
Bei den Wiener Festwochen am letzten Freitag spricht Ulf Poschardt über das Shitbürgertum. In seinem gleichnamigen Buch beschreibt er diese ständig moralisierende bürgerliche Elite, die wichtige Positionen in Medien, Politik, Wissenschaft und Kultur besetzt und die uns vorschreiben möchte, wie wir zu leben und zu denken haben. Er rechnet in seiner Rede gnadenlos mit den Shitbürgern ab, die er dort in Wien direkt vor sich sitzen hat.
Die komplette Rede ist auf YouTube verfügbar:
Beschrieben wird sie dort wie folgt: „In dieser Rede von Journalist Ulf Poschardt wird die Doppelmoral des Kulturbetriebs schonungslos bloßgestellt. Mit Fokus auf die Steuerfinanzierung von Kunst und Kultur kritisiert Poschardt die hegemoniale Cancel Culture, die freie Meinungsäußerung erstickt und Angst verbreitet. Er beleuchtet, wie moralisierende Denunziation und ritualisierte Empörung den kulturellen Diskurs vergiften. Ein provokanter Appell gegen Hochmut und Repression!“
Seine Rede ist überraschend authentisch und sehr emotional. Poschardts Wut, seine Verbitterung, sein Trotz und sein Angewidertsein sind nicht zu übersehen. Trotz der vielen störenden Zwischenrufe wird besonders darauf geachtet, dass Poschardt die Redezeit von zwölf Minuten exakt einhält.
Die Rede kann man auch auf welt.de nachlesen:
Dies ist die ausführliche Variante, die nicht in Gänze von Ulf Poschardt in Wien vorgetragen werden konnte. Es lohnt sich auch, diese komplette Rede zu lesen, denn hier werden noch mehr Beispiele für die Machenschaften des Shitbürgertums aufgeführt, und es wird für den Leser verständlicher, wen Poschardt mit dem Shitbürgertum meint, welches Milieu dieses Shitbürgertum sein soll. Hier beschreibt er zum Beispiel noch deutlicher, warum die Kunst heutzutage so schlecht ist. Durch das Entlanghangeln an Erwartungen gibt es keine wirkliche Kreativität mehr:
„Das Klima der Angst und Einschüchterung hat nicht nur die intellektuellen Debatten steril und öde gemacht, die Theater weitgehend unappetitlich und den steuerfinanzierten Kunstbetrieb zu einer Freakshow antiwestlicher, antisemitischer, antiliberaler Positionen.“
Die Rede, die Poschardt tatsächlich gehalten hat, wirkt im Vergleich zu der auf Welt veröffentlichten Variante um vieles verkürzt, aber das ist es wert, denn es macht wirklich Spaß, diese hochemotionale, vor Zynismus strotzende Publikumsbeschimpfung in Gänze zu genießen. Zudem fehlt in der Welt-Veröffentlichung der Anfang von Poschardts Ausführungen, den er nicht vorbereitet hatte. Darin knöpft er sich den Leiter der Veranstaltung, Milo Rau, vor. Er erinnert an den 7. Oktober und äußert seine unverhohlene Abscheu gegen die Vorredner, die Israel kritisieren und sich für den BDS einsetzen:
„Bei den Taliban – Schweigen, bei Assad – Schweigen, sonst wo in der arabischen Welt – Schweigen, nie irgendwas. …Die Leute, die BDS wollen, haben die Karten ohne Israel.“
Das bringt es auf den Punkt. Das Existenzrecht Israels soll der Kultur dieser Leute geopfert werden. Deshalb widmet Poschardt seine Rede dann auch der IDF, also den israelischen Streitkräften:
„Das sind diejenigen, die den Antisemitismus mit Waffengewalt bekämpfen müssen, der auch im deutschen Kulturbetrieb sein Unwesen treibt. Benjamin Netanjahu ist mir näher als Milo Rau.“
Nicht nur wegen der vielen Buhrufe ist die gehaltene Rede äußerst kurzweilig. Sie hält dem deutschen Kulturbetrieb und seinen Shitbürgern unmittelbar den Spiegel vor. Und man kann gleichzeitig die shitbürgerlichen Reaktionen beobachten. Die Sprache in der Originalrede ist einfacher und konkreter. Und Poschardt reagiert hier auch direkt auf die teilweise aggressiven Zwischenrufe. An der Stelle, an der er seine spontanen Gedanken zur Cancel Culture mit einfließen lässt, kommt der Zwischenruf:
„Du bist ein genozidales Schwein.“
Na, das ist doch mal eine wunderbare Wortschöpfung aus der selbstgerechten Shitbürger-Bubble. Sie gibt durchaus Raum zum Schmunzeln. Doch Poschardt ist nicht zum Lachen zumute, und er erwidert auf die Beleidigung, dass er den Kulturkampf eigentlich ablehnt und er für Redefreiheit sei:
„Auch die ganzen Hamas-Freunde hier, Queers for Palestine, all die Leute, die bei ihrer ersten Kunstbiennale in Rafah erschossen, ermordet, an Pick-up-Trucks durch Rafah geschleift werden – sollen die alles sagen und denken? Wunderbar… Nur nicht mit Steuergeldern.“
In beiden Varianten seiner Rede geht es um die Angst, die verbreitet wird, und darum, wie gut die Mechanismen der Diffamierung funktionieren. Er spricht auch darüber, wie aussichtslos sein Kampf ist. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Das Shitbürgertum ist in seiner Selbstgerechtigkeit und in der tiefen Überzeugung, auf der guten Seite zu stehen, so resilient, dass jede Mühe, es dazu zu bringen, sich weiterzuentwickeln, vergeblich ist.
Die mit Steuergeldern „ergaunerte Dominanz“ des Shitbürgertums hält Poschardt für den Grund dieser Hegemonie im links-woken Milieu. Ebenso funktioniert die von Shitbürgern vielbenutzte Formel:
„Liberal, libertär, konservativ = rechts = rechtsextrem = Nazi“
leider viel zu gut. Sie ist mittlerweile überall präsent und in den Köpfen vieler Menschen fest verankert.
Poschardt zieht am Ende der gehaltenen Rede noch einmal den Schluss, dass konstruktive Kritik völlig sinnlos sei und das Shitbürgertum so kaputt sei, dass darin wieder ein Vorteil stecke. Denn man kann sich die Auseinandersetzung damit sparen. Er prophezeit, dass sich dieses ganze Milieu irgendwann nach dem Motto „Hochmut kommt vor dem Fall“ selbst zerlegt:
„Ich würde das gerne kaputt machen, ich glaub, ich kann’s nicht. In diesem Sinne wünsch ich Ihnen alles Gute. Machen Sie genauso weiter. Sie können das viel besser.“
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