

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