Ruhrtriennale in der Dortmunder Nordstadt: „Realness“ im Problemviertel

Schorsch Kamerun während der Ruhrtriennale in der Dortmunder Nordstadt / Credit: Peter Hesse

Die „Nordstadt Phantasien“ erzählen bei der Ruhrtriennale eine verstörende Geschichte von Gentrifizierung. Mit viel Durcheinander und der Verquickung von Künstlichkeit und Realität entsteht so ein großes Stück Kunst: Schorsch Kamerun ist ein Zwitter aus unendlichem Fluxus-Happening gelungen, welches mit einer Sozialreportage vereinigt worden ist.

Wenn Schorsch Kamerun früher nach Dortmund kam, spielte er mit seiner Band „Die Goldenen Zitronen“ meist im alten FZW am Neuen Graben. Mitte der 1980er Jahre hatte sich seine Band dem Fun-Punk verschrieben und in Dortmund kamen damals viele Skinheads zu den Konzerten der Zitronen. Einer der bekanntesten Dortmunder Skins war damals Sir Hannes, Sänger von The Idiots. „Edeka“ ist einer der wichtigsten Songs der Idiots – ein dreiminütiger

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Juicy Beats – dieses Jahr mit viel ganz viel Weiblichkeit auf der Bühne

Gehören am Freitag zu den Hauptacts: SXTN aus Berlin (Foto: Christian Hasselbusch)

Dieses Wochenende werden rund 40.000 feierwütige Fans zum Juicy Beats Festival erwartet. Neben über 100 DJs und 50 Bands aus der Rock und Electro-Szene fällt auf den insgesamt 14 Bühnen vor allem eins auf: noch nie gab es hier so viele weibliche Akteure auf der Bühne – mittlerweile ist etwa jede vierte Bühnenkünstlerin eine Musikerin: fast 40 Bands und DJ-Kollektive setzen auf volle Frauenpower. Tendenz: steigend!

Wie kommt es, dass die Frauen derzeit so sehr auf dem Vormarsch sind? Für den Dortmunder Szenekenner und DJ MLM hat das ganz plausible Gründe: „Bands und Künstler wie Gurr, Hayiti oder Juliet Sikora zeigen beim Juicy Beats in diesem Jahr nicht nur die musikalische Bandbreite des Festivals auf, sondern auch das die männliche Domäne auf den Bühnen bröckelt. Von mir aus darf sie dies gerne noch weiter tun. Musik sollte nicht an ein Geschlecht oder irgendetwas anderes gebunden sein, sondern den größtmöglichen Ort der Freiheit repräsentieren“, sagt DJ MLM (das steht für Max Loves Music), der am Freitag ebenfalls ein DJ-Set im Westfalenpark auflegt.

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subrosa – The Show Must Go On!

Nun macht sie  doch weiter, die Hafenschänke subrosa. Inhaber Cornel Alex hat einen trickreichen Hase- und Igel-Wettkampf mit den Medien und seinem Publikum gespielt in den letzten Tagen. Aber schon immer war diese Kneipe ein Ort, wo die besten Marketing-Ideen ausgedacht worden sind. Stimmt nicht? Doch…

Elvis Pummel fährt vor. Ausnahmsweise darf er den „gelben Elefanten“ kutschieren, einen Senator-Mercedes 230 in Caprisonnen-Gelb, eine Farbe, die an Badezimmerkacheln aus den 1970er Jahren erinnert. Er war eine Woche in Delft auf Urlaub und durfte das Familienerbstück herum kutschieren. Nun kurz vorm nach Hause gehen noch ein Feierabend-Getränk im

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subrosa – Erlebnisse aus dem Paralleluniversium


Otto von Bismarck hat behauptet, dass niemals so viel gelogen wird, wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd. Das ist komplett falsch, denn am meisten wurde immer noch im subrosa gelogen. Stimmt nicht? Doch! Hier kommt der Beweis.

Als ich mich umdrehe steht Siegerlandelvis in der Tür. Es ist Spätsommer 1995, die Stimmung ist gut. „Wo ist Otze?“ fragt Lothar. „Der kommt sicher gleich, der musste heute noch zur Uni.“ Ach so, sage ich. Wir versammeln uns wie eigentlich jeden Samstag um den großen Stammtisch herum, der in der Mitte vom subrosa steht. Das ist gut für die Getränkeversorgung. Ein Fingerzeig und Menne stellt die nächste Runde hin. Wenn es ausufert, noch eine Runde Sauren dazu, das ist ein Mischschnaps mit Limettenjuice, Korn und noch ein paar anderen feisten Spezialitäten. „Der wirkt wie ein isotonisches Sportlergetränk, danach kannst du einen Marathon laufen – und kommst locker unter die ersten drei“, sagt Siegerlandelvis und geht rüber um noch eine Runde zu bestellen. „Die blöde schwüle Hitze, da hat man gleich noch mehr Durst“, sagt ein Typ, der sich noch nicht vorgestellt hat.

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Dortmund: Subrosa schließt nach 25 Jahren


Jede Party hat ein Ende und selbst die Binsenweisheit aus dem Munde von Ex-Trio-Sänger Stefan Remmler stimmt: alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Nach 25 Jahren Gastro-Betrieb der Hafenschänke Subrosa schließt die schönste Kneipe Dortmunds nun mit drei Funeral Days: von heute an (Mittwoch, 11. Juli) bis übermorgen (Freitag, 13. Juli) werden die letzten Biere ausgeschenkt. Auf der website vom subrosa steht dazu: „Alles dreht sich, alles bewegt sich. Nichts ist wie es scheint; schon gar nicht wie es war. Und niemals wird es wieder so sein. Das geht auch an einer gewissen hafenschaenke.de nicht vorüber.“ Vielleicht ist es ja doch so, dass man aufhören soll, wenn es am Schönsten ist. Wir zumindest werden das subrosa in der oftmals einfältigen Kulturszene vom Ruhrgebiet unendlich vermissen.

Update: Mittlerweile hat der Besitzer Gründe für die Schließung genannt:  „In den letzten Jahren überschlugen sich die Ereignisse, auf die es adäquat zu reagieren galt (Rauchverbot, Ausstieg aus dem Fußballsegment, Veränderung der Mitarbeiterstruktur etc.) und die Doppelbelastung mit Bar- & Eventmanagement wurde schließlich zu viel, sodass nun weitere Meilensteine bevorstehen“

»Der Brexit wird zigtausende von Arbeitsplätzen kosten«

Brexit: Wahllokal 2016 Foto: LavaBaron Lizenz: CC BY-SA 4.0

An der Universität Manchester unterrichtet Dr. Edgar Klüsener seine Studenten in den Fächern Neuerer Geschichte, Soziologie und Politik. Geboren ist er im Jahr 1962 in Herne, aufgewachsen ist er in Hagen. Seit 1998 wohnt der Westfale mit Frau und drei Töchtern in Manchester. Dort bekommt der Historiker und Autor mit deutschem Pass die Umwälzungen des Brexits direkt vor der eigenen Haustür mit. Doch der Kontakt zur alten Heimat ist noch nicht abgebrochen – noch regelmäßig besucht Edgar seine Eltern, die nach wie vor im Ruhrgebiet wohnen. Im Gespräch probiert Klüsener die vielen Widrigkeiten und Verwirrtheiten rund um den Brexit aufzuzählen.

Hallo Edgar Klüsener, wie nimmst du gerade die Stimmung in Großbritannien wahr?

Edgar Klüsener: »Es gibt zwei Aspekte, der eine ist natürlich, dass ich persönlich betroffen bin. Die Lage ist etwas kompliziert: ich habe die deutsche Staatsangehörigkeit, meine Frau die amerikanische und die englische, meine Kinder nur die britische. Je nachdem wie nun die Rolle

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Wildes Herz: ein mitreißender Film über Feine Sahne Fischfilet

Monchi Foto: MM Filmpresse


Regisseur Charly Hübner begibt sich mit der Dokumentation „Wildes Herz“ auf eine sehr bodenständige und humorvolle Reise mit urigen Protagonisten. Ausgangspunkt seiner filmischen Biografie ist Mecklenburg Vorpommern und die Band Feine Sahne Fischfilet. Sie spielen Ska-Punk und haben sich im Jahr 2007 gegründet. Ihr Sänger Jan „Monchi“ Gorkow steht bei diesem Porträt im Vordergrund und wird intensiv und schonungslos durch sein Leben begleitet. Altes Archivmaterial und gefilmte Nahaufnahmen ergeben so ein sehr berührendes Porträt – von einem echten Typen mit vielen Ecken und noch mehr Kanten.

Jarmen ist mit knapp 3000 Einwohnern ein kleines Dorf in den Weiten Mecklenburgs. „Ich kann mir nicht vorstellen in einer Großstadt zu leben, ich wohne zehn Minuten vom Strand weg. Da gibt es nichts Geileres“, sagt Monchi über seine Heimat. Geprägt vom politischen Wandel der letzten Jahrzehnte ist hier eine Band entstanden, die etwas zu sagen hat. Auf dem Land ist wenig los – und wer in die Langzeit-Abeitslosigkeit abrutscht, ist anfällig für die Parolen von rechten Parteien.

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