
Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Nordrhein-Westfalen ist 2024 dramatisch gestiegen. Laut dem aktuellen Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS NRW) wurden 940 Fälle dokumentiert – ein Anstieg von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Das entspricht im Schnitt 18 Vorfällen pro Woche. 2023 waren es noch 13.
Erfasst wurden unter anderem:
1 Fall extremer Gewalt (der IS-Anschlag in Solingen),
18 körperliche Angriffe,
22 Bedrohungen,
61 gezielte Sachbeschädigungen,
56 Massenzuschriften,
228 antisemitische Versammlungen,
549 Fälle verletzenden Verhaltens.
Die Täter agieren online wie offline, auf der Straße, in Schulen, Verkehrsmitteln, am Arbeitsplatz und sogar im Wohnumfeld. Besonders betroffen: Bildungseinrichtungen mit fast doppelt so vielen Vorfällen wie 2023.
Ein zentraler Treiber war der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 – und die anschließende Eskalation im Gazastreifen. 210 von 228 antisemitischen Versammlungen im Land bezogen sich direkt auf diesen Kontext. Auf diesen Demos wurde regelmäßig gegen Israel gehetzt – oft kombiniert mit Holocaust-Relativierungen und klassischem antisemitischem Othering.
Fast zwei Drittel der dokumentierten Vorfälle (590 Fälle) fielen in die Kategorie israelbezogener Antisemitismus – eine Mischung aus Dämonisierung Israels, Delegitimierung seiner Existenz und NS-Vergleichen. In 301 Fällen kam es zur Relativierung oder Leugnung der Schoa, in 334 Fällen wurden Jüdinnen und Juden als „fremd“ markiert.
Auch Gedenkorte blieben nicht verschont: 101 Angriffe auf Erinnerungszeichen an die NS-Opfer wurden registriert – teils mutwillig beschädigt, teils gezielt propagandistisch umgedeutet.
Der Bericht macht deutlich: Antisemitismus ist kein Randphänomen und auch kein reines Onlineproblem. Er ist sichtbar, laut und organisiert – und nimmt sich zunehmend die Straßen, Klassenzimmer und Gedenkstätten. Der 7. Oktober war kein Auslöser, sondern ein Ventil für eine antisemitische Haltung, die längst da war.
📄 Der vollständige Bericht kann unter www.report-antisemitism.de heruntergeladen werden.