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Roger Waters: Fliegt das Schwein mit Davidstern bald durch die Lanxess-Arena?

Roger Waters Foto: Alterna2 http://www.alterna2.com Lizenz: CC BY 2.0


Auch als Solo-Künstler ist Roger Waters, der Mitgründer der Band Pink Floyd, erfolgreich. Doch gegen einen geplanten Auftritt des bekennenden Israelhassers in Köln regt sich Widerstand.

In der ganzen Welt füllt der britische Musiker Roger Waters die ganz großen Hallen. Am 9. Mai will er in der Kölner Lanxess-Arena auftreten. Karten zwischen 88,72 Euro für einen Platz ganz hinten unter dem Hallendach und 295,72 Euro für einen Sitz im „Golden Circle“ nahe der Bühne sind noch reichlich zu haben. Doch wer nur auf ein Konzert des Pink Floyd-Mitgründers geht, um alte Hits der Band wie „Money“, „Wish You Were Here“ und „Another Brick in the Wall“ zu hören, ist dem Musiker nicht willkommen: „Wenn ihr hier seid, weil ihr Pink Floyd mögt, aber Roger Waters‘ Politik nicht ausstehen könnt, dann verpisst euch an die Bar“ rief er im vergangenen Jahr Konzertgästen in Nordamerika zu. Waters sieht sich längst nicht mehr nur als einen Musiker, der in früheren Zeiten die Hintergrundmelodien für die Klammerbluesabende von Oberschülern lieferte, sondern als Propheten, dessen Konzerte Polit-Gottesdiensten ähneln. Vor allem die Existenz Israels versetzt das Blut des 79jährigen in Wallung. Auf seinen Konzerten sieht man auf einer riesigen Videowand israelische Panzer und Teenager, die eine Steinschleuder in der Hand halten. Immer wieder ließ er in den vergangenen Jahren bei seinen Auftritten ein großes Schwein durch die Halle schweben, auf dem neben dem Dollarzeichen auch ein Davidstern zu sehen war. Auch wenn Waters nicht auf der Bühne steht, kämpft er unermüdlich gegen Israel: Er gehört zu den lautstärksten Unterstützern der BDS-Kampagne, die neben Wissenschaftlern und Unternehmern auch Künstler dazu bringen will, Israel zu boykottieren. Der Bundestag hat die Kampagne als antisemitisch bezeichnet. Musiker, die trotzdem in dem Land auftreten wollen, werden von Waters beschimpft und mit offenen Briefen gedrängt, ihre Konzerte abzusagen. Kaum jemand steht so sehr für eine antisemitische Cancel Culture wie Waters.

Doch nicht nur zu Israel äußert sich der Bassist und Sänger: Er kritisiert US-Präsident Joe Biden für seine Unterstützung Taiwans, das seiner Ansicht nach zur Volksrepublik China gehört. In einem offenen Brief an Olena Zelenska, der Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, beschuldigte er ihren Mann, durch das Überschreiten von Russland gesetzter roter Linien am Angriff Putins auf die Ukraine schuld zu sein. In Polen war daraufhin die Kritik an Waters so groß, dass der schon im vergangenen Jahr zwei für diesen April geplante Konzerte in Krakau absagte.

In Frankfurt ist der Musiker wegen seiner Hetze gegen Israel und Juden nicht willkommen: Nach massiven Protesten gegen den britischen Musiker einigten sich die Stadt Frankfurt und das Land Hessen darauf, ein für Mai geplantes Konzert in der Festhalle abzusagen. Der Frankfurter Rat sah darin ein „gesamtgesellschaftlich getragenes Zeichen gegen Antisemitismus.“

Auch gegen den Auftritt Waters in Köln gibt es Proteste. Mitte Februar forderten die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen, FDP und Volt eine Absage des Auftritts in der Lanxess Arena. In einem offenen Brief schrieben die Fraktionen: „Für antisemitische Inhalte darf auf Kölner Bühnen kein Platz sein. Dies gilt ganz besonders in Zeiten, in denen es wieder vermehrt, auch in Köln, antisemitische Übergriffe gibt.“
Schon lange zuvor machte die Jüdische Gemeinde der Stadt auf Waters antisemitische Ausfälle aufmerksam und forderte eine Absage des Konzerts. Abraham Lehrer, Vorsitzender der Gemeinde und zugleich im Vorstand des Zentralrats der Juden in Deutschland sagte zum geplanten Auftritt: „Es ist ein Unding das jemand wie Roger Waters, der seit Jahren auf seinen Konzerten offen Antisemitismus propagiert in der Lanxess-Arena in Köln auftreten kann.“ Das ein antisemitischer Scharfmacher ein Forum erhält, sei für viele Juden ein großes Problem: „Nach den Anschlägen der vergangenen Jahre sind viele Juden verunsichert, manche haben auch Angst und fühlen sich nicht mehr sicher, wenn sie eine Synagoge oder ein Gemeindehaus besuchen wollen. Wenn nun jemand wie Roger Waters offen gegen Juden und Israel hetzen kann, wird das bei vielen diese Gefühle noch mehr verstärken.“

Doch anders als in Frankfurt hat die Stadt Köln keinen Zugriff auf die Halle, in der Waters auftreten will. Die Lanxess-Arena gehört weder Stadt noch Land sondern der in Hongkong ansässigen Junson Capital Company Limited. Betrieben wird sie von der Arena Management GmbH, einer Tochter von CTS Eventim, dem größten Eventveranstalter und Ticketvermarkter Europas. Die sieht sich nach Anfrage dieser Zeitung nicht in der Lage, das Konzert abzusagen: „Die LANXESS arena wird grundsätzlich vom jeweiligen Veranstalter einer Tournee gemietet, der ggf. einen lokalen Veranstalter für die operative Abwicklung hinzuzieht. Der örtliche Veranstalter und wir als Hallenbetreiber haben keinen Einfluss auf das Booking der Künstler:innen, oder an einer direkten Kommunikation mit diesen.“ Der örtliche Veranstalter ist die FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH, die wie die Arena Management GmbH zu CTS Eventim gehört. Auf eine Anfrage der WELT AM SONNTAG reagierte FKP Scorpio nicht, aber Arena Management reichte eine Stellungnahme des Veranstalters weiter: „Unsere Vertragsunterzeichnung und die damit verbundenen Verpflichtungen für die betreffenden Shows von Roger Waters fallen in eine Zeit, bevor der Künstler Aussagen getätigt hat oder wir Kenntnis über einzelne Statements hatten, die wir selbst problematisch finden und keinesfalls unsere eigenen Ansichten widerspiegeln.“ Man stehe in einem engen Dialog mit dem Management, das über den berechtigten Diskurs informiert ist und „unsere eigenen Ansichten kennt. Dazu zählt unter anderem, dass wir die BDS sowie den schrecklichen Angriffskrieg Russlands klar verurteilen.“ Das Waters mit antisemitischen Parolen auffällt und zum Boykott Israels aufruft, ist allerdings alles andere als neu: BDS unterstützt der Musiker seit 2006 öffentlich. Über die Abbildung eines Davidsterns auf einem fliegenden Schwein während eines Waters-Konzerts wurde erstmals 2013 berichtet. Was sich geändert hat ist jedoch die Bereitschaft, solche Vorfälle hinzunehmen: Der NRW-Landtag und der Bundestag haben in den vergangenen Jahren Beschlüsse gegen den BDS und seine Unterstützer gefasst. Bei dem Kulturfestival Ruhrtriennale sorgten 2018 und 2020 geplante Auftritte von Anhängern des Boykotts Israels für Skandale und 2022 machte die nordhessische Kunstschau Documenta mit antisemitischen Kunstwerken und Parolen Schlagzeilen. Bei CTS Eventim scheint man von all dem nichts mitbekommen zu haben.

Waters ist nicht der einzige Israelhasser auf Tour, andere erhalten allerdings weniger Aufmerksamkeit. Im vergangenen Winter spielte die die kolumbianische Band Doctor Krápula in Konzerthallen in ganz Europa. In NRW war sie in Bochum, Hagen, Bielefeld zu sehen. Für Mai ist ein Auftritt in Münster geplant. Doctor Krápula gehört zu den prominentesten Unterstützern der BDS-Kampagne in Südamerika. Gestört hat das hierzulande niemanden. Auch S Castro konnte im Februar ungestört in Witten auftreten. Castro, der „Widerstand gegen den israelischen Staat vollkommen legitim, allein schon aus dem Grund, weil es sich auch um einen kapitalistischen Staat handelt.“ bezeichnete in einer Stellungnahme, die dieser Zeitung vorliegt, vereinzelte Kritiker als „Handlanger:innen des israelischen Staates.“ S. Castro arbeitete bereits an der Oper in Dortmund, einer Stadt, der ansonsten Engagement gegen Antisemitismus wichtig ist.

Der Text erschien in einer ähnlichen Version bereits in der Welt am Sonntag

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dvornik
dvornik
1 Jahr zuvor

„Im Dezember 2012 sagte Stevie Wonder einen Auftritt in Israel ab, nachdem Waters ihn dazu aufgefordert hatte. Waters verglich die israelische Regierung mit dem ehemaligen südafrikanischenApartheid-Regime“

Wer hätte gedacht dass SW so ein Hasenfuß ist.

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