Fußball: Wie hoch sind die Ansprüche an die ‚Moral‘ der Sponsoren?

Fußball beim FSV Frankfurt. Quelle: Wikipedia; Foto: Dontworry; Lizenz:
Fußball beim FSV Frankfurt. Quelle: Wikipedia; Foto: Dontworry; Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Fast schon regelmäßig kommt es in letzter Zeit zu heftigen Diskussionen im Sportbereich über die Auswahl von Sponsoren. Die Einzelfälle sind dabei unterschiedlichster Art.

In Bremen sorgte der aktuelle Trikotsponsor ‚Wiesenhof‘ im Vorjahr für langanhaltende Diskussionen. Tierschützer kritisierten dabei die Bedingungen unter denen der Konzern Tiere hält und schlachtet, forderten Werder auf den Sponsor von der Trikotbrust zu verbannen.

In Bochum wurde über die Arbeitsbedingungen des Trikotsponsors ‚Netto‘ debattiert. Beim 1. FC Nürnberg wurde, in einem vergleichsweise eher ‚harmlosen‘ Fall, der Verkauf des Stadionnamens von vielen kritischen Stimmen begleitet. Der ‚drohende‘ Name ‚Hochtief‘-Arena war vielen Fans, vor dem Hintergrund der Auf- und Abstiege des Clubs zuletzt, zunächst einfach unpassend und irgendwie unangenehm, was den Sponsorendeal letztendlich wohl mit verhinderte. Auch die dann folgende Veräußerung des Namensrechtes an die Elektronikfirma ‚Grundig‘ erregte die Gemüter. Fans wollten lieber den Traditionellen Namen ‚Frankenstadion‘ für ihre Heimstätte sehen. Und obwohl ‚Sportwetten‘ von vielen Betrachtern generell eher kritisch gesehen werden, diverse ‚Wettskandale‘ auch das Fußballumfeld schon erschüttert haben, tauchen die Betreiber von Sportwetten immer häufiger als Sponsoren im Umfeld der Bundesliga auf  diversen Werbebanden und auch im TV mit ihren Spots auf. Auch die Werbung von BVB-Trainer Jürgen Klopp für den Autohersteller Opel wurde zuletzt kritisch beleuchtet, von vielen Bochumern als recht ‚unsensibel‘ angesehen. Man sieht, die geäußerte Kritik an den Werbepartnern ist vielfältig und durchaus recht unterschiedlich gelagert.

In dieser Woche dann erneut ein ganz aktueller, und auch eindeutig noch wesentlich markanterer Vorgang: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete von Streitigkeiten rund um den Zweitligisten FSV Frankfurt. Dort ist aktuell die Fluglinie ‚Saudia‘ unter den Club-Sponsoren. Zum Grundsatz des Unternehmens zählt es allerdings offensichtlich, dass es keine israelischen Staatsbürger transportiert.

Unmittelbar nachdem der Fußball-Zweitligaverein eine Partnerschaft mit der saudi-arabischen Fluglinie bekannt gegeben hat, wird der Klub dafür nun heftig kritisiert.

„Deutschland ist zurecht stolz darauf, eine Demokratie zu sein. Das heißt, die Menschenrechte zu respektieren, die in Saudi-Arabien mit Füßen getreten werden. Der FSV verkauft diese Grundsätze für billiges Sponsorengeld“, sagte Michel Friedman, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, jüngst dazu gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

„Und Frankfurt ist stolz darauf, eine weltoffene Gesellschaft zu sein. Der Sponsor vom FSV drückt mit seinem Boykott, Israelis Flugtickets zu verweigern, eine zutiefst antisemitische und politisch hochproblematische Haltung aus. Saudi-Arabien ist eine Diktatur, Israel eine Demokratie im westlichen Sinne – ist das alles dem FSV gleichgültig?“, fragt Friedmann zurecht in der FAZ.

Diesen Vorgang beim Zweitligisten hat inzwischen übrigens auch Reinhard Rauball, der DFL-Präsident, kritisiert.

Der Club sicherte inzwischen wohl auch eine genauere Überprüfung der Vorwürfe gegenüber der Fluglinie  zu. „Wenn wir zu dem Ergebnis kommen sollten, einen Fehler gemacht zu haben, und feststellen, dass eine antisemitische Haltung vorliegt, dann werden wir das Vertragsverhältnis auflösen“, sagte FSV-Geschäftsführer Clemens Krüger, wie aktuell das Portal Goal.com zu berichten weiß.

Diese aktuellen Vorgänge werfen dann auch erneut rasch die generelle Frage auf: Sollten die Sportvereine ihre Werbepartner strenger ‚moralisch‘ kontrollieren bevor sie eine Zusammenarbeit beginnen?

Kann man so etwas nicht trotz wirtschaftlicher Konkurrenz der Vereine untereinander nicht einfach auch ein Stück weit von den Verantwortlichen erwarten?

Allerdings: Wenn aber schon Städte und Regionen bei der Ansiedlung von neuen Betrieben und bei der Auswahl von Baufirmen die in ihrer Stadt bzw. Region tätig werden häufig genug einfach nehmen was sie an ‚Partnern‘ und damit Geldgebern kriegen können, was kann man dann von den Fußballteams mehr erwarten?

Ist es so gesehen nicht fast schon ein generelles Problem, dass dem Geld viel zu häufig der Vorzug vor der Moral gegeben wird? Und, wenn man mal im Sportbereich bleibt, welche Teams könnten es sich denn auch tatsächlich leisten wählerisch bei der Sponsorenauswahl zu sein? Oder ist am Ende die Meinung des FSV Frankfurt doch irgendwie auch verständlich, der meint über jeden Sponsor froh sein zu müssen, wie die FAZ zu berichten weiß?

Natürlich wünscht man sich grundsätzlich strenge Maßstäbe bei der Auswahl der Sponsoren und Werbepartner. Das betrifft dann allerdings wohl viele Bereiche der Gesellschaft und nicht nur den Fußball.

Vor diesem Hintergrund scheint mir auch der aktuelle Ärger über den FSV Frankfurt zwar natürlich völlig berechtig, aber beileibe eben kein Einzelfall zu sein. Das Problem ist eher ein gesamtgesellschaftliches…

Hier geht es zum angesprochenen Artikel der FAZ:

http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/bundesliga/aerger-um-fussball-sponsor-eine-zutiefst-antisemitische-haltung-12687379.html

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Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
11 Jahre zuvor

Aus dem FAZ-Artikel: „Der FSV Frankfurt sucht derzeit mit Hochdruck nach neuen Geldgebern. Aus Vereinskreisen heißt es, dass man froh über jeden Sponsor sei“

Tja, deutscher Fußball ist außer den Top-Two anscheinend immer noch nicht international salonfähig, also wird im Dreck gewühlt, um daraus Sponsorengelder zu generieren. Verschiedene Bekannte haben mir das vor Kurzem noch durch Berichte über aktuelle Auslandserfahrungen seltsamerweise bestätigt, denn z.B. in Asien oder Südamerika gelten nur Merchandising-Artikel von den Topclubs der Insel und vereinzelt noch aus der spanischen sowie italienischen Liga als „tragbar“ bei den Kids – deutsche Vereine, selbst FCB und BVB kommen dort nur als Außenseiter-Trikots vor.

Da muss der political-korrekte Fan wohl leider mit den Auswüchsen dumpfer Management-Entscheidungen in den Führungsetagen der „Restvereine“ leben – oder er geht halt nicht mehr hin.

Klaus
Klaus
11 Jahre zuvor

Da fehlt noch Teldafax. Bayer Leverkusen hat an denen festgehalten, als längst klar war, dass der Sponsor die Leute abzockte und kurz vor der Insolvenz stand. Seltsamerweise hat da kaum einer die Moralkeule herausgepackt.

Ganz übel war auch der VfB Stuttgart (in den 90ern?) der mit der Göttinger Gruppe eine der größten Abzockerunternehmen des grauen Kapitalmarktes auf der Brust präsentierte. Das hat man Meyer-Vorfelder problemlos durchgehen lassen, obwohl die GG Zehntausende ruiniert und viele Anleger in den Selbstmord getrieben hat. Menschen sind halt nicht so wichtig wie Hühner.

Ulf
Ulf
11 Jahre zuvor

Umgekehrt würde auch ein Schuh daraus. Es scheint den Sponsoren eines großen Profifußballvereins im Süden der Republik ja auch nichts auszumachen, dass dessen Führungspersonal zum Teil vorbestraft ist. Moral in diesem Geschäft? Falsche Frage.

Robin Patzwaldt
Robin Patzwaldt
11 Jahre zuvor

@Klaus #2: Jau! Den Namen Teldafax hatte ich auch hier auf meinem Notizzettel stehen. Leider habe ich das Beispiel Leverkusen beim Schreiben des Textes am frühen Morgen dann aber doch übersehen. Danke für den Hinweis!

der, der auszog
der, der auszog
11 Jahre zuvor

@Robin

Dann schreib auch mal Schalke und Gazprom auf deinen Notizzettel, hat ja eine gewisse Aktualität durch die Inhaftierung der Greenpeace Aktivisten, dem Urteil des Internationalen Seegerichtshof in Hamburg und den Scheißdreck, den Gazprom und Russland um dieses Urteil geben. Und das ist nur ein Beispiel für den Dreck, den der russische Gas- und Medienriese am Stecken hat.

discipulussenecae
discipulussenecae
11 Jahre zuvor

Wie sich die Sitten geändert haben, zeigt die Erinnerung an den FC 08 Bad Homburg, der in der Saison 1987/88 den Kondomfabrikanten ‚London‘ als Trikotsponsor gewonnen hatte; Gerhard Mayer-Vorfelder, damals Präsident des VfB Stuttgart, erreichte ein Verbot der Werbung, und die Spieler mußten mit einem Balken auf dem Trikot auflaufen. Erst ein Urteil des Landgerichtes Frankfurt erlaubte schließlich den Schriftzug.

Aber wenn mann bedenkt, was ‚MV‘ im Laufe der Zeit noch so von sich gegeben hat, wundern mich heutige Skandale gar nicht mehr.

Und zum Grundsatz der Fluglinie ‚Saudia‘, keine israelischen Staatsbürger zu transportieren, verbietet sich jeder Kommentar! Denn das hieße schon, mit denen in eine Diskussion zu treten …

Robin Patzwaldt
Robin Patzwaldt
11 Jahre zuvor

@discipulussenecae: An den Fall des FC Homburg kann ich mich auch noch erinnern. War ein großes Thema damals. Heute muss man schmunzeln darüber.

@der, der: Das stimmt. Je länger man überlegt, je mehr Beispiele umstrittener Sponsoren fallen einem ein.

Ulf
Ulf
11 Jahre zuvor

… beispielsweise Gaddafis „Grünes Buch“ und der ECD Iserlohn.

trackback

[…] damals in Bremen sogar vereinzelt Politiker. Es ging um die Vorbildfunktion des Vereins, um ‚moralische‘ Anforderungen an Geldgeber. Die Meinungen waren höchst emotional und gingen weit […]

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