Süleyman Taşköprü war kein „Döner“. Er war ein Mensch, ein Mann von 31 Jahren, ein hilfsbereiter Sohn, Ehemann, Bruder und freundlicher Nachbar. Ein Hamburger. Von unseren Gastautor Patrick Gensing.
Doch nach dem Mord folgte der Rufmord durch die Öffentlichkeit:organisierte Kriminalität und Drogenmafia – was liegt näher bei einem Migranten? Die Medien berichteten von angeblichen Spuren, die bis in die Niederlande führten. Haschisch aus Amsterdam? Drogenkrieg zwischen Ausländern? Für die deutsche Öffentlichkeit war der Fall damit erledigt.
Die Familie von Süleyman Taşköprü sowie die Angehörigen der anderen NSU-Opfer mussten erfahren, was alltäglicher Rassismus bedeutet. Polizisten, die Hinweise auf Neonazis nicht ernst nahmen, sondern die Betroffenen durch Verdächtigungen kriminalisierten und ihnen so eine Mitschuld gaben. Medien, die dies unreflektiert zur Nachricht aufbliesen, die Toten zu angeblichen Drogenhändlern und „Döner“ erklärten. Familien wurden zerstört, Menschen verloren den Glauben an eine Zukunft hierzulande, verließen Deutschland.
„Eine Schande für das Land ist das“, schimpft Franz Schindler von der SPD, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses Rechtsterrorismus in Bayern, wie die Hinterbliebenen behandelt worden seien. „Die Polizei geht offenbar anders mit Ausländern um als mit Deutschen“, sagt er im Gespräch mit dem Autor. Eine Schande für das Land, sicher, aber noch viel mehr eine traumatische Erfahrung für die Angehörigen. Das Werk der Neonazis war somit vollbracht, mit freundlicher Unterstützung der deutschen Gesellschaft, die die Angehörigen des Opfers alleingelassen hat.
Süleyman Taşköprü war nicht die Ausnahme, Ermittler und Medien steckten alle Mordopfer in Schubladen, die wahlweise mit Drogenmafia, organisierter Kriminalität, Schutzgeld oder Geldwäsche versehen wurden; Rassismus als mögliches Motiv tauchte hingegen nicht auf.
Die „Bild“ zitierte in einem Artikel kurz nach dem neunten Mord der Neonazis den Leiter der „SOKO Bosporus„, Wolfgang Geier, der behauptete, mehrere Opfer hätten zu denselben Menschen Kontakt gehabt. Es sei nicht ausgeschlossen, „dass sie in der Drogenszene aktiv waren. Die Opfer sind kleine Lichter am Ende einer Kette. Wo sie Fehler gemacht haben, wissen wir noch nicht.“ Fakt war demnach aber, dass die Opfer „Fehler“ begangen hatten – und deswegen sterben mussten. Selbst schuld also. Der Kriminologe Christian Pfeiffer, der in anderen