Israelboykott, Kernkraft, Kulturfinanzierung: Mehr Weltoffenheit wagen!

Screenshot des Videos der Pressekonferenz der Initiative Initiative GG 5.3 Weltoffenheit


Die Initiative GG 5.3 Weltoffenheit und ihr Gefolge setzen sich für einen internationaleren Blick auf die BDS-Kampagne und den Boykott Israels ein und auch die Süddeutsche Zeitung fordert die „Öffnung zur Welt.“ Bei Debatten in Deutschland die internationale Perspektive nicht zu verlieren, ist eine gute Idee. Und das nicht nur beim Thema Israel.

Im Plädoyer der Initiative GG 5.3 Weltoffenheit für eine mit Steuergeldern bezahlte Zusammenarbeit mit Anhängern BDS-Kampagne findet sich ein kluger Satz: „Es ist unproduktiv und für eine demokratische Öffentlichkeit abträglich, wenn wichtige lokale und internationale Stimmen aus dem kritischen Dialog ausgegrenzt werden…

Nicht ganz so klug ist, dass die Autoren sich bei den „wichtigen lokalen und internationalen Stimmen“ ausschließlich auf Unterstützer der BDS-Kampagne beziehen, denn die ist weltweit isoliert. In den vergangenen Monaten haben Staaten wie Marokko und die Vereinigten Arabischen Emirate Beziehungen zu Israel aufgenommen. Das weitere Länder folgen werden, ist wahrscheinlich. Israel wird von immer weniger Staaten boykottiert. Es entwickelt sich zu einem immer wichtigeren Partner afrikanischer und arabischer Staaten. Abgesehen von der Blase der Anhänger postkolonialer Theorien und den Verbündeten des Irans ist der Boykott Israels kein großes Thema. Aber solche „internationalen und lokalen Stimmen“ will man sicher nicht hören. Auch das, wie Alex Feuerherdt und Florian Markl in ihrem Buch „Die Israel-Boykottbewegung“ berichten mehr „als 250 amerikanische Universitäten – darunter so renommierte wie Harvard, Yale, Princeton, Johns Hopkins, Stanford, Columbia, Chicago, New York und Washington – erklärten öffentlich, einen Boykott des jüdischen Staates abzulehnen.“ Die Taktik, Lügen und Wunschvorstellungen so oft zu wiederholen, bis sie sich irgendwann durchsetzen, ist in dem von „Narrativen“, großen Erzählungen geprägten Denken der postmodernen Blase beliebt, in der Fakten keine große Rolle spielen. Aber durchkommen lassen muss man sie mit diesem Unfug trotzdem nicht. BDS ist keine international tief verwurzelte Bewegung, der sich Millionen Menschen verschrieben haben. Sie ist ein Kampfmittel gegen Israel, das nicht sonderlich erfolgreich ist. Aber es ermöglicht einigen linken Intellektuellen, unter dem Deckmantel des Antikolonialismus ihren Antisemitismus auszuleben.

Doch nicht nur wenn es um den Boykott Israels geht, macht es Sinn, die Arenen deutscher Debatten zu verlassen und den Blick auf andere Länder zu richten. Und es ist bezeichnend, dass die Initiatoren der verschiedenen kursierenden Petitionen und Plädoyers dies nur beim Thema BDS fordern. Bei anderen Themen hat sich Deutschland tatsächlich auf Sonderwege begeben, die aber die Unterzeichner nicht stören und über die sie sicher nicht debattieren möchten. So sind die von ihnen oft angeführten Menschen des globalen Südens weniger an BDS als an Wirtschaftswachstum interessiert. Eine Studie des Berlin-Instituts vom Juli dieses Jahres belegt, dass Arbeitslosigkeit, Gesundheit und Infrastruktur die Themen sind, die im südlichen Afrika die meisten Menschen bewegen.

Afrika will Wirtschaftswachstum. Ein spannendes Thema, dass doch eine Debatte wert ist.

BDS ist dort offenbar ebenso wenig ein Thema wie Klima. Wobei sich die nächste Frage stellt, über die man hierzulande kontrovers diskutieren könnte: Warum ist Fridays for Future und der mit der Bewegung einhergehende Verzichtsethos vor allem bei reichen, weißen Kindern aus Mittel- und Nordeuropa so beliebt? Sicher, der Klimawandel ist ein globales Problem, aber dem Lösungsweg, den Deutschland eingeschlagen hat, mag niemand folgen. Die US-Demokraten haben sich wieder der Kernkraft geöffnet, weltweit werden zahlreiche neue Meiler geplant. Auch da wäre es doch spannend zu hören, was „internationalen und lokalen Stimmen“ sagen. Vielleicht kann man sogar etwas von ihnen lernen?

Auch kein Thema über, dass die über 1000 Petitionäre gerne sprechen wollen, ist die öffentliche Finanzierung von Kultur. Die internationale Opernstatistik „Operabase“ zeigt für die Saison 2011/12 aus, dass im kleinen Deutschland sehr viele sehr teure Opern aufgeführt wurden.

Obskur. Könnte man das nicht ändern? Und wie sieht es bei Theater und Ballett eigentlich aus? Hat sich Deutschland kulturell mit seiner noch aus der Kleinstaaterei stammenden Kulturstruktur international isoliert? Werden dadurch wohlmöglich neue, aufregende Ansätze durch so gebundene Gelder behindert? Zerstört die Tradition die Zukunft?  

Spannend ist auch eine Debatte, die gerade in Frankreich geführt wird. Nachdem die Grünen in diesem Jahr dort die Kommunalwahlen gewonnen haben, fangen sie an, die Kulturpolitik der Städte zu ändern. In Lyon wollen die Grünen, ihr Oberbürgermeister Grégory Doucet

und Kulturdezernentin Nathalie Perrin-Gilbert nach einem Bericht der FAZ den Kulturetat nicht kürzen: „Das Kulturbudget werde beibehalten, verspricht Doucet. Doch es werde eine „Umverteilung“ geben. „Die Bühnenbilder der Oper sind sehr teuer und werden nur für wenige Aufführungen verwendet“, hatte er vor der Wahl in einem Interview gesagt. Nathalie Perrin-Gilbert hält es auch für unverantwortlich, mit dem Geld der Steuerzahler die Spitzengehälter der Intendanten und die Gagen der Solisten zu finanzieren. Von der Oper hat sie bereits Einsicht in die Buchhaltung verlangt. Von der Oper hat sie bereits Einsicht in die Buchhaltung verlangt“

Auch hier wieder  eine Debatte, die in der deutschen Kulturszene noch nicht angekommen ist. Ja,  mehr Offenheit für Diskussionen, die im Ausland geführt werden, wäre wünschenswert.

Aber nein, der Ruf all diese Debatten zu führen, ist nicht zu vernehmen. Es geht nur darum Israelhassern in Deutschland den Zugriff auf öffentliche Mittel zu ermöglichen, die außerhalb der postmodernen Blase kaum eine Rolle spielen und, im globalen Süden wie auch in den USA und Europa, für die meisten Menschen keine intellektuellen Leuchttürme sind.

Klar geworden ist nun, in welchem Ausmaß Juden- und Israelhass in bestimmten Kreisen en vogue ist. Und dass diese Menschen keine Hemmungen haben, sich wichtig zu lügen. Ob sie damit durchkommen, liegt an uns.

 

 

 

 

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ccarlton
ccarlton
3 Jahre zuvor

Diese Stimmen sollen wichtig sein? Ein genereller Boykott ist Teil eines Dialogs? Und das mit der Ausgrenzung widerlegen sie selber mit der ganzen Publicity, die sie in den Medien bekommen.

Anne D.
Anne D.
3 Jahre zuvor

Bedauerlicherweise wirklich einer der fahrigsten, uninformiertesten und intellektuell dürftigsten Kommentare zur Debatte. Was will der Autor uns jetzt mit dem Text sagen? Dass es kein Problem ist, wenn die x-tausend im Kulturbereich und den korrespondierenden staatlichen Stellen Beschäftigten von der Politik faktisch zu Zensoren gemacht werden sollen? Weil sie sich nicht ausreichend über den Klimawandel oder andere Dinge beklagen? Hä? Es geht darum, nicht noch tiefer in eine, wie es die Haaretz so treffend genannt hat, Atmosphäre der "Schuld durch Assoziation" zu geraten, weil das letztlich dem GG widerspricht – neben allen Ansprüchen von "nie wieder"! Aber natürlich ist es viel wahrscheinlicher, dass sich drei Dutzend große Kulturinstitutionen zusammengeschlossen haben, weil sie allesamt verkappte Antisemiten sind, wie natürlich auch die mittlerweile tausenden von israelischen, deutschen und sonstigen Juden weltweit, die schon im Vorfeld des BDS-Beschlusses dessen Problematik aufgezeigt haben und nun die Initiative #weltoffenheit unterstützen. Aber deren Stimmen zählen ja nicht in der deutschen Michel-Presse. Genauso wenig wie die von Wissenschaftler*innen aus dem postkolonialen Bereich – der Autor hier schwingt sich zum Schattenboxen gegen Antisemitismus auf, kann aber seinen eigenen unterschwelligen Rassismus kaum verhehlen. Alles in allem zudem der x-te Beitrag, bei dem man sich fragen kann, ob das Anliegen der Initiative deshalb für deutsche Medienmacher (übrigens nahezu ausschließlich Männer mittleren Alters ohne Migrationshintergrund bisher) so schwer zu durchdringen ist, weil es irgendwo einen geheimen "Redet nicht mit Jüd*innen, außer, sie wählen Netanjahu!"-Code gibt? Der dann auch auf die 35+ Kulturinstitutionen erweitert wird, die sich zu Wort gemeldet haben und ja immer noch gerne bereit stehen für Rückfragen? Insgesamt wirklich, wirklich erbärmlich.

Karla
Karla
3 Jahre zuvor

@Anne D.,
man kann es auch anders sehen. Männer ohne oder mit Migrationshintergrund mittleren Alters, denken vielleicht doch ein wenig anders als Frauen mittleren Alters, mit oder ohne Migrationshintergrund.
Und damit klar zu kommen fällt manchen Frauen mittleren Alters eben schwer.
Einfach mal mehr Demokratie wagen.

Susanna
Susanna
3 Jahre zuvor

Ein schöner Artikel.
Postkolonial ist ein grosses Ärgernis, sie blenden stets und ständig die Politik und Wirtschaft des nord- und westafrikanischen Adels aus. Der basiert seit tausend Jahren auf Sklavenhandel. Boko Haran ist eine der Gruppen, die einmal jährlich den Heiligen Krieg verkünden und auf Menschenjagd gehen. Natürlich sind dunkelhäutige Menschenhändler keine bösen Menschen und außerdem sind grundsätzlich nur weisse "Arier" Schuld. Hellhäutige Sklaven und Leibeigene gab und gibt es nicht. Die Weltsicht der Antisemiten in der völkischen Querfront ist sehr einfach. Dennoch ist es nicht einfach, in Europa dagegen vorzugehen.
Freitag s Verschwörung ist klar, alles was gegen die Unterschichten geht, ist toll. Dennoch ist der Klimawandel real und eine Katastrophe. Sicher ist Kernenergie heute sicherer als vor dreißig Jahren aber noch immer tödlich. Die Antwort liegt bei regenerativen Energien und einer globalen Partnerschaft sowie einer gemeinsamen Energiepolitik. Das ist aber Sozialismus und daher ohne Aussicht. Die linke ist leider abstossend und eine antisemitische Mittelstandsvereinigung.
Da muss die Welt wohl untergehen.
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