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Corona-Wahnsinn: Warum ich als ‚Hamsterer‘ kein schlechtes Gewissen habe

Immer schön fröhlich bleiben. Foto: Robin Patzwaldt

Ich oute mich jetzt hier mal als jemand, den einige von unseren Lesern sicherlich als ‚Hamsterer‘ ansehen würden. Mit solchen und ähnlichen Vorwürfen sehe ich mich nämlich in meinem privaten Umfeld schon seit einigen Wochen konfrontiert, wenn auch bisher noch stets spaßig gemeint. In Anbetracht der öffentlichen Debatten, die vielfach in eine aus meiner Sicht schlicht falsche Richtung laufen, möchte ich mich hier aber einmal kurz erklären.

Ich habe in den vergangenen Jahren immer schon eine recht gut gefüllte Vorratskammer in meiner Wohnung gehabt. Schon lange vor der Corona-Krise. Von Produkten des regelmäßigen Bedarfs habe ich stets ein paar Packungen an Reserve vorgehalten. Nicht aus Angst vor irgendetwas, sondern aus reinen Kostengründen.

Seit Jahren schon prüfe ich regelmäßig die Prospekte der Supermärkte auf Sonderangebote. Dinge, die für mich interessant sind, die kaufe ich dann und stelle sie mir in den Vorrat. Da lässt sich einiges an Geld sparen, ohne dass mich das groß Mühe kosten würde.

Ich gehe als Freiberufler, der seine Zeit im Regelfall gut einteilen kann, ohnehin fast an jedem Vormittag in die Stadt und wechsle dabei die angesteuerten Ziele werktäglich ab. Man will ja Abwechslung in seinem Alltag haben. 😉

Und für jemanden, der mit Sicherheit weit weniger Geld verdient als der Durchschnittsbürger, hatte das den angenehmen Nebeneffekt, dass ich deutlich mehr aus meinem Geld machen konnte als ich es geschafft hätte, wenn ich keine Rücksicht auf Sonderangebote genommen hätte. Das macht sich nun doppelt bezahlt.

Als dann kürzlich im Januar erste Nachrichten die Runde machten, dass eine Corona Pandemie auf uns zukommen würde, da habe ich einfach angefangen stets die eine oder andere Packung mehr von einem Produkt aus dem Angebot mitzunehmen als zuvor. Ganz ohne Hektik und ohne das Ganze zu dramatisieren. Ich habe also, wenn man so will, maßvoll und sanft ‚gehamstert‘, noch weit bevor die große Kauf-Welle eingesetzt hat.

Meine Vorratskammer habe ich so teilweise schon vor vielen Wochen an Stellen aufgefüllt, wo ich zuvor vielleicht noch etwas ‚dünn‘ aufgestellt war.

In der Vorwoche habe ich das Ganze aus gegebenem Anlass einmal durchgerechnet, überprüft wie lange ich denn in Zukunft einmal notfalls auch einmal ganz ohne Einkäufe auskommen würde, ohne dass ich auf etwas wirklich Wichtiges verzichten müsste. Waren es vor dieser ‚Hamsterphase‘ rund zwei Wochen, sind es jetzt wohl so zwischen vier und sechs.

Leiden oder gar verzichten musste meinetwegen deswegen niemand. Im Gegenteil! Die Kaufleute werden sich darüber gefreut haben, habe ich doch über Wochen hinweg regelmäßig ein paar Prozente mehr ausgegeben als zuvor üblich.

Als die Nachrichten dann kürzlich dramatischer wurden und in Folge dessen die ersten Regale in den Läden der Region plötzlich teilweise leer waren, war ich an dieser plötzlich ansteigenden Kaufwelle bereits nicht mehr beteiligt.

Auch habe ich wirklich niemals eine riesige Menge von einem Produkt gekauft. Immer waren es nur ganz normale Einkäufe, die ich ohnehin immer tätige, um vielleicht das ein oder andere Stück aufgestockt. Meine Einkäufe wären an der Kasse niemals als Hamsterkäufe in Verdacht geraten.

Jetzt stehe ich, wie alle anderen auch, vor teilweise leergeräumten Regalen. Ich sehe Leute, die plötzlich anfangen Dinge in ihren Einkaufswagen zu horten. Ich frage mich: Wo waren die denn in den vergangenen Wochen? Haben die denn keine Nachrichten verfolgt?

Wären manche Zeitgenossen nicht urplötzlich im Panikmodus, die Situation wäre für den Handel und auch die Mitmenschen doch deutlich leichter zu verkraften gewesen.

Und eingelagert habe ich mir die Sachen im Übrigen auch nicht, weil ich ‚Angst‘ vor einem womöglich drohenden Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung habe/hatte, so wie den ‚Hamsterern‘ ja gerne vorgehalten wird.

Ich habe mich deshalb etwas unabhängiger von einem täglichen Gang in die Stadt aufgestellt, weil ich als chronisch kranker Mensch zu einer der Risikogruppen gehöre und mich dem erhöhten Infektionsrisiko in der City und speziell an den Ladenkassen schlicht nicht häufiger als unbedingt nötig aussetzen wollte.

Außerdem kann ich jetzt (sofern das in diesen grundsätzlich aufgeregten Zeiten überhaupt möglich ist) innerlich etwas zur Ruhe kommen, mich auf andere wichtige Dinge des Lebens konzentrieren, während in den Supermärkten womöglich gerade der Kampf um die letzte Packung Toilettenpapier ausgetragen wird.

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puck
puck
4 Jahre zuvor

Lieber Robin,
was Du da machst, ist eine ganz normale vernünftige Vorratshaltung! Jemand der gerne Pasta isst (ich!) nimmt doch ein Päckchen mit, wenn die Lieblingssorte in dem blauen Karton gerade im Angebot ist und dann hat man halt ganz automatisch einen Vorrat. Und weil Pasta ohne Sauce nicht so toll ist, stehen bei mir auch immer einige Dosen Tomaten rum usw. usw….

Der Punkt ist doch eher, dass die meisten Leute, die jetzt ohne Sinn und Verstand den Supermarkt heimsuchen und das Personal in den Wahnsinn treiben, genau das eben NICHT gemacht haben und überhaupt nicht wissen, was mit vernünftiger Vorratshaltung gemeint ist. Und darüber wird sich zurecht lustig gemacht – ansonsten müsste man verzweifeln…

Arnold Voss
4 Jahre zuvor

Selbst gestern in Berlin erlebt: Bei Aldi gab es nur 2 Pakete Mehl pro einkaufender Person. War auch am Eingang des Ladens angekündigt. Das Personal griff auch durch, wenn sie sahen, dass sich Jemand nicht dran hielt und bekamen Zustimmung von der Mehrzahl der Kunden.

Nina
Nina
4 Jahre zuvor

Die einzige Frage, die ich noch habe-wer kauft Wurst mit Gesichtern drauf?
Mir macht so eine Wurst Unbehagen.

Nina
Nina
4 Jahre zuvor

@Robin: Ich könnte keine Wurst essen, die ein Gesicht hat.

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