Die verführerische Kraft des Judenhasses

"Pro-Palästina-Demo" in Düsseldorf am 27.09.2025 (Foto: Privat)
„Pro-Palästina-Demo“ in Düsseldorf am 27.09.2025 (Foto: Privat)

Der Antisemitismus ist eine der ältesten und gefährlichsten Irrlehren. Seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober benutzen ihn, auf Israel gewendet, vor allem Linke mit fanatischen Muslimen im gemeinsamen Kampf gegen den Westen und seine Werte. Warum? Eine Annäherung.

„Die Juden sind schuld“: Dieser Glaubenssatz durchzieht das Christentum wie den Islam seit Anbeginn und die Gesellschaften, die auf beidem aufbauten. Die Jesus-Anhänger wollten sich damit vom Judentum abgrenzen, aus dem sie stammten. Der Islam von beiden. Aus dem Antijudaismus erwuchs über die Jahrhunderte der Antisemitismus in all seinen schrecklichen Ausprägungen, bis zur Judenvernichtung durch die Nazis. Nun ist er bei Linken gelandet. Dass ihn heute auch solche verfechten, die sich als Antifaschisten verstehen, wirkt paradox. Aber es erfüllt dieselbe Funktion: sich selbst zu Vorkämpfern des einzig wahren Glaubens zu verklären – gegen die absolut Bösen und alle anderen.

Früher waren für Linke die Kapitalisten die Bösen, die die Welt lenken. Wenn die Arbeiterklasse sie durch die Weltrevolution beseitige, so die Lehre von Marx, Engels und Lenin, werde das Paradies ausbrechen (worauf die Christen bis zur Wiederkehr ihres Herrn warten müssen). Allerdings standen und stehen auch für Kommunisten, Sozialisten und sonstige Linke „reiche“ Juden oft als Synonym für den kapitalistischen Gegner, nicht viel anders als für die Nazis und deren Wiedergänger, deren Ideologie ebenfalls antikapitalistische Versatzstücke enthält: die „jüdische (oder jüdisch-kommunistische) Weltverschwörung“, die US-„Ostküste“, die „Rothschilds“. Auch die stalinistischen Regime vor allem in Moskau und Ostberlin kämpften daher gegen Juden, insbesondere in den eigenen Reihen, und das „zionistische“ Israel.

Seit der Kommunismus jedoch zusammengebrochen ist und sich als noch viel ausbeutererischer und unterdrückerischer als der Kapitalismus erwies, ist den Linken mit dem ideologischen Vorbild auch der Erzfeind abhanden gekommen. Das revolutionäre Subjekt sowieso. Denn die meisten Arbeiter wollten schon vorher nichts vom real nicht funktionierenden Sozialismus wissen und fühlen sich im Kapitalismus recht wohl, der ihnen viel Wohlstand beschert.

Juden als Inbegriff der bösen „Weißen“

Also musste ein neuer Feind her. Für die postkoloniale, postmoderne Linke sind das die „Weißen“ in toto, insbesondere aber die jüdisch-israelischen „Kolonisten“ als deren schlimmste Erscheinungsform. Wobei sie geflissentlich ignorieren, dass Juden und Israelis mehrheitlich gar keine „Weißen“ sind und Juden seit Jahrtausenden unterdrückt, verfolgt und eliminiert werden. Genauso, dass sie den beklagten Rassismus durch einen eigenen, nur verkehrten ersetzen.

Die Juden resp. Israel zum Feindbild par excellence zu erwählen, dient noch einem ganz anderen Zweck. Die Palästinenser werden so anstelle der vermaledeiten Arbeiter zur revolutionären Vorhut der „Verdammten dieser Erde“ (Franz Fanon), die sich gegen die „Weißen“, namentlich die jüdisch-israelischen Weltherrscher erheben sollen. So wie sich schon die linken Terroristen der 1970er Jahren aus Enttäuschung über die Arbeiter, die ihnen nicht folgen wollten, Tupamaros nannten: Avangarde der Unterdrückten im globalen Süden. Das erklärt die Inbrunst, mit der weiße Linke auf Anti-Israel-Demos nun „free, free Palestine“ statt „Proletarier aller Länder, vereinigt Euch“ rufen, sich in Palästinensertücher hüllen und Fahnen des erträumten Staates schwenken: Die Palästinenser sollen sie aus ihrem selbstverschuldeten Elend erlösen.

Dass die aber nicht im Entferntesten daran denken, eine Weltrevolution zu betreiben, sondern ihr Ansinnen allein darauf gerichtet ist, die Juden und ihren verhassten Staat zu vernichten, um auf dessen Asche in übelster nationalistischer Weise, die den der Zionisten bei weitem übertrifft, einen weiteren arabischen Feudalstaat zu errichten, kommt den verblendeten Linken nicht einmal in den Sinn. Sonst müssten sie ja sehen, dass die Araber mit ihrem Versuch, die eigenen kleptokratischen Diktatoren zu stürzen, kläglich gescheitert sind. Und in den Gebieten, die arabisch-palästinensische Führer schon unter Kontrolle hatten bzw. haben, in Gaza und den Autonomiegebieten der Westbank, alles andere als paradiesische, vielmehr ziemlich grauenhafte Zustände herrschen.

Bündnis mit dem politischen Islam

Macht nichts: Daran sind natürlich wieder die Juden bzw. Israelis schuld. Und die westlichen Regierungen wie die deutsche, die sie unterstützen. Damit es an der Bösartigkeit der Juden/Israelis nur ja keinen Zweifel gibt, muss der schlimmste aller Vorwürfe her: Völkermord! Darunter geht es nicht, um zu zeigen, dass die Welt von dieser Geißel der Menschheit befreit werden muss.

Aber nicht nur in bezug auf Israel, auch sonst haben sich Linke schon lange mit dem politischen Islam verbündet. Besonders in Frankreich in Form des Islamo-Gauchismo, weshalb es im Nachbarland für Juden besonders gefährlich ist. Dass die Vertreter des radikalen Islam, keineswegs nur die Dschidhadisten, all die Werte beseitigen wollen, für die Linke einst standen und die sie mit Liberalen mühsam erkämpft haben: Freiheit, Gleichheit, Gleichberechtigung der Frauen, Minderheitenschutz, Meinungs- und Glaubensfreiheit, Aufklärung, Toleranz, sexuelle Libertinage, ist diesen postmodernen Linken offensichtlich völlig gleichgültig. Ebenso, dass sie selbst zu den ersten Opfern gehören würden, wenn der politische Islam auch in den Ländern des Westens die Herrschaft übernähme. Egal, Hauptsache es geht gegen die Ausbeuter und Unterdrücker.

Wie ist das zu erklären? Kann man es überhaupt erklären? Ist es Selbsthass? Schiere Verzweiflung, weil die Weltrevolution einfach nicht ausbrechen will? Oder entlarvt sich in dieser pervertierten Form des Linksseins, der auch die deutsche Linkspartei zumindest in Teilen frönt, aufs Neue die Menschenverachtung, die schon dem realen Sozialismus innewohnte? Der Antisemitismus und Antiisraelismus dieser Linken wäre dann nichts anderes als das Vorzeichen ihres endgültigen Scheiterns als Projekt, das die Welt einmal zu einem besseren Ort machen wollte.

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hase12
hase12
1 Monat zuvor

Es ist kein Wunder, dass die politische Linke antisemitisch ist. Die DDR war ja bekanntlich nahezu judenfrei!

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