Buchhandlung Scheuermann: Buchtradition seit 1911 trifft Internet

Das Epizentrum von Duisburg hat sich in den letzten 30 Jahren gewandelt: Nicht unbedingt im positiven Sinne. Viele kleine Läden von damals gibt es heuer nicht mehr. Dafür viele Ein-Euro-Läden und eine krasse Überversorgung mit Geschäften die Mobiltelefone und dazugehörige Verträge an den Mann und die Frau bringen.

Besonders gravierend ist der Kahlschlag in der City von Duisburg, wenn man die Situation heute mit der in den 90er Jahren vergleicht, am Buchhandel zu bemerken: Die Buchhandlung Atlantis, Bücher Herrmann, die Braunsche Buchhandlung und andere Buchläden – sie sind schon seit langer Zeit Geschichte. Neben Druck durch die Filiale einer großen Buchhandelskette, dürfte der Online-Handel hier ein Grund für den Kahlschlag sein.

Von den alteingesessenen Buchläden, die ich vor 30 Jahren schon kannte, existieren noch zwei: Die Weltbühne in Duisburg-Neudorf und die Buchhandlung Scheuermann auf dem Sonnenwall – direkt am Friedrich-Wilhelm-Platz.

Stammgast war ich vor 30 Jahren in der Braunschen Buchhandlung, was auch was mit den damaligen Leseempfehlungen einer dort angestellten Verkäuferin, die ich von einem Zeltlager der Pfadfinder her kannte, zu tun hatte: Man trifft selten genug Menschen die den gleichen kranken Humor haben. In einer Buchhandlung ist so ein Treffer wahres Gold wert. Auch wenn Begrüßungen à la „Das ist ein Buch nach Deinem Geschmack! Ein kleiner Junge bringt 38 ältere Damen um. Das Buch trieft vor Blut!“ (Der gemeine kleine Faragui) und „Ich habe da ein tolles Buch! Ist wie für Dich geschrieben! Eine Frau hat Geschlechtsverkehr mit Kakerlaken!“ bei anderen Besuchern der Buchhandlung oft zu merkwürdigen Gesichtsausdrücken und Zuckungen geführt haben. Der empfohlene (wunderschöne) Roman, BTW, im letztgenannten Falle: La Cucaracha oder Die Stunde der Kakerlaken

Die Buchhandlung Scheuermann war für mich – nun ja: bis zu meiner Wiederankunft im Ruhrgebiet im Jahre 2019 – absolutes feindliches Gebiet. Irgendwann, in meiner frühen Jugend, hat mich meine Mutter eindringlich darauf hingewiesen, niemals – unter keinerlei Umständen – dort einen Fuß reinzusetzen oder gar dort ein Buch zu kaufen.

Hintergrund dieses Kleinkrieges war ein Vorfall in der 1960er oder 1970er  Jahren – ich glaube eine schulische Angelegenheit: Irgendwas mit einem furchtbar eskalierten Elternabend im Zusammenhang mit einer früheren Besitzerin oder Mitarbeiterin aus Wanheimerort, meinem Stadtteil. Genau lässt sich das für mich heute nicht mehr rekonstruieren, was vermutlich auch besser ist: Alle direkt Beteiligten dieses Händels leben inzwischen nicht mehr.

Continue Reading