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Autobahngegner wittern Morgenluft

B 224 in Essen Foto: Saviour1981/Wikimedia Commons Lizenz: GNU

In ihrem Koalitionsvertrag hat  Rot-Grün die Überprüfung aller anstehenden Autobahnprojekte beschlossen. Wichtigen Autobahnprojekten könnte das Aus drohen.

Die Emscher-Lippe-Zone im nördlichen Ruhrgebiet ist das Armenhaus Nordrhein-Westfalens. In Städten wie Marl, Gladbeck oder Gelsenkirchen erreicht die Arbeitslosenquote regelmäßig landesweite Höchststände. Unternehmen sind nur schwer davon zu überzeugen, sich hier nieder zu lassen. Ein Grund ist die Verkehrsanbindung. Der öffentliche Nahverkehr ist vor allem im Bereich der Vestischen Straßenbahngesellschaft eine Katastrophe. Auf den Fernstraßen sieht es oft nicht besser aus. Die A52 hat zwischen Gelsenkirchen und Essen eine Lücke. Die Wagen schleichen hier über die B224 von Ampel zu Ampel. Alleine für das kurze Stück zwischen Gelsenkirchen und Gladbeck kann man in Stoßzeiten mit bis zu einer Stunde Fahrtzeit rechnen. Ein Ausbau der A52 ist seit Jahren geplant. Zumindest bis zum nahe gelegenen Anschluss an die A42 wäre ein Ausbau realistisch.

Für den Bereich zwischen der A42 und der A2 läuft bereits ein Planfeststellungsverfahren. Der Ausbau der A52 hat im Bundesverkehrsministerium höchste Priorität. Das Projekt wird dort in der höchsten Dringlichkeitsstufe „Vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen.

Geht es nach den Gegnern des Autobahnausbaus, die am vergangenen Wochenende zu einem Kongress in Essen zusammen kamen, sind die Pläne des Ministeriums Makulatur. Schirmherr des Kongresses ist Landesumweltminister Johannes Remmel. Er sieht den Ausbau der Autobahnen in NRW skeptisch: „Wir haben im Koalitionsvertrag entschieden, den Erhalt der Straßen vor den Ausbau zu setzen.Wir haben im Straßenverkehr einen zunehmenden Substanzverlust. Kein vernünftiger Hausbesitzer würde einen neuen Anbau beginnen, wenn sein Dach so kaputt ist, dass es hineinregnet.“ Zudem wären die Neubauprojekte des Bundes im Verkehrswegeplan nicht durchfinanziert. Als Positionierierung gegen den Ausbau der A52 will Remmel das nicht verstanden wissen. Allerdings ist für Remmel auch klar: Wo es Initiativen vor Ort gibt, will die Landesregierung gemeinsam mit den Bürgern nach Lösungen der Verkehrsprobleme suchen.

Und Initiativen gibt es entlang der geplanten Autobahntrasse durch Gelsenkirchen, Gladbeck, Bottrop und Essen gleich mehrere. Sie gehören auch zu den Veranstaltern des Kongresses am vergangenen Wochenende, zu dessen Forderungen ein Umdenken in der Verkehrspolitik gehört. Meike Maser-Plag, Sprecherin der veranstaltenden Initiativen: „Wir müssen beginnen systemisch zu denken und Auto, Bahn und Nahverkehr vernetzen. Dabei darf das Auto nicht mehr im Zentrum stehen.“ Die A52 bezeichnet Maser-Plag als eine Transitautobahn: „Diese Autobahn dient nicht den Bürgern.“

Das sieht Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski anders: „Die A52 ist für die Anbindung des nördlichen Ruhrgebiets sehr wichtig. Vor allem die Gewerbegebiete sind auf einen Ausbau angewiesen.“

Karl-Friedrich Schulte-Uebbing, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen sagt, dass die Emscher-Lippe-Region schon heute unter der schlechten Anbindung leidet: „Der Ausbau der A52 ist für das nördliche Ruhrgebiet überlebenswichtig. Ich weiß von mehreren Unternehmen, die sich hier nicht niedergelassen haben, weil ihnen die Staugefahr zu hoch ist.“ Schulte-Uebbing räumt ein, dass die A52 auch eine Transitfunktion hat. „Aber vor allem sorgt sie dafür, dass das nördliche Ruhrgebiet eine bessere wirtschaftliche Perspektive bekommt.“

Der Artikel ist in einer ähnlichen Version bereits in der Welt am Sonntag erschienen.

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Thomas Freding
Thomas Freding
13 Jahre zuvor

Der Bedarf von Bundesautobahnen richtet sich nach überregionalen Kriterien. Deshalb heißen sie auch Bundes- und nicht Landstraße oder Dorfplatz.
Seit Jahrzehnten wird hier ein Bedarf gesehen. Seit vielen Jahren ist das nur wenige Kilometer lange Teilstück zwischen A40 und A42 als „vordringlich“ im Bundesverkehrswegeplan ausgewiesen. Und ein Nachlassen des Bedarfs ist nicht erkennbar!
Von Anfang an ist bekannt, dass die Trasse durch besiedeltes Gebiet laufen muss. Alle Anwohner wissen Bescheid. Die Essener Kommunalpolitik hat 30 Jahre lang Zeit, ihre Stadtplanung darauf auszurichten. Das ist großartig; da lässt sich ‚was gestalten. Wer hat diese Zeit zu was genutzt?
Und nun …? Wer vertritt in dieser Diskussion die Interessen der Pendler, Lieferanten, Außendienstmitarbeiter, Handwerker uvm. die täglich ihre (Arbeits-)Zeit auf überlasteten Innenstadtstraßen, Ausfallstraßen oder der A40 verleben?
Wieso ist dieses Teilstück nicht bereits seit 10 Jahren realisiert?
Wir hätten immer noch eine zweispurige B1 durchs Revier, wenn zu jeder Zeit Vehrkehrsprojekte so zögerlich umgesetzt würden.

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