Essen mal anders

ThyssenKrupp Zentrale Foto: TK
Neue ThyssenKrupp Zentrale in Essen Foto: ThyssenKrupp

Heute wird in Essen die neue Zentrale von ThyssenKrupp offiziell eröffnet. Wer einen massigen Koloss erwartet hat, der sieht sich getäuscht. Der Bau ist luftig und transparent. Besonders macht den Bau aber, dass ihn der Konzern alleine bezahlt hat.

„Wir sind ein Großkonzern, der es sich erlauben kann“, sagte Vorstandsmitglied Ralph Labonte gestern bei einer ersten Vorstellung der neuen Zentrale. Geld von der Stadt Essen habe ThyssenKrupp nicht benötigt. Eine beachtliche Aussage, immerhin hat der Stahlkocher im vergangenen Geschäftsjahr einen Rekordverlust verbucht. Da hätte es nicht verwundert, wenn er versucht hätte, das Stadtsäckel der Essener anzuzapfen. Immerhin hat der Neubau 300 Millionen Euro verschlungen.

Andere sind nicht so bescheiden, wie Kollege David Schraven von der WAZ schreibt (daran muss ich mich noch gewöhnen). Er berichtete hier, dass Eon Ruhrgas beim Bau seines neuen Firmensitzes von Essen zwei Millionen Euro überwiesen bekam. Zur Erinnerung: Eon Ruhrgas ist das Unternehmen, das mit seiner Dominanz auf dem deutschen Gasmarkt üppige Gewinne erwirtschaftet.

Mehrheitswahlrecht, Volksabstimmungen und weniger Staat

Fünf Parteien und keine klaren Mehrheiten: Was heute in NRW passiert wird morgen im Bund der Normalfall. Die Einführung des Mehrheitswahlrechts und Volksabstimmungen könnten eine Lösung sein.

Fünf Parteien sitzen seit der Landtagswahl im Landtag von Nordrhein-Westfalen und ihre Spitzen sind nicht in der Lage, eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden. Sechs Parteien sind es mit der Regionalpartei CSU im Bundestag. Die Mehrheit von CDU/CSU-Fraktion und FDP galt schon nach der letzten Bundestagswahl als ein kleines Wunder. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine rechte Partei erfolgreich sein wird. Mit der wachsenden Zahl der undemokratischen Parteien werden Koalitionen dann noch schwieriger.

Je problematischer die Bildung von Regierungen wird, umso mehr schwindet das Vertrauen der Bevölkerung in die Demokratie. Die meisten sind einfach nur genervt, wenn die von ihnen gewählten Politiker nichts hinbekommen. Die Winkelzüge der Parteistrategen wollen sie gar nicht nachvollziehen. Sie erwarten, dass die Politiker ihren Job machen. Die Wähler müssen das ja in ihrem Alltag auch schaffen.

Aber je mehr Parteien in den Parlamenten sitzen und so schwieriger wird es, stabile Regierungen zu bilden. Zeit, vielleicht einmal über unser Wahlsystem nachzudenken.

Vieles spricht gegen das Mehrheitswahlrecht: Minderheitenmeinungen werde im Parlament nicht abgebildet, Wahlen werden für viele irrelevant. Ich habe zum Beispiel noch nie meine Stimme einem Kandidaten gegeben, der direkt gewählt wurde.  Aber: Wir hätten meistens klare Verhältnisse in den Parlamenten. Stabile Regierungen, die ihren Job machen. Und über viele wirklich wichtige Fragen könnte man die Bevölkerung direkt entscheiden lassen: Euro-Einführung, Wehrpflicht, Schulsystem und vieles andere mehr wären gute Themen für die direkte Demokratie. So ganz nebenbei würden diese wichtigen Themen dann auch in der Breite diskutiert, die sie verdient hätten.

Zudem könnte sich der Staat auf wenige Felder konzentrieren.  Würde der Staat sich beispielsweise aus der Subventionierung der Wirtschaft zurück ziehen, gäbe es einen geringeren Entscheidungsbedarf. Ob Opel, Bauern oder Bergleute Staatsknete bekommen, müsste noch nicht einmal diskutiert werden. Wieso schreibt der Staat im Erneuerbare Energien Gesetz genau die Unterstützung für einzelne Energieträger vor? Würden Quoten – 20 Prozent aus erneuerbaren Energien bis 2020, 30 Prozent bis 2030 etc. nicht vollkommen ausreichen?

Gerne könnten viele Fragen auch in den Kommunen entschieden werden. Nehmen wir die Frage des Schulsystems: Warum sollen die Menschen vor Ort nicht entscheiden, was für Schulen sie haben wollen? Oder ob sie etwas privatisieren oder nicht privatisieren wollen? Parlamente mit weniger Kompetenzen, mehr direkte Demokratie und ein Staat, der sich nicht als omnipotent darstellt, könnte zu einer lebendigeren und gleichzeitig stabileren Demokratie führen.

Der Ruhrpilot

Andreas Pinkwart

NRW: Pinkwart beendet NRW-Koalition…Der Westen

NRW II: Politiker provozieren eine Krise der Demokratie…Welt

NRW III: Planlos in Düsseldorf…FAZ

NRW IV: Pinkwart will Jamaika eine Chance geben…Spiegel

NRW V: Ein Land im Wartestand…taz

Kultur: 20. Internationales Videofestival großer Erfolg…BSZ

Kultur II: Das Karpaten-Projekt…BSZ

Kultur III: Kürzungen – was keinem erspart bleibt…Der Westen

Bochum: OB Scholz zu Opel…Pottblog

Bochum II: Opel-Werk Bochum bleibt…Ruhr Nachrichten

Bochum III: Lammert entlastet…Der Westen

Essen: Der letzte Triumph des Berthold Beitz…FAZ

Essen: Essen in Essen…Genussbereit

Dortmund: Mehr Schulden…Der Westen

Umland: Rechte suchen Nährboden in Bürgerbewegungen…Zoom

Internet: CDU/CSU fordert 3-Strikes…Netzpolitik

WM: Die Entvuvuzelarisierung…Freitag

Bund: Diese Regierung wird noch halten…Querblog

Mittelstand: Statuspanik in der Mittelschicht…Xtranews

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General Motors macht es allein

Nach dem monatelange Gezerre um Staatsbürgschaften will General Motors seine Tochter Opel alleine sanieren. Die entsprechenden Anträge auf Bürgschaften zog die Gesellschaft zurück.

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) kann sich damit einen Marienkäfer-Bildchen auf sein Heft kleben. Mit seinem Veto blockierte er eine beantragte Milliardenbürgschaft für Opel. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) konnte und wollte keine Bundesmittel für das Unternehmen frei machen.
Die Ministerpräsidenten der betroffenen Bundesländer wollte zwar aus ihrer Tasche Bürgschaft stellen, aber dem US-Konzern war das nicht genug. Aus Furcht vor einer weiteren Hängepartie zog GM seine Bürgschaftsanträge in Europa zurück. Dabei hatten andere Ländern wie Spanien bereits entsprechenden Anträgen zugestimmt.
Das Gezuckel in Europa dürfte aber nicht der einzige Grund für den Rückzug sein. GM will nach der Rückkehr in die Gewinnzone möglichst schnell wieder an die Börse. Der Ruf, am Staatstropf zu hängen, ist da wenig hilfreich.

Ruhrpott im TV ohne Fußball – der Tagestipp (VI)

Liebe Fußballdesinteressierte, seien Sie bitte ein wenig mitfühlend zu den Fans in Ihrem Haushalt, Freundes- und Bekanntenkreis. Denn die hungern und dürsten, nachdem sie auch von Brasilien gestern bitterlich enttäuscht wurden. Wenn heute um 16 h auch von Spanien (gegen die Schweiz) keine Offenbarung erfolgt, dann droht diese ganze WM eine Hungersnot zu werden, und selbst Fußballgourmets und Antideutsche werden zu Deeutschlandfans. Wollen Sie das?
Sie haben es heute gut und womöglich das bessere TV-Programm. Es beginnt mit der Wiederholung von Die Hitzewelle – Keiner kann entkommen (D 2008, 20.15 Sat1), einem leidlich guten im Ruhrgebiet angesiedelten Spielfilm, in dem die NRW-Landesregierung und der politische Ruhrgebietsfilz halbwegs wiederzuerkennen sind.
Der Klassiker für die Älteren unter uns und ein Muss für die Jüngeren, die den Ruhrpott nur noch als Naherholungsgebiet mit blauem Himmel und Technologieparks kennen, der Klassiker, der TV-Gott des Potts: Horst Schimanskis erster Auftritt im Tatort: Duisburg-Ruhrort (BRD 1981, 22.50 h, WDR). Die NRZ, die damals allen unterdrückten Landes- und Kommunalpolitikern ihre Stimme verliehen haben muss, wird heute in den Programmmzeitschriften so zitiert: „Werft den Prügelkommissar aus dem Programm!“. Der WDR folgte dieser Auufforderung weit über 10 Jahre nicht und heute küssen ihm noch alle Ruhrpottmarketingstrategen die Füsse für die Erfindung dieser Identifikations-Kunstfigur. Im wirklichen Leben war es übrigens der zu früh (1994) verstorbene Eberhard Feik, Darsteller von Schimanskis streng gescheiteltem Arbeitskollegen Thanner, der Politrabauke, der in schwarzen Lederjacken gekleidet vor klaren politischen Statements nicht zurückschreckte. Eberhard, wenn Du das Elend jetzt vom Himmel aus siehst, bitte sende den spanischen Fußballern heute nachmittag Erleuchtung!
Noch ein wichtiger Hinweis für alle Ü-50s: achten Sie darauf, dass Ihre Kinder und Enkel nicht zwischen 23.40 h und 0.25 h mit der Fernbedienung spielen! EinsFestival wiederholt um diese Zeit die BBC-Show Top of the Pops aus den 70er Jahren, heute u.a. mit The Sweet, Suzi Quatro, Slade, 10cc und Wizzard. Diese Ausstrahlung ist jugendgefährdend. Wenn die armen Kinder sehen, wie ihre Eltern und Großeltern damals ausgesehen und sich zu so genannnter Musik bewegt haben, ist es mit jeder erzieherischen Autorität zuende und unsere Gesellschaft wird endgültig zerfallen. Danach folgt auf Eins Festival übrigens der erste Teil von Melissa (BRD 1966). Seine Erstausstrahlung war damals ein Straßenfeger, kein Mensch war draußen, alle Kneipten leer – so gesehen ein kulturgeschichtliches Juwel.
Letzter Tipp: heute beginnt die ARD eine von mehreren Almodóvar-Nächten: Das Gesetz der Begierde (Esp 1986, 0.50 h) und Frauen am Rande des Vervenzusammenbruchs (Esp 1988, 2.30 h) – für alle Schlaflosen und Videorecorder.

Bochum: Kommt ein kleines Konzerthaus?

Wird in Bochum das vierte Konzerthaus des Ruhrgebiets gebaut? Die Chancen für eine abgespeckte Version sind gestiegen.

Dirk Schmidt, CDU-Ratsherr in Bochum, schreibt in seinem Blog, dass die Marienkirche in das Konzerthaus eingebunden wird. Dieser Plan ist nicht neu, wurde aber längere Zeit nicht verfolgt. Die Stadt und auch die Konzerthausstiftung favoritisierten eine großzügigere und auch teurere Lösung.

Mit dem Fördergeld des Landes könnte die Marienkirche zum Foyer des Konzerthauses umgebaut werden. Auch Büros, Sanitäranlagen und Lagerräume könnten in dem ehemaligen Gotteshaus untergebracht werden. Daneben könnte dann ein reiner Konzertsaal errichtet werden, der mit der Marienkirche verbunden wird. Kostenmäßig soll das alles hinkommen. Nun muss die Stadt schnell die Förderanträge fertig stellen und die Stifter überzeugen, sich auch an diesem Konzept zu beteiligen. Ganz in trockenen Tüchern ist die Sache wohl noch nicht. Aber die Chancen, dass das Konzerthaus gebaut wird, sind wieder gestiegen.

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Der Ruhrpilot

NRW: Szenen einer privilegierten Partnerschaft…FAZ

NRW II: Özdemir drängt Kraft auf die Regierungsbank…Welt

NRW III: Zoff in NRW um 36 neue Kohlekraftwerke…Der Westen

Ruhr2010: Alternativer Videospiel-Preis für „Heavy Rain“…Welt

Ruhr2010 II: Pixelprojekt Ruhrgebiet – Neuaufnahmen 2009/2010…Hometown

Dortmund: Grüne hinterfragen Envio-Genehmigungen…Der Westen

Bochum: Nazi-Demo in Wattenscheid….Bo Alternativ

Essen: Eon-Millionen ein Fall für den Staatsanwalt…Der Westen

Apple iPhone 4: Offizielle Tarife der Telekom bzw. T-Mobile…Pottblog

Gaza: PR-Schlacht auf hoher See…Süddeutsche

TV ohne Fußball – der Tagestipp (V)

Paul Gascoigne (43, ja, er lebt noch!) hatte einen Autounfall. Dabei war er nur der Beifahrer. Schade. Gerade ihn würde die englische Mannschaft jetzt brauchen, sein Tor bei der EM 1996 ist in die Geschichte eingegangen und Stanley Matthews hatte schliesslich in dem Alter auch noch gespielt…. oh Entschuldigung, falsche Rubrik.
Liebe Fußballdesinteressierte, heute können Sie statt Brasilien-Nordkorea Hottes Abschied gucken, unter der Moderation von Ulrich Deppendorf. Ja, was soll das politische Kabarett sich noch ausdenken, angesichts solcher Real-Ereignisse? Staatsfernsehen at its best, heute in der ARD – und bezahlt von uns! Aber ich habe auch heute eine Lösung für Sie. Die besten Krimis werden weltweit z.Z. von den Dänen gemacht. Die allerbeste Reihe, die ich je gesehen habe, war Der Adler und wurde im ZDF gezeigt. Die zweitbeste Reihe lief ebenfalls im ZDF und wird derzeit unter dem Titel The Killing auf Arte wiederholt (22 h, 9. und 10. Teil). An dieser Serie hat mich die Darstellung des Politbusiness, die gewöhnlich in Krimis gelinde formuliert sehr holzschnittartig erfolgt, erstmals überzeugt. Und die Heldin Eva Lund ist keine Superheldin, sondern sehr lebensnah gezeichnet. Große Klasse!
Wem ein Serieneinstieg im 9. Teil jetzt zu blöd ist, der und die sollte sich mit Weeds trösten. Die Reihe lief schon bei Pro7 und wird jetzt von ZDFneo (heute 22.30 h) erneut ausgestrahlt. Es geht um eine Kleindealerin in einer US-amerikanischen Vorstadtsiedlung – Desperate Housewives war ein humorloser Langweiler dagegen. Einem Land, dass Serien wie Weeds hevorbringt, werde ich für immer dankbar sein.