Köln: Bewährungsprobe für Polizei und Zivilgesellschaft

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Foto: Felix Huesmann

Für den kommenden Sonntag ist in Köln eine Demonstration aus dem dem Spektrum der rechten „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) angemeldet. Vor genau einem Jahr hatten mehrere tausend Hooligans in Köln demonstriert. Der Aufmarsch führte schon nach wenigen Metern zu schweren Krawallen, immer wieder attackierten Hooligans die eingesetzten Polizisten. (Die Ruhrbarone berichteten mit einem Liveticker aus Köln.) Polizei und Zivilgesellschaft wirkten im letzten Jahr überrascht und hatten dem rechten Aufmarsch nichts entgegenzusetzen. Das soll an diesem Wochenende anders sein.

Der Kölner HoGeSa-Aufmarsch war der Auftakt für die aktuelle rechte Bewegung auf Deutschlands Straßen. Die Krawalle von Köln ernteten ein bundesweites Medienecho, als von Pegida in Dresden noch niemand sprach. Auch heute betonen die Organisatoren noch, dass sie es waren, die zuerst gegen Islamisten und Flüchtlinge auf die Straße gingen. Doch um HoGeSa ist es eher still geworden. Aufmärsche, wie im vergangenen November in Hannover (unser Bericht), verliefen ohne Eskalation. Die Polizei hatte sich auf die Gewalttäter eingestellt. Auch intern lief es nicht glatt bei den rechten Hooligans, ein Konzert in Duisburg konnte nicht stattfinden (unser Bericht), und es gab Streitigkeiten. Aus dem einigenden „Hooligans gegen Salafisten“ wurden verschiedene Gruppen, mit Namen wie „Gemeinsam stark“ oder „Bündnis deutscher Hooligans“ (unser Bericht). Andere Protagonisten von HoGeSa schlossen sich Ablegern von Pegida an.

Unter der Führung des Mönchengladbacher „Pro NRW“-Ratsherren Dominik Roeseler und des Herner Tätowierers Andreas Kraul versucht man nun einen neuen Anlauf in Köln. Beide wirkten auch im letzten Jahr zentral an der Organisation mit. Doch sieht es diesmal anders aus, die Luft bei HoGeSa ist raus, organisierte Neonazis und rechte Hooligans haben andere Tummelplätze als die schwer bewachten Demonstrationen von HoGeSa gefunden. Für sie ist ein Ausflug zu den Pegida-Demonstrationen nach Dresden deutlich attraktiver. Dort ist es möglich, im Umfeld der Aufmärsche Jagd auf Nazigegner zu machen und unterbesetzte Polizeikräfte zu attackieren. HoGeSa und der Kölner Aufmarsch ziehen mittlerweile eher stumpfes rechtes „Pack“ an, dass sich im Kleidungsstil und Auftreten zwar an organisierten Hooligans orientiert, aber nicht über deren Aktionsfähigkeit verfügt. Aber auch diese Menschen sind, gerade unter Alkoholeinfluss, zu schweren Gewalttaten fähig.

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Foto: Felix Huesmann

Deshalb ist es richtig von der Kölner Polizei, diesmal anders vorzugehen als im letzten Jahr. Statt eines Aufmarsches in der Innenstadt wird den Rechten nur eine Kundgebung hinter dem Deutzer Bahnhof gestattet. Das an die Messe angrenzende Gelände lässt sich gut überwachen, HoGeSa wird es nicht möglich sein, ein Gewalterlebnis zu bieten. Außerdem ist in diesem Jahr mit einer deutlich niedrigeren Teilnehmerzahl zu rechnen. Wenn die HoGeSa-Veranstaltung über 1.500 Teilnehmer haben sollte, wäre dies schon eine große Überraschung.

Für die Polizei Köln und den nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger ist der rechte Aufmarsch eine Bewährungsprobe. Der Einsatz im letzten Jahr wurde, unter anderem im Landtag (unser Bericht), scharf kritisiert. Eingesetzte Polizeibeamte sprachen von ungewohnten Angstsituationen, die sie erleben mussten. Sollte es in diesem Jahr wieder zu einer Eskalation beim Hooligan-Aufmarsch kommen, ist Innenminister Ralf Jäger nur noch schwer im Amt zu halten. Schon allein deshalb wird Jäger dafür sorgen, dass mehrere tausend Polizisten einen geordneten Ablauf am Sonntag sicherstellen.

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Foto: Felix Huesmann

Gegen einen geordneten Ablauf der rechten Kundgebung wollen verschiedene Antifa-Gruppen am Sonntag vorgehen. Ihr Ziel ist, dass die HoGeSa-Veranstaltung nicht stattfinden kann. Im letzten Jahr hatten Kölner Nazigegner den Aufmarsch quasi verschlafen, nur wenige hundert versammelten sich in der Innenstadt. Die meisten von ihnen bekamen die Neonazis nicht zu sehen, was sicher auch besser so war, denn effektiv hätten sie dem rechten Mob nichts entgegenzusetzen gehabt. Das soll diesmal anders werden, schon am Samstagnachmittag soll eine große antirassistische Demonstration stattfinden. Man will ein eigenes Zeichen gegen staatlichen Rassismus und rechte Brandstifter setzen (der Aufruf zur Demo). Für den Sonntag sind Blockaden des Aufmarsches geplant. In verschiedenen Städten in Nordrhein-Westfalen gibt es Treffpunkte zur gemeinsamen Anreise. In Köln soll der Aufmarsch von verschiedenen Seiten eingekreist werden. Außerdem gibt es eine Kundgebung in direkter Nähe zur HoGeSa-Veranstaltung. (Hier gibt es Informationen zu den Anti-Nazi Aktionen.)

Eine spannende Gemengelage, die sich am kommenden Sonntag in Köln abzeichnet. Bei den offiziellen Veranstaltungen wird die Polizei wohl Herr der Lage sein. Anders könnte es auf der An- und Abreise von Rechten und Nazigegnern aussehen, und an Orten, die nicht direkt mit den Versammlungen zu tun haben.

 

 

 

 

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ben
ben
8 Jahre zuvor

naja, 2014 waren aktive menschen vorbereitet – nur leider sind das nach wie vor zu wenige. die zgos die nun aufspringen sind wahrscheinlich immer noch nicht informiert und aktionsbereit genug.

Rainer Möller
Rainer Möller
8 Jahre zuvor

Hier hätte ich nun mal eine Informationsfrage, und zwar zu dem Bild mit dem umgeworfenen Polizeibulli. Die Kölnische Rundschau schrieb am 9.6.15, dass ein Verfahren gegen einen "Chaoten" oder "Randalierer" läuft, der "in der zweiten Reihe" beteiligt gewesen sein soll. Weiß jemand, was dabei weiter rausgekommen ist?

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