Mario Götze und das Tor, das zu groß wurde

Mario Götze, hier noch im BVB-Trikot. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Am 16. Juli 2014, also heute vor genau elf Jahren, schrieb Mario Götze Fußballgeschichte. In der 113. Minute des WM-Finales gegen Argentinien nahm er eine Flanke von André Schürrle mit der Brust an und versenkte den Ball mit dem linken Fuß im Netz – ein Moment für die Ewigkeit, der Deutschland zum vierten Weltmeistertitel führte.

Joachim Löw hatte ihn zuvor mit den Worten aufs Feld geschickt, er solle zeigen, dass er besser sei als Lionel Messi. Götze tat genau das – und dennoch war dieses Tor nicht der Beginn eines glanzvollen Aufstiegs, sondern eher der Höhepunkt einer Karriere, die danach mehr Fragen aufwarf als Antworten lieferte.

Schon vor dem Turnier war Götze bei Bayern München nicht vollends angekommen. Der Wechsel von Dortmund nach München galt als symbolträchtig, doch an der Isar konnte er nie konstant an die Leistungen anknüpfen, die ihn unter Jürgen Klopp zur Hoffnung eines ganzen Fußballlandes gemacht hatten. Pep Guardiola setzte ihn mal zentral, mal auf dem Flügel ein, aber Götze blieb seltsam blass. Ihm fehlten Kontinuität, ein klar definierter Platz im System – und vielleicht auch das Vertrauen, das er in Dortmund gespürt hatte.

Auch in der Nationalmannschaft war Götze während der WM 2014 kein Stammspieler. Er begann die ersten Spiele, wurde aber nach durchwachsenen Auftritten bald auf die Bank gesetzt. Dass er im Finale dann zum Helden wurde, wirkte beinahe ironisch: Ausgerechnet der Reservist entschied das wichtigste Spiel seiner Karriere – und wurde anschließend zum Gesicht des Triumphs.

Doch genau dieses eine Tor wurde zur schweren Hypothek. Der Erwartungsdruck stieg ins Unermessliche. Aus einem talentierten Spieler wurde über Nacht ein Nationalheld, ein vermeintlicher Weltstar. Jeder Auftritt wurde fortan an diesem Moment gemessen. Statt in Ruhe reifen zu dürfen, war Götze plötzlich ein Spieler, der liefern musste. Seine Rückkehr nach Dortmund brachte ebenso wenig die erhoffte Wende wie spätere Stationen in Eindhoven oder Frankfurt. Verletzungen, eine Stoffwechselerkrankung und mangelnde Form verhinderten eine echte Renaissance.

Der WM-Treffer, so grandios er war, setzte einen Maßstab, an dem sich Götze nur noch abarbeiten konnte. Er war nie der Lautsprecher, nie der Typ, der mit markigen Sprüchen auftrat. Götze war ein feiner Techniker, der in Systemen mit klaren Rollen glänzen konnte – aber kein Führungsspieler, kein Selbstinszenierer. Der Fußball hatte sich weiterentwickelt, wurde athletischer, schneller, härter. Und Götze blieb auf der Suche nach seinem Platz.

Vielleicht liegt darin die Tragik seiner Karriere: dass der größte Moment zu früh kam. Dass das eine Tor alles überstrahlte – und ihm letztlich mehr genommen als gegeben hat. Mario Götze wird für immer der Finaltorschütze von Rio bleiben. Doch der Preis dafür war hoch.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtigen bei
guest
2 Comments
Älteste
Neueste
Inline-Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Reinhard Groß
Gast
Reinhard Groß
4 Monate zuvor

Wieso soll Mario Götze nicht bei der Eintracht angekommen sein? Er ist hier
einer der besten Mittelfeldspieler in der Mannschaft und Mario fühlt sich mit seiner Familie in Frankfurt wohl!

Werbung