Kultur in der Krise: Das schweigende Publikum

Christian Miedl – Staatsoper Stuttgart – Luci mie traditrici – Quelle Matthias Baus

Vor kurzem gab es auf Facebook einen gutgemeinten Post: Die Kultur hätte die Pandemie natürlich überlebt, so wie sie auch viel schlimmere Krisen überstanden hat, und nichts, auch nicht die Politik, würde sie beenden können. Es gab sofort beistimmende Worte der Leserschaft. Das war sehr berührend, aber: Beipflichten können hier nur die Konsumenten, weniger die Ausführenden. Von unserem Gastautor Christian Miedl in Kooperation mit dem Opernmagazin.

Gegen Kriege sind die Zeiten jetzt natürlich Pillepalle – aktuell haben 80% der Bevölkerung finanziell keinerlei Einschränkungen. Das Tragen der Maske wird beklagt, was in realiter aber keine existenzielle Einschränkung ist! Mich würden dagegen die Kommentare interessieren, wenn dieselben Leute wie die freischaffenden Opernsänger seit einem Jahr keine Einnahmen hatten und auch keine staatliche Hilfe erhalten haben, sprich, bereits 12 Monate nur Ausgaben hatten, bei Null Einnahmen. Da hilft leider kein Umarmungs-Emoji!

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Das Wutbürgertum in Zeiten von Corona

Brotzeit im Biergarten Foto: Magnus Gertkemper Lizenz: Das Wutbürgertum in Zeiten von Corona

Eine Replik auf Stefan Laurins gestrigen Text von unserem Gastautor Arthur Buckow

„Die wachsende Wut wird sich ihren Weg bahnen“ – so ein boulevardesker Titel hat es eigentlich nicht verdient, auf einem kleinen Blog aus dem Revier zu verkümmern, denn er sagt: „Völker, hört die Signale!“. Aber was er absichtsvoll nicht sagt: Ist das Signal als Warnung oder als Drohung zu verstehen? Das nämlich wäre ein Unterschied ums Ganze. Doch Laurin gibt sich ergebnisoffen, die Wut sei berechtigt, die Richtung, in der sie sich entladen wird, sei derweil noch unklar.

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Konkurrent China: Im Mandarin gibt es keine Gendersternchen

Tian’anmen-Platz Foto: Yo Hibino aus Lafayette IN Lizenz: CC BY 2.0

Einige Medien zitieren die Befürchtungen deutscher Wirtschaftsvertreter, dass Chinas Wirtschaft unverhältnismäßig wächst, während die der „westlichen Wirtschaftsmächte“ vor allem seit der Coronapandemie stagniert und sogar negative Entwicklung aufzeigt. Andere, auch wieder deutsche Wirtschaftsvertreter befürchten, dass die chinesische Führung für ihren nächsten 5-Jahresplan mehr Autarkie für die chinesische Wirtschaft plant, und dass das für deutsche Exportprodukte, sehr nachteilige Folgen haben wird. Von unserem Gastautor Helmut Junge.

Vor einigen Wochen schrieb Businessinsider  „In 2020 wuchs die chinesische Wirtschaft insgesamt um 2,3 Prozent – trotz Corona-Pandemie. Damit schlägt China die Erwartungen zahlreicher Analysten. Für Europa sind das nur bedingt gute Nachrichten, China will nämlich wirtschaftlich autarker werden. Neue Studien zeigen, dass 96 Prozent der in China tätigen Firmen aus Europa von den Entkopplungsplänen betroffen sind.“

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Marx21 und die Linkspartei Essen


Es gibt Parteien, die manche grundsätzlich im Parteienspektrum für unverzichtbar halten mögen, aber in ihrer Praxis dann unwählbar werden. Kaum eine Partei schafft das so gut, wie die Linkspartei. Dabei sind Fragen nach Solidarität, gerechter Verteilung von Wohlstand welche, die in einer Gesellschaft immer neu gestellt werden sollten – und auch diese Partei könnte Impulse geben. Könnte. Von unserem Gastautor Tobias Müller.

Schreibe ich über die Linkspartei, so ist die Frage zu stellen, was mit dieser eigentlich gemeint ist. Sie ist eine Partei im politischen Spektrum, genau wie andere. Sie hat unterschiedliche Netzwerke, Flügel und Unterorganisationen.

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Corona-Impfregeln: Die Gebrechen der Expertokratie

Impfstoff von AstraZeneca Foto: gencat cat Lizenz: CC0

Was bei der Impf-Triage schiefgelaufen ist, wie wir es besser gemacht hätten und was wir für die Weiterentwicklung unserer Demokratie daraus lernen können. Von unserem Gastautor Volker Eichener.

Die Coronavirus-Pandemie hat unser politisches System kräftig durchgeschüttelt. Grundrechte mussten eingeschränkt werden, um das höchste Grundrecht, das Recht auf Leben, zu schützen. Der Bundestag konnte, wenn er gefordert war, eine nie zuvor für möglich gehaltene Arbeitsgeschwindigkeit entwickeln. Um zu einem halbwegs bundeseinheitlichen Vorgehen zu kommen, wurde ein neues, vom Grundgesetz gar nicht vorgesehenes Gremium geschaffen, die Bund-Länder-Beratungen. Vor allem aber kam es zu massiven Verlagerungen der

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Antisemitismus in Großbritannien: Die Bedeutung von David Miller

Proteste und Gegenproteste in Großbritannien. David Miller, ein britischer Professor von der Universität Bristol bezeichnet seine eigenen jüdischen Studierenden als Agenten Israels. Schon wieder ein Antisemitismus-Skandal in Großbritannien? Nach dem krachenden Scheitern Jeremy Corbyns an der Wahlurne und nachdem die von Antisemitismus-Skandalen gebeutelte Labour-Partei unter Sir Keir Starmer endlich resolut gegen Antisemiten in den eigenen Reihen vorgeht, konnte man denken, dass der Antisemitismus in Großbritannien einstweilen besiegt sei. Aber weit gefehlt. Beim Antisemitismus wächst wie bei einer Hydra für jeden abgeschlagenen Kopf ein neuer nach. Und manchmal ist es ein alter Bekannter. Der Soziologe und Antisemitismusforscher David Hirsh (Autor von ‚Contemporary Left Antisemitism‘) von der Goldsmiths Universität London, forscht in dieser spannenden Analyse den Ursprüngen und Verwicklungen des linken akademischen Antisemitismus nach, wie er fast in die Downing Street Nummer 10 gelangte und wo er sich jetzt festsetzt.

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Die Pflege verdient einen Tarifvertrag und eine Klarstellung

Magnus Memmeler Foto: Privat

Seit einiger Zeit wird durch Presse und Politik verkündet, dass die Allgemeingültigkeit eines Pflegetarifes kurz vor seiner Umsetzung stünde, was aber, wie wir seit gestern wissen, nicht der Wahrheit entspricht. Von unserem Gastautor Magnus Memmeler.

Tatsächlich handelt es sich bei der aktuellen Einigung von Verdi und der BVAP um eine Einigung mit Tarifcharakter, um die Regelungen im Arbeitnehmerentsendegesetz (AentG), auf alle Qualifikationen in der Pflege auszuweiten und schrittweise an existierende Tarifwerke, die den Namen verdienen heranzuführen. Wenn Politik, Gewerkschaften und Medien es auf den Punkt bringen würden, müsste es heißen, dass der Mindestlohn für Pflegekräfte neu geregelt werden sollte. Kommunen und zum Beispiel auch die AWO in NRW verfügen über einen Tarifvertrag,

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Corona: Schnelltests als Zugangsberechtigung

3D-Grafik des SARS-CoV-2-Virions Bild: CDC/ Alissa Eckert, MS; Dan Higgins, MAM – This media comes from the Centers for Disease Control and Prevention’s Public Health Image Library (PHIL), with identification number #23312 Lizenz: Gemeinfrei

Im Folgenden möchte ich eine Idee für einen proaktiven Umgang mit der COVID-19 Pandemie mit Hilfe von Schnelltests und unterstützender Software Infrastruktur vorstellen. Diese bezieht sich auf die Situation und Möglichkeiten in Industrieländern – Deutschland im Speziellen. Von unserem Gastautor Björn Wilmsmann .

Diese Idee und die sich daraus ergebende mögliche Lösung bezieht sich spezifisch auf die in den letzten Wochen wieder stärker diskutierten Antigen-Schnelltests auf COVID-19 Infektionen. In Deutschland wird aktuell die Genehmigung solcher durch Laien anwendbare Tests voran getrieben. Es steht zu erwarten, dass in nächster Zeit eine größere Menge dieser Tests auf dem Markt verfügbar sein werden.

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Zum Valentinstag: Wider der Romantikverwaltung

Künstliche Romantik pur. (Symbolbild. Foto: privat)

Jedes Jahr das Gleiche: Es ist Mitte Februar und plötzlich schieben mir die Werbealgorithmen der sozialen Medien – erst langsam, dann immer aggressiver werdend – Werbung für sexy Unterwäsche, „romantische“ Hotels und dergleichen in die Timeline, um mich zu erinnern: bald ist Valentinstag. Und das bedeutet: Männer sollen ihrer Partnerin Blumen, Pralinen und Schmuck kaufen und Frauen sollen sich mal wieder einen heißen Fummel anziehen, damit man sich mal wieder libidinösen Genüssen hingeben kann. Danach oder davor geht es dann ins überfüllte Restaurant (jedenfalls war das vor Corona so), um sich zwischen gefühlt tausend anderen Pärchen bei Kerzenschein und Blumendekor ein überteuertes „Valentinstagsmenü“ reinzukegeln. Ein Zwischenruf von unserer Gastautorin M. Chevaux.

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„Initiative Weltoffenheit“: Hat das was mit Antisemitismus zu tun?

Tel Aviv LGBT Pride Parade 2015 Foto: U.S. Embassy CC0 1.0


Führende Kulturfunktionäre in Deutschland wollen BDS präsentieren, die anti-israelische Diffamierungskampagne. Aus der Kulturbranche selber kam bisher kaum Widerspruch  –  hat das was mit Antisemitismus zu tun? Wenn man Shulamit Volkov folgt, dann ja. Aber anders, als man denkt: Die israelische Historikerin hat beschrieben, wie sich Judenfeindlichkeit im 19. Jahrhundert zu einem kulturellen Code aufgehübscht hat, zum Kürzel für einen Lebensstil, in dem sich politische, ästhetische und moralische Vorlieben gebündelt haben. Heute möchte die „Initiative Weltoffenheit“ stylisch sein, das macht die Sache gefährlich: Wird 
BDS zum Dienstabzeichen im Kulturbetrieb? Von Thomas Wessel

Im Dezember hat die „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“  –  ein Bündnis von 32 staatsfinanzierten Kultureinrichtungen, zusammen eine Milliarde Euro schwer –  ein eigenartiges „Plädoyer“ vorgestellt. Der Text schwingt hoch empor, es geht um „alternative Weltentwürfe“ und „gesellschaftliche Visionen“, um die „Gleichwertigkeit aller“ und „Anderssein als

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