Manifest einer kulinarischen Bewegung im Ruhrgebiet

In den nächsten Tagen werden verschiedene Projekte vorgestellt, die sich im Rahmen der Kulturhauptstadt RUHR.2010 der kulinarischen Situation im Ruhrgebiet widmen. Von unserem Gastautor Peter Krauskopf.

Am 2. Dezember präsentiert der Verein „Essen genießen e.V.“ seine Aktion „Ruhr-Menü-Karussell 2010. Hier kocht das Herz Europas“, zu der sich 49 Gastronomen aus dem Ruhrgebiet zusammengeschlossen haben, darunter die Spitzenköche Berthold Bühler, Frank  Rosin, Björn Freitag und das neue Sterne-Restaurant „Nero“ im Schloss Hugenpoet. Für den 7. Dezember ist die Vorstellung des Internet-Restaurantführers „Gut essen in der Nähe“ geplant, der das Resultat der Arbeit des AK Kulinarik der RUHR.2010 ist. Die Ruhrgebietsabteilung der internationalen Genießervereinigung „Slow Food“ ist bereits seit Anfang des Jahres aktiv und stellt in einer losen Reihe von Menüveranstaltungen die „5 Säulen der Ruhrgebietsküche“ vor. Das sind als traditionelle Regionalküchen die westfälische und die rheinische sowie als nachhaltig wirkende Einwandererküchen die polnische, italienische und türkische. Basis für diese Arbeit von „Slow Food“ ist ein Manifest zur Ruhrgebietsküche.

Manifest einer kulinarischen Bewegung im Ruhrgebiet

I. Das Ruhrgebiet ist eine industriell geprägte Region, in der der kulinarische Genuss über keine besonders große Tradition verfügt. Aufgabe einer kulinarischen Bewegung im Ruhrgebiet ist es, die Tradition zu entdecken, zu pflegen und für eine moderne regionale Ruhrgebietsküche nutzbar zu machen.

Historisch gesehen ist das Ruhrgebiet ein Grenzland zwischen dem Rheinland und Westfalen. Der Bereich Mittleres Ruhrgebiet mit seiner nordsüdlichen Verkehrsachse A43 verkörpert ziemlich genau diese Grenze mit einem Schlag ins Westfälische. Im Süden schließt sich das Bergische Land an.

In Westfalen, im Rheinland und im Bergischen hat sich jeweils eine eigene kulinarische Tradition mit Spezialitäten und Rezepten entwickelt. Sie ist meist rustikal geprägt und geht auf eine „Arme-Leute-Küche“ zurück. Hier macht sich bemerkbar, dass die Region weitab von den Residenzstädten und Metropolen früherer Zeiten liegt. Eine feine höfische Kochkunst konnte sich nicht entwickeln.

Zu den regionalen Spezialitäten gehören z.B. Pumpernickel, westfälischer Schinken und Panhas genauso wie die Gerichte „Westfälischer Rosenkranz“, „Rheinisches Muschelessen“, „Himmel und Erde“ oder „Bergische Kaffeetafel“. Traditionelles Genussmittel ist der Kornbrand.

Aufgabe im Ruhrgebiet ist es, diese traditionellen Lebensmittel und Rezepte zu bewahren, ihre regionale Erzeugung zu fördern und für eine moderne Küche nutzbar zu machen.

II. Das Ruhrgebiet, wie wir es heute kennen, ist eine junge, erst 150 Jahre alte Region, die sich in ihrer Entwicklung nicht an  historische und landsmannschaftliche Grenzen hielt, sondern von den Bedürfnissen der Industrie bestimmt wurde. Auf kulinarischem Gebiet markiert die Geburt dieser neuen Region das Erscheinen des „Praktischen Kochbuchs – Zuverlässige und selbstgeprüfte Recepte der gewöhnlichen und feineren Küche“ der in Wengern an der Ruhr geborenen Henriette Davidis im Jahr 1845. Das Buch und seine Nachauflagen haben auch unsere althergebrachte Regionalküche geprägt.

Das Werk von Henriette Davidis sollte für eine stärkere Profilierung unserer Region genutzt werden.

III. Die rasante industrielle Entwicklung hatte eine Verdrängung der Landwirtschaft und einen Zuzug von Arbeitskräften aus anderen Regionen zur Folge, der im 19.Jahrhundert zu einem explosions-artigen Bevölkerungsanstieg führte. Auch das war der qualitativen kulinarischen Entwicklung nicht förderlich, galt es doch hauptsächlich, das Grundbedürfnis nach Nahrung massenhaft zu befriedigen. Das geschah anfänglich durch die private Selbstversorgung der Arbeiter durch eigene Gärten und eigenes Kleinvieh (Taube, Huhn, Ziege, Schwein). Diese  Tradition ist auf kleiner Basis in Form beliebter Schrebergärten und Taubenzuchtvereine erhalten geblieben.

Aufgabe einer kulinarischen Bewegung des Ruhrgebiets ist es, diese regionale Ausformung der individuellen Lebensmittelerzeugung zu würdigen und ihre Produkte in auf die heutige Zeit angepasster Form fortleben zu lassen.


IV.
Durch die Selbstversorgung konnte die stetig wachsende Bevölkerung nicht ausreichend ernährt werden, und so entstanden bald industriell funktionierende, genossenschaftliche oder von Großunternehmen initiierte Vertriebssysteme für Lebensmittel, die ihre Waren von ebenso industriell arbeitenden Produzenten ohne regionale Bindung bezogen. Besonders nach dem zweiten Weltkrieg etablierten sich im Ruhrgebiet jene Supermarktketten, die heute zu den größten Handelsgesellschaften Deutschlands, ja der EU gehören. Als großes Problem erweist sich dabei zunehmend, dass es in der Versorgung unserer Region überwiegend nur um Qualitäten zu äußerst niedrigen Preisen dreht. Qualität, Frische, regionale Produkte bleiben zunehmend auf der Strecke.

Aufgabe einer kulinarischen Bewegung im Ruhrgebiet ist es, die industrielle Produktion von Lebensmitteln und die Vermarktungsformen und –methoden zu problematisieren. Qualitative Gesichtpunkte müssen mehr Gewicht bekommen.
V. Wesentliches flüssiges Nahrungsmittel für die arbeitende Bevölkerung des Industriealters war im Ruhrgebiet das Bier. Auch heute noch ist es ein beliebtes Getränk gebieben. Brauereien gehörten zum Bild einer Ruhrgebietsstadt wie Zechen und Stahlwerke. Das hat sich in den letzten Jahren durch die Globalisierung des Biermarktes geändert. Dortmund ist längst nicht mehr die Bierhauptstadt des Reviers, und nur wenige Privatbrauereien konnten in anderen Städten überleben. Eine Renaissance erlebt diese Kultur durch das Aufkommen kleinerer  Hausbrauereien im Ruhrgebiet.

Die Biertradition gehört zum Ruhrgebiet und sollte einen bedeutenden Stellenwert in der Kulinarik der Region behalten. Natürliche Qualität und Vielfalt sollte ein Kulturgut bleiben, wie auch die Geselligkeit beim Biergenuss.
VI. Durch den Zuzug von Millionen von Arbeitskräften brachten diese auch ihre eigenen landsmannschaftlichen kulinarischen Traditionen mit ins Ruhrgebiet. Die früheste Einwanderungswelle kam aus den Gebieten des heutigen Polens. So gehören z.B. Wurstwaren wie Krakauer und Polnische oder Schlesische Gurken zu Alltagslebensmitteln im Ruhrgebiet.

Für die Gastronomie im Ruhrgebiet besonders prägend war seit den 1960er Jahren der Zuzug von Arbeitsimigranten aus den Ländern des Mittelmeerraums. Eine besondere Rolle spielten dabei die Italiener, die mit Eisdielen und Pizzerien die gastronomische Landschaft im Ruhrgebiet völlig umkrempelten. Heute bilden italienische Restaurants zu einem wesentlichen Teil das Rückgrat der gehobenen Gastronomie im Ruhrgebiet.

Die seit den 50er Jahren zunehmende Reiselust der Menschen im Revier und die Migrationskulturen der Gastarbeiter sorgten dafür, dass noch weitere mediterrane kulinarische Traditionen Eingang in die regionale Gastronomie fanden. Besonders hervorzuheben sind da die spanischen und die griechischen Restaurants.

Mit den türkischen Gastarbeitern kam auch die türkische Küche ins Ruhrgebiet. Sichtbar wird dabei nicht die feine Küche des osmanischen Reiches, sondern eine Döner-Imbiss-Küche auf qualitativ niedrigem Niveau.

Aufgabe einer kulinarischen Bewegung im Ruhrgebiet ist es die vielen Kücheneinflüsse im Ruhrgebiet in ihrem Ursprung und in ihrer Qualität deutlich und erfahrbar zu machen. Dazu muss das Traditionelle in die Neuzeit überführt werden. Aufgabe einer kulinarischen Bewegung im Ruhrgebiet ist es, auf der Basis dieser Einflüsse eine eigenständige, neue und moderne Ruhrgebietsküche zu definieren.


VII.
Der Strukturwandel der letzten 30 Jahre von der Industrie- zur Dienstleistungsregion ist auch an der kulinarischen und gastronomischen Entwicklung nicht vorbeigegangen. Neue Strukturen haben sich entwickelt.

Proletarische Eckkneipen verschwinden rasant. Auch so genannte gutbürgerliche Restaurants haben zu kämpfen und suchen ihr Heil in der Convenience-Küche. Hochwertige, ambitionierte Küche hat sich einen kleinen Anteil am Gastronomie-Geschehen gesichert, das Ruhrgebiet verfügt einige wenige Gourmet-Restaurants.

Die Großformen des Handels von industriellen Lebensmitteln bekommen Konkurrenz durch häufig von Migranten eröffnete Läden und einem Netz gut arbeitender Bio-Läden. Gleichzeitig entwickelt sich der Wunsch vieler Verbraucher direkte Beziehungen zu Produzenten aufzubauen. Die Direktvermarktung von Höfen am Rande des Reviers hat deutlich zugenommen.

Im klassischen Bierland Ruhrgebiet entstand ein dichtes Netz an gut sortierten Weinfachhandlungen. Privat- und Hausbrauereien pflegen die Biertradition. Eine äußerst stark dezimierte Zahl von Brennereien widmet sich der traditionellen Spirituosen-Herstellung auf neuem Niveau.

Auch wenn das Lebensmittelhandwerk zugunsten industrieller Lebensmittelherstellung massiv an Bedeutung verloren hat, so erstarkt es in der Nische dennoch wieder. Ob Senfmühle, Käseherstellung, Wursterzeugung, das Ruhrgebiet hat inzwischen wieder geschätzte, gute handwerklich erzeugte Lebensmittelerzeuger.

Eine kulinarische Bewegung im Ruhrgebiet steht zum kulinarischen Strukturwandel des Ruhrgebiets. Sie freut sich über Erfolge im Wiedererstarken regionaler Produkte und Gerichte. Qualität, Achtung der Wurzeln, Regionalität der Grundprodukte wie der Speisen, Gewinnung einer neuen Identität sind die Ziele.

Reuters Gedankenpolizei-Email im Neusprechformat. „Kontrollier Dich selber“

From: Schlesinger, David A. (M Edit S)
Sent: Donnerstag, 8. Juli 2010 17:34
Subject: How social media impacts your professional life

All –

Two recent incidents in the United States have shown how hard it is to keep our social media personae separate from our professional lives.

First David Weigel had to resign from the Washington Post after inflammatory comments he made on a supposedly closed journalists’ mailing list were made public. Then, CNN fired its senior editor for Middle Eastern Affairs, Octavia Nasr, after she tweeted „Sad to hear of the passing of Sayyed Mohammad Hussein Fadlallah… One of Hezbollah’s giants I respect a lot“, a comment that immediately called into question her ability to cover her subject objectively.

Now I don’t want to get involved in other organisations’ personnel issues. But I’ve repeatedly said and believe very strongly that in a linked and searchable world, your online persona can reflect on how or even whether you can do your job.

If you give people cause or reason to doubt your ability to be a fair and objective journalist, that will necessarily impact on our ability to give you assignments or allow you on the file.

We are in the early days of social media and there is no question that the journalistic landscape is changing. But there are some lines we can draw:

– Don’t start or get involved in flame wars – arguments using heated language and personal attacks. As a journalist, rely on facts and reasoned arguments, not on invective. I don’t care how angry you might be at a person or a company or even a country; just don’t do it.

– Don’t compromise your objectivity privately if you still want to use it professionally.

– Remember that the published word lasts forever and can go everywhere. A tweet by a journalist is simply not the same as a joke shared over the dinner table.

– Anything that can be forwarded probably will be at some point, so be prepared to stand behind what you say – its content and its tone.

Thanks/das

David Schlesinger
Editor In Chief, Reuters

Thomson Reuters

Phone: +44 20 xxx
Mobile: +44 7990 xxx

xx****@************rs.com
reuters.com

This email was sent to you by Thomson Reuters, the global news and information company. Any views expressed in this message are those of the individual sender, except where the sender specifically states them to be the views of Thomson Reuters.

///Um den Informant dieser Email unkenntlich zu machen, haben wir diese Email per Copy-Paste hier reingestellt. Sie ist so authentisch.

Beck will von Rüttgers Aufklärung über WDR-Filz

Erstaunlicherweise bekommt der WDR-Filz (wie von den Ruhrbaronen hier beschrieben: klack) im früher als "Rotfunk" beschimpften Sender rund um den WDR-Rundfunkratsvorsitzenden Reinhard Grätz (SPD) und den Chef des WDR-Verwaltungsrats Ludwig Jörder nun ausgerechnet Druck aus einem Bundesland unter SPD-Herrschaft. Nämlich aus Rheinland-Pfalz, dem Heimatland von SPD-Chef Kurt Beck. von Marvin Oppong

Der Chef von Becks Staatskanzlei Martin Stadelmaier sagte:

"Frau Intendantin Piel ist gefordert, Klarheit über die Beteiligung der beiden Gremienmitglieder an WDR Unternehmen zu schaffen. Es liegt im Interesse der Effektivität der Binnenkontrolle des Öffentlich-Rechtlichen, wenn Aufsichtsfunktionen und Geschäftstätigkeit sich nicht in einer Hand vereinen", so Stadelmaier.

“Die CDU/CSU in den Ländern ist gefordert, endlich ihren Widerstand gegen eine Inkompatibilitätsregelung aufzugeben“. Die SPD-geführten Länder fordern seit langem im Rundfunkstaatsvertrag eine Regelung aufzunehmen, die sicherstellt, dass Gremienmitglieder in öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht zugleich Geschäftsleitungsfunktionen in Eigen- oder Beteiligungsunternehmen wahrnehmen oder Anteile an ihnen halten."

Ich recherchiere weiter über den Filz beim WDR: Wenn einer was hat, ich bin unter Ma***********@********ne.de zu erreichen.

Die alten Männer vom WDR

Die ganze Nummer ging vor zwei Jahren los, als ich angefangen habe über den WDR zu recherchieren. Ich wollte wissen, wer im Rundfunkrat sitzt. Wer hat da das sagen und warum? Zwei Namen fielen mir nach kurzer Zeit auf. Zunächst der Vorsitzende des WDR-Rundfunkrates, Reinhard Grätz, und dann noch der Chef des WDR-Verwaltungsrats Ludwig Jörder. Zwei Männer, längst über das beste Alter hinaus und doch kontrollieren sie den mächtigsten öffentlichen Sender in Deutschland. Wie können sich zwei Fastrentner an der Spitze des öffentlich-rechtlichen WDR halten? Ich wurde misstrauisch und ging der Sache nach. Nach langen Recherchen fand ich heraus, dass die Gremienchefs an der lukrativen Werbetochter des Senders beteiligt sind – als „Treuhänder“. Interessenkonflikte sind leicht möglich. von Marvin Oppong

In den vergangenen Jahren haben die Öffentlich-rechtlichen Sender immer wieder versucht, ihren staatlichen Charakter zu betonen, wenn es um die Einziehung von GEZ-Gebühren ging oder um staatliche Unterstützung. Wenn es allerdings um ihr Geld geht, haben der WDR und andere öffentlich-rechtliche Sender immer wieder Aktivitäten auf neue Tochterfirmen übertragen. So sind viele privatrechtlich organisierte Firmen entstanden – auch die WDR Mediagroup GmbH in Köln.

Die Gesellschaft soll Werbung im öffentlichen Auftrag möglichst teuer verkaufen und tritt als Finanzier von Programmen auf. So koproduzierten die Kölner den Film „Ein Sommermärchen“ über die Fußball-WM 2006.

Da der WDR der größte Sender in der ARD ist, kommt auch der Kölner Tochter (früher: Westdeutsche Rundfunkwerbung) große Bedeutung zu. Nun habe ich herausgefunden, dass die WDR Mediagroup noch aus einem anderen Grund etwas ganz Besonderes ist: Die Anteile der Gesellschaft gehören nicht nur dem WDR, sondern auch dem Rundfunkratsvorsitzenden Reinhard Grätz und dem Verwaltungsratschef Ludwig Jörder.

Die beiden Chefkontrolleure des Senders als Teilhaber bei einem wichtigen Ableger? Ungewöhnlich – normalerweise halten die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihre Beteiligungen völlig in eigener Hand.

Und doch zeigen Dokumente, dass Veteran Grätz seit 1986 und Jurist Jörder sei 1999 Beteiligungen an der WDR-Werbetochter halten – heute in der Höhe von jeweils 677.000 Euro, also von jeweils etwas mehr als zehn Prozent am Gesamtkapital. Der WDR selbst besitzt Anteile im Wert von 5.146.000 Euro.

Auch langjährige Experten haben von den Beteiligungen nichts mitbekommen. Im Internet wiederum weist der WDR seine Mediagroup als 100-prozentige Tochter aus. Einen Hinweis auf die Gesellschafter Grätz und Jörder gibt es nicht.

Nach Ansicht des WDR ist das auch nicht nötig. Der Sender erklärt auf Anfrage, die beiden Gremienchefs würden ihre Beteiligungen an der Mediagroup im Namen des WDR ohne Gewinnbeteiligung ausüben – „ausschließlich unter Effizienzgesichtspunkten“.

In ihrer Antwort verweisen Grätz und Jörder auf ihren mit dem WDR geschlossenen Treuhandvertrag, der nicht einsehbar sei. Sie seien, so das westdeutsche Duo, „nicht als Privatpersonen, sondern satzungsgemäß qua Amt als Gremienvorsitzende treuhänderisch beteiligt“.

Treuhänder? Das erinnert an Camouflage-Aktionen in den Bestzeiten des einstigen Medienmoguls Leo Kirch, der die Fülle seines Besitzes damit ein wenig verdeckte. Jetzt heißt es im Fall WDR, die Treuhänderschaft der Gremienchefs solle der besseren Kontrolle der WDR Mediagroup dienen.

Bessere Kontrolle? Hat nicht bereits der WDR als Mehrheitseigner die volle Kontrolle? Und: Können die Oberaufseher Grätz und Jörder nicht jederzeit alle Papiere anfordern?

Im WDR ist Grätz seit 1985 eine graue Eminenz. Der langjährige SPD-Landtagsabgeordnete war in Zeiten sozialdemokratischer Landesregierungen von politischer Wichtigkeit. Als Chef des WDR-Rundfunkrats ist er zuständig für Beschlüsse über den Jahresabschluss des WDR und die Genehmigung des Geschäftsberichts; ebenso ist er mit Beschlüssen über Erwerb und Veräußerung von Beteiligungen betraut.

Kontrolleur Jörder wiederum ist in der Hauptsache Geschäftsführer der Dortmunder Westfalenhallen. Dort organisierte der WDR-Radiosender 1Live öfter Großevents und Konzerte. In diesem Jahr wird 1Live in der Westfalenhalle mehrere Konzerte präsentieren, zum Beispiel mit den Toten Hosen. Tickets können über die 1Live-Hotline bestellt werden; die Anrufe landen im Callcenter der WDR Mediagroup Dialog GmbH.

So kommt an Rhein und Ruhr eins zum anderen. Als Jörder vor einigen Jahren die Plakette „Eiserner Reinoldus“ von der Stadt Dortmund erhielt, war es dem WDR eine Pressemitteilung wert.

Die wenig effiziente Kontrolle von ARD und ZDF ist andererseits immer wieder ein Thema gewesen. Auch die EU-Kommission fordert Besserung. Sind da Beteiligungen der wichtigsten Kontrolleure der richtige Weg?

Als 2002 wegen der Euro-Umstellung das Stammkapital der WDR Mediagroup erhöht wurde, mussten Grätz und sein Partner Jörder je 37.885,15 Euro zuschießen. Dabei wurde unter Punkt 3 zur WDR Mediagroup festgelegt: „Die neuen Geschäftsanteile nehmen am Gewinn der Gesellschaft vom 1. Januar 2002 an teil.“

Das zusätzliche Geld mussten Grätz und Jörder nicht bar zahlen, sondern sie wurden ausweislich der Handelsregisterunterlagen mit einem Darlehen der beiden WDR-Funktionäre an die WDR Mediagroup verrechnet. Die Gesellschafter brächten „ihren Anspruch auf Rückzahlung der gewährten Darlehen“ ein, heißt es da. Darlehen? Ein Kredit der beiden Aufseher? Wie kam es dazu?

Tatsache ist, dass die beiden Gremienchefs an einer florierenden Firma beteiligt sind. Allein 2006 setzte die WDR Mediagroup fast 100 Millionen Euro um. Im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages führte sie 16.642.789,10 Euro an den WDR ab.

Darüber hinaus weist der Konzernabschluss der WDR Mediagroup zum 31. Dezember 2006 einen Betrag von 40.091,62 Euro als Gewinn aus, der „anderen Gesellschaftern“ zustehe. Davon gehe nichts an Grätz und Jörder, erklärt der WDR, die beiden würden nicht am Gewinn der WDR Mediagroup beteiligt.

„Die Tätigkeit als Gesellschafter ist in vollem Umfang unentgeltlich“, erläutern die beiden Gremienchefs. Die Aufsichtsratsvergütung der WDR Mediagroup in Höhe von monatlich 300 Euro nimmt sich im Vergleich genauso winzig aus wie das Tagegeld von 15 Euro, das jedes WDR-Gremienmitglied bei Sitzungen kassiert.

Eine ganz andere Frage ist, ob der Doppeljob der beiden WDR-Mächtigen nicht Interessenkonflikte hervorruft. Als Rundfunkratschef muss Grätz die Interessen der Allgemeinheit vertreten, als Gesellschafter einer kommerziellen Firmentochter ist er den Normen der Kaufleute verpflichtet.

Grätz und Jörder beruhigen. Sie sehen keinen Konflikt – und können in ihren Doppelfunktionen als Gremienvorsitzende und Gesellschafter keinen Verstoß gegen Vorschriften erkennen: „Im Gegenteil, die treuhänderische Gesellschafterfunktion dient der vertieften Kontrolle der Tochtergesellschaft.“ Zur Frage, ob er im Rundfunkrat an Entscheidungen mitwirkt, die die WDR Mediagroup betreffen, nahm Grätz keine Stellung.

Die beiden betonen im Übrigen „ausdrücklich“, dass mit ihrer Rolle bei der WDR Mediagroup keine finanziellen Vorteile verbunden seien. „Dies“, versichern sie, „ist nicht der Fall“.

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