Alte Sprachzöpfe beschneiden – doch wie? (Symbolfoto)
In den letzten Wochen und Monaten bin ich in der Diskussion über Alltagsrassismus über die Formulierung „N-Wort“ gestoßen. Unlängst kam dann noch der Begriff „M-Apotheke“ hinzu. Die Schreibenden stören sich an den Begriffen „Neger“ bzw. „Mohr“ und wollen diese durch andere Begriffe ersetzt wissen, weil sie die Begriffe als rassistisch und überholt ansehen. Dem kann man folgen. Darum soll es hier nicht gehen.
Mir geht es vielmehr darum, dass die Formulierung „N-Wort“ bzw. „M-Apotheke“ eben nicht zur Vermeidung der Begriffe beiträgt.
Demonstrantin auf einer Black-Lives-Matter-Demo in Rotterdam | Quelle: Wikipedia | Lizenz: Gemeinfrei
Immer wenn von weißen Menschen die Rede ist, frage ich mich, ob ich weiß bin. Ich weiß es wirklich nicht. Geht es nach Critical Whiteness ist die Frage aber ziemlich wichtig. In letzter Konsequenz soll sie bestimmen, was ich sagen darf und was nicht. Mitunter auch, was ich denken darf oder woran ich zu denken habe. Dabei soll Critical Whiteness Menschen mit Migrationsgeschichte doch empowern. Warum funktioniert das bei mir nicht? Etwa weil ich weiß bin? Nur: Bin ich das wirklich? Und wer entscheidet das?
„Kneeling Knight in Prayer, (1470)“, Foto: Jim, The Photographer, Quelle: Flickr.com, CC BY 2.0
Manchmal hat man zu einer Angelegenheit ein Bauchgefühl, bevor man den Grund für dieses Gefühl richtig verstanden hat. Ganz unangenehm sind mir die Bilder, die mir momentan in Social Media begegnen, auf denen (weiße) Leute gegen Rassismus knien. Sie recken Schilder in die Höhe und sitzen im Staub. Es sind sehr starke Bilder. Und sie rücken den Knieenden in den Mittelpunkt.
Dass der DFB-Kontrollausschuss die Protestaktionen des Schalkers Weston McKennie, sowie der Dortmunder Jadon Sancho und Achraf Hakimi nach eigenem Bekunden in den kommenden Tagen „eingehend“ prüfen will, macht ihn in diesen Stunden nicht gerade beliebter. Ganz zu Unrecht tut er dies jedoch keinesfalls.
Was war geschehen? Die drei Kicker gehörten, wie einige andere Vertreter ihrer Zunft auch, am vergangenen Spieltag zu einer Gruppe von Sportlern, die ein deutlich sichtbares Zeichen gegen Rassismus setzen. Eigentlich eine tolle Sache!
Die Forderung nach Gerechtigkeit für den schwarzen US-Bürger George Floyd, der in Minneapolis bei einem Polizeieinsatz in der vergangenen Woche gewaltsam ums Leben gekommen war, gezeigt auf dem Spielfeld in der Fußball-Bundesliga, dürfte ein zu begrüßendes Anliegen für die große Mehrheit der Menschen sein.
So gesehen war es sicherlich löblich, dass Profisportler hier ganz klar Flagge zeigten und den Fall durch ihr Zutun noch mehr in die weltweite Öffentlichkeit trugen.
Der erste Reflex beim Beobachter ist daher auch, dass eine mögliche Strafe für die Spieler, wie sie sich durch die Ermittlungen des Verbandes jetzt abzeichnet, eine große Ungerechtigkeit wäre.
Saisonende 2019 auf Schalke – Notnagel Huub Stevens konnte den Abstieg der Gelsenkirchener verhindern. Foto: Michael Kamps
Dass das Spiel des FC Schalke 04 gegen den SV Werder Bremen, welches am morgigen Samstagnachmittag in Gelsenkirchen über die Bühne gehen wird, am 29. Spieltag das Spiel ‚Not gegen Elend‘ im Fußballoberhaus sein würde, das hätte zu Beginn der Saison 2019/20 wohl auch kaum jemand erwartet. Doch so schnell kann das im Profigeschäft gehen.
Bremens Trainer Florian Kohfeldt galt, ebenso wie sein Schalker Gegenüber David Wagner, zu Beginn der Runde noch als regelrechter Glücksgriff für seinen Klub. Beide Coaches zeichneten sich durch eine hohe Eloquenz und Authentizität aus, waren über Wochen und Monate hinweg die Lieblinge bei Medien und den Fans.
Jetzt, Ende Mai 2020, sind beide Übungsleiter massiv in die Schusslinie geraten. Kohfeldt droht mit seinem Team aus der 1. Liga abzusteigen, David Wagner und seine Schalker stellen nach überraschend erfolgreicher Vorrunde, die den Verein und seinen Anhang sogar vom Erreichen der UEFA Champions League träumen ließen, das schlechteste Team der Rückrunde und warten inzwischen seit dem ersten Rückrundenspieltag auf einen Sieg.
Gegen die um den Klassenerhalt kämpfenden Bremer, ist für die Gelsenkirchener also ein Sieg eigentlich Pflicht. Denn gegen wen will Schalke denn bitteschön in näherer Zukunft noch gewinnen, wenn nicht in der heimischen Arena gegen einen akut abstiegsgefährdeten Klub? Doch genau darin liegt, wie immer in solchen Fällen, eben auch die Gefahr. Der Druck ist auf beiden Seiten immens.
Und so langsam stellt sich dann auch die Frage, was wird aus Schalkes Trainer David Wagner, wenn das Vorhaben Dreier gegen Bremen erneut nicht gelingen sollte?
Am 07. Februar soll es an der Tür eines Bochumer Nachclubs in der Innenstadt zu einem rassistischen Vorfall gekommen sein. Ein schwarzer, junger Mann, in einer Gruppe von Freunden, soll wegen seiner Hautfarbe, bereits von weitem, vom Türsteher aussortiert worden sein. Stimmt es, dass das dieser Club eine entrance policy verfolgt, die zutiefst rassistisch ist und ein völlig willkürliche, rein äußerliche Begutachtung dazu führt, dass kein Einlass gewährt wird? Ruhrbarone-Autorin Lu Rieland spracht mit der Verlobten des Betroffenen, Zeugin des Vorfalls und hielt Rücksprache mit dem Geschäftsführer der Diskothek.
Als wäre die unerwartet hohe 0:5-Klatsche des FC Schalke 04 beim FC Bayern München im Top-Spiel des 19. Spieltags der Fußball-Bundesliga nicht schon ärgerlich genug gewesen, für den Anhang der Königsblauen, mussten sich viele Fußballfreunde am Abend auch noch über ein Interview von Clemens Tönnies beim Abo-Sender ‚Sky‘ ärgern.
Der Wurstfabrikant aus dem Westfälischen scheint auch Monate nach dem vom ihm ausgelösten Rassismus-Skandal vom vergangenen August nicht wirklich verstanden zu haben, was er damals falsch gemacht hat. Und bei Sky bot man ihm erstaunlich unkritisch die Bühne dazu dies vor hunderttausenden Zuschauern frisch unter Beweis zu stellen.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) grenzt sich von AfD ab (Foto: Roland W. Waniek)
Am gestrigen Tag, an dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke der arg wahlgebeutelten Ost-CDU in Thüringen eine Tolerierung als Minderheitsregierung anbietet, schlägt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) keine 400 Kilometer weiter westlich, im rheinischen Bonn, ganz andere Töne an. Er beklagt, dass man Pressefreiheit, Unabhängigkeit der Justiz und europäische Orientierung Deutschlands heute wieder verteidigen muss. Die AfD nennt er nicht, aber jeder weiß, wer gemeint ist.
Es war eine mit viel Spannung erwartete Runde: Im TV-Talk ‚Sky90‘ stellte sich Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider den Fragen von Journalisten. Wer sich bei diesem Auftritt neue Erkenntnisse in der Causa Clemens Tönnies erwartet hatte, wurde jedoch enttäuscht.
Obwohl die Journalisten Pit Gottschalk und Sven Pistor ihm gegenüber klar Stellung bezogen, die auch hier im Blog bereits emotional diskutierten verbalen Entgleisungen von Schalkes Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies, auch in Gegenwart von Schneider nicht nur noch einmal deutlich in Erinnerung riefen, sondern auch den Umgang damit klar kritisierten, brachte der Abend in diese Richtung am Ende keinerlei neue Erkenntnisse, was die Chancen auf eine wirkliche Aufarbeitung des Geschehens weiter minimierte.
Gut zwei Wochen ist es jetzt her, dass Schalkes Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies mit von vielen als rassistisch empfundenen Aussagen auf einer Versammlung von Handwerkern für einen Skandal bundesweiten Ausmaßes sorgte. Auch hier bei uns im Blog wurde in mehreren Beiträgen leidenschaftlich darüber diskutiert.
Kritisiert wurde damals auch das beim FC Schalke 04 verhängte Strafmaß, wonach der Fleischfabrikant seinen Posten als Vorsitzender des Aufsichtsrates (auf eigenen Vorschlag hin) drei Monate lang würde ruhen lassen. Viele Fans des Klubs forderten weiterreichende Konsequenzen, wollten, dass Tönnies seinen Posten ganz aufgibt, den Verein vielleicht sogar komplett verlassen möge.
Zu befürchten stand schon damals, dass die Gremien des Vereins, die Klubführung und auch Tönnies selber die Diskussionen schlicht aussitzen wollten.
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