Interne VRR-Analyse belegt: So groß war das 9-Euro-Ticket-Chaos wirklich

9-Euro-Ticket, gültig für den Kalendermonat Juni 2022, gezogen aus einem Verkaufsautomaten der Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH (VGF) Foto: Shugal Lizenz: CC0


Der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) hat sich in einer Pressemitteilung zu den Auswirkungen des 9-Euro-Tickets am Pfingstwochenende geäussert. Es ist nur ein Ausschnitt der Wirklichkeit, wie ein internes Schreiben belegt. 

Am Pfingsten waren die Züge voll, es war das erste Wochenende, an dem man das 9-Euro-Ticket nutzen konnte. Und das taten viele. Auch im Ruhrgebiet und im Rheinland. Natürlich gab es Probleme, Tausende bekamen keinen Platz mehr und wurden auf den Bahnsteigen zurückgelassen, ganze Strecken waren überlastet. Das räumt auch der VRR in einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung ein:

„Während an den ersten beiden Gültigkeitstagen des 9-Euro-Tickets noch keine größeren Probleme an den Bahnsteigen oder in den Zügen festzustellten waren, nahmen die Reisendenzahlen ab Freitagnachmittag deutlich zu. Viele tausend Menschen passten nicht mehr in die Züge und mussten auf spätere Zugleistungen ausweichen. Insbesondere am Freitagnachmittag, Samstagvormittag und am späten Samstagnachmittag war die Hauptachse von Köln über Düsseldorf durch das Ruhrgebiet nach Hamm mit den Linien RE1, RE2, RE5, RE6 und RE11 jeweils so überlastet, dass praktisch alle Züge über Stunden immer wieder zahlreiche Fahrgäste zurücklassen mussten. Besonders negativ betroffen war auch der RE16, auf dem am Samstag ohne Ersatz zahlreiche Züge aufgrund von Personalmangel ausfielen oder nicht mit der geplanten Kapazität fahren konnten.“

Nach einer internen Lageanalyse des VRR die diesem Blog vorliegt war die Situation allerdings deutlich schlimmer als der Verkehrsverbund öffentlich eingesteht. „Auf 15 von 50 SPNV-Linien im VRR waren die Züge dermaßen überfüllt, das relevante Anzahlen von Fahrgästen nicht mehr zusteigen konnten. Dieses Bild zeigte sich insbesondere auf den folgenden Linien; RE1, RE2, RE4, RE5, RE6, RE7, RE11, RE13, RE14, RE16, RE17, RE19, RE42, RB52, RB91. Aber auch auf den anderen SPNV-Linien waren die Züge insgesamt spürbar „voller“ als sonst.“

Nicht auf fünf sondern fünfzehn Linien herrschte offenbar Chaos.

Zur Überlastung kam dann noch schlechte Kommunikation: „Besonders problematisch war die Lage auch deshalb, weil vielerorts die Fahrgastinformation an den Stationen zum Teil sehr schlecht war. In Essen Hbf wurden viele Züge erst angesagt als sie schon wieder abfuhren. Ähnliche Probleme waren auch in Dortmund Hbf feststellbar. Hinzu kam noch der erneute Komplettausfall der S3 (DB Regio) am Sonntag aufgrund von Personalmangel. “

Immerhin war man mit den Problemen nicht alleine: „Das Lagebild des VRR zum Pfingstwochenende ist nahezu deckungsgleich mit dem Lagebild des gesamthaften nordrhein-westfälischen SPNV und ähnelt in großen Teilen auch der gesamtdeutschen Nachfragesituation im SPNV am zurückliegenden Pfingstwochenende.“

Der VRR hatte alles auf die Schiene gebracht, was er hatte. Sollten wirklich mehr Menschen in Zukunft die Bahn nutzen, steht das Unternehmen vor großen Problemen.

 

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
9 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Bochumer
Bochumer
2 Jahre zuvor

Ich habe ja noch nie ein Auto besessen und kann als langjähriger Bahnfahrer nur sagen. Die Idee des 9-Euro-Tickets ist reine Symbolpolitik. Dümmer ist nur die Idee, ausgerechnet zu Pfingsten mit der Bahn zu fahren, um sich auf einem Ausflug zu erholen.

Wenn man sich dann noch ansieht, dass der Tankrabatt erwartbar in den Taschen der Konzerne landet, muss man dem Politik-Philosoph Lindner Recht geben: Es ist besser, nicht zu regieren, als schlecht zu regieren.

Achim
Achim
2 Jahre zuvor

Zunächst meine Frage
Frohe Botschaft. Ich kann Dortmund Hbn.f mit dem Bus umfahrenn. Es dauert nur eine Stunde g
Länger. Heute Nachmltag entdecke ich am Bahnhof Kame einen VKU fremden Haltestellenmast. Bei SFV zwischen Dortmund und Hamm ist das üblich.

Achim.

sneaking_beauty
sneaking_beauty
2 Jahre zuvor

Es ist unglaublich. Seit ich denken kann, wird über die Preise der Deutschen Bahn gemeckert und dann kommt mal so ein fantastisches Angebot und die Leute meckern weiter. Als Volk neigen wir scheinbar zu dieser Meckerer-Attitüde.

Für Leute mit kleinerem Geldbeutel ist das Angebot schlichtweg genial. Man hat in einigen Städten mit drei Tram-Fahrten das Geld wieder drin. Und an Feiertagen war es auf bestimmten Strecken immer knackevoll.

Was wir brauchen, sind dauerhafte Investitionen in die Deutsche Bahn und die Renaissance der bestehenden Gleisnetze und stillgelegten Bahnhöfe. Think big! Das Ticket könnte dazu der perfekte Startschuss ein.

Helmut Junge
2 Jahre zuvor

#3 | sneaking_beauty

ja

thomas weigle
thomas weigle
2 Jahre zuvor

@ Sneaking beauty. Volle Zustimmung. Man konnte aber auch bisher schon für kleines Geld reisen. Mit der Bahncard 25 und wenn man nicht in den HVZ fuhr, kam man selbst in der 1. Klasse für relativ kleines Geld quer durchs Land. Am Ziel allerdings kam dann der ÖPNV-Preisschock. Es erwies sich manchmal durchaus von Vorteil (auch ohne Bahncard) bspw. bis Padborg zu lösen, wenn man nach Flensburg wollte. Da war das 1.Klasseticket preiswerter als das der 2.Klasse nach Flens. 2019 funktionierte das noch. Bei anderen Grenzen galt ähnliches.

Arnold Voss
Arnold Voss
2 Jahre zuvor

@ thomas weigle # 5

Und wenn du dem ÖPNV -Preisschock entgehen willst, dann nimmst du ein Faltrad mit. Mittlerweile gibts da ein große Auswahl, was Gewicht, Faltzeit und Faltmaß betrifft. Auch gebraucht.

thomas weigle
thomas weigle
2 Jahre zuvor

@ Arnold Voss.
Dass Arnold,wäre mir zu viel zu schleppen. Und jetzt gibt es ja das schöne ÖPNV-Ticket. Vllt ja auch länger. Einmal nach BI u.zur. mit Bus(quasi vor der Haustür) oder „Haller Willem“ und die 9 Euro sind sind schon fast reingeholt.

Helmut Junge
2 Jahre zuvor

Hahaha, wie die Kleinknicker 9 Euro rausrechnen. Stimmt, über diese Summe kann jeder was sagen. An verplemperte Milliarden rechnet niemand rum.
Es geht mir selber hauptsächlich ums Prinzip. Ich möchte die Nutzung des Öpnv kostenlos, weil dann jeder und jederin Freizügigkeit erfährt. Nicht nur auf dem Papier. Derzeit ist sogar noch der Zusatzgedanke des Energiesparens damit verknüpft.

Arnold Voss
Arnold Voss
2 Jahre zuvor

@ thomas weigle # 7

Du musst es nicht schleppen. Du schiebst es im Bahnhof oder zum Bus oder zur Straßenbahn und faltest es dann mit ein paar Handgriffen, bevor du einsteigst. Das dauert 15 Sekunden guten Falträdern.

Werbung