Quo vadis Meinungsfreiheit?

UK Subs im Café Central, Weinheim, 2020 Foto: Cryptorebel Lizenz: CC BY-SA 4.0


Halten wir Meinungen überhaupt noch aus, wenn sie unserem Narrativ nicht entsprechen?

Cicero veröffentlichte am Dienstag das komplette Geheimgutachten des Verfassungsschutzes zur Einstufung der AFD als gesichert rechtsextremistisch. Die Ausrede, es wären geheime Quellen zu schützen, wurde durch Cicero mit der Komplettveröffentlichung direkt widerlegt. Der Verfassungsschutz bediente sich nur aus öffentlich zugänglichen Quellen. Cicero wollte dem Bürger die Gelegenheit zu geben, sich selbst ein Bild über die Arbeit des Verfassungsschutzes und dessen Begründung für die Einstufung dieser Partei als gesichert rechtsextremistisch zu machen. Zuvor waren Teile davon bereits durch den Spiegel veröffentlich worden. Diese waren allerdings Passagen, die in das Narrativ des Spiegels passten. Ronen Steinke von der Süddeutschen meint, dass war gut so, denn der Bürger sollte nur ausgewählte Inhalte zu sehen bekommen. Cicero warf er eine Nähe zur AFD vor, was ich für völlig unberechtigt halte. Brauchen wir eine Vorauswahl durch linke Medien um uns ein Bild zu machen? Sollte der Staat bestimmen, was wir mündigen Bürger zu sehen bekommen?

J.D. Vance kritisierte zur Münchner Sicherheitskonferenz, den Mangel an Meinungsfreiheit in Deutschland. Hatte er etwa recht? Nun ja, junge Menschen, die regelmäßig in die USA reisen wollen, erzählen mir, dass sie vorsichtig sind, damit, was sie auf Social Media liken, um ihre Einreise in die Staaten nicht zu gefährden. Und da reicht es, einen Witz über Donald Trump zu liken. Der Band UK Subs wurde wegen Trump-kritischer Äußerungen die Einreise in die USA verwehrt. Und J.D. Vance macht uns Vorhaltungen, dass wir die Meinungsfreiheit einschränken und die AFD unterdrücken? Die AFD wird bisher behandelt wie jede andere Partei, bekommt das gleichen Geld wie andere Parteien und wird sogar von den öffentlich-rechtlichen Medien nicht vergessen. AFD-Mitglieder lassen sich durch die Einstufung als gesichert rechtsextrem bestimmt nicht einzuschüchtern. Zu stark ist diese Partei durch dysfunktionale Politik bereits geworden. Das sollte man J.D. Vance mal klarmachen.

Die Angstmacherei, die bei AFD-Funktionären wohl eher nicht funktioniert, finden wir dennoch in unserer Gesellschaft. Und sie gehört in gewissen links-woken Kreisen schon zum üblichen Miteinander. Da werden mitunter auch mal Konzerte abgesagt, weil die Headliner Social Media Accounts folgen, die nicht genehm sind. Ich bin es ja nun schon gewöhnt, dass ich gecancelt werde. Bei einem Konzert, wo ich auftreten soll, springen Mitarbeiter wegen mir ab. Von Boykott-Aufrufen und diversen “kritischen Kommentaren“ auf social Media wollen wir gar nicht mehr reden. Aber wie kafkaesk ist es, ein Konzert abzusagen, weil die Band meinem Account folgt? Unterschwellig wird auch allen anderen Künstlern Angst gemacht, die sich für meine Inhalte interessieren unabhängig davon, wie sie meine Posts bewerten. Das erinnert mich schon sehr an die DDR. Ausspionieren, Denunzieren, Ausgrenzen und schließlich Zerstören. Das hat man früher in Potsdam an der Stasi-Hochschule gelernt.

Abweichende Meinungen, werden als “Hass und Hetze“ bezeichnet, weil sie nicht mehr ertragen werden. Mir werden Freundschaften gekündigt, weil ich Ulf Poschardt zu positiv bewerte oder weil ich nicht in einen “Jens-Spahn-ist-ein-Nazi“-Gesang mit einstimme. Weil ich Medien aus dem Springer-Verlag konsumiere und gelegentlich sogar teile, wird mir das Punksein abgesprochen.

Egal ob rechts oder links vom Hufeisen, sollten wir lernen, mehr auszuhalten und offen sein für andere Sichtweisen und wieder mehr diskutieren. Dazu brauchen wir Zugang zu Informationen, aber keine Meinungspolizei. Auch eigene Meinungen zu korrigieren, sollte wieder erlaubt sein. Denn für eine solche offene Gesellschaft bin ich 1989 auf die Straße gegangen. Den Kapitalismus und dessen ausbeuterische DNA habe ich dafür in Kauf genommen. Dafür, dass ich frei reden und frei wählen kann, werde ich dieses System auch immer unterstützen. Aber die Gefahr für die Demokratie ist da. Von außen und von innen, von rechts und von links sind totalitäre Ideen wieder schick geworden. Und die Anhänger auf beiden Seiten werden immer stärker. Nicht nur Höcke und seine Jünger, auch totalitäre Linke engen die liberale Mitte immer mehr ein. Wie kann ich eine Partei Die Linke unterstützen, die für sich per Beschluss den Antisemitismus legitimiert und den Kapitalismus stürzen will? Ja, wir brauchen den Kapitalismus, denn ohne ihn gibt es keine Demokratie. Aber Demokratie ist immer auch ein Ringen um Mehrheiten und um Deutungshoheit, nur im Gegensatz zu totalitären Systemen darf sich in einer Demokratie jeder daran beteiligen. Machen wir uns das doch bitte nicht kaputt.

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