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Der Papst, die Kirche und der Holocaust

Ich bin Katholik.  Ich bin kein regelmässiger Kirchgänger, aber mir ist die Kirche und die Spiritualität des Katholizismus wichtig. Das hat sich die Tage geändert.

Benedikt XVI. Foto: L’Osservatore Romano

Der deutsche Papst  Benedikt hat vier hardcore Bischöfe der  zwielichtigen Priesterbruderschaft Pius X wieder in die Kirche aufgenommen, darunter auch den erklärten Holocaustleugner Bischof Richard Williamson. Die Aufhebung der Exkommunikation gegen die Anhänger des ultraextremen und 1991 verstorbenen Erzbischof Marcel Lefebvre mag man ja generell aus rein kirchenpolitischen Überlegungen noch irgendwie nachvollziehen, aber es kann nicht sein, dass einer wieder in die Kirche aufgenommen wird, der unverändert und öffentlich den Holocaust leugnet.

Der Bischof  Williamson war doch schon exkommuniziert, also hätte der Papst von dem Ausgestossenen vor dessen Wiederaufnahme ein deutliches "Ich widerrufe" und ein klares Bekenntnis zur christlich jüdischen Aussöhnung verlangen müssen. Sonst ist die katholische Kirche ja auch nicht zimperlich. Der Papst hat das aber nicht zur Bedingung gemacht, und damit der Welt gezeigt, dass ein Antisemit und Holocaustleugner problemlos wieder einen Platz in der Kirche haben kann. Der Antisemitismus ist ein europäisches durch die Aufklärung destilliertes Gift aus dem von den christlichen Kirchen befeuerten Antijudaismus. Progrome und Judenhass sind seit Jahrhunderten Teil der europäischen Geschichte.  Von Deutschland  ging die planmässige Vernichtung von sechs Millionen Juden in Deutschland und Europa aus. Viel zu spät und erst nach dem Holocaust bemühte sich die Kirche die religiöse Feindschaft zum Judentum zu überwinden. Und nun bekommt ein schon ausgestossener Antisemit dank des deutschen Papstes Bendikt wieder einen Platz in der Kirche.

Und ich bin nun Teil einer Gemeinschaft, die Holocaustleugnern wieder Raum bietet.  Das ist für mich unerträglich.  Einige versuchen zu erklären, dass dieser Williamson ja ein Einzelfall sei und der Papst sich gegen die Holocaustleugnung gestellt habe. Aber nun ist die katholische Kirche ja kein freigeistiger Debattierclub, sondern der Papst hat die alleinige Lehr- und Deutungsmacht unfehlbar inne. Daraus ergibt sich,  die Wiederaufnahme des notorischen Antisemiten in die Kirche ist Wille des Papstes, der die menschenfeindliche Überzeugung des Bischofs offenbar nicht teilt aber diese nicht als ein Hinderungsgrund für dessen Wiederaufnahme ansah.

Es gibt zwar noch die Möglichkeit, dass der Papst  von den Ansichten des Bischofs nichts wusste. Dies ist jedoch kaum vorstellbar.  Nur dann müsste der Papst Benedikt jetzt unmissverständlich reagieren, und den unseeligen Bischof zur Reue zwingen.

Als Katholik kann man sich entweder die Position des Papstes zu eigen machen oder man sollte die Kirche verlassen.

Ich warte noch einige Tage ab. Doch wenn Papst Benedikt den Bischof Williamson nicht wieder exkommuniziert, oder dieser zu mindestens nicht öfffentlich widerruft, dann trete ich aus.

 

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kulervo
kulervo
15 Jahre zuvor

es ist für mich absolut unerträglich, was da grade in unserer Kirche passiert; es ist eine Riesenkatastrophe, dass die komplette Botschaft des Glaubens immer wieder durch so einen Bockmist in den Dreck gezogen wird. man muss sich als Katholik permanent rechtfertigen. Die Distanz zwischen dem Kirchenvolk und dem Vatikan ist enorm. ich kann und will das, was da passiert ist, an dieser Stelle nicht rechtfertigen. aber ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es Bemühungen gibt, dem entgegen zu treten. Eine davon ist eine Petition für die Umsetzung der Ziele des II. Vatikanums: https://www.petition-vaticanum2.org/
wir Katholiken sind nicht alle bescheuert; meines Erachtens nach ist nicht mal die Hälfte von uns bescheuert – das ist doch schon mal was

Paul Havers
Paul Havers
15 Jahre zuvor

Ich bin ja sonst auch ein großer Freund der Kirche. Und sei es nur, dass ich in ihr eine Konstante sehe, an der man Veränderungen in der Welt abmessen kann. Unter dem letzten Papst hat sich die kath. Kirch ein wenig bewegt und hat dafür viel Begeisterung geerntet.
Papst Benedikt konnte auf der Welle surfen, aber mit der Berufung war aber schon klar. Es weht ein anderer Wind. Im Vordergrund steht nicht mehr die Öffnung in Richtung Gesellschaft, sondern Verkapselung. Der Mann ist Kirchenpolitiker. Und so muss man die Aufhebung der Exkommunikation auch sehen. Rom will in England punkten, dem Land in der EU, in dem es über den geringsten Machteinfluss verfügt. So einem Papst sind Äußerungen eines Bischof Williamson egal; wie auch der Tod vieler Millionen Juden. Er denkt an sich und seine Machtposition.

Michael Stein
15 Jahre zuvor

Der Gedanke, daß der Papst „nichts wusste“ ist angesichts des straff durchorganisierten Systems Katholische Kirche geradezu grotesk. Ich bezweifle, daß dort irgend etwas aus Versehen passiert. Da wurde schon immer knallharte Politik gemacht – mit allen Mitteln. Spiritualität finden Sie auch woanders.

Thomas
15 Jahre zuvor

>Als Katholik kann man sich entweder die Position des Papstes zu eigen machen oder man sollte die Kirche verlassen.

Nö, Marcus. Du verläßt die römische Kirche natürlich nie, wennze Katholik bist. Niemals gehts Du so ganz. Irgendwie jedenfalls. Eher verlässt Du den Papst.

Mein Gott, er hat Dich eh schon immer verlassen!

Predige ich dir als ehemaliger Gruppenleiter der KSJ, Kevelaer und ehemaliger Redakteur des Mitgliedsblättchens der KJG, Diozese Münster.

In letzterem hab‘ ich mal jugendlich leitartikelnd Deschner empfohlen: Kriminalgeschichte des Christentums, damals den ersten Band.

Aber Deschner ist natürlich dogmatischer als selbst der Papst. (-:

https://www.deschner.info/

Soviel verbissene Aufklärung muß dann auch wieder nicht sein, oder?

Spiritualität findet man schließlich auch im Zen.

Ich jedenfalls mittlerweile.

Inoweit: Habemus Steingarten!

Markus Wolf
Markus Wolf
6 Jahre zuvor

Herr Ratzinger alias Papst Benedikt hat 2005 den Kardinal von Galen "selig" gesprochen.
Ich muss mit der Galeonsfigur des Katholischen Widerstandes abrechnen.
Sicher, man muss Herrn von Galen zugestehen, dass er gegen den Mord an bejinderten Kindern wetterte.
Allerdings:
Die andere Seite der Medaille ist die:
Als Hitler Polen überfiel, kommentierte von Galen das unter anderem mit den Worten, die Soldaten würden das Vaterland "schirmen".
"Schirmen" heisst schützen, wobei aber beim Angriff auf Polen keine Rede sein konnte.
Und als Hitler die damalige Sowjetunion überfiel, äußerte von Galen öffentlich seine Befriedigung, dass der Reichskanzler den "Russenpakt" für erloschen erklärte.
Mit anderen Worten:
Von Galen war kein Gegner der Nazis, er war Gegner einer bestimmten Maßnahme des NS-Staates, was nicht heißt, dass von Galen grundsätzlicher Gegner der Nazis war.

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