Die Lokalredakteurin Elisabeth Höving berichtet in der Gelsenkirchener Ausgabe der WAZ am Samstag von einem besonderen Ereignis. „Gefeiert wie ein Popstar“ ist ihr Artikel über den Besuch von Schalke-Trainer Felix Magath beim Schalker Gymnasium überschrieben. Mit Lokaljournalismus hat der Beitrag allerdings wenig zu tun und fällt eindeutig in die Rubrik Gefälligkeits-Berichterstattung.
Wie viele andere Unternehmen hat der FC Schalke 04 ein Projekt der Schule gefördert, dass den Oberstufenschülern wird professionelle Studien- und Berufsberatung bietet. So diktiert der Meistertrainer in die Blöcke der anwesenden Journalisten: „Schließlich gehört die Entscheidung für eine schulische oder berufliche Weiterbildung zu den wichtigsten im Leben“. Soviel Lebensweisheit trübt schon mal die Erinnerungsfähigkeit und das kritische Bewusstsein, denn der Fall Julian Draxler liegt erst wenige Wochen zurück. Da hatte Felix Magath das 17jährige Fußballtalent und seine Eltern dazu überredet, die Schulausbildung abzubrechen und lieber erfolgreich vor die Kugel zu treten. Getreu dem Motto: Der Junge braucht kein Abi. Das hat bundesweite für Kritik gesorgt und nicht nur die Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VdV) hat Schalke 04 einen „unverantwortlichen Umgang mit dem Jungstar“ vorgeworfen.
Erst das Schulgesetz in NRW hat das Ausbildungsende verhindert und die schulische Laufbahn geht für Draxler nach den Sommerferien an der Gesamtschule Berger Feld weiter. Die gilt gemeinhin als Musterschule bei der Ausbildung von Profifußballern, die auch neben dem Platz etwas lernen wollen. Schulleiter Georg Altenkamp zeigte sich nach dem Gespräch mit dem Profi dann auch sehr überrascht: „Ich hatte den Eindruck, dass er über die Möglichkeiten der Schule gar nicht richtig informiert war.“ Dabei kooperiert die Gesamtschule schon lange mit Schalke 04 und die Trainingsplätze des Vereins liegen direkt nebenan. Gestandene Profis wie Manuel Neuer, Alexander Baumjohann und Mesut Özil haben hier die Schulbank gedrückt. Im Juni 2007 wurde die Gesamtschule Berger Feld als vierte deutsche Schule vom DFB als „Eliteschule des Fußballs“ ausgezeichnet.
Das könnte auch Felix Magath wissen. Ein paar kritische Fragen der Lokaljournalistin kann erwarten, wenn der Trainer plötzlich die schulische Ausbildung und mit dem Scheck winkt. Das fehlt in der Berichterstattung allerdings vollständig. „Ein Popstar ist nichts dagegen“ begeistert sich die Kollegin dagegen an dem tollen Termin. So geht die Gelsenkirchener Lokalredaktion ohne Gegenwehr der Schalker PR-Offensive auf den Leim. Die setzt derzeit auf Angriff nicht nur in sozialen Netzwerken wie facebook auf Angriff. Das Image des Vereins und des Meistertrainers haben in der letzten Zeit arg gelitten.
Kein Wunder, dass immer mehr Leser der Zeitung den Rücken kehren und man sich als Abonnent immer öfter erklären muss. Zwar bestätigten Zeitungsforscher der WAZ-Gruppe im letzten Jahr steigende journalistische Qualität, aber Leser und selbst die Redakteure in den Redaktionen sehen das anders. So ist die Redaktion in Gelsenkirchen am Wochenende manchmal nur mit einem Redakteur besetzt. Das merkt man dann an der unzureichenden Berichterstattung in der Montagsausgabe. Zwar gibt es jetzt ein Rechercheblog der WAZ im Internet, aber mehr Personal und mehr journalistisches Handwerk wären noch besser.