Die NRW-SPD will endlich auf Bill Clinton hören

Bill Clinton 1993 Foto: Bob McNeely, The White House Lizenz: Gemeinfrei


Werden die Roten im Westen wieder vernünftig? In einem Leitantrag zum Landesparteitag am 10. Mai skizziert der Landesvorstand der nordrhein-westfälischen SPD einen Kurswechsel der Partei.

Die SPD in Nordrhein-Westfalen scheint Bill Clinton für sich entdeckt zu haben. Kurz bevor er 1993 zum Präsidenten der USA gewählt wurde, sagte er vor dem Democratic Leadership Council: „Wir müssen eine Regierung haben, die für die arbeitenden Familien dieses Landes funktioniert – die morgens aufstehen, zur Arbeit gehen, ihre Steuern zahlen, sich an die Regeln halten und versuchen, ihre Kinder richtig zu erziehen.“ Was nun im Leitantrag der nordrhein-westfälischen SPD für den Landesparteitag am 10. Mai steht, erinnert stark an Clinton 1993: „Unsere Haupt-Zielgruppe sind die berufstätigen Familien. Diejenigen, die mitten im Leben und in doppelter Hinsicht im Zentrum unserer Gesellschaft stehen, weil sie jeden Tag aufstehen und den Laden am Laufen halten, ob auf der Arbeit oder zu Hause.“ Statt Bürgergeldempfängern, Minderheiten und Öko-NGOs will sich die SPD wieder um alle kümmern, „die morgens aufstehen, zur Arbeit gehen, ihre Steuern zahlen, sich an die Regeln halten.“ Wokeness und Greta sind Vergangenheit. Bei der SPD wird wieder in die Hände gespuckt.

Es scheint so, dass die Genossen dabei sind, aus den Niederlagen der vergangenen Jahrzehnte zu lernen. Viele wünschten sich das seit sehr langer Zeit und sahen oft mit Verzweiflung, wie sich die einstige Volkspartei zu einer dümmlichen Kopie der Grünen wandelte. Für Sozialdemokraten auch ungewöhnlich ist der kritische Blick auf die Fehler der Vergangenheit und der Versuch einer realistischen Einschätzung der tristen Wirklichkeit: „…seit 1998 regieren wir auf Bundesebene – mit einer Ausnahme durchgehend mit oder führen Regierungen an. So wenig Sinn es macht, unser Regierungshandeln der letzten 25 Jahre mit einer blinden Fundamentalkritik zu überziehen, so sehr müssen wir anerkennen, dass sich die Lage für die Menschen, die besonders auf eine starke Sozialdemokratie angewiesen sind, in zentralen Politikfeldern nicht ausreichend verbessert hat.“ Und die Gründe werden auch gleich angeführt: „Weil die Ungleichheit in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen hat, weil das Leben der Mehrheit der Menschen durch gestiegene Preise, unsichere Arbeitsplätze und marode staatliche Infrastruktur ganz praktisch beschwerlicher geworden ist, verlieren Menschen zunehmend den Glauben, dass die Sozialdemokratie noch die Kompetenzen und den Willen hat, diesen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen.“

Und auch eine Lösung hat man gefunden: „Sozialdemokratische Politik war immer mit einem Aufstiegs- und Freiheitsversprechen für die breite Mitte der Gesellschaft verbunden. Das Aufstiegsversprechen der SPD braucht dringend ein Update für das 21. Jahrhundert. Hierfür müssen wir es schaffen, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Stärke wieder klarer miteinander zu verbinden. Soll es Deutschland besser gehen, dann muss es jedem Einzelnen in unserem Land besser gehen.“ Freiheitsversprechen, breite Mitte der Gesellschaft, wirtschaftliche Stärke – deutlicher kann man sich von den Grünen nicht absetzen, die mit all dem nicht viel anfangen können, von einer Wirtschaft ohne Wachstum träumen, sich mehr um die Befindlichkeiten von Minderheiten statt um die der Mehrheit kümmern und die Menschen lieber erziehen als frei entscheiden lassen wollen.

Die SPD hat erkannt, dass ein solcher Kurswechsel dringend erforderlich ist. Sie sieht sich vor der Kommunalwahl in NRW im Herbst mit dem Rücken an der Wand: „Zum einen setzt sich mit Blick auf die NRW-Karte die Entwicklung hin zu einer Regionalpartei des Ruhrgebiets fort. Mit wenigen Ausnahmen gewinnen wir nur noch dort Direktmandate.“ Zugleich dürfe dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die SPD auch im Ruhrgebiet große Verluste zu verzeichnen habe. „Dass diese vor allem auf das Konto von Rechtsradikalen einzahlen, dürfen wir niemals hinnehmen. Zum anderen haben wir ein Problem in den Universitätsstädten außerhalb des Ruhrgebiets, in denen wir hinter Grünen und Union teilweise nur auf Platz drei landen.“ Im Rest des Landes läge man zwar häufig noch auf Platz zwei hinter der CDU, aber der Abstand wachse. „Diese Entwicklung müssen wir dringend umkehren und schon bei der nun anstehenden Kommunalwahl gemeinsam dafür kämpfen, so viele Rathäuser wie möglich zu gewinnen und NRW wieder rot zu färben.“

Ja, die SPD erklärt noch nicht genau, wie sie den Wechsel hinbekommen will und auf welchen Feldern sie ihre Politik ändern möchte, aber sie ist auf dem richtigen Weg. Und damit könnte sie nach der Landtagswahl 2027 für die CDU der deutlich bessere Regierungspartner sein, als es die Grünen sind. Ein Land mit den Problemen Nordrhein-Westfalens kann sich nicht beliebig lang den Luxus einer grünen Wirtschaftsministerin leisten.

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