Gerade hielt Franz Müntefering eine Wahlkampfrede in Recklinghausen. Zugehört haben nur ein paar hundert Menschen.
Irgendwann einmal, so vor zwölf Jahren, besuchte der damalige SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping im Winter Recklinghausen. Der wohl letzte Bergarbeiterstreik in der Geschichte der Republik war gerade zu Ende gegangen, aber über 10.000 Menschen wollten Scharping hören. Scharping. In der Kälte. Man kann es sich kaum vorstellen.
Heute, an einem warme Spätsommernachmittag hielt Franz Müntefering eine Wahlkampfrede in Recklinghausen. Es war eine gute Rede. Müntefering warnte vor dem erneuten Aufkommen der Nazis, beschwor die Solidarität der Menschen und beschwor weiter eindringlich: "Jeder Mensch ist ein Individuum, aber keine ist mehr Wert als der andere." Keine Drei-Wort-Sätze, wenig Polemik. Sehr ernst. Aber kaum 500-600 Menschen hörten ihm zu.
Interessiert sich niemand für diesen Wahlkampf? Interessiert sich niemand für das, was die Politiker sagen?
Man bekam in Recklinghausen ein Gespür für das, was Müntefering und die SPD will und das müsste doch eigentlich für jeden interessant sein, der sich auch nur ein klein wenig für Politik interessiert – egal ob er SPD-Anhänger ist oder nicht, egal ob er Müntefering mag oder nicht.
Der Mann ist immerhin noch der Chef der SPD und sein Wort hat Gewicht.
Lafontaine habe ich in Bochum vor gut 200 Leuten gehört. Bei Trittin und Gysi soll auch nicht viel mehr losgewesen sein. Koch-Mehrin habe ich verpasst, bei Kauder kamen in Bochum kaum 100 zusammen. Schade.