
„Das Ziel der Kampagne ‚Boycott, Divestment and Sanctions‘ (BDS) besteht in der Abschaffung des israelischen Staates.“ Der Verfassungsschutz Berlin hat seinen Jahresbericht 2024 vorgelegt, er liest sich wie ein Kommentar zu der Frage, mit der „Die Linke“ derzeit auf dicke tut: Ob sich überhaupt definieren lasse, wogegen alle seien, gegen Judenhass?
Seit es Israel gibt, wird Israel rauf und runter kritisiert, seitdem jammern die, die Israel rauf und runter kritisieren könnten, wenn sie es denn könnten, von früh bis spät darüber, dass sie es partout nicht dürften. Anstatt – mit Marx gesprochen – heute dies und morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu betreiben und nach dem Essen zu kritisieren, wie sie gerade Lust haben, geben sie sich, seit es Israel gibt, als holde Unschuld, rund um die Uhr verfolgt. Dabei ist klar: Wer die „Jerusalem Declaration of Antisemitism“ (JDA) präferiert, wie es „Die Linke“ jetzt beschlossen hat, ist deswegen noch nicht antisemitisch. Nur hat sich die Partei eine Tür offengehalten, antisemitisch zu werden, wann und wie sie gerade Lust hat. Wann und wer gerade hindurch spaziert zu ihr. Klargemacht hat dies jetzt – mitten in einer landesweiten Debatte über „Antisemitismus-Definitionen“, in der es nicht um Antisemitismus geht, sondern um Antisemiten vom Schlage BDS – der Verfassungsschutz Berlin.
Die JDA ist – ähnlich wie die Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) – eine Arbeitsdefinition, sie will den Unterschied zwischen Israelhass und dem, was sich selber „Israelkritik“ nennt, plausibel machen. Tut dies allerdings auf betont unscharfe Weise, zunächst lässt sie Antisemitismus in Rassismus verschwinden – wörtlich:
„Was für Rassismus im Allgemeinen gilt, gilt im Besonderen auch für Antisemitismus“
und erklärt dann:
„Boykott, Desinvestition und Sanktionen sind gängige, gewaltfreie Formen des politischen Protests gegen Staaten. Im Falle Israels sind sie nicht per se antisemitisch.“
BDS also sei erstens antirassistisch, zweitens gängig und drittens gewaltfrei, könne also aus sich heraus – per se – gar nicht antisemitisch sein. Jetzt der Verfassungsschutz Berlin, gängig, sagt der, sei BDS in der Tat, aber keineswegs gewaltfrei und sehr wohl antisemitisch und zwar aus sich heraus. Der VS Berlin bennennt zunächst, worauf dieser Blog wieder und wieder hingewiesen hat:
„In ihrem Steuerungsorgan, dem ‚BDS National Committee‘ (BNC), sind neben anderen Organisationen auch die Terrororganisationen HAMAS und PFLP vertreten.“
Und dann desillusioniert der Berliner VS-Bericht die Vorstellung, die BDS-Kampagne mit ihrem BNC vorneweg organisiere eine Art Bürgerbeteiligungsforum weltweit, die Hamas-Schlächter mittenmang am Runden Tisch, an dem sich zivilgesellschaftlichen Organisationen gewaltfrei verständigten. Zitat aus einer Broschüre, die in der Szene „zur Nahost-Thematik“ kursiert:
„Eine demokratische Lösung des sog. Nahostkonflikts ist unmöglich, solange Israel als rassistischer Staat existiert.“
Dass es sich bei Hamas und PFLP – verantwortlich für das monströse Massaker vom 7. Oktober 2023, bei dem Tausende Israelis ermordet, vergewaltigt, verstümmelt worden sind – um „‘Befreiungs- und Widerstandsorganisationen‘“ handele, das glauben dem VS-Bericht zufolge zumindest „Teile“ der linksextremistischen Szene. Diesen Durchfluss von BDS zum blutgeilen Judenhass zeichnet der VS-Bericht nüchtern nach, die Bündnisse von islamistischen, linksextremistischen und terroristischen Gruppen – der VS-Bericht nennt sie „spektenübergreifend“ – , in denen religiös verwahrloste Schurken auf linkspolitische Dressmen treffen und, je besser sie sich kennenlernen, desto überzeugter werden, dass sie prima zueinander passen:
„Der Kern dieser israelfeindlichen Szene setzt sich in Berlin aus verschiedenen Bündnissen mehrerer Gruppierungen aus dem Spektrum des auslandsbezogenen Extremismus sowie der islamistischen und Teilen der links-extremistischen Szene zusammen. Diese Szene ist über die eigenen Grenzen hinaus mobilisierungsfähig und integraler Bestandteil des anti-israelischen Protest- und Versammlungsgeschehens. Als wichtige Gruppierungen sind in diesem Zusammenhang vor allem die islamistisch-terroristische HAMAS und die säkular-linksnationalistische Terrororganisation PFLP zu nennen, deren Anhänger in Berlin unter der Dachbezeichnung ‚Vereinigtes Palästinensisches Nationalkomitee‘ (VPNK) eng zusammenarbeiteten und gemeinsam Versammlungen durchführten. Teilweise kooperierte das VPNK mit anderen israelfeindlichen Extremisten und trat unter anderem mit der Bewegung Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) auf.“
Über die PFLP heißt es explizit, ihr komme
„eine wichtige Scharnierfunktion zwischen islamistischen und säkularen israelfeindlichen Verfassungsfeinden zu. Ihre Versammlungen belegten die weitreichende Vernetzung zwischen ideologisch konträren Spektren in Berlin.“
Über BDS wiederum heißt es:
„Im Kern zielt die BDS-Kampagne auf die Dämonisierung und Delegitimierung Israels ab.“
Es ist der gemeinsame Nenner. Der „nicht per se antisemitisch“ sei, wohl aber antirassistisch, gewaltfrei, gängig. Weiterhin kommt der Partei Die Linke eine Scharnierfunktion zu, um ideologisch konträre Welten auf einen Punkt zu konzentrieren: Make Hamas great again auch ohne Dagdelen.
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AUSZUG VS-BERICHT BERLIN 2024
BOYCOTT, DIVESTMENT AND SANCTIONS (BDS)
Das Ziel der Kampagne „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) besteht in der „Beendigung der Besatzung“ des „gesamten arabischen Landes“ durch Israel („Ending ist occupation and colonization of all Arab lands“)40, letztlich also in der Abschaffung des israelischen Staates. Das verbindende weltanschauliche Leitmotiv des Netzwerks hinter der BDS-Kampagne besteht somit in der Negierung des Existenzrechts Israels. Das Instrument des umfassenden Boykotts zielt darauf ab, dem Staat und der mit diesem gleichgesetzten Bevölkerung erheblichen Schaden zuzufügen. Für einen der konzeptionellen Vordenker der BDS-Kampagne steht der dualistische Gegensatz zwischen israelischem „Unterdrückungsregime“ einerseits und „fast der gesamten palästinensischen Bevölkerung“ andererseits im Zentrum des Nahost-Konflikts, wobei Israel einseitig die Rolle als Alleinverantwortlicher des Konflikts zukommt.41 Im Kern zielt die BDS-Kampagne auf die Dämonisierung und Delegitimierung Israels ab.
Die Feindschaft gegenüber Israel ist ein wesentliches Element des Berliner BDS-Netzwerks. Seine Anhängerinnen und Anhänger lehnen das Existenzrecht Israels ab. Im Internet beispielsweise forderten einige von ihnen eine „Intifada“ oder die „Vernichtung der Zionisten“.42 Seit Jahren beteiligen sie sich an einzelnen Boykottkampagnen wie zum Beispiel gegen einen Sportartikelhersteller, dem die Zusammenarbeit mit der israelischen Fußballliga vorgeworfen wurde. Schließlich rechtfertigten und/oder verherrlichten Berliner BDS-Anhängerinnen und Anhänger den Terrorangriff der HAMAS vom 7. Oktober 2023.44 So wurde der Angriff in offiziellen Statements als „Befreiungskampf gegen Siedlerkolonialismus“ beziehungsweise als Ausbruch aus dem „Freiluftgefängnis“ Gaza begrüßt. Zudem waren sie integraler Bestandteil der anti-israelischen Szene, die für eine Vielzahl israelfeindlicher Veranstaltungen verantwortlich war. Diese Veranstaltungen initiierten und organisierten sie in Bündnissen mit linksextremistischen und islamistischen Gruppierungen, wie z. B. dem VPNK. Dort wurden wiederholt Schilder mit stereotyp judenfeindlicher Bildsprache gezeigt. Redner der BDS-Kampagne leugneten die brutale Dimension des Terrors vom 7. Oktober 2023. Ein BDS-Redner erläuterte auf einer Demonstration am 2. März unter dem Motto „Solidarität mit Palästina“ außerdem freimütig, dass unter der Parole „From the river to the sea […]“ zweifellos die „Abschaffung“ des „Kolonialprojekts“ Israel zu verstehen sei.
Die Kampagne „Boycott, Divestment and Sanctions“, auch „BDS-Movement“, wurde im Juli 2005, kurz nach der zweiten palästinensischen Intifada (2000 bis 2005), mit der Veröffentlichung des Manifests „Palestinian Civil Society Call for BDS“ („BDS-Call“) ins Leben gerufen.
In ihrem Steuerungsorgan, dem „BDS National Committee“ (BNC), sind neben anderen Organisationen auch die Terrororganisationen HAMAS und PFLP vertreten. BDS selbst versteht sich als gewaltfreie palästinensisch-geführte transnationale politische Protestbewegung. Sie orientiert sich dabei an der erfolgreichen Boykottkampagne gegen das ehemalige Apartheidsregime in Südafrika und überträgt die damalige Protestform auf Israel, das durch politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Boykott unter Druck gesetzt werden soll. In Deutschland bekennt sich ein ganzes Netzwerk verschiedener Gruppierungen zum „BDS-Call“ oder unterstützt programmatisch die BDS-Kampagne.
Bereits 2018 hatte das Berliner Abgeordnetenhaus einen Beschluss gefasst, der „allen antisemitischen Boykottaufrufen eine klare Absage“ erteilt. Das gilt insbesondere für die BDS-Kampagne.