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Alice Schwarzer, der Protest und die Emanzipation

Alice Schwarzer Foto: Manfred Werner/CC

Alice Schwarzer ist Mercator Professorin der Uni Duisburg-Essen. Das ist für dieHochschule eine größere Ehre als für Schwarzer. Trotzdem regt sich Protest.

Es ist einer der Artikel die einen wütend machen, die man nicht versteht. Die WAZ beschreibt die Proteste gegen Alice Schwarzer, Mercatorprofessorin des Jahres 2010 der Universität Duisburg-Essen.

Die Grüne Hochschulgruppe, der Islamische Studierenden Verein (ISV), der ev. Kirchenkreis Duisburg und das Anti-Rassismus Informations-Centrum werfen ihr vor, sich abwertend über Muslime geäussert zu haben und protestieren gegen ihre Professur.

Nun gut, man könnte meinen jeder blamiert sich gerade so gut wie er kann. Aber das reicht nicht. Denn den Vorwürfen gegen Schwarzer haben ihren Grund in einem tiefen Mißverständnis.

Alice Schwarzer setzt sich für die Emanzipation der Frau ein und genau in diesem Wort liegt der Schlüssel für ihr Denken: Emanzipation. Sie will mündigen, selbstbewusste Menschen die über sich selbst bestimmen. Sie ist gegen jede Art der Unterdrückung – der von Frauen sowieso. Wer ihre Bücher liest, weiß das. Und man sollte ihre Bücher lesen, denn es sind gute Bücher: Klug und brilliant geschrieben.

Wer sich für die Emanzipation einsetzt, hat vom ersten Tag an mehrere Gegner: Die Religionen und autoritäre Ideologien. Hier geht es nun um Religionen. Das Christentum war eine blutige und grausame Religion. Der Wahn der Christen vernichtete beinahe das antike Erbe. Das Christentum wurde in Europa in zahllosen Kriegen und Konflikten niedergekämpft. Die Aufklärung setzte sich gegen die Kirche durch und  domestizierte diese grausame Institution.

Wer sich für die Freiheit der Menschen einsetzt, steht im Konflikt mit den religiösen Institutionen. In religiös bestimmten Gesellschaften steht es immer schlecht um die Menschenrechte. Die Lage der Frau, das hat Schwarzer einmal geschrieben, ist ein Indikator, für die Freiheit der Menschen. Wo Frauen unterdrückt werden, gelten die Menschenrechte wenig.

Die Lage der Frauen ist in allen islamisch dominierten Länder katastrophal. Die Menschenrechte haben kaum Bedeutung. Liegt das an den Lehren des Islams? Nein, die sind so  vieldeutig wie alle religiösen Texte. Man kann aus ihnen lesen was man will.   Es liegt daran, dass der Islam eine Religion ist und Religionen wollen gläubige, nicht denkende Menschen.

Es gibt da einen schönen Satz, ich habe ihn schon einmal zitiert:

In jedem Dorf gibt es jemanden, der das Licht der Erkenntnis anzünden will. Das ist der Lehrer. Und es gibt einen, der will es löschen. Das ist der Priester.

Schwarzer ist eine Lehrerin. Sie will Licht in die Welt bringen. Sie hat sich ihr Leben lang gegen jede Art von Unterdrückung gewandt. Und wenn durch den Islam Menschen unterdrückt werden und Schwarzer dagegen aufsteht ist das ein Problem des Islams. Nicht eines von Alice Schwarzer.

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Helmut Junge
Helmut Junge
13 Jahre zuvor

Mich verblüfft, daß die Kritiker von einem Rechtsruck bei der Auswahl der Kandidaten für diese Professur sprechen, den sie in den letzten Jahren festgestellt haben wollen. Das ist für mich ein Zeichen dafür, daß diese jungen Leutchen überhaupt nicht wissen, was Links oder Rechts ist.
Schade eigentlich.

JoS
JoS
13 Jahre zuvor

Das Problem an Frau Schwarzer ist, dass sie zu Hetze und Unwissenschaftlichkeit neigt. Ihre Konstruktion des Feminismus ist veraltet und ihre Autorität verblasst. Dennoch stellt sie sich in dogmatischer Weise an die Spitze einer Bewegung, welche durch die Ausprägungen des Neofeminismus wenig mit den alten Vorstellungen Frau Schwarzers gemein hat. Es geht hier nicht um ein Problem des Islam, es geht darum, dass das Profil Frau Schwarzers nicht den Anforderungen dieser Ehrenprofessur entspricht. Entsprechend ist es keine Gewinn für die Universität, sie macht sich hingegen im akademischen Raum lächerlich. Bei Lehrenden, Studierenden und der aufgeklärten Öffentlichkeit.

Dieter Carstensen
13 Jahre zuvor

Lieber Stefan Laurin, danke für den informativen und engagierten Artikel, den ich wie folgt ergänzen möchte:

Emanzipation und montheistische, an männliche Götter glaubende Religionen passen nicht zusammen, auch wg. der in dem Artikel aufgeführten Zusammenhänge.

Dona Leon sagte dazu so treffend:

„Eine Frau, die Mitglied einer monotheistischen Religionsgemeinschaft ist, ist genauso dumm, wie ein Schwarzer in den USA, der Mitglied beim Ku-Klux-Klan ist.“

Genau darum geht es den religiösen Eiferern, die gegen die wirklich kluge und bewunderswerte Alice Schwarzer hetzen, die übrigens in meinem Nachbarort wohnt, nämlich die Furcht, dass sie ihre Frauen nicht mehr mit Hilfe des Glaubens zusätzlich unterdrücken können, wenn diese den von Donna Leon so prägnant formulierten Gegensatz zwischen weiblicher Emanzipation und monotheistischen Religionen begriffen haben.

Für mich sind diese religiösen Eiferer armselige Trauergestalten, ohne jedes Selbstbewusstsein, die ihre die Frauen unterdrücken wollenden Ansichten unter dem Deckmäntelchen der „Religion“ tarnen. Mittelalter pur!

Wie sagte Sigmund Freud so treffend: „Religion ist eine Illusion“

Die Emanzipation und völlige Gleichberechtigung der Frau sind eine Notwendigkeit jeder aufgeklärten demokratischen Gesellschaft, oder wie es Rosa Luxemburg formulierte:

„Der Grad der gesellschaftlichen Emanzipation ist immer auch der Grad der weiblichen Emazipation.“

Es geht also bei den Angriffen gegen Alice Schwarzer um einen tieferen gesellschaftspolitischen Konflikt, man könnte vereinfacht sagen, es stehen sich das patriarchalisch – konservativ – religiös – verbrämte Mittelalter und eine aufgeklärte – emanzipatorisch – säkularisch – demokratische Gesellschaftsordnung der Neuzeit konträr gegenüber und an diesem Konflikt wird dies besonders deutlich.

M.f.G.

D.C.

Torti
Torti
13 Jahre zuvor

@JoS
Ein brillanter, streitbarer, kantiger, reizbarer, leidenschaftlicher, freier Geist ist sehr wohl ein Zierde für eine Ehrenprofessur.

Dirk Westermann
Dirk Westermann
13 Jahre zuvor

Ist ja schön, dass alle so genau bescheid wissen worum es geht. Ich nicht. Was ist denn jetzt genau der Grund der Auseinandersetzung?

Die Schwarzer Fanboys und -Hater schlagen hier aufeinander ein und ein Aussenstehender weis nicht warum.

Helmut Junge
Helmut Junge
13 Jahre zuvor

@Dirk Westermann,
Sie müssen den WAZ-Artikel lesen.
Der Link dazu ist ziemlich oben in Laurins Artikel, im Wort „beschreibt“.
Schwer zu finden.

Urmelinchen
Urmelinchen
13 Jahre zuvor

Hm, ein bisschen kritischer hätte der Kommentar zu Alice Schwarzer ausfallen können, denn ihr Tun und Handeln ist nicht gerade nur der Emanzipation der Frau an sich gewidmet, wie mir scheint, sondern dient auch dazu, die Figur Alice Schwarzer ständig in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.
Vielleicht nur mal ein paar Stichworte, die zum Nachdenken anregen:
1) Schwarzers „Pakt“ mit der BILD im Zuge des Kachelmann-Prozesses
2) Lisa Ortgies und das kurze Intermezzo bei der Emma
3) ihre Haltung zu Pornografie und sadomasochistischen Praktiken

Dies soll ihre Lebensleistung nicht schmälern, aber die Frage aufwerfen, ob das System Schwarzer bisweilen nicht ambivalent ist

Andreas Lichte
13 Jahre zuvor

@ Dieter Carstensen & Alle

„… ist genauso dumm, wie ein Schwarzer in den USA, der Mitglied beim Ku-Klux-Klan ist.“

da hab ich was für dich – ein must see:

„Frontline – Clayton Bigsby – black white supremacist“:

Teil 1: https://www.comedycentral.com/videos/index.jhtml?videoId=24400&title=frontline—clayton-bigsby

Teil 2: https://www.comedycentral.com/videos/index.jhtml?videoId=24404&title=frontline—clayton-bigsby–pt-2

Manfred Michael Schwirske
Manfred Michael Schwirske
13 Jahre zuvor

Stefan, vermutlich geht Alice Schwarzer – der dies eigentlich nicht nachgesagt wird – doch selbstkritischer mit sich um, als dieser Artikel. Der malt nur schwarz und weiss.

Bei allen Verdiensten dieser altvorderen Kämpferein. Der Schlüssel zum Verständnis einer Person liegt nie in einem isolierten xyz. Eine solche Naivität wäre die Quelle von Missverständnis.

Ist es hier auch. Denn die Kritik am ANDEREN, hier am Islam und den Frauen im Islam kann sich nicht auf die Frage der „Emanzipation“ beschränken. Oder hier Emmanzipation. Emanzipation ist also selbst ein normativer, also stark eingefärbter Begriff. Wirklich gut lässt er sich weder als Schlüssel noch als Waffe gebrauchen.

Deshalb ist auch das Bild vom guten Lehrer und vom dummen Pfaffen ein Zerrbild ohne wahren Kern. Um es auf den Punkt zu bringen: auch Lehrer können mehr Schaden als Nutzen stiften. Es kommt nämlich drauf an.

Und darum ist es auch erlaubt und keinesfalls blamabel, Schwarzers Berufung zu kritisieren.

Eva
Eva
13 Jahre zuvor

Stefan, in Deinem Artikel gibst Du einen Tip, den ich gut finde: die Bücher und Artikel von Alice Schwarzer erst mal zu lesen, bevor man sie kritisiert. Tut man dies, erfährt man z.B. folgendes: Alice Schwarzer kritisiert nicht pauschal den Islam, sondern lediglich eine Minderheit innerhalb dieser Glaubensrichtung, die extremistische Ansichten vertritt. Sie weist zu Recht darauf hin, dass diese Extremisten sich zu Meinungsführern aufschwingen, obwohl ihre Ansichten in dieser extremen Form von den meisten ihrer Glaubensbrüder und -schwestern gar nicht geteilt werden. Sie kämpft auch nicht pauschal gegen das Kopftuch, sondern sie lehnt es ab, wenn es von Kindern und von Frauen in öffentlichen Positionen mit einer Vorbildfunktion, zum Beispiel Lehrerinnen, getragen wird. Last but not least hat sie offenkundig eine ganze Reihe von muslimischen Freunden. All dies passt schlecht zum Bild der vermeintlichen Islamgegnerin.
@ JoS: Alice Schwarzer hat selbst nie die Führerschaft innerhalb der Frauenbewegung für sich beansprucht. Sie hat es ganz im Gegenteil immer mit einem gewissen Misstrauen gesehen, dass sie von den Medien quasi zur Führerin dieser Bewegung ernannt wurde.

Helmut Junge
Helmut Junge
13 Jahre zuvor

@Eva,
Schwarzer hat wohl wirklich den Islamismus und nicht den Islam gemeint.
Schön, daß Sie das hier deutlich herausstellen.
Ich habe nämlich den Eindruck gewonnen, daß Schwarzers Gegner keine Unterscheidung zwischen Islamismus und Islam treffen.
Für sie scheint das keinen Unterschied zu geben. Dadurch aber ist jede, selbst vorsichtige Diskussion von vorneherein belastet.
Ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren, wenn ich das falsch sehe.

trackback

[…] Journalist Stefan Laurin, von den “Ruhrbarone” schrieb am 14.12.10 unter dem Titel “Alice Schwarzer, der Protest und die Emanzipation” […]

Dieter Carstensen
13 Jahre zuvor

@8 Andreas Lichte Meinen herzlichsten Dank für die tollen und sehenswerten Videocliplinks:))) Das nenne ich eine wirklich gelungene Satire!

Meine Partnerin und ich haben vor Lachen am Boden gelegen, ggg

Ich kann die Links unter @8 nur weiterempfehlen!

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